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Don Miguels Gesichtsausdruck hätte nun nicht finsterer sein können.
„Er hätte dir das nicht antun dürfen, Theresa! Trotzdem bist du nun noch so ruhig und akzeptierst es einfach?", fragte er sie leise knurrend vor unterdrücktem Zorn.

Beinahe hätte sie nun daraufhin gelächelt.
„Also ich hasse Marco nicht ... und das solltest du tatsächlich auch nicht mehr tun. Mach ihm keine Vorwürfe mehr, Don Miguel, denn er war dein Bruder und lag im Sterben. Von meiner Sichtweite aus betrachtet war er auf der ganzen Wanderung, wann immer wir uns da begegneten immer nur freundlich, zurückhaltend und nett zu mir ..."

Du hast ja keine Ahnung....!", herrschte er sie nur plötzlich unbeherrscht aufbrausend an und sie zuckte unwillkürlich erschrocken zusammen.
Hu...?!
Er konnte also echt auch anders als nur besorgt und freundlich sein. Hatte sie es doch gewusst.
Aber die ganze Situation hier zehrte wahrscheinlich gerade auch an seinen Nerven. Und ja, das verstand sie wirklich. Also war es wohl nun an der Zeit, ihm mal ein bisschen entgegen zu kommen.

„Hey, werde jetzt nicht gleich wütend, ja?", lächelte sie leicht, auch nur gekünstelt und wandte sich dabei auch wieder halb von ihm ab. „Ich bin mir ganz sicher, dass dich niemand zu dieser Zweckheirat mit mir zwingen kann, die du ganz offensichtlich auch gar nicht willst.
Ich mache das auf jeden Fall nicht.
Außerdem schadet es doch deinem Ruf, wenn du diese Art von Schuld nun auf dich nimmst. Was ist denn nun mit deiner Position als Arzt? Du kannst doch nicht einfach hingehen und sagen, dass du eine junge Dame, auf einer Pilgerwanderung betrunken gemacht und ausgenutzt hast, nur weil ich so dumm gewesen bin ... und mit Marco hoch in den Orangenhain lief. Also ... wenn es dir nichts ausmacht Canceln wir das ganze einfach und ich ..."
Du wirst jetzt keinen Rückzieher mehr machen, Theresa! Du erwartest ein Kind meiner Familie und ich bin das Oberhaupt dieser Familie ..."
„Was dich aber immer noch nicht zu so was hier verpflichtet, Don Miguel! - Das ist doch krank! Falsch verstandene Ehrenhaftigkeit und seltsame Sitten...", brauste nun auch sie mal etwas auf.

Auf einmal saß er wieder vor ihr auf dem Bett und hielt ihr Kinn mit einer Hand umfasst.
Du erwartest von diesem Leben immer nur das schlechteste, Theresa. Genau deshalb hätte Marco dir das nicht antun dürfen. Doch er hat es getan. Ob er nun dabei nachgedacht hat oder nicht, krank war oder nicht... Er hat dir großes Leid zugefügt und das in den letzten Tagen seines Lebens.
Damit hat er alle Werte, seine sorgfältige Erziehung und auch seine Familie verraten.
Das ist weder falsch verstanden stolz noch geht es hier um seltsame Sitten. Es geht um Verantwortung. Und diese bin ich bereit zu tragen, und du hast bereits zugestimmt.
Wenn es dein Ziel ist, Romane zu schreiben, dann werde ich dich davon nicht abhalten. Wenn es zudem dein Ziel ist, bewusst auf irgendwelche Betrüger herein zu fallen, dann werde ich eben hinter dir stehen und dich auffangen, falls du fällst. Wenn nicht... Auch gut.
Du bist jetzt nicht mehr allein, Theresa. Ich stehe hinter dir, vor dir und neben dir, egal auf welcher Position du mich auch gerade brauchst.
... Nur eines solltest du noch wissen.
Wenn du mit nach Spanien gehst, dann werden wir heiraten. Und zwar so schnell wie möglich.
Denn ich werde nicht den Hauch einer Möglichkeit zulassen, das dein Kind als Bastard bezeichnet werden könnte. Meine Sitten und Werte scheinen für dich überholt und vielleicht auch überzogen zu sein. Doch du solltest meine Ehre nie wieder in Zweifel ziehen! Ich habe nicht vor, aus dieser Ehe eine Qual für dich zu machen.
Sie wird auf gegenseitigem Respekt und Ehrlichkeit aufbauen. Und damit du dich in Spanien auch wohlfühlst, habe ich nun entschieden, dass wir alles das, was deines ist, und auch das, was deiner Abuela gehörte von einem Umzugsunternehmen, dass ich vorhin zu suchen, in Auftrag gegeben habe, einpacken lassen und mitnehmen.
So wirst du nichts vermissen, und ich lebe persönlich ja auch eher minimalistisch. Mein Haus ist quasi leer. Ich habe nicht viele persönliche Gegenstände, weil ich auch kaum Zeit dort verbringe. Du kannst es also ganz nach deinen Wünschen einrichten und alles auch genau so gestalten, wie du es gerne haben willst, denn du wirst meine Frau sein. Meine ... Frau...", erklärte er ihr nun wieder überaus ernsthaft - griff ihr dann aber plötzlich Stirnrunzelnd ins Haar... beugte sich über sie. Theresa wusste ehrlich nicht was das nun wieder sollte, ... und schaute nur wieder sprachlos wie auch verwirrt zu ihm auf.
Als er ihr nun immer näher kam.
Sein Gesicht... ihrem Gesicht...
Sein Mund... ihrem Mund ???

Ach du...?!
„W... was soll das denn jetzt bitte... Don Miguel... was tust du denn jetzt schon wieder ...?", stotterte sie unsicher und hob abwehrend ihre Arme um sie zwischen sich und ihn zu schieben.
„Du bist ständig so was von auf Abstand zu mir bedacht und willst einfach alles canceln, was zuvor bereits besprochen wurde ... Du sagtest selbst du magst keine Männer ... also frage ich mich nun ernsthaft ...
- Bist du vielleicht lesbisch, Theresa?"

Der Monitor, der sich eben bei seiner allmählichen Annäherung schon wieder in seinen leisen Tönen beschleunigt hatte piepste nun ganz plötzlich einen irre lauten Alarm los.
Don Miguel hob daraufhin überrascht die Brauen und nahm sofort wieder einen gewissen Abstand zu ihr ein, derweil die Tür aufgerissen wurde und der Arzt wie auch eine neue Schwester nun herein gerannt kamen.

Ach du... lieber Gott!!!

„Was ist los? Was ist passiert? - Frau Singer, geht es ihnen gut...?"
Sie konnte noch nicht einmal mehr zum Arzt hinsehen und errötete und erbleichte einfach nur gleichzeitig oder abwechselnd, rang nun auch schwer um Fassung.
Gerade hätte Don Miguel sie fast geküsst!
Und dann fragte er sie so was???
Dabei war er doch hier der Schwule, oder?
War das auch nun wieder nur ein Fake gewesen?
Wollte er sie gerade etwa verarschen oder ihre Grenzen bis zum Schlaganfall austesten?

Da streichelte Don Miguel nun sachte tätschelnd über ihre Schulter, was sie mit einem bitterbösen Blick erwiderte und lächelte zu dem Arzt und der Schwester hin.
No! Keine Sorge. Das war nur der angekündigte Stress-Test. Doktor Hainmüller! Scheinbar besitze ich tatsächlich die Macht den Puls und Blutdruck meiner Verlobten so unglaublich schnell in die Höhe zu treiben", scherzte er nun reichlich trocken, derweil Theresa nun zum ersten Mal echt stinksauer im Bett saß und sich unglaublich stark beherrschen musste, um jetzt nicht die noch halbvolle Edel-Wasserflasche zu packen und sie laut „Raus hier!" kreischend nach Don Miguel zu schmeißen.
Der war ja so was von hochnotpeinlich, oder?
Echt mal!
Warf sich selbst ins Feuer um sie zu testen oder warf sie ins Feuer um seinen Spaß an ihrer Reaktionen zu haben?

Sie blickte nur immer noch nach Luft schnappend zu der jungen Schwester hin, die sich aber gerade wohl gerade ernsthaft ein Lachen verbiss und mit der Hand rasch ihren allzu breit grinsenden Mund bedeckte.
Doch dann schaute sie ebenfalls noch mal zu Theresa hinüber und zwinkerte ihr zu, zeigte ihr sogar kurz anerkennend den Daumen hoch...
- Nee oder?
Jetzt nicht ihr Ernst!
Dachte sie echt, die hätten gerade einen heißen Kuss unterbrochen, oder was?
Der Typ war Stockschwul und gab nun aber vor. Und sie wurde hier gerade außerdem so was von gedist und zugleich provoziert...

- Gütiger Gott im Himmel!

Sie bekreuzigte sich rasch, faltete dann erbost ihre Hände vor der Brust und sandte ein stummes bitterböses Bittgebet an den Himmel, das der doch Don Miguel nun mal bitte für sein vorlautes Mundwerk mit einem Blitz in seinen Arsch oder so ähnlich maßregeln sollte, falls da oben vielleicht gerade jemand schon fertig war mit totlachen und Zeit dazu fand. - Danke!

Schon bekreuzigte sie sich wieder erbost und wandte sich dem Arzt und auch Don Miguel wieder zu, die sie aber nun beide abschätzend betrachteten.
„Was war dass denn jetzt gerade?", fragte der Arzt sie schließlich erstaunt.

„Ein Bittgebet an Gott! - Was denn sonst? Bei diesem Spanier da brauche ich echt all meine Nerven. Da kann der da oben mir ruhig auch mal ab und an ein bisschen unter die Arme greifen!", grummelte sie mürrisch und schon wieder grinsten sie nun alle miteinander.
Wie die blöden!

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Bin schon wieder zu spät. Hatte an Silvester und Neujahr kein WLAN, sorry, ich kam einfach nicht rein.

Frohes neues Jahr 2025

LG
Bea

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