Ein Ausritt

Oktavian erwartete Victoria und Felicitas bereits an den Türen des Schlosses. Freundlich lächelte Felicitas ihm zu: ,,Hat alles mit den Dorfbewohnern funktioniert?" Der Kronprinz zeigte nach innen: ,,Natürlich, ich habe sie zu eurem Cousin gebracht. Danach haben wir sie gemeinsam zu eurer Mutter begleitet." Sie hatte das Gefühl das er beleidigt war, so als würde er denken, das sie denkt, das er es nicht schaffen würde?! Das waren eindeutig zu viele Gedanken für Felicitas, obwohl sie einiges gewöhnt war. Deswegen versuchte sie Oktavian umgehend zu beschwichtigen, woraufhin Victoria ihr ein vielsagendes Lächeln zuwarf: ,,Vielen Dank, ich wusste ich kann mich auf euch verlassen." Der Prinz schien beschwichtigt und lächelte: ,,Wie sieht es jetzt mit unserem Ausritt aus?" Sie drehte sich zu ihrer Schwester um: ,,Wäre es für dich in Ordnung wenn ich mit ihm Ausreiten würde? Wahrscheinlich ist Mutter schon so weit das wir Melody die Informationen nur noch zukommen lassen müssen." Geh ruhig, wir sehen uns später, ich will dann unbedingt alles wissen! Victoria sah sie grinsend an: ,,Das ist gar kein Problem, ich wünsch euch viel Spaß. Zeig dem Prinzen doch unseren Strand, wenn ihr euch bald auf den Weg macht, könnt ihr noch den Sonnenuntergang sehen." Mit einem zwinkern in ihre Richtung drehte Victoria sich um und ließ sie mit Oktavian alleine. Ohne ihre Schwester an ihrer Seite war Felicitas leicht verunsichert, sie räusperte sich nervös: ,,Ich werde mir schnell etwas geeignetes anziehen." Oktavian bot ihr lächelnd einen Arm an: ,,Darf ich euch in euer Zimmer begleiten Prinzessin?" Sein Ton hatte etwas höfisches, jedoch konnte sie den Schalk in seinen Augen sehen. Mit dem selben Ton in der Stimme nahm Felicitas den Arm an: ,,Sehr gerne edler Prinz, aber gebt acht, wer weiß was mein Vater mit euch macht, wenn er euch in der nähe meines Zimmers sieht." Lachend betraten die beiden das Schloss und begaben sich zu Felicitas Zimmer.

Melody stand abseits, ihr Gesicht zeigte Besorgnis. Lena bekam ein schlechtes Gefühl wenn sie Melody dabei beobachtete wie sie unruhig hin und her ging. Sie beobachtete diese Szene nun schon etwa eine halbe Stunde lang und Melodys Gesichtsausdruck wurde einfach nicht besser, eher im Gegenteil, er wurde immer besorgter. ,,Was meint ihr, welche Neuigkeiten gibt es diesmal?" Anika sah genauso besorgt zu Melody. Nathalie setzte sich nun auch zu ihnen, sie hatte Feuerholz geholt: ,,Ich habe keine Ahnung, vielleicht will ich das auch gar nicht wissen." Lena sah die beiden an: ,,Also ihre Gefühle sind ziemlich wirr, zuerst war sie einfach geschockt und dann verwirrt und jetzt ist sie einfach nur besorgt. Ich habe das Gefühl unsere Mission hat gerade noch einmal an Wichtigkeit gewonnen und ich weiß nicht ob ich das gut finde. Noch mehr Druck, als ob wir davon noch nicht genug hätten, wir könnten ja nur vielleicht sterben." Entsetzt sahen die beiden sie an: ,,Lena, wir hatten uns doch darauf geeinigt, das wir daran glauben das alle von uns wieder nach Hause kommen, lebend!" Anika sah sie anklagend an, doch Lena ignorierte das: ,,Aber seht es doch mal ganz logisch. Während der Schlacht haben wir auch mehr Glück als Verstand gehabt und auch wenn wir seid dem einiges dazu gelernt haben, ist die Chance das wir besser und schlauer sind als ein über tausend Jähriges Mystisches Wesen, über das wir nur wenig Informationen besitzen, ziemlich gering. Wir wissen doch gar nicht genau was da auf uns zukommt und dann sollen wir auch noch positiv sein und daran glauben das alles gut geht? Das ist vollkommen gegen jede Logik!" Nathalie sah Lena jetzt mit einem undefinierbaren Blick an: ,,Du hast ja schon recht, aber es ist auch eine Tatsache das die Dinge schlechter laufen wenn man sich das nicht zutraut und von einem schlechten Ergebnis ausgeht. Wir steigern unsere Chancen zu gewinnen allein dadurch das wir daran glauben, das wir das schaffen und das wir alle wieder Gesund und Munter nach Hause kommen." Lena seufzte und wollte Nathalie gerade zustimmen als Melody sich mit einem besorgten Blick zu ihnen umdrehte und zu ihnen kam. Die drei Mädchen sahen sie gespannt an: ,,Was haben sie gesagt?" Melody lächelte gezwungen: ,,Es war nur Victoria, Felicitas ist mit Oktavian auf einem Ausritt. Aber es gibt ein paar interessante schlechte Neuigkeiten für uns."

Oktavian und sie kamen am Strand an, ungefähr eine halbe Stunde bevor die Sonne anfangen sollte unter zu gehen. Ihre Pferde ließen die beiden in der Nähe grasen und schlenderten am Ufer entlang. Das Wasser wurde langsam Kälter, da der Herbst seine ersten Boten schickte, jedoch war es noch warm genug um barfuß am Ufer entlang zu laufen ohne das man fror. ,,Also, erzählt mir etwas über euch." Felicitas sah interessiert zu Oktavian auf: ,,Was wollt ihr denn von mir wissen?" Sie nahm das erste was ihr einfiel und worüber sie schon einige Male nachdenken musste: ,,Man sagt sich, das ihr vielen Frauen schon das Herz gestohlen habt, stimmt das?" Oktavian lachte auf, es war ein helles, aber raues Lachen, was ihr gut gefiel: ,,Nun ich muss gestehen, das ich wirklich gut aussehe, weshalb mir viele Herzen einfach so zugeflogen sind, aber bisher habe ich nur an zwei Frauen wirklich Interesse gehabt." Felicitas blieb stehen und drehte sich in Richtung Horizont, Oktavian stand nun hinter ihr: ,,Und welche beiden waren das?" ,,Nun, ich denke bei beiden habe ich keinen Hehl daraus gemacht, das ich sie interessant finde." Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken, was ihr prompt eine Gänsehaut über den Körper jagte. Felicitas schwieg einen Moment lang und versuchte zu vergessen das irgendwo hinter ihnen einer der Soldaten sich im Schatten aufhielt und sie beobachtete. ,,Eine war Lena nicht wahr?" Oktavian stand nun direkt hinter ihr, sie spürte seinen Oberkörper an ihrem Rücken: ,,Ja, ich war fasziniert von ihr, sie spricht ganz anderes als wir und ihr goldenes Haar lässt ihre Augen immer strahlen." Felicitas spürte einen Stich der Eifersucht tief in ihr und versuchte sich klar zu machen das sie kein recht dazu hatte. Oktavian war ihr nicht versprochen, sie waren lediglich Freunde. ,,Ihr habt Lena ein wirklich schönes Anwesen geschenkt, ich habe die Zeichnung gesehen. Stimmt es das ihr es nicht wieder haben wollt?" Sie konzentrierte sich darauf ruhig zu atmen und beobachtete die Wellen. Oktavian bewegte sich keinen Milimeter von ihr weg: ,,Ja, ich habe es ihr geschenkt und Geschenke nimmt man nicht zurück, mein Volk denkt das bringt Unglück." Sie war erleichtert, er nahm es nicht zurück weil er sie so sehr mochte, sondern weil er kein Unglück herauf beschwören wollte. Felicitas nahm all ihren Mut zusammen: ,,Und wer ist die zweite Frau?" Einen Moment später spürte sie seine Hände an ihren Oberarmen: ,,Ich denke das wisst ihr." Erneut bildete sich eine Gänsehaut auf ihrem gesamten Körper: ,,Ich." Sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr: ,,Richtig und ganz unter uns, ich denke ich mag euch mehr als Lena." Sie spurte einen hauch von Kuss auf ihrer Schulter und sie genoss es. ,,Ich sollte euch wohl sagen das ich einen Aufpasser habe, er versteckt sich irgendwo weit hinter uns." Oktavians Stimme klang nun rauer: ,,Warum habt ihr einen Schatten, ihr habt doch mich?" Felicitas seufzte: ,,Es ist eine Vorsichtsmaßnahme meiner Eltern, seid unserer Entführung damals darf keiner von uns "Kindern" das Schloss ohne einen Schatten verlassen. Bei der Königin und den anderen Auserwählten wurde nur eine Ausnahme gemacht, weil es in dieser Situation sicherer war. Wobei unsere Eltern darüber keinesfalls glücklich waren." Der Prinz stich ihr die Haare auf die andere Seite: ,,Ich stelle es mir schrecklich vor auf einer Insel fern der Eltern und Geschwister gefangen zu sein." Sie schüttelte den Kopf: ,,Es ist nicht so schlimm gewesen wie immer alle denken. Natürlich erging es uns nicht so wie jetzt im Schloss, aber wir hatten alles was wir zum Leben brauchten." Vorsichtig drehte er sie zu sich um: ,,Ich wünschte ich hätte euch helfen können." Sie sah ihm tief in die Augen: ,,Das konnte keiner, mein Onkel hatte alle glauben lassen das wir Tot sind, nur Melody wusste es die ganze Zeit, auch wenn sie anfangs keine Ahnung hatte wer die Stimmen in ihrem Kopf waren." Der Prinz nahm ihr Kinn in die Hand und zog ihr Gesicht leicht zu seinem: ,,Es ist mir egal ob ihr einen Schatten habt, wenn ihr erlaubt würde ich euch gerne küssen." Sie musste lächeln und nickte leicht: ,,Ich bitte darum." Als seine Lippen die ihre berührten fing ihr Herz an, wie ein eingesperrter Vogel zu flattern.

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