E I N S
Die eisigen Winde des Winters peitschten über die hohen Mauern des Schlosses. Im inneren Hof des Königshauses von Ilathien funkelte der Schnee im fahlen Mondlicht, als ob er aus Kristallen bestünde. Die Fackeln entlang der steinernen Wände kämpften gegen die Dunkelheit an, ihr Licht flackerte und zitterte im Wind.
Prinz Cedric zog seinen Mantel enger um sich, während er durch den verlassenen Hof schritt. Der heutige Tag hatte ihm schwer zugesetzt. Als Thronfolger lastete eine immense Verantwortung auf seinen Schultern, doch das Wissen um die bevorstehenden politischen Verhandlungen und die Bedrohung von außen machten seine Schritte schwerer als gewöhnlich. Gedankenverloren blieb er an der alten Eiche stehen, die seit Generationen im Herzen des Schlosses Wurzeln geschlagen hatte. Es war ein stiller Ort, einer der wenigen, die ihm noch Ruhe boten.
Plötzlich knirschte der Schnee hinter ihm. Cedric drehte sich um und sah eine Gestalt, die rasch auf ihn zukam. Im fahlen Licht erkannte er das Gesicht seines besten Freundes, Ser Gawain, ein treuer und unerschrockener Ritter des Königreichs.
„Cedric", begann Gawain, die Stimme flüsternd und gedrungen, „ich musste dich finden. Etwas Schreckliches ist passiert."
Cedric sah seinen Freund an, das Blut in seinen Adern schien vor Kälte zu erstarren. „Was ist geschehen?" fragte er, obwohl er die Antwort bereits fürchtete.
„Es gibt Verräter in unseren Reihen. Der Rat ist nicht mehr sicher. Sie planen... sie planen einen Anschlag auf dich. Es wird gesagt, dass er bereits heute Nacht ausgeführt werden soll."
Die Worte trafen Cedric wie ein Schlag ins Gesicht. Ein Verrat? Inmitten seines eigenen Hauses? Die Erkenntnis war ein Schock, aber seine jahrelange Ausbildung und sein Instinkt setzten sofort ein. „Wir müssen handeln. Sofort."
Gawain nickte, seine Augen blitzten vor Entschlossenheit. „Ich werde die Wachen alarmieren. Gehe schnell zurück zum Schloss. Deine Sicherheit ist jetzt das Wichtigste."
Doch bevor die beiden Männer auch nur einen Schritt machen konnten, durchbrach ein leises Zischen die Stille der Nacht. Ein Pfeil, geschossen aus dem Schatten, traf Cedric in die Seite. Der Schmerz war schneidend und sofort lähmend. Cedric taumelte, griff nach dem Pfeil, der in seinem Fleisch steckte, und fiel auf die Knie.
Gawain zog sofort sein Schwert, die Augen wütend und wachsam, doch der Angreifer blieb im Dunkeln verborgen. „Cedric! Halte durch!", schrie er, während er sich umblickte, verzweifelt nach dem Angreifer suchend.
Der Prinz spürte, wie die Kälte in seinen Körper kroch, sich mit dem Schmerz vermischte und seine Kräfte schwinden ließ. Er versuchte, sich auf den Beinen zu halten, doch die Welt um ihn begann sich zu drehen. „Gawain..." murmelte er, „wer... wer ist es...?"
Gawain kniete neben ihm, die Stirn in Falten gelegt. „Ich sehe ihn nicht. Wir müssen dich in Sicherheit bringen." Er zog den Pfeil hastig aus Cedrics Seite, und der Prinz stöhnte vor Schmerz. „Bleib bei mir, Cedric!"
Mit äußerster Vorsicht half Gawain dem Prinzen auf, und sie begaben sich in Richtung des Hauptgebäudes. Während sie sich durch den Schneesturm kämpften, war jeder Schritt eine Tortur für Cedric. Der Blutverlust machte ihn schwach, und der gefrorene Boden war ein weiterer Feind, der ihn bedrohte.
Als sie den Eingang des Schlosses erreichten, wurden sie von den Wachen gestoppt. „Stopp! Was ist hier los?", fragte einer der Soldaten, seine Stimme voller Besorgnis.
„Notfall!", rief Gawain hastig. „Der Prinz wurde angegriffen! Er braucht sofortige medizinische Hilfe!"
Die Wachen stürzten herbei, nahmen Cedric auf und trugen ihn ins Innere des Schlosses. Gawain folgte ihnen, den Blick über die Umgebung schweifend, immer auf der Hut vor weiteren Angreifern. Es war ein nervenaufreibender Weg durch die schmalen, kalten Korridore des Schlosses. Jede Ecke konnte ein Versteck für einen weiteren Verräter sein.
Cedric wurde in seine Gemächer gebracht, wo sofort ein Team von Hofärzten bereitstand. Der Prinz lag auf dem Bett, die Ärzte arbeiteten hastig daran, seine Wunden zu versorgen. Gawain stand an der Tür, die Augen fest auf das Treiben im Raum gerichtet. Er wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und Königin Morgana stürmte herein. Ihre Augen waren weit geöffnet vor Angst und Besorgnis. „Cedric! Was ist geschehen?" Ihre Stimme war ein verzweifeltes Flüstern, als sie an das Bett trat.
„Es gibt Verräter im Königshaus", sagte Cedric schwach. „Gawain hat mich gewarnt... aber... ich konnte nicht verhindern...", er zischte und schloss die Augen vor Schmerz.
Morgana kniete neben dem Bett und griff nach Cedrics Hand. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie seine blassen Züge ansah. „Halt durch, mein Sohn. Wir werden herausfinden, wer dahintersteckt. Du darfst jetzt nicht aufgeben."
Gawain trat an die Seite der Königin. „Wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen, Morgana. Jemand im Schloss weiß mehr als er sollte, und wir dürfen ihnen nicht erlauben, uns weiter zu schaden."
Die Königin nickte entschlossen. „Was auch immer es kostet, wir werden den Verräter finden und das Königreich beschützen. Und wir werden sicherstellen, dass der Kronprinz rechtzeitig gesund wird."
Während die Ärzte ihre Arbeit fortsetzten und Morgana und Gawain schweigend und holflos daneben standen, war der Prinz in ein Meer aus Schmerz und Bewusstlosigkeit eingetaucht.
Unbemerkt an der Tür, verborgen in den Schatten, stand Prinzessin Elara. Ihre Augen waren weit aufgerissen, als sie die ganze Szene durch einen schmalen Spalt beobachtete. Jeder Satz, jede Bewegung, die im Raum vor sich ging, entging ihr nicht. Ihr Herz klopfte laut vor Angst und ihre Gedanken rasten, als sie sich leise zurückzog.
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