S E C H S
Durch den schmalen Spalt der Tür sah Elara Aric von Valtor, wie er über einen großen Tisch gebeugt stand, auf dem Karten und Dokumente ausgebreitet lagen. Seine Männer standen dicht um ihn herum, jeder von ihnen ausgerüstet und bereit, Befehle entgegenzunehmen. Arics Präsenz war unheimlich, fast übernatürlich. Selbst von hier aus spürte Elara die dunkle Aura, die ihn umgab.
„Wir müssen sofort handeln," flüsterte Gawain und packte Elara sanft am Arm. „Wir können ihn nicht entkommen lassen."
„Warte," sagte Elara leise, ohne den Blick von Aric abzuwenden. „Wir brauchen einen Plan. Wenn wir einfach reinstürmen, werden wir überwältigt. Wir sind in der Unterzahl."
Gawain biss die Zähne zusammen, aber er wusste, dass sie recht hatte. Sie konnten nicht blindlings vorgehen, nicht gegen einen Feind, der so organisiert und gefährlich war wie Aric von Valtor. Doch die Gefahr, ihn wieder zu verlieren, lastete schwer auf beiden.
In diesem Moment begann Aric zu sprechen. Seine Stimme war tief und voller Autorität, aber es lag eine bedrohliche Kälte darin, die Elara erschaudern ließ.
„Morgen ist der Tag," verkündete er und deutete auf die Karte vor ihm. „Ilathien wird fallen. Der Kronprinz liegt im Sterben. Es ist der perfekte Moment, zuzuschlagen."
Elara spürte, wie ihr Magen sich verkrampfte. „Er plant einen Angriff auf die Stadt," flüsterte sie erschrocken. „Er wird das Königreich ins Chaos stürzen."
„Wir müssen das sofort verhindern," sagte Gawain ernst und zog sein Schwert ein wenig aus der Scheide, als Zeichen seiner Entschlossenheit.
Aber bevor Elara etwas sagen konnte, wurde sie plötzlich von einer großen Hand am Hals gepackt und grob in die Luft gehoben. Sie keuchte und griff instinktiv nach dem Griff des Dolches, doch die Kraft, die sie festhielt, war überwältigend.
„Na, wen haben wir denn hier?" Eine tiefe Stimme drang an ihre Ohren, und als sie sich umsah, erblickte sie einen muskulösen, furchteinflößenden Mann, der sie mit einem grimmigen Lächeln ansah. Seine Augen funkelten kalt.
„Lass sie los!" rief Gawain und stürzte sich auf den Mann, das Schwert erhoben.
Doch bevor er ihn erreichen konnte, tauchten aus den Schatten zwei weitere Männer auf. Sie packten Gawain mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit und rangen ihn zu Boden. Sein Schwert fiel klirrend auf den Steinboden, und er wurde festgehalten, sodass er sich kaum wehren konnte.
„Gut gemacht, Taruk," sagte eine weitere Stimme aus dem Raum, und Aric selbst trat jetzt in den Türrahmen. Seine Augen funkelten, als er Elara musterte, die immer noch in der festen Umklammerung von Taruk zappelte. „Nun, das ist ja eine unerwartete Überraschung."
Elara schnappte nach Luft, als Taruk sie endlich losließ und grob zu Boden stieß. Ihre Knie schlugen hart auf den Steinboden, doch sie kämpfte, um die Kontrolle über ihren Atem wiederzuerlangen. Gawain lag einige Meter entfernt, von zwei Männern festgehalten, die ihn mit bösartigen Grinsen ansahen.
Aric kniete sich vor Elara und griff nach ihrem Kinn, zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. „Prinzessin Elara," sagte er ruhig, doch in seiner Stimme lag ein Hauch von Spott. „Ihr habt es gewagt, mir bis hierher zu folgen. Ein mutiger, aber äußerst dummer Zug."
Elara funkelte ihn wütend an. „Du wirst niemals Ilathien zerstören," spuckte sie hervor. „Wir werden dich aufhalten."
Aric lachte leise und stand auf, seine Augen noch immer auf sie gerichtet. „Aufhalten? Ich habe das Königreich bereits geschwächt. Cedric wird sterben, und der Thron wird unbesetzt sein. Es gibt nichts mehr, was ihr tun könnt."
„Du unterschätzt uns," sagte Gawain mit zusammengebissenen Zähnen, während er sich unter dem Griff der Männer wand.
Aric wandte sich ihm zu, ein kaltes Lächeln auf den Lippen. „Oh, ich unterschätze euch nicht. Ich bewundere euren Mut, wirklich. Aber das hier ist kein Spiel, das ihr gewinnen könnt." Er trat zu Gawain und hob das Schwert des Ritters auf, drehte es prüfend in seinen Händen. „Ich könnte euch beide hier und jetzt töten, aber wo wäre da der Spaß?"
Er ließ das Schwert plötzlich zu Boden fallen, das Metall klirrte laut auf dem Stein. „Nein, ich habe andere Pläne für euch."
Aric nickte in Richtung seiner Männer, und sofort packten Taruk und die anderen Elara und Gawain erneut, diesmal noch brutaler. „Bringt sie in die Zellen," befahl er. „Und passt gut auf, dass sie keinen Fluchtversuch unternehmen."
Elara kämpfte gegen den eisernen Griff, aber es war nutzlos. Sie wurden durch den unterirdischen Gang geschleppt, tiefer in das Herz von Grausturm hinein. Die Fackeln an den Wänden flackerten und warfen unheilvolle Schatten, die wie Gespenster um sie herumtanzten.
„Wir müssen hier raus," flüsterte Gawain, nachdem sie in eine schmale Zelle geworfen wurden und das Klirren des Schlosses in der Stille widerhallte. „Wir dürfen Aric nicht entkommen lassen."
Elara stand keuchend auf und wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich weiß," sagte sie leise. „Aber wie?"
Für einen Moment stand Elara still da und ließ den Moment auf sich wirken. Sie waren in einer auswegslosen Lage – gefangen in einer feindlichen Festung, umgeben von Männern, die keine Skrupel hatten, sie zu töten.
Aber dann fiel ihr Blick auf die Fackel, die draußen an der Wand hing. Ein Plan begann sich in ihrem Kopf zu formen.
„Wir müssen die Fackel erreichen," flüsterte sie entschlossen und trat näher an die Gitterstäbe. „Wenn wir das Feuer haben, können wir die Aufmerksamkeit der Wachen ablenken."
Gawain trat neben sie und nickte. „Das könnte funktionieren. Aber wir brauchen einen Moment, in dem sie abgelenkt sind."
Elara spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Dies war ihre einzige Chance, und sie mussten sie nutzen. „Pass auf," flüsterte sie. „Ich werde die Wache rufen. Wenn sie herkommt, nutzt du den Moment."
Gawain nickte, und Elara begann, an die Gitterstäbe zu klopfen. „Hey! Hilfe!"
Es dauerte nicht lange, bis einer der Männer, die sie gefangen genommen hatten, um die Ecke kam. „Was ist hier los?" fragte er ungeduldig.
In genau diesem Moment schoss Gawain nach vorne, packte den Mann und riss ihn mit aller Kraft zu sich, sodass die Wache überrascht gegen die Metallstäbe prallte. Elara griff blitzschnell nach der Fackel und hielt sie bedrohlich vor sich.
„Lass uns gehen!" rief sie entschlossen.
Die Wache wich einen Schritt zurück, völlig überrumpelt von der plötzlichen Wendung der Ereignisse. Das war ihre Chance.
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