Operation 11: Rolling Stones
"Gäbe es irgendeinen Punkt in deinem Leben, an dem du wünschst, es hätte eine andere Wendung genommen?"
Tommy sah seine Freundin, die ihren Kopf in seinen Schoß gelegt und die Augen geschlossen hatte, nachdenklich an.
Etwas widerwillig öffnete Lucia die Augen und sah hoch in den Himmel über dem kleinen Park, in dem sie sich befanden.
"Es bringt sowieso nichts darüber nachzudenken.", sagte sie leicht traurig. "Wir könnten es ohnehin nicht ändern, es sei denn, wir hätten eine Tardis."
"Und was ist eine Tardis?" Tommy stützte sich auf seinen Ellbogen im Gras ab und begann mit einer ihrer Strähnen zu spielen.
"Time and Relative Dimensions in Space!" Sie drehte den Kopf weg. "Ihr Amerikaner kennt aber auch gar nichts!"
Tommy lachte:
"Darüber werden wir mal nicht streiten!", bremste er sie ab. "Aber wenn du entscheiden könntest, eine Sache in deinem Leben zu verändern, was wäre es?"
Resigniert, dass sie die Sonne nicht mehr in Ruhe genießen konnte, setzte Lucia sich auf.
"Ich würde mir wünschen, dass mein Bruder damals nicht gegangen wäre.", sagte sie.
"Und deine Mutter?" Tommy beäugte sie skeptisch. "Ich würde mir wünschen, dass meine Mutter in der Nacht damals nicht gestorben wäre."
"Stimmt!" Lucis klang beeindruckt, als hätte sie nicht über die Möglichkeit nachgedacht.
"Sag bloß, du würdest den Tod deiner Mutter nicht verhindern wollen!" Tommy klang fast entsetzt.
"Ich..." Lucia brach ab, ihre Augen sprangen ziellos von Baum zu Baum, bis sie plötzlich bei Clara hängen blieben und sie fast zu Tode erschreckten.
Es brauchte einige Sekunden, bis sie merkte, dass sie im Gegensatz zu den bisherigen Träumen diesmal in einer großen, glatten Linde steckte. Das erklärte allerdings das Gefühl der tausend Arme und ihren 360 Grad Blick.
Das Pärchen lag nur wenige Meter vob ihr entfernt in der Sonne, knapp aus der Reichweite ihres Schattens.
" Wünscht man sich nicht nur jemanden wieder, weil das Leben sonst grausam und leer ohne ihn ist?" Lucia lächelte Clara leicht an und die Blonde hatte für eine Sekunde das Gefühl, dass ihre Freundin sie sehen konnte, bis ihr einfiel, dass Lucia alles und jeden anlächelte, was sie schön fand. Wahrscheinlich war Clara nur gerade eine sehr attraktive Linde.
"Und ein Leben ohne deine Mutter ist nicht leer?", fragte Tommy ungläubig.
"Ich hab doch alles was ich brauche!" Lucia lehnte sich an ihn und schloss die Augen. Tommy beugte sich vor ind küsste sanft ihren Scheitel.
"Und mehr willst du nicht?"
"Je mehr du hast, desto mehr kannst du verlieren!"
Tommy zuckte mit den Schultern:
"Du bist ein kleiner Feigling, kann das sein? Je weniger du etwas wagst, desto weniger kann dir etwas passieren, aber erleben wirst du genauso wenig!"
"Stimmt gar nicht!" Lucia setzte sich auf und boxte ihm in die Seite.
"Ich erlebe sogar sehr viel! Nur sind meine Abenteuer hauptsächlich literarischer Natur!"
Ihr Freund fing an zu lachen und auch Clara konnte sich ein gedankliches Lächeln nicht verkneifen. Das war Lucia, wie sie sie kannte!
Jetzt trommelte sie wütend auf Tommy ein, der dadurch noch mehr lachte und bald rollten beide kämpfend über den Boden, bis Tommy seine Arme um seine Freundin schlang und sie festhielt.
"Aber du bist ein liebenswerter kleiner Feigling!", sagte er. "Mit einem unglaublich süßem Akzent!"
"Ich ruf meinen großen Bruder an und sag ihm, dass er dich verprügeln soll!", murrte Lucia gegen sein T-shirt.
"Warte mal!" Plötzlich schob Tommy sie von sich weg und sprang auf. Ein leichtet Schatten von Wut legte sich auf sein Gesicht. "Ist das nicht Dad? Wie lange ist er da schon?"
Lucia sah ihm verdutzt hinterher, bevor sie wieder zu Clara/Linde sah.
"Du bist ein sehr attraktiver Baum!", sagte sie laut zu ihr. "Weißt du das?"
Dann rappelte sie sich auf und lief zu Tommy, wohl um einen weiteren Streit zu verhindern.
Clara sah ihr hinterher und überlegte, ob Lucia nicht doch manchmal Drogen nahm.
~¤~
"Komm, steig ein!"
Manu stand neben der geöffneten Autotür des silbernen Granadas und sah leicht wehmütig zur Insel himüber.
"Wenn ich groß bin, kauf ich mir auch eine Insel, Dann muss ich nie wieder mit Menschen sprechen!" Er seufzte und sein Cousin grinste breit.
Damian trommelte aus dem Auto heraus gegen das Dach.
"Steigt endlich ein ihr Trottel, ich hab noch was vor!"
Georg bückte sich gelassen, hob einen Stein auf und sah abwägend zwischen ihm und Damian hin und her. Manuel sah ihm neugierig zu.
"Du kriegst zehn Euro von mir, wenn Du triffst!", sagte er.
"Was soll ich in Amerika mit Euros?" Georg schüttelte den Kopf und warf den Stein weit aufs Meer hinaus.
"Sharon!", rief er laut und winkte der hübschen blonden Agentin, die mit Enzio auf dem Arm lächelnd auf sie zukam.
Damian steckte den Kiog aus dem Fenster:
"Fünfzig Dollar, wenn du sie nach einem Date fragst!", sagte er grinsend.
"Halt die Klappe!" Georg drehte sich zu Sharon um und sprang übertrieben winkend auf und ab.
Eine Sekunde lang hielt Damian es für einen der schlechtesten Flirtversuche der Geschichte, bis er die Reaktion des kleinen Enzios bemerkte, der aufquietschend auf seinen Ziehvater zurannnte und heftig mit seinen speckigen kleinen Ärmchen wedelte.
Georg kam ihm ein paar Schritte entgegen, warf den kleinen Jungen hoch in die Luft, fing ihn wieder auf und setzte ihn sich auf die Schultern, während die blonde Agentin/Nanny sich lachend zu den beiden gesellte.
In der Hoffnung, dass die Windschutzscheibe ihn einigermaßen verbarg, starrte Damian ungeniert nach draußen und fixierte die Dreiergruppe ganz genau.
Plötzlich knallte hinter ihm die Tür zu und Manu rutschte auf dem Rücksitz.
"Gefühle!", sagte er angeekelt und Damian fand ihn langsam sympathisch.
" Denkst du, die haben was miteinander?", fragte er nach hinten. Manu kniff die Augen zusammen und studierte die beiden kurz, wie sie sich gelassen unterhielten.
"Nah!", meinte er schließlich und lehnte sich zurück. "Es hätte was werden können, unter anderen Umständen. Aber so niemals!"
Beide beobachteten wie Sharon einen kleinen Gegenstand in die Luft hielt und Georg ihn neugierig betrachtete. Beider Gesichtsausdruck war fragend.
"Es wird spannend!", rief Damian sofort und sprang aus ohne Zögern aus dem Auto. Von Privatsphäre und persönlichen Freiraum hatte er noch nie etwas gehalten und die Arbeit mit S.H.I.E.L.D. hatte ihn nur noch rücksichtsloser gemacht.
"Worum geht es?"
Übertrieben freundschaftlich legte er seinen Arm um Georgs Schultern und beäugte skeptisch den Gegenstand, den Sharon in der Hand hielt.
"Enzio hat ihn vorhin gefunden." Die Agentin schien über sein Auftauchen nicht sehr glücklich, sie lächelte nicht mehr und ihre Stimme klang zwar weiter freundlich, aber sachlich. Damian kannte diese Wandlung von früher nur zu Genüge. Alle von Georgs Freunden hatten damals in der Schule genau diegleichen Gesichter gemacht, wenn er versucht hatte, mit ihnen zu reden, nur war ihr Ausdruck dazu noch abfällig gewesen, Sharon schien einfach nur irritiert.
Was viel interessanter war, war der kleine Stein in ihrer Hand. Er schimmerte leicht violett und erinnerte entfernt an Rosenquarz.
"Wir sollten ihn S.H.I.E.L.D. geben." Sharon ließ den Quarz in die Hand rollen. "Er könnte gefährlich sein."
"Oder irgendeine Frau hat ihn verloren und wir bringen ihn in ein Fundbüro!", schlug Georg munter vor.
Sharon sah nicht sehr überzeugt aus.
"Warum sollte jemand einen einzelnen Stein mit sich herumtragen? Am Strand? Und ich kenne keinen Edelstein, der so aussieht!"
"Wieviele kennst du?", fragte Damian skeptisch.
"Alle!" Sharon sah noch nicht einmal eingebildet aus, als sie antwortete, nur etwas schadenfroh.
"Oh!" Damian war leicht beleidigt, als Georg über sein verblüfftes Gesicht lachte.
Sharon betrachtete den Stein noch einmal, dann steckte sie ihn mit grübelnder Miene in ihre Brusttasche.
"Ich werde ihn nachher Coulson geben!", beschloss sie und lächelte in die Runde.
"Alles klar!" Damian war mit dem Ergebnis mehr als unzufrieden, aber er konnte schlecht einer Agentin widersprechen, erst recht nicht, wenn besagte Agentin die Nichte von Peggy Carter war und fast zehn Sekunden gegen den Winter Soldier ausgehalten hatte.
Georg setzte Enzio ab und schickte ihn mit einem Klaps Richtung Wagen.
"Also sollen wir dich irgendwo rauslassen?", wandte er sich an Damian.
"Jaaaa.", dehnte Damian. "Ich denke da so an Vegas!"
Jetzt lachte Sharon doch auf und lächelte ihn an.
"Leider fahren wir nur bis Wyoming, aber ab da kannst du ja trampen." Georg lächelte seinen Freund falsch an.
"Du darfst vorne sitzen!" Sharon öffnete die hintere Tür, nur um von Manu angestarrt werden. Der Junge hatte seine Kopfhörer aufgesetzt und sah aus, als wäre er gerade aufgewacht.
"Ich habe den Kindersitz in die Mitte gesetzt!", sagte er grummelig und schaltete die Musik wieder ein.
"Oh, okay!" Jetzt hatte Sharon dengleichen verdutzten Blick wie Damian vorhin.
"Lass mich am Flughafen raus!"
Damian stieg ein und Georg drehte, als alle bereit waren, den Schlüssel. "Wo geht es bei euch hin?"
"Zum Yellowstone. Papa macht am Rand eine Art Ökohotel auf und ich fahr mit Enzio und Sharon gucken, wie es da läuft. Manu fängt am anderen Ende einen Job als Wildhüter oder so an."
Langsam fuhr der Granada vom Parkplatz.
"Wollen wir tauschen?" Damian sah mit leichter Wehmut nach hinten zu seiner kleinen Insel. "Ich darf jetzt einen Waffenhändler ausspionieren!"
"Hast du keinen Urlaub?", fragte Georg, den Blick auf die Straße gerichtet. "Du solltest dich mal mehr um David kümmern, sonst kommt er noch auf dumme Gedanken!"
David war das zweitunangenehmste Thema, auf das Damian zu sprechen war. Er wusste, dass er seine Pflichten vernachlässigte und ziemlich der mieseste Vater überhaupt war. Aber momentan hatte Thema eins Vorrang. Und das betraf das, was im Krankenhaus passiert war; den Zustand seiner Mutter, das Geheimnis, das sie ihm endlich offenbart hatte, und Tony, der keine Ahnung von alle dem hatte.
Es betraf Damians Vater
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