Mirror of the past
Ich halte mir die Ohren zu, während das kleine Mädchen schreit und sich hin und her wirft. Während ich schreie. Denn sie ist ich. Unverkennbar. Dasselbe rote Haar. Derselbe Festerzertrümmerde Schrei. Dasselbe Muttermal. Ich kann nicht erkennen weshalb sie schreit. Der Mann steht daneben, verzieht keine Miene und schreibt auf einen Notizblock, welchen er aus dem Nirgendwo gezaubert hat.
Seine Art erinnert mich an etwas, an jemanden, aber ich komme nicht darauf an wen. Mittlerweile hat die Intensität des Schreis sogar noch zugenommen und wird immer lauter. Ich schaue den Mann an und kann kaum glauben dass er immer noch einfach so dasteht. Die Lautstärke ist kaum auszuhalten, trotz zugehaltener Ohren fühle ich mich innerlich zerrissen und er ist nicht im mindesten beeindruckt. Da sehe ich etwas in seinen Ohren aufblitzen. Er trägt kleine Ohrstöpsel! Sie müssen ziemlich leistungsstark sein. Klein-Ich schreit immer noch und ich frage mich, wie stark ihre Lungen sein müssen. Dann hört der Schrei von einer Sekunde auf die andere auf.
Totale Stille löst das akustische Erdbeben ab und ich erschrecke mich davor. Der Mann anscheinen auch, denn er legt seine Gefühlstote Maske ab und schaut voller Schrecken auf einen Monitor, der mir bis dato nicht aufgefallen ist, reißt die Augen noch weiter auf und hechtet zu Klein-Ich. Gerade als er bei ihr ankommt, fängt sie an sich zu verändern. Ihr Gesicht wird älter, ihre Gliedmaßen länger, aber nicht sehr viel mehr, das Kleid fängt an zu reißen. Der Mann sieht verwirrt aus und stolpert zurück. Klein-Ichs Verwandlung ist immer noch nicht abgeschlossen. Ihre Muskeln fangen an sich immer mehr auszuprägen, werden aber nicht übermäßig groß. Was vor mir steht, ist eine fast exakte Kopie von mir. Nur eines unterscheidet uns. Die kalte Wut und der Hass die ich in ihren Augen sehe, habe ich noch nie gespürt. Obwohl ich mir sicher bin, dass sie mich nicht sehen können, gehe ich rückwärts, bis mein Rücken gegen die Wand gedrückt ist.
Der Mann tut das gleiche. Nicht-Ich rückt hinterher.
„Victoria“ , sagt der Mann, mehr ängstlich als gebieterisch. Er hebt die Hände schützend vor sich.
All die Autorität die er versprüht hat. Puff. Mit einem Mal weg. Vor mir stand ein Mann, der um sein Leben fleht und flennt.
„Du weißt das es sein muss“, versucht er sich zu erklären und Nicht-Ich zu beschwichtigen.
Aber Nicht-Ich interessierte, was er zu sagen hatte nicht im geringsten. Ich verstehe nicht weshalb der Mann soviel Angst hat. Er ist an die zwei Meter groß und sieht muskulös aus. Wogegen Nicht-Ich ungefähr 1. 65 Meter groß nicht übermäßig muskulös ist. Nicht das es einen Unterschied machen würde. Der Mann könnte sie mit einem Schlag niederstrecken. Wenn ich ganz ehrlich bin, ich hoffe er macht es schnell. Denn die Person, die so aussieht wie ich, aber definitiv nicht ich ist, macht mir Angst.
Dann erkenne ich,weshalb der Mann Angst hat. Nicht-Ich hat rasiermesserscharfe und ziemlich lange Fingernägel. Und sie sehen schmerzhaft aus. Ich kann plötzlich gut verstehen, dass der Mann keine Bekanntschaft, mit ihnen machen möchte. Auf einmal dreht sich Nicht-Ich um und scheint mich sehen zu können. Ich bewege mich nicht vom Fleck, während sie mich beobachtet. Der Mann ist offensichtlich verwirrt, versucht sich aber wegzuschleichen.
Nicht-Ich schlitz ihm, ohne hinzusehen, das Bein auf. Er fällt zu Boden und fängt an zu schreien. Nicht-Ich kommt langsam auf mich zu, als hätte sie Beute gewittert. Wie eine Raubkatze. Ich kann nicht wegrennen, weil ich keine Ahnung habe wo die Tür ist und weil der Raum sowieso ziemlich klein ist. Der Raum fängt an sich aufzulösen. Die weißen Wände werden langsam schwarz. Nicht-Ich scheint es entweder zu ignorieren oder nicht zu kümmern. Sie schaut mich noch genauer an. Dann flackert erkennen in ihren Augen und sie schlägt fauchend nach mir. Bevor sie mich trifft, löst sich der Raum vollends auf und ich falle kreischend nach hinten. In den nächsten Traum. Oder Alptraum.
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