Kapitel 5

Mia

Es ist ungewohnt, dass ich gerade geregelte Arbeitszeiten habe. Ich habe tatsächlich noch etwas Zeit heute. Gespannt packe ich meine Sachen zusammen.

Nochmal einen Blick durchs Büro werfend, verlasse ich eben dieses. Mit dem Schlüssel, den ich noch von James bekam, schließe ich ab. Am Fahrstuhl warte ich unruhig.

In dem Büro habe ich mich sicher gefühlt und jetzt, jetzt weiß ich, dass ich alleine zurück muss. Davor habe ich Angst. Was wenn mich jemand erkennt?

"Was hat ihnen denn ihre Tasche getan?" werde ich von einer tiefen Stimme in meinem panischen Gedanken gestört. Verwirrt schaue ich neben mich und sehe Mirko Blake.

Er deutet auf meine Tasche und ich senke meinen Blick. Die Tasche habe ich wohl erwürgt. Schnell lasse ich locker und streiche sie glatt. Unwohl schaue ich überall hin, nur nicht zu ihm. Dann fällt mein Blick doch auf ihn. Aufmerksam beobachtet mich Mirko Blake.

Seufzend überwinde ich mich und versuche mich zu erklären. "Das ist mein erster Tag in New York. Ehrlich gesagt habe ich etwas Angst, alleine zu meiner Wohnung zu fahren." Überrascht schaut Mirko Blake zu mir. "Wenn es ihnen hilft, würde ich Sie begleiten. So lernen Sie New York bei Nacht kennen, haben aber einen Bodyguard als Begleitung?" Nun schaue ich ihn überrascht an.

"Würden Sie das wirklich tun?" "Wo wohnen Sie denn?" Ich nenne ihm meine Adresse und er nickt zustimmend. " Sie wohnen nur 5 Minuten von mir entfernt. Da würde ich auch vorschlagen, dass ich Sie morgen auch abhole und wir gemeinsam wieder mit der Bahn herkommen. Dann macht es auch nichts aus, dass ich mein Auto hierlasse." Sprachlos schaue ich ihn an.

"Habe ich etwas falsches gesagt?" fragt er nach, als ich nicht antworte. "'Ähm, nein, ich bin nur so überrascht. Heute Vormittag klang ihre Meinung über mich noch ganz anders. Woher kommt Ihr Sinneswandel?" gebe ich offen meine Gedanken zu. "Meine Meinung hat sich nicht verändert. Aber mein Beruf ist es, Menschen zu beschützen. Da mache ich keine Ausnahmen. Ich mag es zwar nicht, wie Sie in meine Firma gekommen sind, aber Sie gehören wohl seit heute dazu und ich achte auf meine Mitarbeiter, besonders wenn Sie Angst haben."

"Das ehrt Sie, auch wenn ich hoffe, dass sich Ihre Meinung über mich auch noch ändert. Es muss nicht heute sein, aber irgendwann wäre schön." Sanft lächle ich ihm zu. Mit Wohlwollen beobachte ich, dass auch Mirko Blakes Mundwinkel sich leicht nach oben ziehen und er somit mein Lächeln erwidert.

"Gut, dann nach ihnen." dabei deutet er mir auf die offene Fahrstuhlkabine. Ich trete in die Kabine ein. Mirko Blake folgt mir und drückt auf die Etage für das Erdgeschoss. Eine unangenehme Stille entsteht zwischen uns. Angespannt überlege ich, über was wir sprechen können, damit diese Stille gefüllt wird. Doch mir fällt nichts ein.

"Wieso sind Sie nach New York gezogen?" holt mich Mirko Blakes Frage aus den Überlegungen. "Wegen dem Job." antworte ich kurz angebunden. "Nur wegen dem Beruf? Das glaube ich Ihren nicht. Dafür war mein Onkel viel zu sehr engagiert, Sie hier anzustellen. Aber keine Sorge, Sie müssen es mir nicht sagen, ich werde es selber schon herausfinden. Seien Sie sich aber sicher, wenn es etwas Illegales ist, werde ich sie fertig machen." "Ist das eine Drohung? Denn ich kann Ihnen versichern, dass es nichts illegales ist." frage ich unwohl nach. " Nein, ein Versprechen, an welches ich mich halten werde."

Jetzt genieße ich das Schweigen. Jedenfalls ist es angenehmer als eine Drohung zu erhalten. Auch wenn er es als Versprechen deklarierte, für mich war das eine Drohung. Als wir schließlich aus der Firma auf den Bürgersteig kommen, bleibe ich stehen. Genau wie in L.A. sind noch viele Menschen unterwegs. Ich wäre jedenfalls nicht alleine, aber so fühle ich mich sicherer.

"Kommen Sie, die U-Bahnstation ist da vorne." Während er spricht, legt er mir eine Hand auf meinen Rücken und schiebt mich so vorwärts. Ich wäre gar nicht so schnell durch die Menschenmenge gekommen, wie es Mirko Blake schafft. Die Menschen machen ihm schon fast automatisch Platz, bei seiner dominanten Ausstrahlung. Mit ernstem Blick geht er durch die Menge.

Wir gehen die Treppen runter und Mirko Blake bleibt in der Vorhalle stehen. Er schaut auf die Anzeigetafel. "Wir müssen die 5 nehmen und dann beim Times Square umsteigen in die 17." erkläre ich ihm schüchtern. "Gut, dass Sie das wissen. Da ich immer nur mit dem Auto fahre, muss ich gestehen, dass ich keine Ahnung habe, wie wir mit der Bahn fahren müssen." Er verzieht sein Gesicht zu einer Grimasse.

Gemeinsam gehen wir zum Bahnsteig und warten, dass die Bahn kommt. Unwohl stehen wir nebeneinander und schweigen uns wieder an. Diese ganze Situation ist sowieso komisch. Mein Chef, der mich eigentlich nicht mal wollte, bringt mich nach Hause, weil ich Angst habe. Und dabei unterhalten wir uns auch recht normal. Naja, wenn wir reden, reden wir normal.

Vorsichtig beginne ich wieder mit einer Konversation. "Ihr Onkel erzählte mir, dass ich für Sie Ihre Termine organisieren soll. Haben Sie weitere Wünsche, wobei ich Ihnen helfen kann?" Überrascht schaut Mirko Blake von den Bahnschienen zu mir auf. " Ehrlich gesagt, wenn Sie schon da sind, können Sie mir bei der Geschäftsführung helfen. Kennen Sie sich mit der Buchhaltung einer Firma aus?"

"Tatsächlich kenne ich mich etwas aus. Mit einer Einführung werde ich mich bestimmt darum kümmern können." Mirko Blake atmet erleichtert auf. "Damit würden Sie mir wirklich helfen können."

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