Die Reparatur der YE.TO.TO im Schein des Neumonds
»Bobby Sunshine, ist das ernsthaft dein Name?«
Bobby Sunshine, frisch gebackener Polizist, hielt den Blick seiner neuen Vorgesetzten, einer rothaarigen, sehr stämmigen Frau, trotz ihrer direkten Art stand. Kein Wimpernzucken. Augenlider wie Stahl. Doch nur für einen Moment. Das Beißen ihrer hellgrauen Augen brachten ihn schließlich aus dem Tritt. Er blinzelte. Und ärgerte sich. Die Rothaarige änderte ihre Sitzposition. Rutschte mit dem Hintern weiter auf den Schreibtisch, baumelte mit den Beinen, wobei die Hacken ihrer schwarzen Dienstschuhe wieder und wieder gegen das Sperrholz des Tisches schlugen während sie in einer Mappe voller Papiere blätterte. Bobby bemerkte, dass die Uniform der Frau sichtlich an ihren Oberschenkeln spannte, ansonsten aber tadellos saß. Seine Zunge fühlte sich an wie ein toter Fisch.
»Mein Opa war Amerikaner. Bobby kommt von Bob. Und das kommt von Robert. Eigentlich heiße ich Robert ...«
Wortlos streckte ihm die Rothaarige einen Pott Kaffee entgegen. Es war sehr viel Milch darin. Widerwillig tunkte Bobby die Nasenspitze in die rehbraune Brühe und schnupperte.
»Ist das Hafermilch? Ich vertrage keine ...«
Eisgraue Augen ließen ihn verstummen.
»Hier gibt's nur Kuh! Robert Sonnenschein also heißt du ...«
»Nein. Bobby. Bobby Sunshine.«
Desinteressiert schleuderte sie die Mappe auf einen der benachbarten Ablagetische, auf dem sich bereits andere auffällig abgegriffene Aktenordner stapelten. Ohne Mühe stemmte sie sich auf den Armen nach oben bis ihr Hintern kurz in der Luft hing und sprang vom Schreibtisch, prüfte den Sitz ihrer Dienstwaffe und streckte Bobby ihre kräftige Hand entgegen. »Rosanna Leiwitz, Chefin. Kannst mich Rosi nennen.« Damit war der offizielle Teil der Begrüßung erledigt. Rosi umrundete ihren Schreibtisch und ließ sich auf einen knallroten Bürostuhl fallen. »Mehr Kaffee ist da hinten.« Sie deutete in eine unbeleuchtete Ecke des Zimmers, wo vor abblätternder Tapete eine fleckige Kaffeemaschine vor sich hinfauchte. »In zwei Stunden habe ich Dienstschluss und um Mitternacht lasse ich es im Goldenen Eber richtig krachen. Ich sach nur: 2040, du kannst kommen!« Sie riss den Kopf nach hinten und lachte die Decke an. »Noch Fragen?«
Bobby räusperte sich. Eine Übersprungshandlung. Dumme Angewohnheit. Bedeutungsschwanger blickte er zur Eingangstür hinüber, wo noch immer sein Reisekoffer, der Rucksack und die Laptoptasche standen. Die Schneebrocken auf dem Abtreter hatten sich in graue Brühe verwandelt. Bobby räusperte sich erneut. Diesmal lauter.
»Die Dienstwohnung. Ich meine, ich würde mich gern frisch machen. Wo finde ich ...?«
Rosi nahm einen Schluck Kaffee, wuchtete sich genervt aus ihrem Stuhl und stapfte, ohne Bobby eines Blickes zu würdigen, an ihm vorbei auf eine schmale Tür zu, die sie heftiger als nötig aufriss.
»Bobby Sunshine, weitere Wünsche? Wenn ja, so lasse sie mich bitte nicht hören. Wie war das noch? Gerade so den Abschluss erhascht?« Sie musterte ihn von oben bis unten. Bobby kam sich nackter als nackt vor. »Mannomann, das kann ja was werden!«
Bobby wollte den Finger heben, etwas erwidern, doch Rosi saß schon wieder hinter ihrem Schreibtisch. »Übrigens, dein Dienst«, sie betonte das Dein unsagbar fies, »beginnt in zwei Stunden! Auf deinem Bett liegen zwei Raketen, die kannst du um Mitternacht für die Polizeistation Silbergeiss abfeuern. Eine Rakete für jeden von uns. Haha. Ach ja, der Schlüssel für die YE.TO.TO hängt am Kühlschrank. Werkzeug findest du im Keller. Wäre nett, wenn das Ding bis morgen Früh wieder läuft!«
Bobby starrte Rosi mit offenem Mund an. Rosi starrte zurück.
»Was denn? Deshalb bist du doch hier, oder was!«
Bobby nickte ergeben. Ihm fiel keine Erwiderung ein. »Natürlich!«
»Wer sagt's denn! Eine gute Nacht wünsche ich. Komm gut ins neue!«
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