Thirty-two

Thirty-two:
eine Auseinandersetzung, die schon längst notwendig war

„Also", lief ich nach rechts, zum Fenster. „Ich bin von diesem Pfeil aufgespießt worden." Ich legte mir die Hand unter die Brust. „Direkt da."

„Ja", nickte Arabella.

„Das war nicht lebensbedrohlich?", fragte ich nach.

„Doch", widersprach sie. „Aber es lief bei der OP erst alles glatt."

„Erst?", machte ich kehrt und begann nach links zu laufen, zum Schreibtisch mit Drucker darauf.

„Die Narkose hätte längst nachlassen müssen, doch du bist nicht aufgewacht."

„Und ich hatte keine anderweitigen Medikamente intus?"

„Schmerzmittel, soweit ich weiß", seufzte sie.

„Und ich bin nicht aufgewacht?"

„Nein", bestätigte sie mir.

„Wo zur Hölle war ich dann?", blieb ich stehen, runzelte die Stirn.

„Victoria, möchtest du dich nicht eher mit der Tatsache der neusten Ereignisse beschäftigen?"

„Nop", gab ich sofort von mir. „Alle dürfen erstmal schmoren, wie ich schmoren durfte."

„Was?", lachte sie auf, bewegte ihren Hintern vom Tisch. „Wovon sprichst du?"

Ich sah auf. „Huh?", machte ich. „Entschuldige, war in Gedanken", verzog ich die Miene. „Was hast du eben gesagt?"

Sie gestikulierte leicht. „Was du damit meinst, dass alle erstmal schmoren dürfen."

Ich presste kurz die Lippen zusammen. „Oh, das ist leicht zu erläutern." Im Gegensatz dazu, wo ich mich gedanklich zur Hölle in den letzten zwei Jahren rumgetrieben hatte. „Jeder einzelne von euch", sagte ich, „Hat mich das gesamte letzte Jahr behandelt, als wäre ich eine zerbrechliche Porzellanpuppe und hat mich von vorne bis hinten verarscht." Ich zog eine Augenbraue hoch. „Ihr glaubt doch nicht, nur weil ich mein Erinnerungsvermögen zum Teil wiederhabe, werde ich jetzt überglücklich sein und euch für euer defensives Verhalten in den Himmel loben." Sie seufzte, sah zur Seite. „Gerade von dir und Mary hätte ich mehr erwartet", meinte ich. „Denn wie war das?", zog ich nun beide Brauen zusammen. „Niemand versteht uns so gut, wenn er nicht selbst ein Totenkind ist und niemand unterstützt und beschützt einen so gut, wenn man nicht selbst ein Totenkind ist."

„Victoria-"

„Ihr beide hättet mir verflucht nochmal besser helfen und zur Seite stehen sollen. Ihr hättet mir die Wahrheit sagen sollen."

„Natasha wollte das aber nicht."

„Und seit wann hörst du bitte auf meine Schwester, huh?!", legte ich den Kopf schief, ehe ich schnaubte und das Gesicht verzog. „Verdammt, Arabella, ich hätte so viel mehr von euch erwartet, als mich wie der Rest zu hintergehen, sobald ich nicht mehr ich war." Ich strich mir das Haar zurück, ehe ich den Kopf schüttelte. „Wie dem auch sei", bewegte ich mich in Richtung Tür. „Ich muss jetzt endlich ein paar Sachen aus Clints Wohnung holen." Ich seufzte nochmal. „Danach setze ich mich mit Natasha auseinander."

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„Wo glaubst du, dass du hingehst?"

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Wer denkst du, bist du, dass du mir sagen kannst, wohin ich gehen darf und wohin nicht?", legte ich gegenüber Nathan den Kopf schief. „Tu uns allen ein Gefallen, und halt endlich deine Fresse, Orlow." Ich schnaubte. „Sunna, fahr mich in Clints Wohnung."

Sunna sah vom Tisch auf, zog ihre Augenbrauen zusammen. „Victoria, ich-"

„Das war keine Bitte, Sunna", schnitt ich ihr das Wort ab und sie seufzte, erhob sich.

„Okay", murmelte sie, lief an mir vorbei.

„Möchtest du jetzt jeden herumkommandieren?", zog Tony eine Augenbraue hoch.

„Wieso?", zog auch ich wütend eine Augenbraue hoch. „Ihr habt mich doch auch wunderbar herumkommandieren können." Ich verdrehte meine Augen. „Ihr braucht nicht auf mich zu warten."

Denn ich war mir ziemlich sicher, Natasha besaß noch dieselbe Handynummer wie die von letzter Woche. Ich konnte sie also auch anrufen – und musste nicht nochmal zurück hierher.

Ich schwor, diesen Schuppen nie wieder zu betreten.

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„Danke fürs Fahren", schnallte ich mich ab, zog den Ersatzschlüssel aus meiner Tasche.

„Es war nicht so, als hätte ich die Wahl gehabt." Ich hielt inne, ehe ich nach ein paar stummen Sekunden zu Sunna aufsah. „Du hast versprochen, mich niemals mehr zu unterwerfen, Vika." Sie presste kurz ihre Lippen zusammen. „Wieso machst du das?"

Ich zog leicht meine Augenbrauen zusammen. „Wieso hörst du auf meine Schwester, wenn dein Schützling doch deine Hilfe braucht?"

„Du weißt, ich tu das nur, weil's das Beste für dich ist."

„Naw", gab ich monoton von mir, öffnete die Autotür. „Weißt du, was?", sah ich nochmal ins Auto. „Fahr zurück zur Basis und lass mich in Ruhe, Sunna."

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Diesmal begegnete ich keiner Mrs. Andrews als ich in der Eingangshalle ankam. Dafür hätte ich jetzt auch keine Nerven gehabt.

Ich seufzte, setzte den Schlüssel am Schlüsselloch an. Ich spürte, wie meine Blase leicht drückte, strich mir eine nervige Strähne aus dem Gesicht. Gerade als ich die Tür öffnete, öffnete sich auch eine weitere Tür im Hausflur.

„Clint?" Ich sah gegen meine Stirn.

>Himmel Herr Gott nochmal, echt jetzt?

„Nein, der heilige Geist", schnaubte ich.

„Oh Gott, Vika, ein Glück bist du's."

Ich zog die Augenbrauen zusammen, drehte mich um. „Was?", gab ich fassungslos von mir. „Ein Glück bin ich's? Für wen hältst du dich, Emilia?"

Sie strich sich ihr Haar aus dem Gesicht, zog ihre Tür ran und stopfte sich ihren Schlüssel in den Hosenbund. „Du hast keine Ahnung, wie oft ich Clint seit der Verkündigung angerufen habe, aber... aber er geht nicht ran." Ich zog eine Augenbraue hoch als sie mich mit knallroten Augen ansah. „Geht's ihm gut?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, tut es das?", fragte ich sie. „Wieso sollte es dich etwas angehen?"

Sie lachte irritiert – als hatte ich etwas verpasst. „Er ist mein Freund?", entgegnete sie, als hätte ich das wissen müssen. „Ich möchte wissen, ob's dem Mann gut geht, den ich liebe."

„Oh, du liebst ihn also", nickte ich, verschränkte die Arme vor der Brust. „Also hast du nur mir etwas vorgespielt."

Sie betrachtete mich einige Sekunden, ehe sie ihre Haustür endgültig ranzog. „Okay", atmete sie tief ein. „Ich denke mal, es ist Zeit, für ein offenes Gespräch." Sie seufzte, strich sich ihr Haar zurück. „Nein, ich habe dir nichts vorgespielt", blickte sie mir unverfroren ins Gesicht und ich zog leicht eine Augenbraue hoch. „Ich habe mich nur zurückgehalten, weil Clint mich drum bat. Er mag dich und wollte dich nicht aus seinem Leben missen, also musste ich wohl akzeptieren, dass du noch eine Rolle darin spielst." Meine Braue wanderte langsam höher. „Victoria", lachte sie mich leicht an, trat ein paar Schritte näher an mich heran. „Ich weiß, dass ihr ein Paar wart, aber... das war mal. Er ist mit mir zusammen. Seit vier Monaten und-", ich blinzelte, folgte ihrer Handbewegung. Ich schluckte als ich meinen Ring an ihrem Finger baumeln sah. „Wir... wir wussten beide nur nicht, wie wir's dir sagen könnten."

„Oh", machte ich, ehe ich tief einatmete und lachte. „Dann herzlichen Glückwunsch", deutete ich auf sie.

„Dan-"

„Du hast den psychischdurchgeknallten, emotionalinstabilen bösen Jungen abbekommen, der dir niemals treu sein wird", unterbrach ich sie. „Denn während du dir das perfekte Leben mit ihm vorgestellt hast", verschwamm meine Sicht. „Hat er mich geschwängert und mir vorgespielt, er würde sich eine Zukunft mit mir wünschen."

„Nein, das stimmt nicht", schüttelte sie den Kopf. „Dass da muss eine Scheinschwangerschaft sein", deutete sie eiskalt auf meinen Bauch. „Er hat dich nicht angerührt, bis zu diesem Kuss, den du ihm aufgedrückt hast."

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Okay, ich muss dir keine reinhauen", lachte ich, drehte mich um und trat in die Wohnung ein. „Denn dir hat deine Dummheit schon eine reingehauen", kommentierte ich.

„Warte, Vika, du hast mir noch nicht erzählt, wie es Clint-", ich stöhnte zeitgleich mit ihr auf als ich mit der Faust ausholte. Denn mein Finger knackte.

„Verflucht", schüttelte ich die Hand aus.

„Wofür war das?!", hielt sie sich ihr Auge.

„Wofür fragst du noch?", sah ich sie an. „Für den widerlichsten Anblick meines Lebens", stellte ich klar. „Deine Visage."

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Ich seufzte, strich mir das Haar zurück.

„Einer sollte der Hure wohl schreiben, dass er sie dann kontaktieren wird, sobald er wieder in der Lage sein wird, seinen Schwanz in sie zu stecken."

Joshs Mundwinkel zuckten gefährlich nach oben, während er kochte.

„Victoria, bitte", seufzte Natasha leise und erschöpft. „Das ist nicht witzig."

„Das war auch nicht witzig gemeint", sah ich aufs Handy. „Aber Clint hätte es verdient, wenn er endlich entmannt werden würde."

„Victoria", mischte sich Bruce ein weiteres Mal ein. „Wir wissen, du bist verwirrt und zornig auf jeden von uns, doch-"

„Bitte, komm nach Hause", unterbrach ihn Natasha. „Ich brauche meine kleine Schwester hier. Ich muss dich sehen und wissen, dass es dir gut geht."

Ich zog eine Braue hoch. „Ach, jetzt interessierst du dich dafür, wie's mir geht?", entgegnete ich. „Ich sag's dir gern." Ich verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Also mir geht's grauenvoll und mir ist schon den ganzen Tag schlecht vor Kopfschmerzen." Josh öffnete den Kühlschrank und holte Milch für die Soße heraus. „Du wirst mich ehrlich gesagt jetzt eine ganze Weile nicht mehr sehen, denn ich werde einen Scheiß tun und nochmal zur Basis fahren", stellte ich klar, bevor mir einer der beiden wieder dazwischenfunkte. „Und weißt du, was? Ich brauche meine große Schwester nicht. Denn als ich sie brauchte, hat sie's für besser empfunden, sich mit dem einzigen Mann zu bekriegen, der mir je etwas bedeutete." Ich seufzte. „Ich sage nicht, dass ich dir nicht verzeihen kann, Nat, aber ich möchte dich für einige Zeit nicht mehr wiedersehen."

„Vika", schniefte sie plötzlich. „Bitte, ich-"

„Und das nächste Mal, sollte so etwas je wieder eintreten, denke nach, bevor du handelst."

Ich legte auf, ehe ich mir murrend übers Gesicht fuhr. „Ich finde, du warst gerade ganz schön hart zu ihr", merkte Bara im Türrahmen stehend plötzlich an und ich sah zu ihr. „Findest du nicht, als deine einziglebende Verwandte, solltest du drüberstehen?"

„Ich würde auch so zu dir sein, würdest du mich ein Jahr lang verarschen", gab Josh seine Meinung kund. „Und hey, wir werden immerhin jetzt die beste WG, die es je gab."

Ich zog eine Braue hoch, deutete auf ihn. „Dir ist bewusst, sobald ich eine eigene Wohnung habe, werde ich ausziehen?"

„Ja, aber dafür brauchst du erstmal einen Job."

„Nein, dafür muss ich mich nur erstmal wieder daran erinnern, wie der Pin meiner Bankkarte lautet", klopfte ich auf meine Handtasche neben mir und wir drei schmunzelten kurz, ehe mein Handy wieder zu vibrieren begann. Ich seufzte, sah darauf. Es war natürlich direkt wieder Natasha – also drückte ich sie weg und schrieb ihr, dass ich für den Rest des Tages meine Ruhe wollte.

Sie bombardierte mich für den Rest des Tages trotzdem mit weiteren Anrufen und Nachrichten.

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[Stand 2016]

Ja, noch kam die wirkliche Bestrafung für Emilia nicht vor.
Die kommt erst um einiges später, da ich erst mitten beim Schreiben "die perfekte Strafe" gefunden habe. Etwas, was sie niemals haben wird ;)
Und, Leute, versucht mal bitte immer dieses eine Bild im Internet oder das perfekte Video zu finden -.-

Datum der Veröffentlichung: 20.05.2020 13:20 Uhr

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