5. Leo

Sein Sohn würde heute kommen und Lucius hatte das Gefühl endlich einen guten Tag zu haben. Es ist lange her, seit er das zuletzt gedacht hatte und damals... Es war ein falscher Gedanke gewesen.

Heute hatte er sich die Haare gekämmt und das Gesicht gewaschen, sowie rasiert. Die Narbe an seinem Kinn konnte man nun wieder sehen und die blasse Haut hob die dunklen Ringe unter seinen Augen hervor. Er war dünn geworden, um nicht zu sagen mager.

Viel hatte er nicht, was ihn dazu brachte sich herauszuputzen. Für seinen Sohn jedoch... Bei Draco sah er es als Pflicht an.

Als ein heftiges Pochen an der Tür erklang und ein Wärter Sekunden später eintrat, wand Lucius sich von diesem winzigen Loch in der Wand ab und sah zur Tür. Neben dem bulligen Mann mit starrer Miene konnte er seinen Sohn sehen. Hochgewachsen, blass und blond wie eh und je. Er sah gut aus und vor allem: er sah lebendig aus. Als würde er leben und zwar wirklich leben, nicht vor sich hinvegetieren.

Mit einem tiefen Durchatmen trat Draco einen Schritt auf seinen Vater zu und blieb schließlich neben dem kleinen Tisch der Zelle stehen. Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, verschwand wieder und lies die beiden blonden Männer alleine.

Lucius räusperte sich und sah stumm zu seinem Jungen.

"Draco...", krächzte er dann. Das Räuspern hatte wohl nichts geholfen.

Irgendwann, keiner konnte sagen wie lange sie dort gestanden hatten, lagen sich beide fest in den Armen. Egal was geschehen war und kommen würde, das waren Vater und Sohn. Die einzige Liebe die Lucius je erfahren hatte. Und selbst diese war verkorkst...

Die Umarmung war fest, aber steif, wenig herzlich und sehr seltsam. Beide konnten nicht sagen, warum sie sich umarmten oder was es war, was beiden die Tränen in die Augen trieb, aber immerhin.

Bis zum bitteren Ende der Besuchszeit saßen sie am kleinen Holztisch, auf harten Stühlen und unterhielten sich.

Als Draco ging, eine Pergamentrolle und ein Foto dalassend, war Lucius sich sicher das Draco seinen Frieden mit seinem Vater geschlossen hatte. Er würde nie ein inniges Verhältnis führen, aber es war kein Hass zwischen ihnen, kein Ekel und kein Missverständnis. Sie hatten alles beredet, was man nur bereden konnte und nun waren beide mehr oder weniger glücklich, denn wie waren Malfoy- Männer schon glücklich?

Das Foto zeigte die Familie seines Sohnes. Lucius war Opa. Dies war etwas mit dem er gar nicht umgehen konnte.

Schuld stieg schon wieder in ihm auf. Heiß und brodelnd. Er würde seinem Enkel kein guter Großvater sein können.

Mit dem Gedanken sich abzulenken, öffnete er den Brief und begann zu lesen. Er war von Miss Granger. Wie erwartet regte sie sich auf.

Am Ende vermischte seine Schuld von vorhin sich mit unglaublicher Wut auf diese Frau. Wie konnte sie es wagen, solche Worte von sich zu geben.

Wütend bat er darum einen Brief schreiben zu können. Es wurde ihm erlaubt und er bekam Tinte, Feder und Pergament.

Miss Granger,

was Sie nun lesen werden entsteht in großer Wut und Schuldgefühlen. Die Wut gilt Ihnen, die Schuldgefühle meinem Enkel.

Sie wollen offensichtlich nicht verstehen, was ich Ihnen sage. Sie können sich scheinbar nicht einmal vorstellen, dass Menschen sich ändern, wenn Sie es nicht selbst früh bemerken. Miss Granger, das macht keinen guten Menschen aus Ihnen, und das sage ich nun, obwohl ich weiß, dass Sie mir sagen werden, ich hätte nicht das Recht dies zu denken und zu urteilen. Und doch habe ich dieses Recht, Miss Granger. Wenn Sie mir verbieten wollen zu urteilen, so wie Sie mir verbieten wollten Enttäuschung zu zeigen, dann sind Sie nicht besser als ein Todesserjunge. Das mag krass klingen, weil sie denken, dass auch junge Todesser morden und foltern und den falschen Werten anhängen, aber das ist nicht, was ich zu beabsichtigen meine. Miss Granger, ich meine, dass Sie Menschen verbieten zu fühlen und zu denken. Ich meine, dass Sie die Worte anderer nach ihren Wünschen auslegen.

Nun ich weiß, dass Sie diesen Kontakt nicht anfingen oder gar wollten, aber keiner zwingt Sie zu antworten. Verbrennen Sie meine Worte doch einfach. Was macht es für einen Unterschied für mich?

Wissen Sie, ich habe nichts zu verlieren. Ich bin ganz unten und hier unten kann ich sein, wie ich bin. Ehrlich und ohne großes drum herum Gerede. So bin ich und wenn Sie damit und mit meinen Vorwürfen nicht klarkommen, dann überzeugen Sie mich vom Gegenteil, oder lassen Sie es.

Sie sagten der Tod sei besser als das Leben. Noch vor kurzem kamen Sie herüber, als hätten Sie alles für Ihr Kind getan und nun sagen Sie mir ich und Narzissa hätten unseren Tod wählen sollen. Bedenken Sie überhaupt nicht, was mit Draco geschehen wäre? Was der dunkle Lord mit ihm getan hätte?!

Vielleicht sind es alles Lügen, was man über die "Guten" erzählt, denn irgendwo sind alle Menschen ein Bisschen sehr egoistisch und böse. Ich dachte bei Ihnen wäre es wirklich ein reines Herz. Ich schätze der Krieg hat Ihr unschuldiges Wesen so gemacht und werden Sie mir jetzt nicht vor daran Mitschuld zu tragen, denn ich kenne meine Taten, ich sühne jede einzelne davon, Miss Granger. Jeden Tag. Seit Jahren.

Sie redeten von meinem Gesicht. Ich kann Ihnen sagen, ich habe viel Schlechtes unter Voldemort gelernt, aber auch wenige gute Dinge, die halfen ihn zu überstehen. Sein Gesicht zu wahren ist manchmal das einzige was bleibt.

Lucius Malfoy

Nun war es besiegelt. Mit seiner schwungvollen Unterschrift hatte er diesen Briefverkehr wohl ein für alle Mal beendet. Er wusste nicht, was er dazu sagen oder fühlen sollte. Die Wut war nun verflogen und hatten der Leere Platz gemacht.

Noch war er bei klarem Verstand und noch stand er erhobenen Hauptes hier. Er wollte jetzt nicht aufgeben, aber seine Selbstkontrolle schwankte doch schon beachtlich.

Er sah auf und blickte zu dem Mann, der in seiner Zelle stand. Nahe der Tür, mit starren Blick auf die Wand, die Muskeln angespannt.

Lucius wusste, dass keiner dieser Männer es freiwillig tat. Die Wenigsten waren aus freiem Wille hier.

Die Meisten waren nach dem Krieg einberufen worden, oder es waren ehemalige Auroren, versetzt weil sie sich nicht an die Regeln hielten.

Diese Männer taten ihm leid. Aufrichtig.


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