Blackwater

Kapitel 33

Laura war froh Sheriff Bud zu sehen, der alte Polizist hatte zwar seine besten Jahre schon lange hinter sich aber er war ein gerechter Mann, genauso wie sein älterer Partner und hatte sich immer dafür eingesetzt, den richtigen hinter Gitter zu bringen und dann auch mal Gnade vor Recht gehen zu lassen. Um genau zu sein, war sein Erscheinen sogar merkwürdig, denn eigentlich wollte er längst in Rente sein.

Ohne auf das zu achten, was Jason gesagt hatte, ging Laura auf ihn zu und stoppte erst als ein Arm sich um ihre Taille schlang und Konstantins Atem ihre Ohrmuschel streifte.

„Bleib hinter mir!", knurrte er und seine Stimme war dermaßen von seinem Wolf eingenommen, dass Laura wusste, dass es unmöglich war mit ihm darüber zu diskutieren. Seine Mutter hatte sie davor gewarnt sich gegen den Beschützerinstinkt eines Wolfes aufzulehnen. In dieser Hinsicht würde aus einem Gestaltwandler niemals ein emanzipierter Mann werden, der Stärkerer beschützt die Schwächeren. Das war Instinkt und als Alpha war Konstantin ein Extremum.

„Miss Mils, was für eine Überraschung!", entfuhr es dem Sheriff freundlich als er sich langsam Konstantin und den anderen näherte und sichtlich bemüht war ungefährlich zu erscheinen. Niemand wollte, dass irgendetwas eskalierte.

„Mister Hunt?", fragte er an Konstantin gewandt, ohne darauf zu achten, dass dieser Laura tatsächlich hinter sich schob und sich vor dem Mann aufbaute. Er hatte ungebeten das Gestaltwandlerrevier betreten und Laura wusste wie territorial diese sein konnten.

„Ja", knurrte er und auch Jason entfuhr ein bedrohliches Knurren, das noch sehr viel unheimlicher wirkte als das von Konstantin. Als läge sein Wolf dichter an der Oberfläche als bei seinem Alpha.

„Ich entschuldige mich für mein Eindringen, ich habe versucht mich anzukündigen, leider wussten wir nicht wie wir Sie erreichen könnten. Ich fürchte, ich bringe keine guten Nachrichten", sagte er und Konstantin wartete auf besagte Nachricht, ohne seine Entschuldigung zu akzeptieren.

„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass wir eines ihrer Rudelmitglieder mit uns auf Präsidium nehmen mussten. Ein junges Mädchen namens Moonshine Rain, ich weiß aber nicht, ob das tatsächlich ihr Name ist oder sie uns hereingelegt hat, sie war wenig kooperativ", meinte er und Laura konnte ihm diesen Zweifel nicht übel nehmen. Moonshine war wirklich ein seltsamer Name.

„Warum habt ihr sie mitgenommen?", fragte Jason und trat neben Konstantin wo er sich aufbaute und so wütend schien, als wolle er diesen Mann gleich etwas antun aber Konstantin warf seinem Stellvertreter einen scharfen Blick zu.

„Wir kommen mit Ihnen mit, Sheriff, wenn sie deswegen hier sind. Jason? Halt dich zurück", befahl Konstantin und tatsächlich nahm Jason wieder Abstand. Sheriff Bud, der sich gerade selbst versteift hatte, bemühte sich, sich jetzt wieder zu entspannen.

„Schon gut, das ist nicht mein erstes Erlebnis mit Gestaltwandlern, ich weiß wie beschützerisch ihr seid. Das Mädchen ist zusammen mit einigen unserer Teenagern in einer Bar verhaftet worden. Sie sind noch keine einundzwanzig und wurden mit Alkohol und auch etwas Gras erwischt."

„Ist es üblich, Kinder zu verhaften, wenn sie tun, was Jugendliche nun einmal tun?", giftete Jason aus der Entfernung weiter, aber diesen Kommentar nahm Sheriff Bud nicht einfach so hin. Seine Gesichtszüge wurden ernst und er sah den Beta des Rudels unverwandt in die Augen.

„Ich verstehe ihr Misstrauen, angesichts ihrer Erfahrungen mit den Menschen von Blackwater aber ich verbitte mir die Andeutung, ich würde sie oder irgendeinen anderen hier diskriminieren. Ich habe so gehandelt wie ich bei jedem Teenager handle, der mir sagt, dass er keine Eltern hat und noch minderjährig ist: Ich behalte ihn in Gewahrsam bis ein Erziehungsberechtigter ihn abholt. Wie gesagt, hatten wir keine Ahnung wie man mit dem Rudel Kontakt aufnehmen kann, sonst hätte sie lediglich jemand angerufen, als hier hergefahren zu kommen.", meinte er ernst und betrachtete dann Konstantin der sich auch wieder entspannte und sogar ein Lächeln zustande brachte, wenn auch ein Kaltes.

„Bitte entschuldigen Sie Sheriff, natürlich holen wir Shiny ab und ich gebe Ihnen gerne meine Telefonnummer, falls unsere Kinder nochmal Blödsinn bauen sollten. Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten. Sie sagten, sie hatte Drogen dabei?", fragte Konstantin nun gezielt und warf Jason einen Blick zu der dafür sorgte, dass er sich komplett zurückzog, während er selbst auf den Wagen zuging und Laura hinter sich herzog.

Der Sheriff lief locker neben ihnen und bemühte sich wieder um eine lockere Stimmung. Wenn Laura gewusst hätte wie sie das unterstützte, hätte sie es getan. Bud war ein guter Mann, er hatte gegen alle Widerstände bei den Ermittlungen gegen ihren Vater geholfen. Sie achtete ihn sehr und es war gut einen Verbündeten zu haben, denn nicht alle würden so tolerant mit dem Rudel umgehen, dass nun dabei war zu erstarken. Die Menschen würden sich bedroht fühlen, alles andere anzunehmen war naiv. Dafür war zu viel Unrecht in der Vergangenheit passiert, auf beiden Seiten.

„Sie nicht, nur die anderen Kids. Wir belassen es bei einer Verwarnung aber ihre Eltern müssen sie abholen oder eben ein Vormund, es ist zu spät um sie frei herumlaufen zu lassen", erklärte er und lächelte Laura von der Seite aus zu.

„Ihre Eltern sind tot, ich bin ihr Vormund. Meine Gefährtin kennen sie ja anscheinend schon?", fragte Konstantin und Bud schien nicht zu merken wie tiefgründig diese Frage ging, aber Laura hörte den lauernden Unterton heraus und hätte am liebsten die Augen verdreht. Sie als seine Gefährtin zu bezeichnen störte sie nicht, auch wenn es ihr immer noch surreal vorkam. Waren sie jetzt zusammen? Dumme Frage, natürlich waren sie das! Aber es ging schließlich immer noch das Gerücht herum, sie hätte was mit William Langfield, wäre sogar verlobt.

„Ähm ja. Ich freue mich, dass es Ihnen gut geht, Miss Mils und mein herzliches Beileid zu ihrem Verlust", sagte Bud ganz professionell ohne persönliche Fragen über ihren Beziehungsstatus zu stellen. Laura bedankte sich schwach und folgte Konstantin zu seinem eigenen Wagen.

„Ich fahre ihnen nach, Sheriff", verkündete der Alpha und Bud nickte während Laura seinem Kollegen winkte, der freundlich zurückgrüßte.

Das Präsidium von Blackwater war größer als sie es in Erinnerung hatte. Aufgrund der Machenschaften ihres Vaters war die Polizei gezwungen gewesen sich zu vergrößern und angrenzende Büroräume anzumieten sowie einen zweiten Zellenbau in Auftrag zu geben. Das hatte die Gemeinde vor einigen Jahren beschlossen, um der immer noch sehr hohen Kriminalitätsrate Herr zu werden, die seitdem in Blackwater herrschte. Laura erinnerte sich an Zeiten wo niemand seine Haustür abschloss und seinen Wagen einfach irgendwo stehen lassen konnte. Abgesehen von kleineren Diebstählen und ein Paar Streitigkeiten, war nie viel los gewesen in der kleinen Stadt irgendwo in Alaska, nun aber gab es Viertel die man auch Tagsüber meiden sollte, mehr zugezogene Einwohner die Ärger machten und härtere Drogen als ein wenig Gras für die gelangweilten Kids.

Trotz der späten Stunde war das Gebäude hell erleuchtet und es wurde hastig gearbeitet, die Polizei war jung und motiviert und eventuell auch überfordert. Die große Razia die der Gouverneur in der Stadt veranstaltet hatte, hatte ein kriminelles Machtvakuum hinterlassen, dass nun versuchten andere zu füllen. Es war fast so als hätte ihr Vater die Büchse der Pandora geöffnet und nun versuchten all den Deckel wieder drauf zu halten.

„Er schien dich zu mögen, das ist gut. Das letzte, was wir brauchen, sind Beamte die uns auf den Kicker haben", grummelte Konstantin ihr zu und zog sie näher an seine Seite als sie fröstelte.

„Solange du dich benimmst, wird alles gut werden", meinte sie und Laura versuchte die fragenden Blicke nicht zu beachten, die ihnen folgten, als sie das Präsidium betraten. Die meisten erkannten zumindest sie, mit ihrer Haarfarbe hatte sie immer hervorgestochen und jeder hier wusste um ihre Vergangenheit durch ihren Vater und auch dem zukünftigen Bürgermeister. Hier mit einem Wolf aufzutauchen würde sich bis morgen früh wie ein Lauffeuer verbreitet haben.

Konstantin schien das nicht zu interessieren, er behielt die verärgerten Blicke selbst im Auge und zeigte jedem die Zähne der sich leise versuchte zu empören, solange bis sie Shiny sahen die mit hängendem Kopf auf einer Bank saß und mehr als traurig wirkte.

Laura öffnete den Mund um zu sagen, dass sie das vielleicht klären sollte, doch da hatte Shiny sie bereits bemerkt und Konstantin sah deutlich die Tränen in ihren Augen. Aber keine mit denen Laura gerechnet hatte. Sie wirkte zwar irgendwie getroffen aber aus ihren Augen brodelte ihr Zorn entgegen und eine ganze Menge Trotz. Das würde Laura nicht klären können, hier brauchte es die Autorität eines Alpha.

„Ich gehe euch beiden lieber einen Kaffee besorgen," sagte Laura und Konstantin nickte stumm, ohne den Blick von Shiny zu nehmen, dessen Blick kurz zu Laura glitt.

„Kakao!", rief sie zu ihr und Laura nickte bevor sie zum Automaten lief und hoffte in der Jackentasche noch genügend Kleingeld zu haben. Dort traf sie erneut auf den Sheriff, der seinen Blick stur auf Konstantin und Shiny beließ die begannen miteinander zu reden.

„Sie ist nur ein Teenager, sie meint es nicht böse", fühlte sich Laura verpflichtet zu sagen, doch der Sheriff lächelte lediglich.

„Ich weiß, aber viele werden das als Zeichen sehen, wie viel Ärger das nun wieder erstarkende Rudel in den Wäldern hier machen kann und einige sind alt genug um sich an die Jugendlichen zu erinnern, die man ermordet an der Grenze der Stadt gefunden hatte", meinte er und Laura wusste was er meinte. Es war damals eine Zeit der Unruhe gewesen, mit der Industrialisierung haben sich die Gestaltwandler komplett von den Menschen distanziert. Sie würdigen die Ausbeutung der Bodenschätze nicht. Die Menschen hielten sich von ihren gewaltigen Ländereien fern, bis der Hunger nach noch mehr Rohstoffen sie dazu trieb, sie mit Gewalt von ihrem Grund und Boden zu vertreiben, wie sie es zuvor mit den Indigenen Völkern getan hatten, die dann in die Wälder der Gestaltwandler Schutz gesucht hatten und ihre Gene mit ihren vermischten. Als die Menschen dann weiter vordrangen, kam es zu blutigen Auseinandersetzungen, bei denen die Gestaltwandler sich trotz all den Vorschritt des Menschen hatte behaupten können. Man hatte sich weiter auseinander gelebt und Misstrauen auf beiden Seiten war entstanden, nicht nur hier in Blackwater, sondern auf der ganzen Welt. Erst nach den Weltkriegen legten sich diese Gedanken wieder und die Rudel begannen sich zu öffnen und Forderungen zu an die Zivilisation zu stellen. Die Regierungen brauchten lange um einzulenken, ihnen Rechte an Besitz an ihren Grund und Boden zu geben. Bürgerrechte erhielten sie nie, sie unterstanden ihren eigenen Gesetzen und so schien es ihnen auch am liebsten. Sie bevolkten die Gesetze der Menschen, wenn sie ihr Land verließen, aber was auf ihren souveränen Lang geschah, geschah unter ihrer eignen gesetzlichen Macht.

Als Laura das wieder einfiel, hatte sie keine Ahnung wie sie damit umgehen sollte. Würde sie ihre Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie mit Konstantin zusammen blieb?

„Du hast sie gefunden", entfuhr es Laura und der alte Mann nickte.

„Ja und ich weiß, was davor geschah. Die Jungen waren keine Bedrohung, betraten aber ein Stück Land dessen illegales betreten definitiv den Tod mit sich brachte. Ich dachte ehrlich nicht, dass die Gestaltwandler sich jemals uns gegenüber anders verhalten würden. Sie wollten von uns in Ruhe gelassen werden, nachdem wir ihnen mit Hass und Verachtung begegneten. Ich wusste, dass es Ärger gibt als dieser Navi Seal sich in dieses Mädchen verliebte."

Margot und Peter. Ihre Liebe hatte das Rudel entzweit und revolutioniert.

„Sie haben zwei Jungen, das Mädchen ist Konstantins ältere Schwester Margot", sagte sie und der Sheriff betrachtete sie überrascht. Er hatte es nicht gewusst, wie so viele wohl nichts davon wussten was im Rudel tatsächlich geschehen war.

„Verstehe", sagte er aber Laura war sich nicht sicher, was er da gerade verstand. Sie legte den Kopf fragend schräg, dann aber nahm sie sich den Kaffee und den Kakao und hoffte, dass diese anstrengende Nacht endlich enden würde.

Beta: Geany

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