Bree


Auf der Suche nach einem Gasthaus um Telemnar unterzubringen, lief Nórwing durch das verregnete Dorf Bree, dessen Namen sie zufällig in einem Gespräch zwischen einem Menschen und einem Hobbit mit angehört hatte. Offenbar täuschte der erste Eindruck, denn hier lebten sowohl Menschen als auch Hobbits, etwas dass die Elbin nicht vermutet hätte.

Sie führte Telemnar durch die Stadt, immer auf der Suche nach einem Gasthaus, bis sie zwischen all den Häusern ein Schild erkennen konnte, auf dem „Zum tänzelnden Pony, Inhaber: Gerstenmann Bütterblüm", geschrieben stand. Eben jenes war auch auch drauf zu sehen. Darunter befand sich ein Torbogen, der in das Gasthaus führte. Nórwing führte Telemnar in den Hof und stieg die Stufen zu der Tür hinauf. Langsam, ein wenig verloren in einem Dorf voller Menschen, trat sie an die Theke, an der jedoch niemand stand. Doch dies änderte sich umgehend, als ein dicklicher Mann aus einem Raum stürzte, aus dem Rauch drang, und mit einem Tablett an einen Tisch lief. Er kehrte zurück, bemerkte Nórwing, wischte sich die Hände an der fleckigen und einstmals weißen Schürze ab, und fragte lächelnd: „Was darf es für sie sein?" „Ich würde nur gerne mein Pferd unterstellen, während ich einige Besorgungen machen möchte", entgegnete Nórwing. „Fein, das lässt sich einrichten. Nob!" Letzteren Namen brüllte der Gastwirt, woraufhin ein Hobbit herbeikam, der die Anweisungen welche Bütterblüm ihm gab umgehend befolgte. „Nun denn, ich wünsche ihnen einen guten Aufenthalt in Bree. Ihrem Pferd wird es bestens gehen, wenn sie wieder kommen", schloss der Wirt das Gespräch und eilte zu einem Tisch, an dem nach ihm gerufen wurde.

Nórwing verließ den Gastraum und machte sich auf den Weg in ein Geschäft, wo sie die Dinge kaufte, die sie brauchte. Danach besaß sie nur noch wenige Münzen, doch sie nahm nicht an, dass sie diese noch irgendwann brauchen würde.

Als die Elbin am späten Abend zum Tänzelnden Pony zurückkehrte, drang lauter Gesang aus dem Gastraum. Die Stimme kam ihr seltsam bekannt vor, und als Nórwing eintrat sah sie, dass Frodo, ein ziemlich unsinniges Lied singend, auf einem Tisch stand und von den übrigen Gästen zugeprostet bekam, einige unter ihnen sangen bereits mit, offenbar war das nicht das erste Mal, dass er das Lied sang.

Die Elbin schnappte Zeilen wie „Beim Didel-dum-didel der Jammerfiedel jaulte das Hündlein sehr" auf, und sie vermutete, dass der Hobbit einen Krug Bier zu viel getrunken hatte, so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Sie entschloss sich Telemnar noch eine Weile warten zu lassen, und reihte sich in die von Frodos Zuhörern ein. Der Hobbit war gerade dabei seine Gesangseinlage zu beenden, und sang voller Inbrunst: „und plötzlich sprang die Kuh übern Mond ins Gras", machte einen Luftsprung, fiel vom Tisch- und verschwand.

Erschrocken riss Nórwing die Augen auf, dass hatte gerade noch gefehlt. Unruhe kam über die Gäste, einige riefen nach dem Wirt, Sam und Pippin, die allein in einer Ecke hockten, wie Nórwing nun bemerkte, wurden plötzlich mit misstrauischen Blicken bedacht, und der Elbin entging ebenso nicht, dass zwei zwielichtig aussehende Gestalten, von denen einer ein Südländer war, den Raum verließen. Was hatte Frodo sich dabei gedacht?

Nórwing blickte sich hektisch im Raum um und sah, wie der Hobbit in einer Ecke wieder auftauchte und sich zu einem hochgewachsenen Mann setzte, der eine lange Pfeife rauchte und die Kapuze wie Nórwing ins Gesicht gezogen hatte. Hoffentlich konnte sich der Hobbit irgendwie aus dem Schlamassel herausreden, den am Kamin wurde schon heftig diskutiert. Frodo unterbrach diese, in dem er von hinten rief, dass alles nur ein Irrtum sei, und er unter den Tischen zu dem Mann, den er Streicher nannte, gekrochen war. Nórwing schüttelte leicht den Kopf, doch eine bessere Ausrede wäre ihr wohl auch nicht eingefallen.

Die drei Hobbits gingen in ein Hinterzimmer, wobei ihnen dieser Streicher folgte, Nórwing lief hintendrein und hielt sich wie auch der Mann im Hintergrund, die Hobbits bemerkten sie erst, als der Mann Holz im Kamin nachlegte. Pippin fragte die beiden, wer sie denn seien. Der Fremde sprach: „Man nennt mich Streicher, ihr Freund hat mir ein Gespräch versprochen." „Ihr sagtet, ihr hättet Informationen", erwiderte Frodo und wandte sich Nórwing zu, die er nicht erkannte. Die Sindar nahm die Kapuze ihres grünen Mantels ab und blickte den Hobbit an. „So sehen wir uns wieder", sprach sie mit ausdrucksloser Stimme. Den Hobbits standen die Münder offen, doch gingen nicht weiter auf ihre Gegenwart ein, und hörten nun Streicher zu, der anfing seine angeblich so wichtigen Informationen preiszugeben.

Aufmerksam lauschte auch Nórwing seinen Worten, die davon erzählten, dass er mit den Hobbits kommen wollte, die dem misstrauisch entgegen sahen. Die Elbin wusste nicht, was sie von dem Mann halten sollte. Er sah verwildert aus, und als würde viel Zeit in der Wildnis verbringen. Er hatte eine etwas verschlossene, geheimnisvolle Art, doch auch Nórwing selbst war nicht die offenste. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass Streicher nicht das war, was er vorgab zu sein und ihnen etwas wichtiges verbarg. Doch vielleicht war das wieder ein unbestimmtes Gefühl ihrerseits, das nichts zu sagen hatte. Nórwing wurde von den anderen größtenteils ignoriert, aber die Blicke die die drei Hobbits, besonders Frodo, ihr immer wieder zuwarfen, entgingen ihr nicht. Streicher hatte sie nach einem kurzen, jedoch ziemlich verwirrtem Blick wieder in Ruhe gelassen.

Nun redete dieser davon, dass er den Hobbits nach Bree gefolgt war, da er von dem Ring wusste und dass er ihn und seine Freunde etwas angehen würde. Zwar nahm er das Wort Ring nie in den Mund, doch Nórwing war bewusst, dass er ihn meinte, genau wie allen anderen Anwesenden im Raum. Nun ging Streicher wieder auf die Bezahlung die er am Anfang angesprochen hatte, ein, und fragte, ob die Hobbits ihn als Führer wollten oder nicht. Sam sprach sich dagegen aus, und Nórwing überlegte für sich, ob dem Mann zu trauen war. Sie konnte ihn nicht ganz einschätzen, doch an der Stelle der Hobbits hätte sie eingewilligt. Immerhin wusste er von dem Ring und hatte sich ihn noch nicht geholt. Doch die Entscheidung lag ganz bei Frodo.

Dieser entschied sich nun dagegen, doch Streicher wollte noch immer nicht nachgeben und ihnen trotzdem das erzählen, was er wusste, doch in diesem Moment flog die Tür auf und der Wirt Bütterblüm trat gefolgt von einem Hobbit ein. Während sich Streicher in eine dunkle Ecke zurückzog, blieb Nórwing wo sie war, nachdem sie die Hand vom Schwertgriff genommen hatte. Wenn Streicher nicht entdeckt wurde, würde auch sie niemand von ihrem Standort aus sehen.

Der Wirt wünschte eine gute Nacht und redete dann davon, dass er etwas vergessen hätte, einen Brief, den er an einen Hobbit namens Beutlin schicken sollte, der sich Unterberg nannte. Ein Brief von Gandalf, der ihn im Sommer im Gasthaus hinterlassen hatte, und der eigentlich schon längst bei Frodo angekommen sein sollte. Auch redete er von den Schwarzen Reitern, die nach Beutlin suchten, und von Streicher, der ebenfalls mit diesem sprechen wollte. Bei dieser Erwähnung trat der Waldläufer, wie ihn Bütterblüm genannt hatte, aus seiner Ecke hervor und mischte sich in das Gespräch mit ein. Der Wirt mochte ihn offenbar nicht, denn er beschuldigte den Mann, bevor Frodo ihn beschwichtigte und erklärte, warum dieser hier war. Zwar meinte Bütterblüm, dass er sich nicht mit einem Waldläufer einlassen, doch Streicher konterte gekonnt und erwähnte dabei auch, dass er die Hobbits aus Bree führen wollte, woraufhin der Wirt fragte, warum dies nötig sei und was die Schwarzen Reiter wollten.

Nun wisperte Streicher einen Namen, den Nórwing zwar auch schon erwogen hatte, doch nie wirklich glauben konnte. „Mordor." Der Waldläufer wusste, woher die Gestalten kamen, sie kamen tatsächlich aus dem Land in dem einst der Dunkle Lord Sauron herrschte. Ohne es zu wollen, lief eine Gänsehaut über Nórwings Haut, als sie den Namen hörte.

Zum Glück erklärte Bütterblüm sich bereit den Hobbits ein Quartier für die Nacht zu bereiten, doch als er sich verabschieden wollte, fragte er, wo Merry Brandybock denn sei. Nórwing spitzte die Ohren bei diesem Namen, den sie noch nie zuvor gehört hatte. Wer war das? Der Wirt schickte auf Frodos Antwort, dass dieser Luft schnappen sei, den Hobbit bei ihm los, diesen zu suchen, und verließ endlich den Raum.

Frodo vergeudete nun keine Zeit mehr und machte sich eilig daran, den Brief zu öffnen. Er las ihn leise, gab ihn jedoch nur an seine Freunde weiter, sodass Nórwing nicht wusste, was darin geschrieben stand, doch an dem folgenden Gespräch interpretierte sie sich heraus, dass Gandalf Frodo schon viel früher aus dem Auenland geschickt hatte. Doch dann sagte der Hobbit etwas, dass Nórwing überraschte, nämlich dass Gandalf geschrieben hatte, Streicher sei ein Freund seinerseits.

Es folgte eine Diskussion, ob Streicher denn wirklich der war, den Gandalf als seinen Freund bezeichnet hatte, an der sich Nórwing nicht beteiligte, bis er Anstalten machte sein Schwert zu ziehen und seine Gestalt größer zu werden schien.

Einen Moment später hatte auch Nórwing das ihre gezogen und stellte sich vor die drei Hobbits, bevor Streicher sie beschwichtigen konnte, dass er doch der richtige war. Doch kurz darauf geschah etwas, dass Nórwing gänzlich verwirrte. Denn der Mann, der sich nun mit seinem wahren Namen Aragorn, Arathorns Sohn, vorgestellt hatte, zog sein Schwert vollständig aus der dazugehörigen Scheide und man konnte erkennen, dass es in Wahrheit zerbrochen war.

Unwillkürlich erinnerte sich Nórwing zurück an ihre Träume- die sie, wie die Sindar nun bemerkte schon lange nicht mehr geträumt hatte- in denen auch ein zerbrochenes Schwert vorgekommen war. Sprachlos blickte die Elbin auf Aragorn und sagte nun zu den Hobbits gewandt: „Ihr könnt ihm trauen."

Sowohl Frodo, Sam und Pippin, als auch Streicher schienen überrascht über ihre Aussage, doch dann klatschte Aragorn in die Hände und sprach: „Dann ist es beschlossene Sache. Ich werde euch begleiten. Zuerst werden wir uns Richtung Wetterspitze halten, dort wird auch- sofern er kann- Gandalf irgendwann auftauchen."

Nórwing meinte sich erinnern zu können, dass der Name Wetterspitze nun zu dem einstigen Wachtturm von Amon Sûl gehörte, den sie auch auf den Karten ihres Vaters vorgefunden hatte. Dies erklärte Aragorn nun auch den Hobbits, auch was er mit Gandalf zu tun hatte, doch die Elbin schreckte erst wieder auf, als eine Tür zuknallte und ein völlig gehetzter Hobbit, gefolgt von diesem Nob, der dem Gastwirt behilflich gewesen war, in den Raum stürzte und ausrief, Schwarze Reiter gesehen zu haben.

„Was? Wo?" Fragte Nórwing alarmiert und hatte schon die Hand auf ihren Schwertgriff gelegt. Etwas irritiert blickte der Hobbit, der wohl Merry sein musste, den die anderen gesucht hatten, sie an, aber Frodo winkte ab und so begann er mit seinem Bericht, dass der Schwarze Reiter sich nach Osten aufgemacht hätte und er ihm zu folgen versucht hatte, jedoch dann Stimmen gehört hatte, bei deren Klang er Angst bekommen hatte und zurückzurennen versucht hatte, jedoch dann umgefallen war, woraufhin Nob ihn schließlich gefunden hatte.

Der Hobbit bestätigte dies und erzählte, dass er Merry gefunden und geweckt hatte, woraufhin dieser zum Gasthaus zurückgerannt war. Nórwing wusste nicht recht, was sie von der Geschichte halten sollte, aber dass die Schwarzen Reiter zurückgekehrt waren, schien kein gutes Zeichen.

Die Hobbits einigten sich mit Streicher darauf, dass sie in dem Nebenraum übernachten würden, da ihre Feinde sicher die Hobbitzimmer angreifen würden.

Mit einem Seitenblick auf die Elbin fragte Frodo: „Und du? Was wirst du tun?" „Ich werde ebenso hierbleiben. Euch zu verlassen war töricht und dumm, ich bin froh dass ihr noch nicht tot seid. Auch wenn ihr nun einen guten Schutz habt, so werde ich weiter mit euch nach Bruchtal reisen, wenn ihr mir denn nun vertraut." Die Schärfe in Nórwings Stimme war nicht zu überhören, und Frodo stimmte ihr zu, offenbar hatte er seine dunklen Gedanken bezüglich ihr nun abgelegt.

Nachdem Nob die Sachen der Hobbits geholt hatten, legten sich diese Schlafen, doch weder Aragorn noch Nórwing, machten Anstalten es ihnen gleichzutun. Schweigend hockten sich beide auf ihre Stühle, ab und an legte Streicher Feuerholz nach. Schließlich fragte er: „Wie kommt es, in diesen Tagen einer Elbin in einem einfachen Wirtshaus zu begegnen?" „Ich..." kurzentschlossen erzählte Nórwing ihm alles. „Ich bin eine Sindar aus den Schattenwäldern, westlich der Ered Luin, die Tochter deren einstigen Königs Thoronraw, Nórwing", begann sie. Aragorn nickte langsam. „Ich bin einmal dort gewesen. Regiert König Mothlûm noch immer?" Nórwing nickte. „Meines Wissens nach schon, es ist schon einige Wochen her, dass ich meine Heimat verlassen habe." „Warum? Man sollte meinen, euer Volk zieht in diesen Tagen in den Westen, nicht in den Osten", fragte Streicher mit aufrichtigem Interesse. „Ich hatte Träume, lebensechte Träume von einem Tal vor einer Bergkette, Imladris. Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass ich dorthin gehen sollte, also machte ich mich auf. Später kamen zu diesen Träumen auch noch die von"- die Elbin senkte die Stimme- „dem Einen." An seinem Gesichtsausdruck konnte Nórwing ablesen, dass Streicher wusste, wovon sie sprach. „Und von einem Schwert. Von einem zerbrochenen Schwert." Bevor Aragorn etwas sagen konnte, fügte sie hinzu: „ich versuchte eine Verbindung zwischen diesen beiden Gegenständen herzustellen und habe gedacht, dass das Schwert Narsil ist, welches den Einen damals von der Hand des Dunklen Herrn schlug. Euer Schwert sieht genauso aus wie jenes aus meinem Traum..."

Während Nórwing gesprochen hatte, war ihr etwas entscheidendes klar geworden. „Seid ihr Isildurs Erbe, der Erbe des Thrones von Gondor?"

Aragorn schwieg lange. „Ja", gab er schließlich zu, „der bin ich. Aber bitte sage den Hobbits nichts davon, ich möchte nicht dass jeder davon erfährt. Ich bin ein Waldläufer, und ein Waldläufer will ich bleiben."

Nórwing konnte Aragorn verstehen. Immerhin hatte auch sie nicht die Pflichten, die ihr als Prinzessin des Schattenwaldes zustanden, angenommen und stattdessen weiter Mothlûm regieren lassen. „Ja," sprach sie deshalb, „ich werde euer Geheimnis für mich behalten."

Den Rest der Nacht verbrachten beide schweigend in ihren Gedanken versunken, irgendwann nickte die Elbin ein und erwachte erst wieder am nächsten Morgen.

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Irgendwie ist dieses Kapitel sehr langweilig, aber ich wollte auch nicht das ganze Gespräch mit Aragorn, dass einfach ein ganzes Kapitel, also neunzehn Seiten (fragt nicht, ja ich habe die gezählt), geht, kürzen. Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen, bis zum nächsten Mal 👋

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