Ein spontaner Angriff

Schlecht gelaunt trat ich endlich an die frische Luft und in Richtung der Stallungen. Meistens wurden die Pferde nur für längere Reisen außerhalb des großen Waldgebietes genutzt, zwischen den Bäumen war es schwer großen Nutzen aus den Reittieren zu ziehen, doch diesmal hielt ich es für sinnvoll eine Ausnahme zu machen.
Mein Vater hatte mich heute früh, drei Tage nach unserem letzten Gespräch, wieder zu sich gerufen, diesmal in offizieller Angelegenheit.
Wie ich es mir bereits gedacht hatte, ging es um den geplanten Angriff gegen die Spinnen, den ich immer wieder vor mir hergeschoben hatte. Natürlich hatte er recht, aber ich musste über andere Dinge nachdenken. Lothparth war schwanger zurückgekehrt und ich wollte natürlich jederzeit für sie da sein. Deswegen sollte ich wohl die Erkundungsritte so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Außerdem hatten sie den angenehmen Nebeneffekt, dass ich durch sie die neuen Besucher nicht begrüßen musste. Badhron, der König eines eher kleineren, doch sehr kräftigen Volkes im nahen Osten von Rhovanion, war schon öfter hier gewesen und wenngleich ich mich recht gut mit ihm verstand und auch bei allen Essen dabei war, war es immer noch mein Vater, der die meiste Zeit mit ihm verbrachte. Ich rechnete es dem regelmäßigen Besucher recht hoch an, dass er mich ohne weiteres als Thranduils Tochter akzeptiert hatte. Er behandelte mich ausnahmslos wie meinen Bruder, was mir immer ein gutes Gefühl verlieh. Nicht, dass mich das restliche Reich weniger akzeptierte, doch ich war meistens eher diejenige, die den Einfluss einer Prinzessin besaß, doch nicht wirklich eine war. Badhron sprach auch immer von meinem Vater, wenn es um Thranduil ging. Doch trotzdem hatte er immer diese gewisse königliche Distanz zu allen anderen - bis auf Thranduil selbst vielleicht - behalten.

Ein Wiehern holte mich aus meinen Gedanken. Inzwischen war ich bereits in die ersten Häuser eingetreten und hatte mich daran gemacht, die Listen nach meinem Pferd abzusuchen. Ich ritt nicht oft aus, weshalb sich die Wachen meistens um meine Stute kümmerten.
Solange es noch recht warm war, waren die meisten Pferde draußen, weshalb ich doch etwas neugierig meinen Kopf um die Ecke streckte. Es war ein mir unbekannter Elb, welcher tatsächlich bei einem der wenigen Pferde in den Stallungen stand und beruhigend über dessen Nüstern strich.
Ich lächelte leicht, als ich merkte, dass er dabei leise ein paar Worte sprach. „Warum ist er nicht auf der Weide?", lächelte ich amüsiert und lehnte mich gegen den Stückstock. Meine schlechte Laune hatte sich schon etwas gebessert. Hier gab es schließlich keine Wachen, die wissen wollten, wie es weiterging - und auch keine nervigen Eltern, die wissen wollten, was es denn nun mit Nengwe geschehen würde.
Der schwarzhaarige Elb drehte sich überrascht und etwas ertappt zu mir um. „Oh, er ähm", fing er mit einem peinlich berührten Lächeln an und machte eine kurze Pause, „ich gehöre zu den gerade angereisten Besuchern." Ich nickte verstehend. Schien, als könnte er sich nicht so leicht von seinem Pferd trennen.
„Willst du vielleicht mitkommen? Wenn du schon nicht in den Palast willst?", fragte ich und stellte mich wieder aufrecht hin. Mein Gegenüber hob überrascht die Augenbraun. „Gerne, ich dachte die Elben aus dem Düsterwald reiten nicht oft?", antwortete er etwas verwirrt und folgte mir hinter das Häuschen, wo die nächste Weide lag.
„Das stimmt, aber heute erschien es mir als nützlicher", erklärte ich und pfiff dann laut nach meinem Pferd. „Wohin geht's denn?", fragte er, während wir auf eine Reaktion warteten. „Ein paar Erkundungsritte", antwortete ich knapp, wobei mein Blick weiter auf der großen Wiese lag. Einige der Weiden gingen in den Wald hinein, doch damit die Pferde weiterhin ihren Auslauf hatten, hatten wir einige der Bäume fällen müssen.
„Na, dann. Ich bin übrigens Gwilith", stellte er sich vor und kehrte wieder in den Stall zurück, um sich sein Pferd zu holen. „Nenn mich einfach Ní", antwortete ich schnell, bevor er verschwunden war. Er warf einen Blick zurück und nickte mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. Auch, wenn er meinen ganzen Namen nicht hätte zuordnen können, mochte ich es lieber mit meinem Spitznamen angesprochen zu werden - von Freunden zumindest.

Nach den letzten verregneten Tagen war heute mal wieder ein blauer Himmel durch die Bäume zu erkennen. Die Luft war zwar immer noch etwas kühl, was sie bis zum Winter wohl auch bleiben würde, doch der ganze Wald schien wieder in Bewegung zu sein. Letzte Vorbereitungen für die lange Winterruhe wurden getroffen, zumindest in dem Teil, welcher von unserem Zauber geschützt wurde.
Die Gespräche waren sehr zwanglos und bezogen sich weniger als ich es gewohnt war, auf den Alltag einer Prinzessin, da er es schließlich nicht wusste. Es war wirklich eine schöne Abwechslung, eine Möglichkeit mal wieder durchzuatmen. Er war nicht wie normale Waldelben, auch wenn sein Volk ebenfalls in einem, im Vergleich zu unserem, recht kleinen Wald, wohnte. Er war sehr offen und sprach aus, was er sich dachte. Bei ihm gab es offensichtlich nicht solch große Probleme, wie bei uns, auch wenn ich das so nicht sagte. Schließlich war ich stolz hier zu wohnen und würde den Düsterwald niemals beleidigen, geschweige denn die Waldelben.
Doch er schien sowieso zu wissen, was bei uns los war und kam nur selten darauf zu sprechen, wofür ich ihm dankbar war. Ich würde mich zwar verteidigen, doch war nicht unbedingt erpicht darauf.
„Aber wir haben ihn einfach nicht mehr gefunden, bis der König schon aufgeben wollte, doch dann ist es einem Freund von mir aufgefallen", erzählte er mit einem Grinsen auf dem Gesicht, als ich etwas langsamer wurde. Hier in der Nähe war eines der größeren Nester, das ich überprüfen wollte.
„Wo war er leicht?", lachte ich amüsiert und stieg ab. Die Geschichte handelte von einem verlorenen Golfball in einem der wichtigsten Spiele des Jahres. Anscheinend waren sie von ein paar Orks überrascht worden, welche sie dann von dem Ball abgelenkt hatten.
Gwilith lachte und tat es mir gleich. „Einer der Orks hatte ihn verschluckt, oder wollte es zumindest", erklärte er, worauf auch ich grinsen musste. „Die essen aber auch echt alles", murmelte ich kopfschüttelnd und trat zwischen die dunklen Bäume. Die Pferde hatten wir immer nur auf den verzauberten Pfaden geführt.
„Wohin gehst du?", fragte mein Begleiter interessiert und folgte mir. „Habe ich doch gesagt, ich muss ein wenig die Gegend erkunden", antwortete ich leise und legte einen Finger auf den Mund, um ihm Stille zu deuten. Er nickte knapp und wurde sichtlich aufmerksamer.
Während wir weiter vordrangen, wurde er zunehmend nervöser. Er schien zu fühlen, dass Böses in der Nähe war. Da konnte ich ihm nur zustimmen. Auch für mich war es deutlich spürbar.
Ein Knacken ertönte. Sofort hatte Gwilith schon seinen Dolch gezogen und war etwas geduckt stehen geblieben. Mir lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. Ich konnte nicht anders, als kurz an Tithen zu denken. Ich hatte ihn, seit ich ihn kennengelernt hatte, nie so lange nicht gesehen, doch mir war klar, dass wir nun Feinde waren.
Ich hob langsam meinen Blick und musterte geübt die Bäume. Meinem Begleiter war der Späher offensichtlich noch nicht aufgefallen, welcher nahezu sorglos über eines der Spinnennetze zum nächsten Ast wechselte.
„Gwilith!", zischte ich und hob beruhigend meine Hand. Sein Blick huschte sofort zu mir, worauf er ebenfalls die Riesenspinne ein paar Meter über ihm überkannte. Doch seine Reaktion war ganz im Gegensatz zu meiner: Er zog, ohne zu zögern seinen Bogen und spannte einen Pfeil ein.
Ich trat schnell einen Schritt vor und riss die Waffe runter. Würde der Späher nicht zurückkehren hätten wir weitaus größere Probleme als diese eine Spinne.
Der Elb sah mich verwirrt an, worauf ich eindringlich zurückblickte. „Das ist mein Königreich und wenn ich dir befehle deine Waffe zu senken, dann tust du das auch, verstanden?", zischte ich böse. Wenn wir die anderen Nester auch auskundschaften wollten, musste er mir vertrauen.
Gwilith nickte leicht und steckte seine Waffen weg. Wortlos deutete ich zu den Pferden zurück, worauf er sich schnell aufmachte. Vermutlich wollte er auch das Gefühl so schnell wie möglich loswerden. Er war es eben nicht gewohnt.
Ich drehte mich noch einmal kurz um. Eigentlich hatte ich vorgehabt noch etwas tiefer vorzudringen, aber konnte ich ihn jetzt alleine stehenlassen? Am Ende schaffte er es doch irgendwie die Spinnen auf uns aufmerksam zu machen.
Ich seufzte leise und lief nur ein paar lautlose Schritte der Spinne hinterher, die offensichtlich keinen Stress hatte. Ich musste mich über etwas vergewissern. Ich glaubte nämlich etwas gesehen zu haben und das war ganz und gar nicht gut.
Also hoffte ich einfach, dass der Elb keinen weiteren Mist bauen würde und fokussierte meinen Blick auf den Späher. Mein Herz wurde schwer, als ich die kleine weiße Marke an einem der acht Beine erkannte.
Ich atmete kurz durch und machte mich dann doch unbemerkt auf den Rückweg. Das änderte meine Pläne. Ich würde nur noch für ein weiteres Nest Zeit haben, das auf dem Weg zurück zum Palast lag.
„Tut mir leid, ich-", fing Gwilith an, als ich bei ihm ankam. Ich winkte schnell ab. „Schon gut. Wir müssen uns ein wenig beeilen", unterbrach ich ihn und stieg schon wieder auf. „Das war aber eine schnelle Erkundung", stellte er amüsiert fest, worauf ich leise seufzte. „Scheint wohl so", antwortete ich und trieb meine Stute schon an, ohne auf meinen neuen Freund zu warten.

Als ich in dem zweiten und letzten Nest dieselbe Entdeckung machen musste, galoppierte ich etwas im Stress in den königlichen Hof ein. Gwilith war knapp hinter mir. Er verstand meine Aufregung natürlich nicht, doch ich hatte wirklich nicht die Zeit es ihm zu erklären. Der Angriff hatte schon viel zu lang auf sich warten lassen. Meine neuen Erkenntnisse änderten einige meiner Pläne und das nicht ins Gute.
„Tut mir leid, aber ich muss wirklich los", verabschiedete ich mich kurz von Gwilith, während ich absprang und die Zügel einer der Wachen in die Hände drückte, welche uns etwas überfordert begrüßte.
Da ich eigentlich nicht mehr auf eine Antwort gewartet hatte, war ich umso überraschter, als ich den Elben direkt hinter mir erkannte, sobald ich in den Palast trat. Ich öffnete gerade meinen Mund, um ihn zu fragen, ob er nicht sein Pferd zurückbringen musste, doch wurde von einer Elbin unterbrochen, welche auf uns zueilte.
„Da seid ihr ja! Die Besucher haben sich zu einem Essen versammelt. Schon vor etwa zehn Minuten", berichtete sie etwas aufgeregt. Vermutlich war es ihre Aufgabe gewesen mich zu finden. „Wir werden uns sofort auf den Weg machen", antwortete Gwilith und nickte kurz, worauf die Elbin sich erleichtert mit einem kleinen Knicks entfernte. Ich wandte mich verwirrt dem Elben zu. „Ich habe doch gewusst irgendwoher kannte ich den Namen. Du bist Badhrons Sohn", stellte ich überrascht fest, worauf er bloß lächelte. „Und du Níniel, die Tochter Thranduils", antwortete er und schüttelte leicht den Kopf. Ich lachte kurz und wandte mich schon zum Gehen. Er hatte wohl auch eine Pause von seinem Prinzenimage gebraucht.
„Ich dachte du hast dich immer gewehrt uns zu besuchen?", fragte ich im Gehen. Gwilith verdrehte seine Augen. „Ich kann mir vorstellen, dass er so etwas gesagt hat. Ich wollte schon mitkommen, aber ich bin sein einziger Sohn und er war immer der Meinung, dass ich seinen Platz einnehmen müsse, solange er weg ist", erklärte er und musterte mich nochmal von der Seite.
„Ich schätze Legolas könnte auch ziemlich viel dazu sagen", lächelte ich amüsiert. Ich war schließlich zum Glück nie diejenige gewesen, die nicht spontan für ein paar Wochen herumreisen durfte.
Gwilith hob die Augenbraun und nickte zustimmend. „Wusstest du von dem Essen oder warum warst du gerade so gestresst?", fragte er interessiert. „Nein, ich habe nur gerade etwas sehr Wichtiges festgestellt, es wäre zu kompliziert, dir das jetzt zu erklären. Ich werde vermutlich nicht lange bei dem Treffen dabei sein können", antwortete ich und legte dabei noch etwas an Tempo zu.
„Kann ich dir bei irgendwas helfen?" Ich lächelte leicht. Er konnte sich ja nicht einmal an einen einfachen direkten Befehl von mir halten. „Danke, ich schätze wir kommen schon klar", lächelte ich sanft und warf ihm einen Blick zu.
Wir hatten endlich die langen Gänge hinter uns gebracht und kamen bei der typischen Tür an, hinter der bei jedem Besuch ein Essen abgehalten wurde.
Ich klopfte kurz und trat dann ein. „Verzeiht, wir waren noch im Wald und haben nichts von der Einladung gewusst", entschuldigte ich uns schnell und kam näher. Gwilith neigte kurz seinen Kopf und schritt dann zu dem Platz neben seinem Vater, welcher sich zur Begrüßung erhoben hatte. „Níniel, schön dich zu sehen", begrüßte er mich mit einem Lächeln. „Ebenfalls, König Badhron, doch ich muss mich entschuldigen, es gibt etwas sehr Wichtiges, dem ich noch nachgehen muss, bevor ich mich zu euch begeben kann", antwortete ich etwas peinlich berührt, worauf ich den Blick meines Vaters auf mir brennen spüren konnte.
„Aber natürlich, die Pflichten einer Prinzessin. Ich denke das können alle hier verstehen", lächelte Badhron und setzte sich wieder. Thranduil entgegen murmelte ein leises „Entschuldigt mich" und erhob sich. Während sich ein Gespräch zwischen meinem Bruder und den beiden Besuchern bildete, trat ich etwas weiter weg, sodass ich in Ruhe mit dem König sprechen konnte.
„Was kann es so Wichtiges geben?", fragte er ernst und sah mich eindringlich an. Ihm war die Freundschaft zu diesem Volk immer schon besonders wichtig gewesen. Ich verschränkte leicht meine Arme und sah genauso eisern zurück. „Ich habe, wie du gewünscht hast, den Wald und die Nester erkundet. Sie verbünden sich und ich denke ich weiß, woran das liegt. Jede Stunde mehr könnte bedeuten, dass wir den Wald nur mit großen Opfern zurückerobern können. Wir müssen sofort angreifen", zischte ich gedämpft, worauf er seine Augen zusammenkniff. „Wie du damals gesagt hast, ich kenne mich am besten mit diesen Untieren aus und wenn ich sage, dass wir diesen Kampf verlieren könnten, dann meine ich es so", fügte ich eindringlich hinzu. „Nun, gut, dann nimm dir alle Männer, die du brauchst, aber danach will ich nichts mehr von diesen Spinnen hören", befahl er und drehte sich, ohne auf eine Antwort zu warten, um. Ich lächelte leicht und verbeugte mich kurz, obwohl er das natürlich nicht sah. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er Legolas diese Aufgabe übertragen würde, was ursprünglich vielleicht auch sein Plan gewesen war, doch sich nun mit dem Essen geändert hatte. Als vollwertiger Prinz war es wichtiger, dass er anwesend war und außerdem würden sich fragen ergeben, wenn Thranduil nun doch seinen Sohn anstatt mir wegschickte, obwohl ich offensichtlich so wichtige Dinge zu tun hatte.

„Es gibt drei große Nester in der Umgebung. Das erste ist nordwestlich von uns, es ist kaum zu übersehen. Calenmîr weiß, wo es liegt. Sie wird die eine Hälfte von uns führen. Die andere kommt mit mir zum Mittleren, welches zwischen dem Waldfluss, dem Elbenpfad und dem verschwunschenen Abzweiger davon liegt. Ihr dürft auf keinen Fall vergessen, euch jederzeit so leise und verdeckt wie möglich zu bewegen. Jede Spinne könnte ein Späher sein und die anderen warnen. Der Plan ist ohne Verluste weiter im Süden zusammenzutreffen, am alten Trainingsplatz, der vor ein paar Wochen als unzugänglich erklärt wurde, ich denke alle wissen, welcher gemeint ist. Wenn sich etwas ins Unerwartete entwickelt, brecht ihr den Angriff sofort ab und macht euch auf den Weg zu uns. Ich werde eine Lösung finden.
Nachdem wir uns getroffen haben, werden wir uns zum letzten Nest aufmachen. Noch Fragen?", erklärte ich mit klarer Stimme, während ich vor den Elben auf und ab schritt. Es hatte nicht lange gedauert, bis alle entbehrlichen Kämpfer aus dem Palast und dessen Umgebung, versammelt waren.
„Wenn wir einen der Späher entkommen lassen, sollen wir dann direkt abbrechen?", rief eine Elbin von weiter hinten. Ich nickte kurz verstehend. Mir war klar, dass das wohl kaum der Fall sein würde, denn entweder sie übersahen die Spinne komplett, oder sie wurde getötet, Waldelben waren nicht für ihre Unachtsamkeit bekannt.
„Nein, ihr solltet euch nur noch mehr beeilen zum Nest zu kommen, sodass ihre Vorbereitungszeit so gering wie möglich gehalten wird", antwortete ich und ließ meinen Blick über die entschlossenen Gesichter wandern. Sie schwiegen, also breitete ich meinen Arm Richtung Tür aus, als Zeichen, dass sie sich draußen versammeln und aufteilen durften. Meine Freundin Calenmîr gesellte sich schnell zu mir. „Du willst doch nicht etwa, dass ich sie in eine Schlacht führe?", zischte sie mir ungläubig zu und musterte mich eingängig. Ich hielt meinen Blick auf die ausrückenden Elben gerichtet.
„Es werden viele erfahrene Krieger bei dir sein und du sollst ihnen schließlich nur den Weg zeigen. Ich habe vorhin kurz mit Maltlass gesprochen, er wird dir helfen und einige der Befehle erteilen", murmelte ich zurück. Maltlass war etwas älter als ich und auch von Legolas immer schon ein Vertrauter gewesen. Ich wollte meine Freundin bloß nicht vor allen zu unerfahren, um einen Angriff zu führen, nennen.
Calenmîr nickte erleichtert, legte kurz ihre Hand auf meine Schulter und gesellte sich dann zu den anderen. Ich sah ihr kurz hinterher und verließ dann als letzte die Hallen des Palastes.
„Níniel!", wurde ich noch aufgehalten. Überrascht drehte ich mich um. Lagornem kam außer Atem angerannt und hielt vor mir. „Ich habe dafür jetzt keine Zeit", wehrte ich schnell ab, da ich annahm, dass es um seinen Bruder ging. „Deswegen bin ich nicht hier. Du hast nicht nach mir rufen lassen?" Ich seufzte leise und ging ein paar Schritte vom Ausgang weg. „Du solltest bei deinem Bruder bleiben", antwortete ich eindringlich und sah ihn fest an. „Ich will bei diesem wichtigen Angriff dabei sein! Nengwe geht es, den Umständen entsprechend, gut, meine Eltern sind bei ihm. Lass mich mitkommen", bat er und sah mich flehend an. Ich verdrehte meine Augen ein wenig und nickte kurz. „Du wirst bei mir bleiben, ich habe keine Zeit dir noch einmal den ganzen Plan zu erklären", befahl ich und trat nach draußen. Lagornem lächelte erfreut und folgte schnell.

Wir teilten uns recht schnell auf. Calenmîr hatte sich wie erwartet an Maltlass gehängt, welcher ihr leise ein paar Tipps gab. Ich musste zugeben, dass es mich sehr beruhigte, dass er das eigentliche Kommando über die Truppe hatte und nicht meine Freundin. Falls etwas schief ging, würde er ruhig bleiben und eine Lösung finden, wo Calenmîr zweifellos in Panik verfallen würde.
Lautlos gab ich ein Zeichen, dass es von nun ernst wurde und die sowieso schon kaum zu erkennenden Elben hinter mir, verschwommen mit den Bäumen, sodass es bei genauem Hinsehen nichts anderes als ein Elbenauge sie hätte erblicken können. Und die Spinnen hielten schließlich nicht genau in unsere Richtung Ausschau. Wir hatten also das Überraschungsmoment, doch damit hatte ich gerechnet. Es würden nicht wenige Gegner werden und es war sehr wahrscheinlich, dass sie sofort um Hilfe bei anderen Nestern ersuchen würden. Wir durften unseren Rücken während dem Kampf nicht aus den Augen lassen.
Der Wald war ruhig, bloß ein paar riesige schwarze Falter und die ein oder andere Fledermaus ließen sich blicken. Mir war klar, dass die verschiedenen Spezies nicht zusammenarbeiteten, dafür waren sie zu eingebildet und dumm, wobei Tithen mit seinen Entscheidungen ein überraschend hohes Maß an Intelligenz gezeigt hatte. Ich hatte ihn wohl etwas zu viel unter meine Fittiche genommen. Es war niemals der Plan, dass er die Nester verbündete, er war nur ein guter Weg, um an Informationen zu kommen gewesen.
Das leise Tappen von Füßen schlich sich in meine Gedanken. Wenn ich so konzentriert war, konnte ich die dunklen Wesen schon einige Sekunden, bevor sie in Sichtweite kamen, ausmachen.
Also blieb ich stehen und spannte meinen Bogen. Hinter mir war weiterhin kein Laut von meinen Leuten zu vernehmen. Einige von ihnen hatten sicherlich ebenfalls die Waffe gezogen, doch es bestand kein Zweifel, dass ich treffen würde.
Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis die Spinne sorglos über uns hinwegkrabbelte. Ich ließ meinen Pfeil von der Sehne schnellen und begab mich schon auf die Weiterreise, bevor das Wesen mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden aufkam.
Zufrieden warf ich einen kurzen Blick zurück. Keiner der Elben ließ an seiner Konzentration zweifeln. Lagornem war weiterhin auf den Fersen. Er wusste, dass er sich zurückhalten musste, da er den Plan nicht kannte und auch den Crashkurs über das Verhalten unserer Gegner verpasst hatte, doch irgendwie fand ich es ganz gut, dass er bei mir war. Ich war mir nicht so sicher, ob ich ihn direkt als Freund bezeichnen würde, doch alleine schon durch die Treffen früher, kannte ich ihn flüchtig, das mit seinem Bruder hatte uns nur näher zusammengebracht. Ich wusste, dass er klug und ein guter Kämpfer war.

Es vergingen einige Stunden, in denen wir nur zwei weiteren Spinnen begegneten. Das Nest lag nicht unbedingt genau neben dem Palast und der verwunschene Fluss war auch ein wenig entfernt, doch Elbenbeine waren schnell und unermüdlich. Wir hielten uns vom Elbenpfad fern, welcher uns fast direkt zum Nest führen würde. Er war zwar verzaubert, doch wurde trotzdem gut von wachsamen Augen aus dem Wald heraus bewacht und wenngleich wir zwar nicht angegriffen werden würden, würden wir dennoch entdeckt werden.
Ein gelegentliches Rascheln erweckte meine Aufmerksamkeit, doch ich hielt nicht an, sondern ließ mit nichts anmerken. Es war zu lange bei uns, als dass es eine Spinne sein könnte. Sie wäre längst weg, um Alarm zu schlagen und der Wind erzeugte andere Geräusche, wenn er sich zwischen den Blättern spielte.
Ich hob meinen Blick ein wenig und überließ es meinen Beinen den richtigen Weg zu finden. Ich war hier unzählige Male entlanggelaufen, wenn man bedachte, dass das das erste Nest war, das ich auf Dauer hatte beobachten können. Denn, wenngleich es uns Elben nicht umbrachte das verzauberte Wasser zu berühren, so waren wir nicht unbedingt erpicht auf das Gefühl, das in uns auslöste. Deswegen hielten wir uns nie recht lange in der Nähe des Flusses auf, obwohl wir ihn natürlich auch regelmäßig kontrollieren, bloß vielleicht nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit. Damit war das Nest so lange Zeit unentdeckt geblieben.
Als das Rascheln ein weiteres Mal ertönte, blieb ich stehen und hob leicht meine Hand. Die kaum erkennbaren grün-braunen Flecke hinter mir, die nun im Herbst teilweise auch ein wenig rot-golden waren, erstarrten sofort und warteten auf Befehle. Ich ließ meinen Blick argwöhnisch durch die Äste gleiten, bis er an einer dunkelbraunen Unregelmäßigkeit hängen blieb. Ein Waldelb trug zu dieser Zeit im Jahr nicht diese Farben, doch ich wusste wer es tat.
Ich seufzte und drehte mich zu Lagornem. „Bring ihn zum Palast zurück", zischte ich genervt und nickte nach oben. Der Elb sah überrascht auf und dann etwas ungläubig zurück. Kurz zögerte er, um die richtigen Worte zu finden. „Aber das ist Prinz Gwilith?", flüsterte er schließlich verunsichert. „Ich weiß, aber ich bezweifle, dass er auf einen einfachen Befehl von mir wirklich zurückkehren wird. Du kannst zurückkommen, sobald seine Rückkehr sichergestellt ist", antwortete ich und sah ihn erwartungsvoll an. Lagornem seufzte leicht und sprang federleicht in die Bäume hinauf. Ein paar Sekunden verfolgte ich ihn mit meinem Blick. Die beiden schienen sich kurz zu streiten, bis der Prinz schließlich nachgab. Mich interessierte wirklich mit welcher Ausrede er sich hatte davonstehen können von dem Essen, doch das konnte ich später immer noch herausfinden.
Mit einem kurzen Nicken zu den anderen, setzte ich meinen Weg fort. Nun war es nicht mehr allzu weit. Die ersten Wachen sollten bald vor uns auftauchen, weshalb ich mein Tempo ein wenig drosselte und meine Hand vorsorglich auf meinen Bogen legte. Mit einem leichten Lächeln hörte ich die leisen Geräusche hinter mir, welche von den vielen gleichzeitigen Bewegungen entstanden. Ich musste zugeben, dass ich es manchmal genoss eine kleine Armee hinter mir zu haben, doch der Krieg war ein viel zu ernstes Thema, als dass ich das oft realisieren könnte.
Es dauerte keine paar Minuten, bis sich das altbekannte schlechte Gefühl in mir breit machte und sich die erste Spinne blicken ließ. Da es schwer war genau einem einzelnen von den vielen Elben hinter mir zu befehlen, schloss wieder ich und kümmerte mich nicht groß um den toten Körper. Eine Bewegung neben mir, ließ mich überrascht aufsehen. Es war Lagornem, welcher mir mit einem Nicken mitteilte, dass alles seiner Wege ging. Ich schloss zwar nicht aus, dass Gwilith trotzdem nochmal zurückkehren würde, doch hoffte, dass bis dahin die Schlacht geschlagen war.
Der kurze Moment, in dem ich meine Aufmerksamkeit meinem Freund zugewandt hatte, ertönte ein Knacken vor uns und darauf auch schon einiges mehr an Krabbeln. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Monster gesehen hätte, wenn ich nicht unaufmerksam gewesen wäre, doch trotzdem gab ich mir selbst die Schuld daran.
Ich rannte sofort schneller los und deutete den anderen, dass sie mir folgen sollten. Nun gab es keine Zeit mehr zu verlieren. Die Spinne war schnell und hatte einen kleinen Vorsprung. Außerdem wurden die Spinnennetze immer dichter, wodurch sie ihren Vorteil hatte.
Mit einem lauten Kreischen warnte sie das Nest vor uns, als sie bemerkte, dass wir immer näherkamen. Ich wusste, dass sich schon jemand anderes um sie kümmern würde und begab mich lieber auf die Suche nach einem sicheren Weg über den verschwunschenen Fluss, welcher nun vor uns lag. Nur ein wenig hinter ihm befand sich das Nest auch schon, welches mit einer großen weißen Wand gekennzeichnet war. Mit ihr wurde sichergestellt, dass sich keine Eindringlinge unbemerkt nähern konnten. Denn um wirklich Schaden anzurichten, musste man sich durch die dichten Spinnweben schneiden und dieses leichte Beben bekamen Spinnen natürlich mit.
Im Laufen erkannte ich eine kleine Schneise, über die wir vermutlich springen konnten, doch ich hörte bereits die vielen kleinen Füßchen auf der anderen Seite. Sie hatten den Schrei gehört.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top