A C H T

Elara und Gawain saßen erschöpft auf dem Felsen am Rand des Flusses, während das Wasser bedrohlich an ihnen vorbeirauschte. Die Kälte des Wassers kroch durch ihre durchnässten Kleider und ließ sie beide zittern. Doch das war nicht das, was sie am meisten beunruhigte. Jeder Moment in Sicherheit fühlte sich trügerisch an, als wäre Aric nur wenige Schritte entfernt.

„Wir können nicht hierbleiben," sagte Gawain, während er sich schwerfällig aufrichtete und seine nassen Haare aus dem Gesicht strich. „Sie werden uns jagen."

Elara nickte und kämpfte sich ebenfalls auf die Beine, obwohl sie spürte, wie die Erschöpfung an ihrem Körper nagte. Jeder Muskel schmerzte, aber ihr Wille war stärker. „Wir müssen es bis zum Wald schaffen. Dort können wir uns verstecken."

„Einverstanden," murmelte Gawain, sein Blick glitt unruhig über die Umgebung. „Aber wir müssen uns beeilen. Aric wird nicht aufgeben, bis er uns hat."

Elara sah über die Schulter, wo sich die Felsen steil aus dem Fluss erhoben und den Fluchtweg behinderten. Sie wusste, dass Gawain recht hatte. Selbst jetzt, während sie hier standen und das Wasser sie kühlte, spürte sie die Gefahr, die näherkam – wie eine unsichtbare Bedrohung, die in jedem Schatten lauerte.

Sie liefen los. Ihre Schritte waren schwer, und ihre Kleidung klebte nass an ihren Körpern, doch sie kämpften sich durch das Dickicht am Flussufer. Über ihnen ragten die Bäume des Waldes wie eine schützende Decke in die Höhe, aber es würde noch dauern, bis sie tief genug im Wald waren, um wirklich sicher zu sein.

Die Dämmerung setzte bereits ein, und das Licht der sinkenden Sonne ließ die Bäume und das Unterholz in langen, bedrohlichen Schatten erscheinen. Der Wald wurde mit jedem Schritt dichter und dunkler. Bald konnten sie nur noch das Rascheln der Blätter und das leise Knacken von Zweigen unter ihren Füßen hören.

„Denkst du, sie haben uns verfolgt?" fragte Elara leise, während sie ihren Atem zu beruhigen versuchte. Sie konnte das Adrenalin noch immer in ihren Adern spüren.

Gawain warf einen schnellen Blick über die Schulter. „Ich weiß es nicht. Aber wir dürfen kein Risiko eingehen."

Gerade als sie durch einen besonders dichten Bereich des Waldes brachen, hielt Gawain plötzlich inne und hob die Hand. Elara blieb sofort stehen und lauschte angestrengt. Zunächst war nichts zu hören außer dem Rascheln der Blätter im Wind, doch dann... ein leises Knacken, als würde jemand vorsichtig durch das Unterholz schleichen.

Elara hielt den Atem an. „Jemand ist da," flüsterte sie kaum hörbar.

Gawain nickte langsam. „Und sie kommen näher."

Elara spürte, wie ihr Herz schneller schlug. War es Aric? Oder seine Männer? Sie wusste, dass sie keine Zeit hatten, darüber nachzudenken. Sie mussten einen Plan haben – schnell.

„Wir müssen uns trennen," sagte Gawain plötzlich und sah Elara ernst an. „Wenn wir zusammen bleiben, sind wir ein leichtes Ziel. Aber wenn wir uns aufteilen, haben wir eine bessere Chance."

„Trennen?" Elara warf ihm einen überraschten Blick zu. „Das ist zu gefährlich! Was, wenn sie einen von uns erwischen?"

Gawain packte sanft ihre Schulter und sah ihr tief in die Augen. „Ich werde sie ablenken. Du bist schneller und kannst dich besser verstecken. Wenn sie mir folgen, wirst du sicherer sein."

Elara öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch sie wusste, dass Gawain recht hatte. Sie hasste den Gedanken, ihn allein zu lassen, aber es gab keinen anderen Weg.

„Pass auf dich auf," sagte sie schließlich und nahm all ihren Mut zusammen.

Gawain nickte und gab ihr ein schwaches Lächeln. „Das werde ich. Jetzt geh, bevor es zu spät ist."

Elara drehte sich um, atmete tief durch und sprintete in die entgegengesetzte Richtung. Die Zweige peitschten ihr ins Gesicht, und das Unterholz schien sie festhalten zu wollen, aber sie ignorierte den Schmerz und die Erschöpfung. Sie musste es schaffen.

Hinter sich hörte sie Gawain, der absichtlich Lärm machte, um die Verfolger auf sich zu ziehen. Sein Plan schien zu funktionieren – das Knacken und Rascheln wurde lauter und schien ihm zu folgen.

Doch nach ein paar Minuten des schnellen Laufens spürte Elara plötzlich, dass sie nicht mehr allein war. Ein unheimliches Gefühl kroch in ihr auf, als würde sie beobachtet. Sie blieb stehen und lauschte. Es war still – zu still.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie drehte sich langsam um. Ihr Blick durchkämmte den Wald, aber sie konnte nichts erkennen. War es nur ihre Einbildung? Oder war jemand wirklich hinter ihr her?

Gerade als sie sich wieder zum Laufen wenden wollte, brach eine Gestalt lautlos aus den Büschen hervor. Elara schrie auf, als eine Hand sie packte und zu Boden riss. Sie schlug hart auf und der Atem wurde ihr aus den Lungen gepresst.

„Lass mich los!" rief sie und kämpfte verzweifelt gegen den Angreifer an, doch er war stark. Er drückte sie gegen den Waldboden, seine kalten Augen funkelten unter der Kapuze, die sein Gesicht teilweise verdeckte.

„Du kommst nirgendwo hin, Prinzessin," zischte der Mann und zog ein Messer aus seinem Gürtel. „Aric will dich lebend, aber das heißt nicht, dass du ohne Narben davonkommst."

Elara spürte Panik in ihr aufsteigen. Sie hatte keine Chance, sich gegen ihn zu wehren. Aber dann erinnerte sie sich an das kleine Messer, das sie im Bund ihres Kleides versteckt hatte – das Messer, das Gawain ihr gegeben hatte, bevor sie aufgebrochen waren.

Mit zittrigen Händen tastete sie nach dem Griff des Messers, während der Angreifer sein eigenes näher an ihre Kehle brachte. In einem verzweifelten Moment zog sie das Messer hervor und stach zu.

Der Mann schrie auf und ließ sie los, als die Klinge seine Seite traf. Elara nutzte den Moment, um sich loszureißen, stand auf und rannte, so schnell sie konnte. Ihre Beine fühlten sich schwer an, ihre Lunge brannte, aber sie musste entkommen. Sie hörte das Keuchen des verwundeten Mannes hinter sich, doch sie wagte es nicht, sich umzudrehen.

Nach endlosen Minuten des Laufens brach sie durch die Bäume und stolperte in eine kleine Lichtung. Sie blieb stehen, keuchend, und sah sich um. Sie war allein – für den Moment.

Doch ihre Gedanken drehten sich nur um eine Frage: War Gawain noch in Sicherheit?

„Gawain," flüsterte sie und fühlte, wie die Angst erneut in ihr aufstieg. Sie konnte ihn nicht verlieren. Nicht jetzt.

Gerade als sie einen Plan schmieden wollte, wie sie ihn finden konnte, hörte sie ein neues Geräusch hinter sich – Schritte, leise und vorsichtig. Diesmal war es kein Angreifer.

„Elara?" Die vertraute Stimme von Gawain drang durch die Dunkelheit, und Erleichterung durchflutete sie.

Sie drehte sich um und sah ihn, blutverschmiert, aber lebend. „Du hast es geschafft," keuchte sie, während sie auf ihn zulief.

„Und du auch," sagte Gawain, seine Stimme rau, aber erleichtert.

Doch bevor sie mehr sagen konnten, durchdrang ein lauter Hornstoß die Stille des Waldes. Das unheilvolle Geräusch ließ beide innehalten.

„Sie sind noch hinter uns," flüsterte Gawain ernst. „Das ist noch nicht vorbei."

Elara spürte, wie ihre Entschlossenheit zurückkehrte. „Dann kämpfen wir weiter."

Und mit diesen Worten rannten sie wieder los, die Gefahr im Nacken und das Ziel vor Augen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top