Kapitel 2 Kommen und Gehen

Die Weihnachtsferien in ihrem siebten Schuljahr verbringen Harry, Ron und Hermine im Quartier des Ordens am Grimmauldplatz in der Obhut von Mrs. Weasley und Professor Snape. Doch die Nachricht von der Erkrankung von Snapes Großvater führt jedoch zu einer Änderung ihrer Pläne.

Trotz der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage war die Stimmung am Grimmauldplatz Nr. 12 düster. Ein heftiger, eisiger Regen schlug gegen die hohen, schmalen Fenster und ließ die Temperatur in der Bibliothek des alten Hauses deutlich sinken. Nur an einem Ende des großen Raumes war es warm genug, um es sich gemütlich zu machen, und zwar dort wo mehrere Sessel und ein Sofa vor dem knisternden Kaminfeuer standen.

Hermine Granger und Harry Potter saßen sich gegenüber, jeder an eine der gemütlichen Armlehnen des bequemen Ledersofas gelehnt, die Flammen flackerten in ihren Gesichtern, während sie an ihren Schulaufgaben arbeiteten.

Plötzlich ertönten die gequälten Schreie ihres Freundes Ron Weasley aus einem der Schlafzimmer im Stockwerk über ihnen, sie zuckten zusammen und tauschten besorgte Blicke aus.

„Meinst du wir sollten nach oben zu ihm gehen?", fragte Hermine und runzelte sorgenvoll ihre Stirn. „Er klingt lauter – und irgendwie ein wenig panischer."

„Nein; Ich bin sicher, Mrs. Weasley hat alles unter Kontrolle. Sie wird würde mit Sicherheit nach uns rufen, wenn sie Hilfe benötigt." Harry sah sie beruhigend an.

„Aber mir kommt es so vor, als würde er heute öfters aufwachen, findest du nicht?" Sie seufzte leise. „Was meinst du, ist das ein gutes Zeichen?"

„Vielleicht. Ich hoffe es jedenfalls sehr."

Hermine seufzte wieder. „Wir könnten ein gutes Zeichen dringend gebrauchen!"

Kurz darauf konzentrierten sie sich wieder auf ihre Bücher und in dem Raum wurde es wieder still bis auf den Regen, das Knistern des Feuers und das regelmäßige Umblättern einer Seite.

Auf dem Beistelltischen neben dem Sofa standen zwei Gläser mit Feuerwhiskey, die den Erwachsenenstatus der Schüler bezeugten, obwohl beide die Tatsache ärgerte, dass ihr siebzehnter und in Hermines Fall der achtzehnte Geburtstag anscheinend vergangen waren, ohne ihnen dabei die erhoffte Autonomie eines Erwachsenen zu gewähren.

Ein wichtiger Grund für ihre eingeschränkte Freiheit war, dass der Krieg gegen Voldemort nicht gut verlief. Die Angriffe der Todesser hatten an Häufigkeit und Intensivität zugenommen, mit zufälligen Angriffen auf Muggel und gezielten Kampagnen, die auf Muggelstämmige Hexen und Zauberer und ihre Familien sowie auf die halb-und reinblütigen Zauberer, die sich den Todessern nicht anschließen wollten, abzielten.

Die Reihen der Auroren wurden immer kleiner und die Zahl der Verletzten unter ihnen und den Mitgliedern des Ordens stieg. Im Sommer bevor sie ihr siebtes Jahr begonnen hatten, waren ihre Familien, die Dursleys und Grangers, so wie die Familien der meisten Muggelgeborenen-Schüler aus Hogwarts und ein paar zu lauten Anti – Voldemort Reinblüter, bei Geheimniswahrern abgetaucht.

Dumbledore hatte Hermine angeboten, sich ihren Eltern anzuschließen, die sich versteckt hielten, doch obwohl sie sie sehr vermisste, hatte sie abgelehnt.

Als Muggelgeborene, amtierende Schulsprecherin und die Schülerin mit dem besten Notendurchschnitt, in der Geschichte Hogwarts hielt sie es für ihre Pflicht, für jeden sichtbar zu bleiben.

Die einfache Tatsache, dass es eine so mächtige und erfahrene Muggelgeborene Hexe gab, war eine nützliche Erinnerung an die rassistische Falschheit von Voldemorts reinblütigen Glaubensbekenntnis – viel zu wichtig und zu nützlich, als ihr zu erlauben, sich zu verstecken, hatte sie ihm geantwortet.

Dumbledore hatte sie voller Respekt angesehen und versprochen, sein Bestes zu tun, um sie zu beschützen. Hermine hatte geschmeichelt genickt und mit einer verbissenen, wenn auch etwas zynischen Beharrlichkeit die Rolle des Aushängeschildes für Muggelgeborene übernommen.

Mit etwas Bedenken hatte sie sogar ihrer alten Rivalin Rita Kimmkorn eine Reihe von Interviews gewährt; sie war äußerst erfreut gewesen, sich in der daraus resultierenden Serie des Tagespropheten eher als intelligent, mutig und mächtig dargestellt zu sehen, als eher pathetisch und naiv.

Miss Kimmkorn hatte anscheinend etwas von sich selbst in der entschlossenen jungen Hexe wiedererkannt, denn trotz ihrer Vorgeschichte und ihres Altersunterschieds waren die beiden Frauen im Laufe ihrer Gespräche zu etwas wie Freundinnen geworden. Auch Dumbledore war äußerst zufrieden mit den Interviews gewesen, obwohl er Hermine gewarnt hatte, dass sie dadurch höchstwahrscheinlich nur noch zu einem verlockenderen Ziel für Voldemort und seine Todesser werden würde. Aber als Freundin von Harry Potter stand sie eh bereits ganz oben auf ihren Listen.

Hingegen zu ihr hatte Dumbledore Harry nicht die Gelegenheit angeboten, sich den Dursleys anzuschließen, die sich ebenfalls versteckt hielten. Es war zwar nicht ganz klar, ob er dies wegen der Prophezeiung lag, die Harrys potenzielle Rolle beim Untergang Voldemorts vorhersagte, oder einfach daran, dass Dumbledore, ohne zu fragen wusste, dass Harry lieber gefoltert werden würde, als mit seinen Muggelverwandten leben zu müssen. Auf jeden Fall war Harry in Hogwarts geblieben und nahm extra Kurse in Okklumentik bei Dumbledore wie bereits in seinem sechsten Jahr. Er und Hermine hatten außerdem extra Lektionen im Duellieren mit den Professoren Snape und McGonagall. Hermine hatte angenommen, dass die Anwesenheit von ihr und Professor McGonagall hauptsächlich dazu dienen sollte, die beiden gegensätzlichen Männer daran zu hindern, sich gegenseitig umzubringen, doch Professor McGonagall hatte sich als ebenso qualifizierte Duellmeisterin erwiesen, wie ihr männlicher Kollege.

Harry und Hermine waren amüsiert über die immer offensichtlicher werdenden Versuche ihrer beiden Professoren, sich gegenseitig zu übertreffen und ihre Schüler zu beeindrucken.

Jeder von den beiden hatte unterschiedliche Fähigkeiten; während Harry zuerst widerstrebend die Fähigkeiten des Zaubertrankprofessors angenommen hatte, bewunderte er mittlerweile die Art, wie dieser seine rohe magische Kraft bündelte und seltene, schwierige und unerwartete Flüche zu senden; hatte Hermine den maßvolleren Stil von Professor McGonagall angenommen, in dem sie ihre Zauber strategisch auf und ab schickte.

Anfang Dezember waren Harry, Hermine und Ron bis zum Ende der Weihnachtsferien in das dunkle und deprimierende Haus von Harrys verstorbenen Paten gebracht worden. Eine verdächtig große Anzahl von Todesser-Kindern hatten sich dazu entschieden, dieses Jahr über die Schulferien in Hogwarts zu bleiben, und da es schier unmöglich war, die vielen leeren Korridore des Alten Schlosses zu überwachen, hatte Dumbledore mit großem Bedauern erklärt, dass er für die Sicherheit des Trios nicht garantieren konnte. Er bestand darauf, dass die Unterbringung im Hauptquartier des Ordens die einzig sinnvolle Lösung war, und Harry und Hermine hatten widerstrebend zugestimmt. Ron war nicht in der Lage zu widersprechen, nachdem er bei einem kleinen Übergriff im Oktober in Hogsmeade einen mysteriösen Fluch abbekommen hatte; er befand sich seitdem die meiste Zeit in einer Art katatonischen Zustand und war in den kurzen Momenten, in denen er erwachte verwirrt und panisch.

Molly Weasley hatte sich bereit erklärt ebenfalls in das Haus am Grimmauld Platz 12 zu ziehen, um Hermine und Harry zu beaufsichtigen und sich um ihren Sohn zu kümmern. Da Hogwarts gegenüber den Dursleys und den Grangers für Harrys und Hermines Sicherheit verantwortlich war, hatte Dumbledore zusätzlich Professor Snape beauftragt, sich ebenfalls um die drei zu kümmern. Sehr zu Harrys Abscheu und sehr zu Hermines schwer zu verbergender Freude.

Für Snape nahm es den Druck seine Aktivitäten zu verbergen, wenn er mit Menschen zusammenlebte, die davon wussten, dass er Voldemort in Dumbledores Auftrag ausspionierte. Dies war für ihn in Hogwarts immer schwieriger geworden, da der dunkle Lord ihn immer häufiger zu sich rief.

Harry und Hermine hatten sich mittlerweile daran gewöhnt und halfen ihm mit den schmerzhaften Folgen dieser Treffen umzugehen und ihn zu versorgen, wenn er oft schwerverletzt zurückkehrte.

Was für die beiden noch viel wichtiger war, er schien sich daran gewöhnt zu haben, dass sie da waren, denn er nahm ihre Hilfe dankbar an, ohne sie zu beleidigen oder gar wegzuschicken.

„Weißt du, wohin Snape gegangen ist? Ich habe ihn vor Stunden gehen hören. Wurde er gerufen?" Harry berührte die Narbe auf seiner Stirn, als wollte er die Emotionen seines Erzfeindes herausfinden.

„Soviel ich weiß, wollte er zum zentralen Postamt gehen.", entgegnete Hermine mit einem Lächeln. „Seit ich ihm gezeigt habe, wie man Bücher im Internet bestellt, ist er nicht mehr aufzuhalten."

Einer der wenigen guten Sachen in diesem Haus waren, dass es im Gegensatz zu Hogwarts fast keine magischen Störungen bei elektronischen Geräten gab. Hermine hatte im vergangenen Sommer ihren Laptop von zu Hause mitgebracht und konnte sich durch eine magische Ableitung über den Telefonanschluss eines Nachbarn mit dem Internet verbinden.

Dieser Umstand ermöglichte ihr, Emails an ihre untergetauchten Eltern zu senden und Harry und sie nutzten diese Verbindung auch um regelmäßig mit Tonks und Mrs. Figg zu kommunizieren, die ebenfalls das Internet nutzten.

Sie verfassten ihre Mails äußerst neutral, obwohl es, wie Hermine es immer wieder betonte, äußerst unwahrscheinlich war, dass die Todesser angesichts ihrer unnachgiebigen Anti-Muggel-Einstellungen versiert genug wären, sich eine Muggeltechnologie anzueignen, um sich somit in ihre E-Mails ein zu hacken.

Nachdem Hermine herausgefunden hatte, wie sie den Akku ihres Laptops magisch aufladen konnte, verbrachten sie, Harry und überraschender Weise auch Professor Snape Stunden am Computer.

Amerikanische Zauberer hatten beträchtliche Mengen an Referenzmaterial online gestellt und es waren überraschend wenige Passwörter erforderlich, um eine riesen Menge an Ressourcen zu öffnen.

Sogar Snape hatte seine Daten eingegeben, um ein Passwort für die Seite einer Zauberuniversität in Indien zu erhalten, die es ihm ermöglichte Bücher und Journals über die dunklen Künste zu lesen, und seit ihrer Ankunft hatte er viele Stunden am Computer verbracht, um nach Informationen und Hinweisen zu suchen, die ihm helfen könnten, Rons Fluch zu brechen.

Hermine hatte ihm auch eine ganz neue Welt eröffnet, als sie ihn in die Möglichkeiten der Online-Buchhandlungen eingeweiht hatte, bei denen er mittlerweile auch gierig bestellte. Er benutzte dafür Hermines Kreditkarte und ihr das Geld in Zaubererwährung zu einem sehr guten Wechselkurs zurückzahlte.

Plötzlich wurde das Heulen des Windes für einen Moment lauter, verstummte aber sofort, nachdem die Haustür zugeschlagen wurde.

Auf der Treppe ertönten schwere Schritte und Harry und Hermine griffen nervös nach ihren Zauberstäben. Innerhalb von Sekunden fegte jedoch Professor Snape in die Bibliothek und kommentierte ihre gezückten Stäbe, mit einem zustimmenden Nicken. Er roch nach nasser Wolle und trug eine große, feuchte Kiste. Beide Schüler entspannten sich, wenn auch nur leicht. Niemand wusste besser, wie launisch der dunkle Mann sein konnte, besonders wenn er müde und nass war.

Snape ging schnell auf das Feuer zu und stellte die Kiste auf den Boden vor dem Sessel, der Hermine am nächsten stand.

Er nahm sich kurz Zeit, seinen völlig durchnässten Umhang mit einem starken Trocknungszauber zu versehen, ehe er sich in den Sessel fallen ließ, seinen Kopf zurücklehnte und erschöpft die Augen schloss.

Harry wirkte leicht überrascht bei dieser völlig unüblichen Zurschaustellung von Müdigkeit, des sonst so verschlossenen und undurchschaubaren Zauberers.

Hermine jedoch sah nur kurz in das Gesicht ihres Professors, ehe sie sich vom Sofa erhob.

Sie ging ruhig zu der Anrichte, griff nach der Karaffe und schenkte vorsichtig ein Glas Feuerwhisky ein. Mit dem Glas in der Hand ging sie zurück zum Kamin und blieb einen Moment zögernd vor ihm stehen. Als er sich nicht rührte, nahm sie seinen rechten Arm von der Armlehne und drückte ihm das Glas in seine Hand. Snape hob seinen Kopf und sah ihr in die Augen, ehe sich seine Lippen zu einem kleinen dankbaren Lächeln verzogen. Schnell setzte er das Glas an die Lippen und nahm einen kräftigen Schluck. „Wenn Sie wollen, können Sie das Paket öffnen, Miss Granger!", sagte er dumpf, während er seinen Kopf wieder nach hinten lehnte. „Ich bezweifle stark, dass die Bücher mir Genugtuung verschaffen werden. Draußen herrscht wirklich schreckliches Wetter. Der Regen hat sich in Graupel verwandelt und die Gehwege sind gefährlich glatt!"

Hermine nickte mitfühlend als sie die Kiste auf ihren Schoß hob. Sie klopfte kurz mit ihrem Zauberstab auf den Deckel und sprach dann einen weiteren stummen Zauber.

Das Klebeband riss fein säuberlich auf und sie öffnete eifrig den Deckel.

„Lassen Sie mich raten, der Smollett, die Sterne und Jane Austen sind für mich", sagte sie und stapelte die Romane neben sich auf dem Boden. „Für Sie sind der Gervantes und Mindel, Professor. Blackerys Enzyklopädie über abnormale Hämoglobine ist vergriffen, wurde aber nachbestellt. Aber hier haben wir Sprouts Bewusstseinserweiterung, eine Botanische Untersuchung der Azoren, sowie ein weiteres Buch über kognitive Neurowissenschaften und oho! Stephen Hawkings letztes Buch. Dürfte ich das irgendwann einmal lesen, Sir?"

„Erst wenn ich damit fertig bin, Miss Granger. Würden Sie die Bücher erst einmal für den Moment zur Seite legen, bitte. Der dunkle Lord, hat gestern Abend eine Neigung für Geplänkel gezeigt und ich würde mich im Moment über etwas Ruhe freuen!"

Hermine stand auf, um die Pappkiste ins Feuer zu werfen, als sie sich wieder setzte sah sie verstohlen ihren Professor an, der hatte unterdessen seinen Whiskey ausgetrunken und vor sich hindöste. Vorsichtig nahm sie das Hawking – Buch in die Hand und begann, das Vorwort zu lesen.

Harry der das Gespräch mit leiser Belustigung verfolgt hatte, bemerkte, dass Snape unter seinen halbgeschlossenen Lidern hindurchblinzelte und einer seiner Mundwinkel hin und wieder zuckte, als er beobachtete wie Hermine sich immer weiter in das Buch vor sich vertiefte.

Harry seufzte resigniert, Hermine war schon seit Jahren nicht mehr gewillt gewesen, seinen und Rons Verunglimpfungen über den Zaubertrankmeister, zu zuhören. Aber Hermines enge Zusammenarbeit mit dem Professor für eine Heilung von Rons Zustand, erst in Hogwarts und nun seit einiger Zeit intensiver auch hier im Keller des Hauses, hatte eindeutig dazu beigetragen, dass sich Harry zunehmend wohler in der Gegenwart des dunklen Mannes fühlte. Und so wie das Harry sah, wurde ihre wachsende Zuneigung für den Mann auch erwidert.

Harry betrachtete liebevoll den gesenkten Kopf der Freundin, wie sie neben ihm saß und Snapes Buch verschlang. Sie sah immer das Gute in einem jeden, besonders wenn jemand intelligent oder gemein war.

Snape war eindeutig beides, also war ihre Sympathie für ihn ziemlich vorhersehbar gewesen. Und es war auch völlig nachvollziehbar, warum der Professor seine Zuneigung nicht mehr ganz so geheim hielt, obwohl er seine Gefühle immer noch ziemlich effektiv versteckte während sie in Hogwarts waren.

Hermine hatte ein ruhiges Selbstvertrauen gewonnen, zusammen mit ihren weiblichen Rundungen und ihrer Anmut, hatte sie selbst Draco Malfoy eine widerwillige Anerkennung abgerungen. Sie war noch immer enthusiastisch und extrem lernbegierig, aber sie verspürte nicht mehr den Zwang, sich anderen zu beweisen, der in ihrer Kindheit so nervig gewesen war.

Nein, die vorsichtige Freundschaft zwischen ihr und Professor Snape überraschte oder störte Harry nicht, oder zumindest nicht so sehr, wie er es erwartet hätte; im Gegenteil er fand es sogar ziemlich liebenswert.

Endlich konnte Harry sogar mal etwas positiver über Snape sagen: Er schien Hermine sogar richtig zu schätzen. So völlig in seine Gedanken versunken, bemerkte Harry nicht, welch spekulativen Blick ihm Snape zuwarf.

Alle drei schreckten plötzlich hoch, als die Farbe des Feuers im Kamin vor ihnen, sich smaragdgrün färbte. Als Albus Dumbledore anmutig aus dem Kamin trat und die Asche von seinem langen Bart und seiner goldenen Robe wischte, richteten sich drei Zauberstäbe auf sein Herz.

Sowie Snape es zuvorgetan hatte, nickte auch der Schulleiter anerkennend und setzte sich dann schweigend in einen Sessel.

Snape und Harry nahmen ihre Plätze wieder ein und Hermine klappte hastig das Buch zu, ehe sie es heimlich zurück auf Snapes Stapel auf dem Beistelltisch legte.

Dumbledore betrachtete die beiden Schüler aufmerksam und richtete dann stirnrunzelnd seinen Blick auf Professor Snape.

„Guten Tag, Hermine. Severus. Harry", begann er und nickte jedem von ihnen ohne den Anflug seines üblichen Zwinkerns zu. „Severus, ich habe sehr beunruhigende Neuigkeiten. Servius, sein Zustand hat sich drastisch verschlechtert; Parkinson sagte mir, dass er sich voraussichtlich nicht mehr erholen wird. Er gibt ihm höchstens noch zwei bis drei Monate. Ich war gerade bei ihm in Houndsnape- Hall, aber keiner von uns hat den Besuch sichtlich genossen. Allerdings habe ich mir erlaubt, ihm die Art und Dauer deiner Arbeit für den Orden zu erläutern."

Professor Snape wirkte sichtlich geschockt und sagte einige Augenblicke lang nichts. Dann holte er tief Luft, legte seinen Kopf leicht schräg und sah den Schulleiter Hogwarts abschätzend an. „War das klug, Albus?", fragte er zweifelnd. „Du kennst seine Einstellung. Wir waren uns nie ganz sicher, ober er nicht...."

„Severus, dein Großvater liegt auf seinem Sterbebett. Es besteht keine Gefahr, dass er Riddle zu diesem Zeitpunkt seine Unterstützung zusagt. Er verabscheut diesen Mann – das hat er schon immer. Ich war immer der Meinung, ihr wärt beide unklug, aber das spielt nun keine Rolle mehr. Jedenfalls habe ich ihn nie für eine große Gefahr für dich gehalten, Severus. Ich möchte, dass du dich mit ihm vor seinem Tod versöhnst. Es ist wichtig und es wäre nicht richtig, wenn ihr euch am Ende seines Lebens aus lauter Dickköpfigkeit uneinig seid."

„Du willst wohl eher sagen, dass es für dich nicht günstig ist, wenn wir es nicht sind!" Snape sah Dumbledore lange an ehe er seufzte. „Also gut, Albus. Wenn ich ehrlich bin würde ich mich freuen, wenn ich mich mit dem alten Griesgram versöhnen könnte, obwohl das Gerüst unserer Bindung allein schon deswegen auf wackligen Füssen steht, da wir uns nie wirklich nahestanden. Aber es wäre schön noch einmal mit ihm zu sprechen, wenn er das auch wirklich will. Ich habe seine Gesellschaft früher immer sehr genossen, seine Intelligenz und sein Witz glichen seine außergewöhnliche Strenge fast aus."

Harry und Hermine tauschten heimlich amüsierte Blicke aus. Ihr Professor hatte soeben sich selbst beschrieben.

Snape warf ihnen einen scharfen Blick zu, ehe er seine Augen dann wieder auf den Schulleiter richtete. „Aber was schlägst du vor, was wir mit der Situation hier machen, Albus?"

Dumbledore seufzte schwer. „Ich denke das Beste wäre, wenn Harry und Hermine mit dir zusammen nach Snapehound-Hall gehen. Bei Merlin, du weißt selber Severus, dass es in dem Anwesen genügend Platz gibt. Es wäre ja auch nur für drei bis vier Wochen, danach können die beiden eh zurück nach Hogwarts! Wir legen eine Floonetz-Verbindung, die es dir ermöglicht zwischen Hogwarts und Snapehound-Hall hin und her zu pendeln, sollte es von Nöten sein, dass du zu Beginn des Semesters immer noch an Servius Bett wachen solltest. Was Ronald anbelangt, er kann mit seiner Mutter in den Fuchsbau zurückkehren. Er wird dort sicher sein; außerdem denke ich, dass er im Moment eh nicht in allzu großer Gefahr schwebt, da Tom denkt, dass er eh nur noch ein paar Wochen zu leben hat."

Harry und Hermine keuchten entsetzt auf und starrten Snape an. Dieser wich ihren Blicken aus und sah den Schulleiter mit einer verzerrten Miene an. „Snapehound-Hall könnte für Miss Granger ziemlich....unangenehm sein, wie du weißt, Albus. Und möglicherweise auch für Mr. Potter. Und ich bin mir zweifellos sicher, dass mein Großvater, nun ja... äußerst ungehalten darüber sein wird, dass ich diese besonderen Schüler mitgebracht habe – vor allem was Miss Granger anbelangt. Es könnte sehr gut sein....., dass dies sogar einen äußerst negativen Einfluss auf die Versöhnung haben könnte."

Der Schulleiter seufzte und schüttelte den Kopf. „Servius ist wirklich sehr krank, er ist fast komplett bettlägerig. Er ist alt und müde, er ist milder und weniger streng, als du ihn in Erinnerung hast, Severus. Immerhin sind fast zwanzig Jahre, seit eurem letzten Treffen vergangen. Und was das Haus selbst anbelangt, könnt ihr gemeinsam alle schwarzmagischen Flüche entwaffnen; Harry und Hermine haben mittlerweile genügend Erfahrung in Verteidigung, um mit allen auftretenden Problemen fertig zu werden."

„Mein Großvater ist nur fünf Jahre älter als du, Albus!", erwiderte der Zaubertrankmeister ruhig. „Er war immer ein sehr mächtiger Zauberer, den man nie unterschätzen sollte. Abgesehen davon ist er ein Snape und daher fast schon paranoid misstrauisch. Ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass er nicht darauf bestehen wird, die Identitäten und familiären Verbindungen von Gästen in seinem Haus zu erfahren. Besonders nicht von denen, die sein abtrünniger Enkel mitbringt. Es wird in meinen Augen fast unmöglich sein, die Identität der beiden geheim zu halten."

„Trotz allem vertrau ich dir bei dieser Sache, Severus. Ihr müsst euch einfach versöhnen, bevor sein Zustand noch ernster wird, als er eh bereits ist; und es wäre sowohl fahrlässig als auch absolut unmoralisch, unseren Schülern zu erlauben, hier mit Molly allein zu bleiben, während diese momentan so sehr mit Ronalds zustand beschäftigt ist. Im Fuchsbau sind sie nicht sicher. Nein, ich bin mir ziemlich sicher, die drei werden mit deinem Großvater und dem Haus gut zurechtkommen. Sowohl Harry als auch Hermine sind in Muggelhaushalten aufgewachsen, ich bin mir absolut sicher, dass ein Aufenthalt in einem traditionellen Zaubererhaushalt und wenn es auch nur für kurze Zeit ist, absolut lehrreich für die beiden sein wird. An Weihnachten werden Minerva und ich, vielleicht auch ein paar der Weasleys zu euch stoßen. Das wird Servius ein wenig ablenken und dir die ganze Sache ein wenig erleichtern."

„Bei Merlin, Albus, bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich werde wohl kaum eine Weihnachtsparty im Haus meines Großvaters veranstalten, während dieser praktisch im Sterben liegt. Was geht in deinem Kopf vor?", rief der dunkle Zaubertrankprofessor entsetzt.

„Nun, ich denke zum Beispiel, dass du mein lieber Severus, einer der einfallsreichsten Männer bist, die ich kenne. Und ich bin überzeugt, dass du tun wirst, was getan werden muss. Ich bin der Meinung, dass du nicht ganz verstehst, was Servius gegenwärtiger Zustand bedeutet.

Natürlich möchte er sich auf eine gewisse Wise mit dir versöhnen; er muss es sogar. Denn weißt du, keiner von uns möchte alleine sterben.

Harry, ich möchte dich und Hermine bitten, die ganze Situation zu erklären, während ich noch ein paar Worte alleine mit Professor Snape wechsle. Bitte sagt ihr, dass ihr alle morgen früh das Haus verlassen werdet!"

Harry eilte davon, während Hermine die leeren Gläser auf ein Tablet stellte und dieses dann in die zwei Treppen tiefer gelegene kühle Küche mitnahm.

Mit einem Schlenker ihres Zauberstabes waren die Gläser sauber und Hermine räumte sie in die Schränke, sie endzündete das Feuer im Kamin, damit es im Raum wärmer wurde, ehe sie die Küche verließ, und leise die Treppe wieder hinaufeilte. An der Tür zur Bibliothek blieb sie stehen und war überrascht als sie den Namen einer weiteren seltsam klingenden Zaubererinstitution hörte. Sie würde nie alles lernen, was sie über ihre neue Welt wissen musste.

„St. Patrick'Gate, der himmlische Ort für verstoßene Familienangehörige, selbstverständlich. Nur das können wir im Moment absolut nicht vertreten, Severus, und du weißt das auch. Es würde den Orden vernichten und alles, wofür du so hart gearbeitet hast völlig zunichte machen. Er hat bereits angedeutet, dass deine wahre Rolle in Riddles Bewegung seine Ansichten durchaus ändern könnten, aber er möchte zuerst mit dir selber sprechen. Und ehrlich gesagt, Severus, ich kann dem Mann nicht einmal einen Vorwurf machen."

„Ich habe doch bereits zugestimmt, mit ihm zu sprechen, Albus", presste Professor Snape durch zusammengebissene Zähne hindurch, „wenn ich nicht bereits schon beim Betreten des Geländes ins nächste Jahrhundert gehext werde. Mein letztes Gespräch mit dem alten Mann war mindestens genauso erbittert wie meine jüngste Begegnung mit dem dunklen Lord. Mein Großvater ist ein erschreckend mächtiger Zauberer."

„Sei nicht so ein Feigling, Severus; du warst damals ein kleiner Junge. Er wird auf dich jetzt viel kleiner und menschlicher wirken. Außerdem hat er zugestimmt, dich zu sehen – er hat mir gesagt, ich soll dich darüber informieren, dass du zu ihm kommen sollst. Du wirst ihn sogar als herzlich empfinden, da bin ich mir ziemlich sicher. Ihr seid schließlich eine Familie und Servius könnte einige ziemlich nützliche Ratschläge über Ronald Weasleys Fluch haben. Denk daran er hat ein Jahrhundert mehr Lebenserfahrung als du, und wie du bereits erwähntest, er ist wirklich scharfsinnig. Und nun noch etwas ganz anderes Severus, und zwar die Finanzierung des Ordens, solltest du bereits deine Rechnungen für den November an Agamemnon geschickt haben, könntest du vielleicht nächste Woche einmal bei Gringotts vorbeischauen...."

Hermine bemerkte, dass sie lauschte, also trat sie leise von der Tür weg und ging leicht verwirrt die Treppe nach oben in den zweiten Stock.

Als sie Rons Zimmer betrat, konnte sie sehen, dass Molly Weasley ihre Freude über Dumbledores Entscheidung kaum verbergen konnte. Offensichtlich war sie glücklich bei dem Gedanken, bald zu ihrem Mann und dem Rest ihrer Kinder zurückkehren zu können, denn sie ermutigte gerade einen äußerst widerstrebenden Harry dazu, sich auf den Aufenthalt bei Snapes Familienanwesen zu freuen.

„Es soll ein wirklich wundervolles Haus sein, Harry. Ich selber war zwar noch nie dort, aber meine Großmutter schwärmt heute noch von den legendären Festen auf Snapehound-Hall. Das Gelände ist riesig und absolut sicher, Hermine und du, ihr werdet dort wesentlich mehr Freiheiten haben als hier in London. Ich wage sogar zu behaupten, dass du dort sogar Quidditsch üben kannst. Vielleicht kannst du sogar Severus dazu überreden, mit dir an deiner Technik zu feilen, soweit ich mich erinnern kann, war er früher einmal ein ganz passabler Jäger....Und Hermine", begann Molly als die junge Frau das Zimmer betrat, „du wirst die Bibliothek von Snapehound-Hall lieben, man sagt sie sei einer der größten privaten Bibliotheken in ganz Großbritannien."

„Das wäre wunderbar und auch nützlich", strahlte Hermine. „In sechs Monaten haben wir unsere UTZ. Harry und ich könnten wirklich die Zeit nutzen und lernen. Und wenn es ein Zaubertranklabor gäbe, dann könnten wir weiter an Rons Heilung forschen."

Harry hingegen sah weniger erfreut aus. „Ich weiß nicht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Snape einem Gryffindor hilft, seine Quidditsch-Fähigkeiten zu verbessern. Und mitten im Nirgendwo festzusitzen, nicht nur mit einem, sondern mit gleich zwei Snapes.... Und dann noch Hermine, die mir die ganze Zeit mit unseren UTZ in den Ohren liegt! Klingt für mich nicht gerade wirklich nach Urlaub!" Er zwinkerte der Freundin zu, um ihr zu verstehen zu geben, dass er es nicht wirklich ernst meinte.

„Unsinn", schimpfte Molly. „Ihr beide werdet eure Zeit in Snapehound-Hall mehr als genießen. Es ist ein berühmter Ort. „Wenn ihr nun einen Moment bei Ron bleiben könntet, gehe ich nach unten und mache unser Abendessen fertig. Ich hoffe nur, es ist warm genug, um dort unten zu essen – der Speisesaal ist immer noch dreckig."

„Ich habe den Kamin angezündet, Mrs. Weasley. Es sollte jetzt etwas wärmer sein."

„Vielen Dank, Liebes. Bringt Ron in etwa einer viertel Stunde runter. Vielleicht kann ich Professor Dumbledore überzeugen, sich uns heute Abend anzuschließen. Das würde Professor Snape mit Sicherheit glücklich stimmen."

Harry saß auf dem Stuhl neben Rons Bett und las seinem Freund die aktuellen Quidditsch-Ergebnisse aus dem Tagespropheten vor. Hermine saß auf dem Bett und hielt Rons Hand, wobei sie mit ihrem Daumen liebevoll über seinen Handrücken strich. Ron schien völlig unberührt von den Bemühungen der beiden, aber nach einer Viertelstunde erlaubte er ihnen schließlich, ihm auf die Beine zu helfen und ihn die Treppe hinunter in die Küche zu führen, wo er schweigend eine große Portion Roastbeef mit Kartoffelbrei verzehrte.

Die Unterhaltung bei Tisch wurde vornehmlich von Molly Weasley und Dumbledore geführt, die darüber diskutierten, wie sehr Harry und Hermine ihren Aufenthalt in Snapehound-Hall genießen würden. Professor Snape schwieg verschlossen. Sobald sie alle ihre Portion Kirschtorte verputzt hatten, halfen Mrs. Weasley und Harry Ron wieder nach oben.

Dumbledore versuchte wie beiläufig mit seinem Zaubertrankprofessor ins Gespräch zu kommen, musste sich aber bald eingestehen, dass dies ein unglückliches Unterfangen war und gab schließlich auf. Er wünschte ihnen eine gute Nacht und verließ mit einem letzten strengen Blick auf Snape, die Küche.

Völlig untypisch machte Professor Snape keine Anstalten, sich vom Tisch zu erheben. Er legte seine Fingerspitzen ans Kinn und beobachtete Hermine nachdenklich, während sie den Tisch abräumte und das gewaschene Geschirr aufräumte. Um ihn nicht aus seinen Gedanken zu reißen, bemühte sie sich besonders leise zu arbeiten. Nach einigen Minuten seufzte er. „Miss Granger, ich denke, Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, dass Professor Dumbledore darauf bestanden hat, dass ich Sie in eine gefährliche Umgebung mitnehme. Snapehound-Hall hat meines Wissens seit mindestens vier Jahrhunderten keine Muggelstämmige Hexe oder Zauberer mehr beherbergt. Sie sollten besonders am Anfang im Haus äußerst vorsichtig sein, denn der Hausherr, das Personal, die Hauselfen und die Familienporträts werden jemandem mit Ihrer Abstammung feindlich gegenüberstehen. Ihre zügellose Neugier könnte Ihr Tod bedeuten; und jede Falle, die ein jeder Hausherr über die Jahre aufgestellt hat, die zuschnappt, könnte meine Annäherung an meinen Großvater gefährden, die Dumbledore so bestrebt ist herzustellen."

„Kann es..., kann das Haus denn meine Abstammung spüren?"

„Nein, das kann es nicht. Doch einige der aufgestellten verzauberten Fallen können den Prozentsatz des ererbten magischen Blutes erkennen. Ich gehe davon aus, dass Sie sehr wenig davon besitzen; Ihre magischen Fähigkeiten kommen fast ausschließlich von Ihnen selbst, obwohl einer Ihrer Elternteile möglicherweise einen magischen Vorfahren in der Blutlinie hat. Das ist bei Muggelgeborenen sehr oft der Fall. Wenn also eine Falle plötzlich anschlägt, wird es jeder in dem Haus sofort wissen und die Situation kann für Sie sehr unangenehm werden. Ich muss also unbedingt die Fallen aufspüren und außer Kraft setzen, wenn wir Ihre Abstammung verbergen wollen."

„Aber Professor, Ihr Großvater wird sich sicher an meinen Namen erinnern, wenn er den Tagespropheten gelesen hat..."

Snape seufzte. „Ja, ich fürchte es wird sehr schwierig werden, denn ich möchte nicht dabei erwischt werden, dass ich etwas vor ihm verberge. Ich bin sogar dafür, dass wir so gut es geht verhindern sollten, dass Ihr und Potters Vorname überhaupt erwähnt werden. Diese Interviews, die Sie dem Tagespropheten gegeben haben, waren....sehr unklug, das habe ich dem Schulleiter damals auch schon gesagt. Aber wenn ich ehrlich sein soll, werden Ihr Blutstatus und Ihr Name Sie eher weniger verraten als Ihre Manieren. Sie haben leider nicht die instinktiven Umgangsformen und die Vertrautheit unserer sozialen Gepflogenheiten, die in reinblütigen Haushalten üblich sind."

Der Professor hielt kurz inne, so als zögerte er, weiterzumachen; dann fügte er kühl hinzu: „Sie sind eine intelligente junge Frau, Miss Granger und so vehement ich diese Tatsache leugnen würde, so sollten Sie versucht sein mich eines Besseren zu belehren. Ich hoffe Sie werden klug genug sein, sich meiner Führung unterzuordnen, sollten irgendwelche Schwierigkeiten auftreten, obwohl ich bete, dass dies nicht der Fall sein wird."

„Professor Snape, Sir, ich verspreche Ihnen ich werde mein Bestes geben." Hermine zögerte einen Moment ehe sie fortfuhr. „Meine Mutter stamme aus einer sehr altmodischen traditionellen Muggelfamilie. Ich könnte einfach so agieren, wie ich es immer bei meiner Großmutter und meiner Großtante gemacht habe. Ihre Manieren waren stets sehr förmlich – Knicksen und so weiter. Es wäre jedoch sehr nützlich, wenn es ein Buch gäbe, dass den Vergleich erklärt zwischen der Etikette der Magischen- und der Muggelwelt. Wissen Sie, ob es so etwas gibt?"

„Das bezweifle ich sehr, Miss Granger. Reinblüter sind im Allgemeinen nicht an Muggeln interessiert. Aber wir werden sehen, was passiert. Die Sekretärin meines Großvaters kennt sich in der Bibliothek sehr gut aus und kann sich vielleicht etwas einfallen lassen. Aber ich entschuldige mich jetzt schon im Voraus für die Schmach, die Sie höchstwahrscheinlich im Haus meiner Familie begegnen werden." Er machte eine kurze Pause und fügte dann leise hinzu: „Ich fürchte, Sie werden leider allzu oft den abschätzigen groben Begriff für Muggelgeborene hören."

„Ich denke das wird Sie weitaus mehr beunruhigen als mich, Sir. Ich habe das Wort erst vor ein paar Jahren kennengelernt und für mich hat es nicht diese Assoziation, die es für einen Reinblütigen hat. Und zudem ist es nur eine Schmach, als Schlammblut bezeichnet zu werden, wenn man glaubt, dass der Blutstatus wichtig ist und man davon überzeugt ist, dass Muggelgeboren etwas ist für das man sich schämen muss. Und was mich betrifft, ich glaube an nichts von dem."

Snape blinzelte und wurde dann tatsächlich etwas rot. „Sie sind viel zu verständnisvoll, Miss Granger. Ich schäme mich. Ich schäme mich nicht nur für meine Familie, sondern auch für mich selbst, weil ich persönlich den Begriff so anstößig finde."

Hermine betrachtete ihn einen Moment lang neugierig und beschloss dann, das Thema zu wechseln. „Eine Sache verstehe ich allerdings nicht, Sir. Nachdem was Professor Dumbledore alles sagte, hört es sich so an, als wäre, Ihr Großvater ein großer Gegner von Du-weißt-schon-wem und dass er eigentlich froh war zu hören, dass Sie ein Todesser geworden sind, um ihn auszuspionieren."

Snape seufzte. „Ich bin nicht als Spion zu den Todessern gestoßen, Miss Granger, diese Tätigkeit kam deutlich später. Viel zu spät fürchte ich, jedenfalls für mein heutiges Empfinden. Aber ja; mein Großvater hat im Laufe der Jahre finanziell unterstützt. Was ist daran so außergewöhnlich? Viele Zauberer außerhalb des Ordens, unterstützen den Untergang des dunklen Lords."

„Aber jemand der den Untergang von Du-weißt-schon-wem hat doch sicherlich eine viel weniger voreingenommene Haltung gegenüber Muggeln, als Sie vermuten, Sir. Wie kann er da solche Fallen in seinem Haus haben?"

„Miss Granger, wie so oft nehmen Sie viel zu viel an. Sie müssen verstehen, dass der wahre Grund, warum mein Großvater den dunklen Lord ablehnt, nicht die Intoleranz meines angeblichen Meisters gegenüber Muggelgeborenen ist oder die Zerstörung und die Gewalt, die er und seine Anhänger unter den Muggeln verbreitet, das findet er zwar höchstwahrscheinlich äußerst beklagenswert. Mein Großvater ist kein grausamer Mann, obwohl er genauso gerne seine intellektuelle Überlegenheit ausübt wie ich selber. Mein Großvater hasst den Dunklen Lord, weil er ein Halbblut ist; er ist davon überzeugt, dass ihn sein Wissen und seine Macht, die er sich angeeignet hat, unwürdig und unfähig macht, den Kreuzzug, den er angetreten hat, zu führen. Seine wahren Gefühle gegenüber Muggeln und Muggelgeborenen sind mindestens so negativ wie die von Draco Malfoy."

„Und trotzdem akzeptiert Professor Dumbledore seine Unterstützung?", fragte Hermine ungläubig. „Er nimmt die Hilfe von jemandem an, der Muggel und Muggelgeborene verachtet? Wie kann er das nur tun?"

Snape lachte zynisch auf. „Mein Gott. Wie herrlich naiv Sie doch in Wirklichkeit sind, Miss Granger, trotz Ihrer scheinbaren Reife. Dumbledores Ziel ist es, die Welt vor dem Dunklen Lord zu retten. Wenn er wählerisch wäre und die Unterstützung von denen ablehnen würde, die Muggelstämmige verachten, hätte er wesentlich weniger Unterstützung als der Dunkle Lord. Ein Sprichwort lautet, >"Politik schafft seltsame Bettgenossen"> und der Kampf gegen den Dunklen Lord ist nichts anderes als Politik. Es vereint diejenigen, die gegenüber Muggeln und Muggelgeborenen am aufgeschlossensten sind, mit denen, die sie am meisten verachten. Einige vom Orden des Phönix wären äußerst unhöflich Ihnen gegenüber, selbst Halbblüter wie Miss Tonks, wissen Sie, wenn Dumbledore ihren Glauben an die gemeinsame größere Sache fordern würde."

Damit brachte er Hermine für einen Moment zum Schweigen, sie war deutlich schockiert von dem Gedanken, dass einige Mitglieder des Ordens, denen sie bisher so implizit vertraut hatte, weniger von ihr hielten, weil sie eine Muggelgeborene war. Sie hatte immer angenommen, dass jedes Ordensmitglied Dumbledores liberale Haltung teilte, wie es zum Beispiel die Weasleys eindeutig taten. Aber über solche Gedanken war auch nie öffentlich diskutiert worden. Sie begann in Gedanken, das Verhalten der einzelnen Ordensmitglieder, die sie kannte, zu rekapitulieren, doch Hermine kam schnell zu dem Entschluss, dass es besser war, wenn sie es nicht tat. Es war besser, wenn sie sich der Gefahr bewusst war, aber man sollte seinen Verbündeten gegenüber nicht misstrauisch sein. Dumbledore hatte recht; die Sache war zu wichtig, als dass solche Gedanken im Weg standen. Und in einem Punkt lagen sie falsch – Muggelgeborene waren magisch genauso würdig, wie diejenigen die von Zauberern und Hexen abstammten; sie selber war schließlich der lebende Beweis. Es war also ganz gewiss nicht ihr Problem.  Sie blickte auf und bemerkte, dass ihr Professor ihr Gesicht aufmerksam beobachtete. Auf seinem Gesicht lag deutlich der Ausdruck der Zustimmung. „Sie beginnen, die Komplexität, Kompromisse und Selbstbeherrschung zu verstehen, die für ein Leben in der Erwachsenenwelt notwendig sind, Miss Granger.", sagte er. „Sehr weise von Ihnen."

„Danke, Sir", entgegnete Hermine trocken. „Gibt es in Vol...ähm, ich meine in Riddles Armee auch inkompatible Menschen?" Sie versuchte, wie alle anderen in Snapes Gegenwart Voldemorts Namen nicht zu erwähnen, da es ihn irgendwie zu stören schien.

„In einem gewissen Ausmaß, ja. Seine Armee besteht größtenteils aus unsicheren Halbblütern wie dem Dunklen Lord selbst. Sie sehnen sich nach der Zugehörigkeit in die reinblütige Welt und werden widerwillig als Mitglieder zweiter Klasse akzeptiert. Sie glauben an die reinblütige Mystik und verachten sich dabei gegenseitig mehr, als es ein reinblütiger Zauberer je tun würde. Sie sind davon überzeugt, dass der Missbrauch und die Diskriminierung von Muggeln und Muggelgeborenen ihre Minderwertigkeitsgefühle lindern wird, aber das tut es natürlich nie, folglich werden sie immer gewalttätiger und neigen dazu, sich der Zwangsmaie der Dunklen Kunst zuzuwenden. Natürlich bestehen die oberen Ränge des Dunklen Lords hauptsächlich aus reinblütigen Familien wie den Malfoys und meiner eigenen. Einige von uns, die sich dem Dunklen angeschlossen haben, neigen dazu, die Dunkle Kunst, um ihrer selbst zu lieben und sich für die Macht zu engagieren, die wir erlangen können in dem wir die Gewalt des frustrierten Halbblutmobs zügeln. Immerhin machen die Halbblüter mittlerweile zwei Drittel der magischen Welt aus."

Hermine sah den dunklen Mann vor sich neugierig an. „Und wo genau passen Sie da jetzt rein, Professor? Sind Sie noch immer der Überzeugung, dass die Reinblüter, die überlegeneren Zauberer sind? Und was ist mit den verbotenen Flüchen, sehen Sie sie immer noch als Mittel um Untergebene in Schach zu halten? Auf welcher Seite der Kluft des Ordens stehen Sie?"

Snape zog seine Augenbraue hoch. „Das geht Sie nichts an. Alle was Sie zu wissen brauchen ist, dass ich Albus Dumbledore loyal zur Seite stehe und ich mein Leben dem Untergang des Dunklen Lords genauso gewidmet habe, wie er. Die Gründe dafür sind meine eigenen."

Er holte tief Luft und warf ihr einen enttäuschten Blick zu, dann erhob er sich von seinem Stuhl.

Hermine sah ihn alarmiert an. „Entschuldigen Sie bitte, Sir. Es tut mir leid, ich weiß, dass ich zu weit gegangen bin. Es ist nur so... ich bin zu tief erschüttert, wenn ich daran denke, dass Leute, von denen ich angenommen habe....Es tut mir leid."

Er sah sie von oben herab an. „Es ist immer schwierig, sich der Realität zu stellen, Miss Granger. Es ist schwierig damit umzugehen, dass diejenigen, die wir bewundern, Vorurteile gegen uns hegen, oft aus Gründen, die sich völlig unserer Kontrolle entziehen. Doch zu lernen, sich von solchen Vorurteilen nicht verletzen zu lassen-zu erkennen, dass solche irrationalen Gedanken aus Gründen entstehen, die sich jeder Kontrolle ihrer Inhaber entziehen- ist der Beginn der Reife. Und zu lernen, unsere eigenen Annahmen zu überprüfen, die Vorurteile zu erkennen, die wir selber entwickelt haben, ist der nächste Schritt."

„Ich glaube nicht, dass ich irgendjemandem gegenüber Vorurteile habe, Professor.", sagte sie abwehrend, nachdem seine Worte über irrationale Vorurteile, sie ein wenig getröstet hatten.

„Auch nicht gegenüber Slytherins? Sie meinen, dass sie nicht automatisch ein negatives Urteil fällen, gegenüber Schülern, die in meinem Haus einsortiert wurden?" Die Stimme des Tränkemeisters war bitter und sein Blick hatte überhaupt nichts Spielerisches an sich.

Hermine errötete. „Das kann man nicht wirklich als ein Vorurteil bezeichnen, Sir, jedenfalls glaube ich das. Es ist vielmehr eine Art Wahl. ... Obwohl Draco Malfoy, hatte nicht wirklich eine Wahl. Das gleiche gilt für Nott, Crabbe und Goyle...Aber ja, ich muss zugeben, ich verstehe auf was Sie, hinauswollen."  Hermine seufzte. „Ich nehme an, Sie haben sogar recht, Sir. Ich habe es nur nie aus dieser Perspektive betrachtet. Aber ich werde versuchen in Zukunft meine Vorurteile zu prüfen, so wie Sie es mir geraten haben." Sie sah ihn etwas schüchtern an. „Schließlich kenn ich mindestens einen bewundernswerten Slytherins. Mir sollte bewusstwerden, dass ich mich eventuell bei einigen anderen geirrt haben könnte."

Sein strenger anklagender Blick wurde für einen Moment etwas weicher, doch dann drehte er sich um, schob seinen Stuhl unter den Tisch. „Das freut mich zuhören, Miss Granger", erwiderte er schroff. „Sie wurden vor Snapehound- Hall gewarnt. Ich hoffe sehr, dass sie sich meine Warnungen zu Herzen nehmen und tun nichts....Impulsiver. Die Folgen könnten sonst äußerst unglücklich sein. Wir werden morgen sehr früh abreisen. Sie sollten jetzt hoch gehen, sich von den Weasleys verabschieden und Ihre Sachen packen. Gute Nacht, Miss Granger."

„Gute Nacht, Professor!" Hermine drehte sich um, verließ die Küche und stieg langsam die Treppe hinauf, während sie über ihre Vorurteile gegenüber Slytherins nachdachte.





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