5. Hippies Welcome!
Ein leises Zwitschern riss Clara aus dem Schlaf.
Müde öffnete sie die Augen.
Ein Lichtstrahl, der von dem großen gegenüberliegenden Fenster hereinschien, leuchtete ihr direkt ins Gesicht, sodass sie geblendet die Augen schloss und sich umdrehte. Verschlafen streckte sie sämtliche Gliedmaßen von sich und dehnte sich ausgiebig. Dann versuchte sie ein zweites Mal, die Augen zu öffnen.
Erfolgreich.
Sie blieb still liegen und genoß die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut, während sie nachdenklich die vergoldeten Stuck-Verzierungen an der Decke betrachtete. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal so glücklich seien konnte. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Langsam tastete sich ihre Hand an die Bettkante, erreichte die kleine Eichenkommode und langte nach der Brille, um diese dann den langen Weg zurück auf ihre Nase zu bugsieren.
Als das geschafft war, richtete sich Clara auf und sah sich verträumt in dem Raum um, der ihr jetzt schon so vertraut schien.
An den Wänden waren wundervoll angefertigte, prunkvolle Wandteppiche angebracht, von der hohen Decke hingen schwere, silberne Kristalllüster und um die Säulen, die wie Bäume aus dem Boden hervorzusprießen schienen, wanden sich aufgemalte Efeuranken. Leise setzte das Mädchen den einen Fuß auf den herrlich weichen Bettvorleger und zog den anderen nach. Sie langte nach dem dunklen, schillernden Morgenmantel, der, wie sonst auch, in Reichweite über dem Stuhl hing, zog ihn sich über und richtete sich auf. Darunter trug sie ein vornehmes, seidenes Nachtgewand, hellblau, mit wundervollen Spitzenverzierungen an den langen, weiten Ärmeln.
Langsam schritt Clara zu dem großen Fenster, von dem das Zwitschern ertönte. Sein dunkler Rahmen bestand aus fein geschnitztem Holz und dahinter erstreckte sich ein weitläufiger Balkon.
Langsam, fast erfürchtig, strich Clara über die Verzierungen. Träumerisch fuhren ihre Finger die einzelnen Schnitzereien nach.
Hauptsächlich waren es gotisch anmutende Muster, die sich über den gesamten Fensterrahmen hinwegzogen und ineinander verschlungene Knoten bildeten. Zwischen den einzelnen Strängen lugten kleine Gestalten aus dem Geäst: Hirsche, Füchse, Einhörner Zentauren und dergleichen.
Plötzlich gab das Fenster unter dem leichten Druck der Hand nach und öffnete sich.
Geräuschlos trat Clara durch die Tür auf den lichtüberfluteten Balkon hinaus ans Geländer. Sie reckte ihr Gesicht dem warmen Morgenwind entgegen, der in ihr Zimmer wehte und mit ihren Haaren spielte, die ihr lang und offen den Rücken hinunterfielen, das Sonnenlicht in tausend kleine goldene Schimmer brechend.
Von weit oben blickte sie auf die noch schlafende Stadt.
Dann vernahm sie wieder dieses Zwitschern.
Diesmal ganz nah.
Suchend wandte sie den Kopf.
Da, auf einem Zweig über ihr, saß ein kleines Vögelchen mit weitgeöffnetem Schnabel und sang seine Morgengruß in die Welt hinaus.
Lächelnd schloss Clara die Augen und lauschte ganz dem Lied des kleinen Sängers.
Plötzlich legten sich von hinten sanft zwei Hände um ihre Hüften.
Sie öffnete ihre Augen nicht. Allein schon sein unbemerktes Heranschleichen hatte ihn verraten. Das und der erhöhte Schlag ihres Herzens.
Glücklich lehnte Clara sich zurück und schmiegte ihren Kopf an seine Brust.
"Die Aussicht ist fantastisch!", sagte sie leise. Er küsste sanft ihren Scheitel.
"Sieh dir die Stadt an. Wie sie erwacht und ihr Herz anfängt zu schlagen!", forderte er sie leise mit samtener Stimme auf. Lachend öffnete sie die Augen und ließ sich von ihm wieder zur Brüstung führen. Dort angekommen, stützte sie beide Hände am Geländer ab und sah nach unten. "Es ist traumhaft!", flüsterte sie. Er lächelte.
"So etwas ist dir würdig! Nicht diese grauen stinkenden Städte!" Claras Lächeln wurde breiter.
Sie lehnte sich weiter nach vorne und atmete tief den Aufsteigenden Duft von fremden Blumen ein. Er hatte recht. So etwas gab es bei ihr zu Hause nicht. Sie betrachtete die Häuser, die im Sonnenaufgang golden glänzten, die Strahlen, die von den Fontänen der Springbrunnen unter ihnen eingefangen wurden und sich fantastische Regenbögen umwandelten.
Langsam schien es Clara, als verschmolz das Plätschern des Wassers mit dem überirdisch schönem Gesang der Vögel und der beginnenden, fröhlichen Geschäftigkeit auf den Straßen zu einer einzigen, wundervollen Melodie.
'Lucia würde es lieben!', dachte sie plötzlich.
Schlagartig schien die Musik zu verstummen. Als hätte jemand den Schalter nicht nur umgelegt, sondern mit einem gigantischen Baseballschläger zertrümmert.
Etwas Dunkles schien ihr Herz derartig abzuklemmen, eine bohrende Angst. Clara beugte sich vor und schnappte nach Luft.
Sie riss die Augen weit auf, als die Trauer und Verzweiflung wie eine Hurrikan über sie hereinbrach, in ihr tobte und ihr Innerstes in Fetzen riss.
Sie beugte sich noch weiter über die Brüstung, immernoch nach Luft ringend.
Zu weit!
Sie spürte, wie ihre Füße sich wie von selbst lösten und der Schwerkraft nachgaben, die sie nach unten zog.
In die Tiefe.
Zu dem verlockenden Tanz der Springbrunnen.
Clara drehte sich noch im Sturz um und sah ihm ins Gesicht.
Seine Züge waren mit einem Male von Schmerz gezeichnet und in seinen Augen spiegelten sich Pein und Verzweiflung.
Hilflos streckte Clara die Arme aus. Sie wollte nicht, dass er litt.
Er sah sie fallen und seine Lippen bewegten sich. Sanft formten sie Worte. Keine lauten, schreienden Klänge. Leise und klar waren sie, voller Zuversicht: "Es ist alles gut."
Und wie ein Echo scholl es Clara durch den Kopf: "Ich werde bei dir sein."
Dann riss sie die Augen auf und schnappte nach Luft.
~¤~
Das beklemmende Gefühl wollte trotz drei Bechern Kakao und einem halben Glas Nutella nicht weichen.
Clara hatte sich in die Küche geschlichen und nach etwas zum Nerven aufbauen gesucht. Sie war an Lucias Tür vorbeigekommen, wollte wissen, wie es ihr ging, aber das Zimmer war abgeschlossen.
Also blieb nur für sie nur noch eine Möglichkeit: Der Ort mit dem Essen!
Clara kauerte sich auf den Barhocker.
Es hatte sich richtig angefühlt. Ungespielt.
Echt.
Sobald sie die Augen schloß, kam der stechende Schmerz zurück. Als hätte jemand ein Stück Seele herausgerissen. Clara zuckte bei der Erinnerung zusammen.
"Alles in Ordnung?", scholl plötzlich eine Stimme durch den stillen Raum.
Clara sah erschrocken auf: Lucia stand in der Türschwelle; vollkommen zerknittert, fürchterlich verwuschelte Haare und kleinen Augen. Mit anderen Worten, wie eine obdachlose Craigsüchtige auf Entzug.
'Ihr Sexy Morgenlook' würde Damian jetzt sagen. 'So wie immer', wäre Roxys Beschreibung gewesen.
"Alles okay." Clara senkte ihren Blick wieder auf ihren Becher. Lucia setzte sich ihr gegenüber hin.
"Ist es nicht!", stellte sie fest.
"Was?", erschrocken sah Clara auf.
"Deins! Das ist mein Nutella! Nicht Deins!" Trocken zeigte sie auf das halbleere Glas.
"Du musst sehr verzweifelt sein, wenn du mir mein Nutella wegisst!"
Clara lachte auf: "Es ist noch halb voll!"
Lucia zuckte mit den Schultern: "Ob halb voll oder halb leer, das bleibt sich gleich. Die Hälfte fehlt!"
Sie stützte ihre Arme ab und betrachtete Clara.
"Hast du Albträume?", fragte sie plötzlich. "Sind Monster unter deinem Bett?"
Clara runzelte die Stirn.
"Nein, es sind keine Monster unter meinem Bett!"
Ihr Gegenüber sah sie streng an: "Sicher?", bohrte sie nach. "Es ist keine Schande, zuzugeben, dass da Monster unter dem Bett sind. Also wenn welche da sind, dann mach ich sie weg. Versprochen!"
Sie guckte Clara treuherzig an. "Aber es sind wirklich keine Monster unter meinem Bett!", widersprach Clara und hob die Hand zum Schwur "Ehrenwort!"
Lucia sah sie immernoch umzufrieden an, erhob sich aber von ihrem Platz.
"Also wenn da Monster sind, sag mir Bescheid!", meinte sie und schnappte sich das Nutella-glas inklusive Löffel. Clara nickte geistesabwesend.
Lucia platschte auf ihren nackten Füßen zur Tür.
Angekommen drehte sie sich noch einmal um: "Ich bin immer da, das weißt du, oder?", fragte sie eindringlich. "Die müssen ja nicht nur unterm Bett sein! Auch im Schrank oder..."
"Gute Nacht, Lucia!", unterbrach Clara sie grinsend.
Lucia stockte:
"Schlaf gut!", meinte sie dann und hüpfte zurück in ihr Zimmer. Clara wartete, bis sich das Tapsen ihrer Füße verloren hatte. Sie starrte wieder in ihren leeren Becher, aber jetzt lächelte sie.
"Nur ein Traum!", flüsterte sie.
Dann räumte sie wieder alles weg, um wieder in ihr Zimmer zu gehen und den Rest der Nacht zu schlafen.
Am nächsten Tag waren alle, bis auf Roxy, die während der Nacht aus dem Bett gefallen war und beschlossen hatte, dass der Boden bequem genug sei und der Weg zurück ins Bett zu anstrengend, mehr oder weniger ausgeschlafen.
Damians Vorschlag, ein amerikanisches Frühstück zu machen, wurde niedergebrüllt, sodass alle schließlich um die Kücheninsel herumsaßen und selig an ihren Wurstbroten knabberten.
Clara und Lucia hatten vergangene Nacht nicht mehr angesprochen, entweder weil keine von beiden Lust zum Reden verspürte oder weil Lucia es vergessen hatte. Möglicherweise wollte sie aber auch erstmal die restlichen Zimmer des Hauses monsterfrei machen, denn sie trug ihr Ghostbusters-Shirt.
"Also wann wollten die Neuen kommen?", fragte Damian, während er sein Salami-Schinken-Leber-und Blutwurst-Brot in sich hineinstopfte. "Irgendwann heute Vormittag.", antwortete Lucia und beobachtete fasziniert, wir er ohne zu Kauen einen weiteren Bissen nahm.
"Ischt dann noch schemand hier?", mampfte Damian.
"Ich denke schon!", argwöhnisch betrachtete Clara ihn und betete innerlich, dass er nicht anfangen möge, zu husten. "Lucia wollte ja sowieso hier bleiben und Roxy.... ich denk nicht, dass sie bald aufsteht!"
Damian schluckte alles auf einmal hinunter und hub an, irgendeine Stichelei von sich zu geben, da klopfte es an der Tür. Die Drei am Tisch starrten sich der Reihe nach an.
"Leute?", fragte Clara leise. "Macht jemand von euch die Tür auf?"
Damian klatschte in die Hände. "Du und Lucia übernehmt das! Ich gehe hoch und sorge dafür, dass Roxy nicht mehr ganz so aussieht, wie eine irre Mischung aus Zombie und Vogelscheuche." Er sprang in großen Schritten die Treppe hoch. "Auch wenn ich da schon jede Hoffnung verloren habe!"
Lucia stieß Clara an.
"Allons-y!", rief sie und hüpfte Richtung Tür.
Clara folgte ihr langsamer und kam gerade an, um den ersten Blick auf die Neuen zu werfen.
Der Vordere war groß, sehr groß.
Roxy würde sich gut mit ihm verstehen.
Er hatte lange blonde Haare und einen Bart, sah aber nicht so aus wie ein Hippie, wie Clara leicht betrübt feststellte.
Er war neutral gekleidet, Jeans, weißes T-Shirt.
Der Andere trug eine dunkelgraue Jeans und ein langärmliges, grünes Hemd. Er war auch groß, aber schmal, bei weitem nicht so durchtrainiert, wie der Erste.
Er hatte lange, schwarze Haare, die zurückgekämmt waren und ein listiges Lächeln umspielte seine Lippen.
Als Clara ihn ansah, erstarrte sie förmlich.
Sie kannte ihn.
Creepy!, schoss es ihr durch den Kopf. Der Mann meiner Träume steht in der Tür und sieht aus, als hätte man ihm sein Lieblingsspielzeug der Verdammnis geklaut!"
"...und das ist Clara!" Lucias fröhliche Stimme riss sie aus ihrer Starre. Sie lächelte zögernd und reichte beiden die Hand.
"Hi!", meinte sie nur unsicher. Der Blonde strahlte sie breit an und schüttelte etwas ungelenk ihre Hand.
"Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen!", sagte er. Clara schielte zu ihm hoch und versuchte zu erkennen, ob er aus Spaß so hochtrabend sprach, aber er sah vollkommen höflich aus.
"Ich freue mich auch!" Sie lächelte ihn an.
"Mein Name ist Thor Odinson!", stellte er sich vor. "Und das..." Er drehte sich um, "... ist mein Bruder Loki!"
Der Schwarzhaarige warf ihm einen eisigen Blick zu:
"Adoptivbruder!", verbesserte er säuselnd.
"Ahh, daher die mangelnde Ähnlichkeit!", lachte Lucia vergnügt. Manchmal beneidete Clara sie um ihre völlige Inkompetenz, das Verhalten von anderen Leuten zu deuten.
Es war offensichtlich, dass Thors Unbeschwertheit nur aufgesetzt war, um seine Nervosität zu verbergen und sein Bruder -Pardon, Adoptivbruder- machte sich nicht einmal die Mühe, seine Abneigung zu verbergen.
"Ich habe auch einen Adoptivbruder!", trällerte Lucia fröhlich weiter.
"Oder so etwas in der Art! Er gehört praktisch mit zur Familie! Er wohnt auch hier!"
Sie blickte abwartend die Treppe hinauf und brüllte: "DAMIAN! IST ROXY WACH??"
Falls sich die beiden Nicht-Hippies über ihren Geisteszustand unsicher waren, herrschte jetzt Klarheit!
Lucia drehte sich zu den beiden Männern um.
"Roxy ist die letzte im Bunde. Und es ist einfach witzig, zuzusehen, wenn Damian und sie sich streiten!" Sie warf Clara einen hoffnungsvollen Blick zu, die gezwungen auflachte: "Das stimmt! Irgendwann müssen wir es mal aufnehmen!"
Dann fragte sie die Beiden: "Wollen Sie nicht hereinkommen?"
Thor nickte dankbar und ging schnurrstracks ins Wohnzimmer. Dort sah er sich gründlich um.
"Eine schöne Wohnung!", lobte er. "Sehr hell und einfach und..." "...klein!" Das war das erste Mal, dass Loki sprach. Und Clara fand ihre Vermutung bestätigt: das war eindeutig der Mann von gestern Nacht! Die Stimme war dieselbe, auch wenn sie sich einbildete gestern Nacht etwas mehr Begeisterung herausgehört zu haben.
Der Mittelpunkt ihrer Gedanken riss sie aus den Gedanken:
"Wo sind unsere Gemächer?", fragte Loki sie genervt.
Gemächer?
Clara strahlte ihn an: "Wenn mir eure Hoheit verraten würde, wo sich denn sein Gepäcke befinde, werde ich ihn mit Freuden seine Gemächer zeigen!"
Jetzt erntete sie von beiden verwirrte Blicke. Thor hob besorgt die Augenbrauen und warf seinem Adoptivbruder einen warnenden Blick zu.
Aber der war damit beschäftigt, Clara mit gerunzelter Stirn zu mustern und sich offenbar fragte, ob sie sich etwa über ihn lustig machte.
Clara lächelte ihn weiter provokativ fröhlich an und wartete offensichtlich auf eine Antwort.
Er räusperte sich:
"Unser Gepäck..."
"...kommt nach!", fiel der Blonde ein.
Clara klatschte fröhlich in die Hände: "Dann wird Damian es eben nachher abholen. Wenn die Herrschaften mir jetzt bitte folgen würden?" Sie machte einen leichten Knix und lief voraus. Die vier Freunde hatten sich oben einquartiert, also war das untere Geschoss noch völlig frei. Sie führte die Beiden einfach in jedes Zimmer und pries jedes in hohen Tönen bis sie zuletzt verkündete, dass es ihnen freistünde, selbst zu wählen.
Währenddessen behielt sie weiterhin ihre Redeweise bei, einfach, weil es ihr Spaß bereitete und sie ihr immer wieder teils erstaunte, teils amüsierte Blicke von Thor und noch häufiger völlig irritierte Blicke von Loki einbrachte.
Am Ende ihrer kleine Führung angekommen, warf Loki seinen Mantel demonstrativ im letzten, hintersten Zimmer auf das Bett. Thor warf ihm einen prüfenden Blick zu, bevor er das große Zimmer schräg gegenüber belegte.
Clara wollte gerade anfangen, Fragen zu stellen, da hörte sie von vorne lautes Treppenpoltern. Als nächstes brüllte Lucia laut: "Roxyyy!!! Du bist wach!"
"Sind das eure beiden anderen Gefährten?", fragte Thor sie. Clara nickte: "Ich stell sie euch vor! Auch wenn Roxys Laune am Tiefpunkt angekommen sein dürfte. Ich hoffe, ihr habt Waffen dabei.", scherzte sie. Thor sah sie schmunzelnd an: "Ich habe schon andere Schlachten gefochten, Lady Clara. Ich glaube, deine Freundin wird da kein Problem sein!", sagte er voller Überzeugung. Hinter ihm sah Loki so aus, als würde er sich am liebsten einen Schlag ins Gesicht verpassen, was Clara in schallendes Gelächter ausbrechen ließ.
"Wo gibts was zu Lachen?", fragte Damian von hinten und kam her, um nachzusehen.
"Nichts!" Thor musterte Clara verwirrt. "Ich erklärte Ihrer Gefährtin gerade nur, dass ich ihrer Freundin auch ohne Waffen gegenübertreten kann!"
Damian sah ihn ungläubig an: "Roxy? Auf keinen Fall! Bist du lebensmüde?"
Thor hob den Kopf: "Ich werde mich überzeugen!
Damian zuckte mit den Schultern: "Warum nicht? Gehen wir!"
Noch bevor sie in die Küche kamen hörten sie das laute Gespräch zwischen Roxy und Lucia. Wobei Lucia eher den Part des Zuhörers übernahm und Kekse in sich hineinstopfte, während Roxy lang und breit über Damian schimpfte.
Glücklicherweise verstummte sie, als die Anderen den Raum betraten. "Roxy!", rief Clara herein. "Thor hat gesagt, er könne dich ohne Waffen besiegen!"
Roxy warf ihnen einen gespielt überheblichen Blick zu: "Das glaube ich nicht!", antwortete sie abwertend und stand auf. "Ich kämpfe nicht mit gewöhnlichen Waffen! Ich kämpfe mit den Waffen des Geistes!" Sie machte eine übertriebene Handbewegung. Damian drehte sich zu Thor um und klopfte ihm auf die Schulter: "Entschuldigung, mein Fehler! Der Sieg ist dein!", sagte er voll Überzeugung.
Clara lachte auf. Überrascht sah sie, wie sich auch auf Lokis Lippen ein Lächeln schlich.
Allerdings schien er sich nicht über die Situation zu amüsieren, sondern es war vielmehr ein überhebliches Lächeln, als ob er Thor auch nicht sonderlich viel Intelligenz zutraute.
Aber es war trotzdem ein Lächeln!
Und aus irgendeinem Grund passte es zu ihm und machte ihn nur umso attraktiver.
Claras Überlegungen dauerten nur Bruchteile von Sekunden, bevor sie sich wieder in das Geschehen einmischte. Trotzdem schien Loki es bemerkt zu haben. Clara spürte seinen Blick auf ihr und sah kurz zu ihm hinüber. Sein Lächeln war noch breiter geworden, er grinste schon fast. Und Clara hatte das ungute Gefühl, dass es ihretwegen war. Sie lächelte ihm zu, hoffte, dass sie sich täuschte und hörte wieder dem freundschaftlichen Streit zwischen Roxy und Damian zu.
"Warum nervst du mich immer mit deinen blöden Bemerkungen?", fauchte Roxy. "Warum nicht mal Clara oder Lucia?"
"Weil Clara sofort in Tränen ausbrechen würde und das kann ich nicht zulassen!", konterte Damian. "Und Lucia hört mir eh nicht zu!"
Augenblicklich sahen alle zu der Genannten hin, die als Einzige an der Kücheninsel saß und glücklich Kekse mampfte, während sie abwesend vor sich hinstarrte. Auch nach einigen Sekunden bloßen Anstarrens rührte sie sich nicht.
Damian zuckte mit den Schultern: "Außerdem habe ich Angst vor ihrem Bruder!"
"Moment! Du hast Angst vor ihrem Bruder, der kleiner ist als du?", fragte Roxy ungläubig.
"Mit Körpergröße hat das nichts zu tun!", versuchte Damian sich zu wehren. "Er ist gemein!"
Plötzlich knallte Lucia ihre Hand auf den Tisch. "Wie spät ist es?", rief sie laut.
Clara runzelte die Stirn: "Wir stehen direkt neben dir du brauchst nicht zu schreien!"
Lucia zog die Kopfhörer aus dem Ohr. Im nächsten Augenblick stöhnten alle außer der beiden Neuankömmlinge auf.
"Du hast die ganze Zeit Musik gehört?", fragte Roxy verzweifelt. "Und nachgedacht!", fügte Lucia hinzu. "Ich muss jetzt los! In einer halben Stunde fährt der Zug!"
Sie schnappte sich ihre Tasche und ihren Mantel, winkte allen zum Abschied noch einmal zu und verschwand aus der Tür.
"Sie ist ein eigenartiges Mädchen!", meinte Thor verwundert, als sich die Tür geschlossen hatte.
"Die ganze Familie ist eigenartig!", schnaubte Damian. "Der Vater, der Bruder,..."
"Ihre Mutter?" Das zweite Mal, das Loki sprach. Taut er etwa auf?
Aber Clara konnte in seinem Gesicht nichts erkennen. Keine Anteilnahme, keine Neugierde. Stattdessen wirkte er, als arbeite er in seinem Kopf einen Plan aus und es wäre lediglich eine weitere Information, die er benötigt.
"Kein Plan!", antwortete Damian achselzuckend. "Ich hab sie nie kennengelernt."
Thor legte eine respektvolle Pause ein, bevor er fragte: "Sie sagte, du gehörst auch zur Familie?"
Damian grinste: "Wir haben früher allen möglichen Müll zusammen gemacht! Das waren noch Zeiten!"
Er lehnte sich genießerisch zurück.
Clara lachte: "Jaja, alter Mann! Soll ich dir was für dein Rheuma holen?"
Damian schlug die Augen auf und sah sie dankbar an: "Nicht nötig, meine Liebe!", erwiderte er mit krächzender Stimme.
"Aber kannst du mir bitte mein Kräuterbad einlassen!"
Roxy verpasste ihm eine Kopfnuss: "Du bist so ein Depp!"
Thor lachte auf: "Ich freue mich, dass wir mit so geselligen Freunden unsere Unterkunft teilen! Umso mehr bedaure ich es, nun schon gehen zu müssen!"
Abrupt drehten sich die drei zu ihm um: "Aber ich dachte, ihr zieht hier ein!", meinte Clara verwirrt.
"So ist es auch, nur...", Loki lächelte sie wieder überheblich an: "...wir müssen noch eine letzte Besorgung machen!"
Er grinste seinen Bruder unverschämt an: "Gehen wir, Bruder?" Beim letzten Wort konnte man den leichten Spott förmlich schmecken.
"Gewiss!", Thor rieb seinen Nacken.
Loki drehte sich zu Damian um. "Man sagte, du bringst unsere Kleidung in unsere Gemächer?"
Damian sah ihn ungläubig an, während er sich eins von Luciad Keksen nahm.
"Willkommen im Sozialismus! Bringt euren Kram selber hoch!"
Er hielt Lokis bohrenden Blick mit hochgezogener Augenbraue stand, bis sein Gegner sich abwandte, und ohne Abschied zur Tür ging.
"Also, lebt Wohl!" Thor räusperte sich, um das Verhalten seines Bruders zu überwinden und lächelte Damian zu. Dann nahm er erst Claras, dann Roxys Hand. Aber anstatt sie zu schütteln, hob er sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf.
Danach folgte er seinem Bruder, der wartend an der Tür stand. Kurz bevor dieser sie schloss warf er Clara noch ein breites Grinsen zu, was sie innerlich gefrieren ließ. Und mit einem Male war iht klar, dass er ,wie auch immer, wusste, was sie von ihm gedacht hatte.
"Ein Handkuss?", fragte Damian ungläubig, sobald sich die Tür geschlossen hatte. "Wo kommt der denn her?"
"Mir egal!", Roxy verschränkte die Arme und lehnte sich neben ihm an die Wand. "Er ist charmant, höflich und sieht gut aus! Ganz im Gegensatz zu dir!"
Damian überging die Stichelei.
"Er ist komisch! Ich bin Team Loki. Mit ihm kann ich das kommunistische Weltreich wieder aufbauen!" Er drehte sich um.
"Du, Clara?" Beide sahen sie erwartungsvoll an. Zu ihrer eigenen Überraschung zögerte sie keine Sekunde: "Team Loki!", antwortete sie und regte die Faust in die Luft.
Die Anderem sahen sie verwirrt an: "Ich hätte schwören können, du würdest Thor sagen!", meinte Damian.
Clara grinste: "Aber man sieht, dass Loki mehr drauf hat! Und ich finde er sieht besser aus!"
Damian lachte:
"Erst das Imperium, dann kümmern wir uns um Nachwuchs!"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top