Gelyncht

Kapitel 38

Laura starrte auf den blau gefrorenen jungen Mann, der an einer der zentralsten Straßen von Blackwater an einer Straßenlaterne hing. Es war noch sehr früh am Morgen und niemand der wenigen Einwohner dieser Geschäftsstraße war bereits unterwegs. Die kleinen Läden waren noch immer geschlossen, Laura selbst war nur hier, weil sie eine Abkürzung hatte nehmen wollen, als sie aus dem Bürgerzentrum zurückkam. Sie hatte heute endlich die Unterschriften geleistet, die es der Stadt erlaubten den Leichnam ihrer Mutter aufzubewahren, damit sie im Frühling bestattet werden konnte, wenn der Boden eine Beerdigung zuließ.

In dieser Reihe würde sich dann wohl auch der Leichnam dieses Jungen einreihen. Das war alles an rationalen Gedanken, den sie bei dem Anblick des gelynchten Jungen fassen konnte. Dann begriff ihr noch müde und emotional aufgewühlter Verstand endlich, dass in Blackwater ein Mord geschehen war. Ein grausamer Mord an einem jungen Menschen, den man danach auch noch vor den Blick aller anderen mitten an einer verdammten Straßenlaterne ausgehangen hatte. Sie sah einen Zettel an seinem Torso, der leicht im Wind wehte und bei den mitgetragenem Schnee sicherlich schon in Mitleidenschaft gezogen wurde, aber sie wagte es nicht näher ran zu gehen.

Mit zitternden Händen griff sie nach ihrem Telefon, informierte die Polizei und starrte weiter auf die Leiche, unfähig den Blick abzuwenden. Sie wusste nicht warum, aber etwas zwang sie dazu diesen Anblick standzuhalten. Etwas zwang sie dazu hin zu sehen und sich darüber klar zu werden, das die Stadt von damals, in der sie aufgewachsen war, nie wieder so sein würde. Ihr Vater hatte sie zerstört und selbst jetzt, nachdem sie glaubte, das alles wäre vorbei war es das nicht. Das Böse hatte sich in Blackwater festgesetzt und würde sich nicht kampflos geschlagen geben. Der Beweis: Ein toter junger Mann an einer Laterne.

„Laura!" Konstantin griff nach ihrer Hand und zog sie fest an sich als er um die Ecke Bog und die Situation wahrscheinlich sehr viel schneller realisierte als sie selbst. Sie fragte erst gar nicht warum er nicht wie abgemacht beim Wagen wartete, er musste ihr Entsetzen und ihre plötzlich aufbrechende Trauer gespürt haben durch dieses Band das sich nach dieser Nacht mit Shinys Verhaftung so weit geöffnet hatte und nach zwei Tagen immer noch nicht /wieder in seinem alten Zustand war.

„Hast du die Polizei gerufen?", fragte er und legte ihr eine Hand in den Nacken um sie zu beruhigen. Laura nickte und schaffte es dann endlich sich von dem Anblick loszureißen, als ein Schrei durch die Straße hallte und so entsetzlich die kalte Morgenluft durchschnitt, dass es ihr durch Mark und Bein glitt.

Eine ältere Dame hatte die Straße betreten und war mit demselben Anblick konfrontiert worden und stand nun vollkommen starr vor Angst mitten auf dem Weg. Laura löste sich von Konstantin und ging zu ihr. Ihr Wolf hielt Abstand, er wirkte zu furchteinflößend, um Menschen zu beruhigen. Laura aber gehörte zur Gemeinde.

„Ganz ruhig. Die Polizei ist schon unterwegs", meinte Laura beruhigend und strich ihr über den Arm. Die Frau zitterte und umfasste Lauras Hand als sie begann zu weinen. Laura hatte nicht einmal daran gedacht, dass sie wegen der grausamen Tat Tränen vergießen könnte, aber als sie das Wimmern hörte, begannen ihre Augen ebenfalls zu brennen.

„Oh heilige Mutter Gottes, das hört nie auf." Schluchzte sie und als nun endlich zwei Polizeiwagen kamen und begannen die Straße abzusperren, damit nicht noch ein Bewohner an den Tatort kam . Sie erkannte junge Polizisten, die ihre Mützen abnahmen und sich bekreuzigten bevor sie ihre Arbeit machten, doch vom Sherriff war nichts zu sehen.

„Miss? Der Anruf kam von Ihnen?", fragte ein Beamter und eine Kollegin von ihm nahm die ältere Frau beiseite und versuchte sie weiter zu beruhigen. Laura wollte antworten aber ihre Stimme versagte, sie fühlte sich irgendwie neben sich. Schock, diagnostizierte sie bei sich selbst und es trat erst wieder Leben in ihren Körper als Konstantins Hand in ihrem Kreuz landete.

„Ja. Hat sie. Ich kam wenige Minuten später dazu. Wir kamen aus der Seitengasse und wollten uns bei meinen Wagen treffen.", begann Konstantin zu erklären und seine Hand schlüpfte unter ihre Jacke und weiter unter ihr Oberteil, bis er nackte Haut berührte. Die Kälte die sie kurz ergriff wurde dabei schnell von konstantins Körperwärme abgehalten. Ein kleiner Blitz zuckte durch ihren Körper und das nächste was Laura spürte, waren Tränen auf ihren Wangen.

„Miss, wir haben einen Sanitäter hier, sie sollten sich erst untersuchen lassen", meinte der Polizist aber Laura schüttelte den Kopf. Nein, alles was sie brauchte, war es ein paar Mal tief durchzuatmen.

„Nein. Danke. Ich komme schon zurecht. Stellen Sie ihre Fragen", meinte sie und der Mann nickte.

„Also was machen Sie hier, wohin wollten sie und wie haben sie den ... Vorfall ... entdeckt?", fragte er und sowohl Konstantin als auch Laura beantworteten alles geduldig. Sie war so früh in der Stadt gewesen um die Dokumente zum Tot ihrer Mutter zu unterschreiben. Allein. Konstantin hatte am Wagen am Rande der Stadt gewartet, ungefähr zehn Minuten Fußmarsch entfernt. Warum er sie nicht direkt bis vor das Bürgerzentrum gefahren hatte? Weil sie, quasi, dabei war ihre Mutter zu beerdigen und sie den Spaziergang brauchte, diese paar Minuten für sich um sich zu sammeln. Warum Konstantin dann doch zu ihr gekommen war? Sie war seine Luna, er spürte, dass etwas nicht stimmte und folgte Lauras Geruch bis zu der Gasse.

Bei dieser Antwort hatte der Mann kurz innegehalten und Konstantin angesehen, aber der hatte lediglich die Augen verdreht und gemeint, er solle googeln wie das bei Gastaltwandlern funktioniert. Erst da schien dem Mann aufgegangen zu sein, dass Konstantin ein Wolf war. Man konnte es ihm hoch anrechnen, dass er lediglich genickt hatte und weiter professionell blieb.

Dann hielt noch ein Wagen, diesmal groß mit dem Logo des Sheriffs auf der Tür, und Laura wollte sich gerade freuen Bud wiederzusehen aber anstatt einen alten Freund wiederzusehen, sah sie ein unbekanntes Gesicht mit Sheriff Uniform und einen mehr als unsympathischen Ausdruck im Gesicht. Er war im mittleren Alter, hatte Furchen einer schlimmen Akne im Gesicht und seine Augen waren so stechend, dass sie nur kurz über Laura glitten und dann herausfordernd an Konstantin hängen blieben.

„Na sieh mal einer an, das neue Traumpaar der Stadt. Das ausgerechnet ihr den Jungen findet", begann der Typ in Uniform mehr als unprofessionell und sein jüngerer Kollege, der ihre Aussage aufgenommen hatte wollte gerade etwas sagen, wurde dann aber mit einem Blick, der mehr sagte als er je in Worte fassen könnte, vertrieben.

„Wo ist Sheriff Bug?", fragte Laura freundlich und besonnen, sie würde sich nicht provozieren lassen. Ihr Tag war jetzt bereits gelaufen und es ist als würde eine weitere Welle der Niedergeschlagenheit sie erdrücken, dabei hatten sie den eigentlich aufreibenden Moment heute noch nicht mal hinter sich gebracht: Den Besuch ihres Vaters im Gefängnis, denn auch er musste die Papiere unterschreiben, damit das Hab und Gut im Haus in Lauras Besitz überging. Außerdem hatte sie eine Überlassungserklärung dabei, damit der illegale Besitz am Haus direkt und das Grundstück ohne ein Gericht ins Black-Water-Rudel eingegliedert wurde. Es war nur eine Formalität, aber sie war Laura wichtig.

„Im Ruhestand, genauso wie sein Partner. Ich bin Sheriff Caleb Johnson, das hier ist jetzt meine Stadt", sagte er dermaßen selbstzufrieden, dass Laura sich ein angewiderten Blick nicht entgehen lassen konnte.

„Meinen Glückwunsch Sheriff Johnson zur Ernennung, wenn Sie nun keine Fragen mehr haben, würden wir jetzt gehen wollen. Ihre Kollegen haben ja meine Nummer, falls noch etwas ungeklärt sein sollte", meinte Konstantin und versuchte den Mann damit offensichtlich abzuwickeln. Ihr Wolf würde sich keine weitere Bemerkung bieten lassen, aber er war beherrscht genug, um keinen Streit anzufangen.

„Tja, ich weiß leider nicht, ob das so einfach geht. Theoretisch gehört das Land, auf dem Sie leben, nicht zum amerikanischen Staatsgebiet und ich weiß nicht, ob ich erlauben kann, dass sie das Land verlassen. Sie sind wichtige Zeugen", grinste er selbstgefällig und so breit, dass Laura der Ekel über den Rücken lief und sie es nun doch schaffte etwas Zorn in sich zu wecken. Doch das war nicht nötig. Konstantin trat vor ihn und überragte den Mann um einen halben Kopf als er auf ihn herunter blickte.

„Sheriff Johnson, ich weiß Sie sind neu im Dienst aber entweder sie verhaften uns aus Willkür, was Ihnen als Rassistisch motiviert ausgelegt werden würde und so gegen den Rudel-Staatsvertrag verstößt, womit wir das Verfassungsgericht auf den Plan rufen, oder sie lassen uns jetzt gehen und rufen mich an und bekommen die Erlaubnis mich und meine Luna jederzeit einzubestellen um mir oder ihr tatsächlich relevante Fragen zu stellen." Meinte Konstantin und für einen Moment lieferten sich die Männer ein intensives Blickduell, dann schien dem neuen Sheriff aufzugehen, dass er mit seinen Sticheleien hier nicht weiterkam und trat zur Seite.

„Bitte halten Sie sich für weitere Fragen zur Verfügung, Ma'am", meinte er und tippte sich höflich an den Hut, schien damit allerdings einzig und allein Laura zu meinen. Auch diese indirekte Unhöflichkeit ließ Konstantin sich bieten, aber sie spürte den Aufruhr in ihm. Mit diesem Sheriff würde ein friedliches Zusammenleben sicherlich noch sehr viel schwieriger werden.

Beta: Geany

Glossar (*aktualisiert/neu hinzugekommen)

Konstantin Hunt

31. Alpha des Black-Water-Rudels. Hat das alte Territorium vor 10 Jahren verlassen nachdem er den ehemaligen Alpha getötet hat, weil dieser seine Schwester und dessen Neugeborenes Kind verstoßen wollte.

Laura Mils

24. Hat gegen ihren kriminellen Vater ausgesagt. Kümmert sich um ihre totkranke Mutter. Konstantins Luna.

Kristina Mils (verstorben)

Ehefrau von Carlos und Mutter von Laura. Hat einen bösartigen Tumor, der sie launisch macht.

Carlos Mils

Vater von Laura und Ehemann von Kristina. Ist wegen Betrug, Unterschlagung und Anstiftung zum Mord im Gefängnis.

Das Rudel

Maximilian McFlorry (verstorben)

Ehemaliger Alpha des Black-Water-Rudels. Plante die „Reinhaltung" seines Rudels von menschlichen Blut.

Margot Williams

Schwester von Konstantin. Mutter und Ehefrau. Mit einem Navy Seal verheiratet.

Peter Williams

Mensch. Ehemann von Margot und Vater von Matthew-Konstantin

Matthew-Konstantin Williams

10. Sohn von Margot und Neffe von Konstantin.

Daniel Williams

2. Sohn von Margot und Neffe von Konstantin.

Casper Blackwater

Großvater mütterlicherseits von Konstantin.

Jessie Hunt

Mutter von Konstantin und Margot, Tochter von Casper Blackwater, Großmutter von Daniel und Matthew.

Dean-Lee Hunt

Ehemann von Jessie, Vater von Konstantin und Margot, Schwiegersohn von Casper Blackwater.

Halley Rose

Rudelmitglied. Mutter von Lucy, die in die Kindertagesstätte geht in der Laura arbeitet.

Josephine Wolf

Rudelmitglied. Cousine von Myra. Fühlen sich als Zwillinge, da sie am gleichen Tag zur Welt gekommen sind. Mutter von Benjamin, der in die Kindertagesstätte geht in der Laura arbeitet.

Myra Wolf

Rudelmitglied. Cousine von Josephine. Fühlen sich als Zwillinge, da sie am gleichen Tag zur Welt gekommen sind. Mutter von Lars und Faith. Lars geht in die Kindertagesstätte in der Laura arbeitet.

Jason Snow

31. Beta des Black-Water-Rudels und Konstantins rechte Hand. Ist für die Ausbildung der jungen dominanten Wölfe zuständig. Exfreund von Magonlia Rain und Gefährte ihrer jüngeren Schwester Moonshine Rain.

Moonshine Rain

17. Highschhoolschülerin und Luna von Jason. Jüngere Schwester von dessen Exfreundin Magnolia. Maskottchen des Rudels. Hat eine Vorliebe für auffällige Haarfarben.

Magnolia Rain

25. Arbeitet in der Rudel-Bar. Ältere Schwester von Moonshine. Wurde für ihre Schwester von Jason verlassen.

Damien Vos

26. Rudelmidglied. Fungierte früher als Lehrer und Erzieher im Rudel. Ist ein brillanter Erfinder. Kein dominanter Wolf.

Sonstige

Melissa Main-Glow

Pflegerin. Ehemalige Schulkameradin von Laura. Ist jung schwanger geworden und pflegt nun Lauras Totkranke Mutter

Carly Main-Glow

8. Grundschülerin. Tochter von Melissa Main-Glow. Kennt ihren Vater nicht.

Manson Lockhardt

Rechtsanwalt von Carlos Mils.

Gustarf Gold

Rechtsanwalt von Laura Mils. Besitzt einen Buchladen.

Lisbeth Homeslif

Ältere Mitarbeiterin des Kindergartens in Black Water. Kollegin von Laura.

Abigail Duslaski

Besitzerin des Kindergartens. Ist in William Langfield verliebt

Wiliam Langfield

Ehemalige Unterstützer von Carlos Mils, Ex-Freund und selbsternannter Verlobter von Laura Mils. Wird in naher Zukunft Bürgermeister in Black-Water, da es an Gegenkandidaten fehlt.

Darley Andrews

Angestellter in der Autowerkstatt seines Vaters, ist mit Laura und Melissa zusammen zur Schule gegangen.

Fred-Augustin Andrews

Vater von Darley und Besitzer der einzigen Autowerkstadt in Black-Water.

*Anderson Bud

Ehemaliger Sheriff von Blackwater. In Pension. Hatte damals gegen Lauras Vater ermittelt. Schon in Amt als die Konflikte mit dem Rudel ausbrachen und hatte es geschafft sich darüber hinaus eine Neutralität zu bewahren.

*Caleb Johnson

Neuer Sheriff von Blackwater. Hat eine offensichtliche Abneigung gegen das Gestaltwandler-Rudel.

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