Prolog

Im silbernen Schein des strahlenden Vollmonds glänzten die schiefen Dächer von Hogsmeade, als der letzte Gast der 'Drei Besen' seinen beschwingten Heimweg antrat. Seine roten Haare schimmerten wie flackernde Feuerfunken in der dunklen Gasse, die von gemütlichen braunen Häuschen und einem bezaubernden, mit grauen Steinen gepflasterten Weg gesäumt war.

»Weasley ist unser King!«, hallte seine fröhliche Stimme wider, während er seinen Zauberstab wie ein Dirigentenstab schwang und imaginäre Melodien in die Luft zauberte. An der nächsten Kreuzung, beherrscht von einem imposanten roten Haus mit einem lustigen Hut als Verzierung, bog er links in eine charmante Nebenstraße ein. Ein hölzerner Mann an der Hauswand zauberte dort unablässig einen Hasen aus seinem Hut und ließ ihn sogleich wieder verschwinden.

Schließlich erreichte der rothaarige Zauberer sein Ziel - ein charmantes Reihenhaus, das im Dunkeln ruhte. Er war so betrunken, dass er versuchte, die Tür mit »Alohomora« zu öffnen. Natürlich stieß er auf die üblichen Siegelzauber, gegen die so ein simpler Zauber nichts ausrichten konnte. Stöhnend griff er in eine Innentasche seines Umhangs und versuchte mit seinen langen Fingern den Schlüssel zu greifen zu bekommen.

Nach einiger Zeit gelang es ihm endlich, die Tür zu entriegeln, und er betrat das dunkle Haus. Mit einem leisen Flüstern von »Lumos« erhellte er die Spitze seines Zauberstabs. Plötzlich jedoch fuhr er erschrocken zurück und fasste sich an sein Herz, als wäre er von einer unsichtbaren Tarantel gestochen worden.

»Hermine, Schatz. Bist du noch wach?« Seine Stimme klang leise und reuig. Seine Frau stand mit verschränkten Armen im kleinen Eingangsbereich des Hauses und funkelte ihn vorwurfsvoll an. Ron fühlte sich fast so, als stünde er wieder vor seiner Mutter, die ihn tadelte.

»Natürlich bin ich noch wach. Morgen fährt Rose nach Hogwarts, und du kommst so spät und offensichtlich betrunken nach Hause?« Ihre Worte hatten eine schneidende Klarheit, die Ron an die unangenehmen Zeiten in der Schule mit Hermine erinnerte.

»Harry war auch dabei«, versuchte er sich zu verteidigen, doch Hermine schüttelte nur missbilligend den Kopf.

»Harry ist schon seit zwei Stunden zu Hause. Ginny hat mir Bescheid gegeben.« Mit einem verzauberten Spiegel, den sie nutzte, um mit ihrer besten Freundin zu sprechen, demonstrierte sie ihre Information.

»Neville...«, stammelte Ron verlegen und kratzte sich am Hinterkopf.

»Neville wohnt über den Drei Besen, er konnte unmöglich später als du nach Hause kommen. Jetzt sei still, Rose schläft schon, und sie braucht ihre Ruhe!« Hermine nahm ihm den Zauberstab ab und geleitete ihn mit sanfter Bestimmtheit die Treppe hinauf in den ersten Stock. Ihren eigenen Zauberstab richtete sie zur Decke und murmelte »Muffliato«, damit ihre Tochter nichts von ihrem Streit mitbekam.

Ein Stockwerk höher war ein kleines elfjähriges Mädchen zusammengezuckt, hatte ihre Taschenlampe aus gemacht und das Buch unter ihr Kopfkissen gesteckt. Für eine kurze Zeit tat sie so, als würde sie schlafen mit dem bekannten Surren um sie herum. Ihre Mutter hatte wieder den Taub-Zauber angewendet. Das war meistens ein Zeichen, dass sie und ihr Vater sich stritten. Danach gingen sie ins Bett und ihre Mutter schaute noch einmal bei ihr vorbei. Nach etwa zehn Minuten wurde Rose jedoch ungeduldig und holte ihr Buch wieder unter ihrem Kopfkissen hervor.

'Die Geschichte der Donnervögel' war in goldenen Lettern auf dem braunen Ledereinband zu lesen und das Buch sah schon ziemlich benutzt aus. Ehrfürchtig strich Rose Weasley über den Namen der Autorin, Aryanna Twelvetrees. Sie war zwar schon seit mehreren duzend Jahren tot, doch ihre Bücher hatten Rose so viel gegeben. Aryanna war eine Abenteuerin gewesen, aus dem Hause Donnervogel in Ilvernmorny. Sie war durch die Welt gereist und hatte alles über das Wetter und seine Eigenschaften herausgefunden, wobei natürlich der Donnervogel eine gravierende Rolle spielt. Am Ende hatte sie herausgefunden, wie man das Wetter kontrollierte, doch kein anderer Zauberer hatte es ihr je nacheifern können.

Bevor sie das Buch aufschlagen konnte, hörte sie das knarzen der Treppe und schob es schnell wieder unter ihr Kissen. Der vertraute Geruch nach Pergament, der ihre Mutter immer umgab, erfüllte in einem Windstoß den Raum und sie kniff ihre Augen zusammen. Heute Nacht hatte der Streit wohl besonders lang gedauert, dachte Rose, bevor sie langsam in das Reich der Träume glitt.

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Der weiße Dampf der Hogwarts-Express-Lokomotive umhüllte Kings Cross, als Rose und ihre Eltern auf die Familie Potter stießen.

»Mama, kannst du mich nicht doch nach Ilvermorny schicken? Bitte, bitte«, flehte sie ihre Mutter zum vermutlich tausendsten Mal an. Seit sie die Bücher von Aryanna entdeckt hatte, war ihr größter Wunsch, auf dieser fernen amerikanischen Schule für Hexerei und Zauberei zu lernen. Doch Hermine blieb standhaft. Ihre Tochter sollte auf der besten Schule, Hogwarts, unterrichtet werden. Außerdem konnte sie sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, ihre kleine Rose so weit weg zu schicken.

»Es tut mir leid, Rose. Vielleicht, wenn du ein wenig älter bist.« Hermine strich ihrer Tochter zärtlich über die Wange, während sie sich auf den Weg zum Hogwarts-Express machten.

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