24: Aratas und Nergals Geschichte
Als wir endlich die gesamte Feier hinter uns hatten, gingen wir gemeinsam in ein leerstehendes Zimmer.
,,Es war ein ereignisreicher Tag, nicht?", meinte Nergal und setzte sich auf das Bett.
,,Du hast recht.", meinte ich und setzte mich neben ihn.
,,Nee-chan, ich muss in letzter Zeit immer an unsere Kindheit denken.", flüsterte er leise. Ich erstarrte, dann nahm ich ihn in den Arm.
Er lehnte den Kopf gegen meine Brust und schloss die Augen.
Jeder andere hätte mindestens eine Backpfeife für das bekommen, aber ich wusste, dass ich meinem Bruder vertrauen konnte.
Langsam strich ich ihm über den Kopf und schloss ebenfalls die Augen.
Meine Hand glitt zu seinem Handgelenk.
Ich öffnete die Augen wieder und umschloss sein Handgelenk.
Nach all der Zeit waren die Abdrücke immer noch nicht verschwunden.
Die Abdrücke, die die Ketten erzeugt hatten, die er so lange um die Gelenke tragen musste.
Ich spürte, wie seine Hände über meine Fußgelenke strichen.
,,Lass es...", flüsterte ich.
Er tat jedoch nicht, was ich ihm sagte.
,,Nergal!", zischte ich und stieß ihn aufs Bett.
Er zischte vor Schmerz auf , als sein Kopf gegen die Wand prallte. ,,Itaiiiii!", rief er.
,,Es tut mir leid, aber du weißt doch, das ich es nicht ausstehen kann, wenn jemand mich dort anfasst.", flüsterte ich.
,,Ich weiß. Bitte vergib mir.", flüsterte er.
Ich nahm ihn in den Arm und wir vielen gemeinsam in einen tiefen Schlaf.
In dieser Nacht wurde ich von Albträumen geplagt.
Ich träumte von meiner und Nergals Vergangenheit.
Als wir geboren wurde, war das Dämonenland mitten im Krieg. Unser Vater hatte unsere Mutter im Palast in Sicherheit gebracht.
Bei unserer Geburt war unsere Mutter sehr schwach, weshalb sie nicht bemerkte, das Engel in den Palast eingedrungen waren und uns entführten.
Sie wollten uns wahrscheinlich als Geisel gebrauchen, doch es war zuvor zu einem Waffenstillstand gekommen, also verkauften sie uns an die Menschen.
Damals waren wir vielleicht drei oder so.
Wir wurden von den Menschen als Sklaven missbraucht.
Wir waren überall als die Kinder des Teufels angesehen.
Wir wurden geschlagen. Auf unseren Rücken waren die Narben jedes Peitschenhiebes geblieben.
Ich war mir ziemlich sicher, dass sie uns weinen sehen wollten, aber wir vergossen nie auch nur eine Träne.
Wir bekamen nie zu spüren, was Liebe bedeutet.
Wir waren einfach nur kalt und hatten keinen Traum.
Die Welt war einfach nur mit Grausamkeit gefüllt.
Wir hatten nur uns selbst.
Wir durften nicht einmal sprechen. Also hatten wir nicht einmal Namen.
Namen waren ein Etikett der Liebe und die kannten wir nicht.
Wir wussten, dass in dieser Welt kein Platz für uns war.
Also sagte ich eines Tages, wir waren vor einigen Wochen fünf geworden. ,,Komm, zusammen gehen wir fort."
Und dann nahm ich seine Hand und wir brachen unsere Ketten durch.
Dann liefen wir weg.
Wir kamen jedoch nicht weit, denn die Nacht ging schnell vorbei und wir waren erschöpft vom Laufen.
Wir wurden gefunden, aber nicht von unseren Besitzern, sondern von einem Mädchen in unserem Alter.
Sie war ein Engel.
Wir waren so gut wie tot und sie rettete uns unser Leben.
Als wir sie fragten, warum sie das tat, lächelte sie nur.
Als wir wieder gesund waren, brachte sie uns tief in den Wald.
Wir waren erst bei einer Klippe stehen geblieben.
Da stieß sie uns plötzlich herunter.
Als wir wieder zu uns gekommen waren, befanden wir uns in der Hölle.
Tausend Gesichter starrten uns an.
Wir wurden an den Haaren gepackt, zu Boden gedrückt und gefesselt.
Doch natürlich war Jashin nicht entgangen, dass seine Kinder wieder zurückgekehrt waren, also rief er laut über die Dämonenmenge hinweg. ,,Lasst sie los!"
Die Dämonen ließen von uns ab.
Natürlich hatten wir keine Ahnung, dass dies unser Vater war.
Ich wusste noch ganz genau, wie wir zitternd auf dem Boden saßen und zu dem hochgewachsenen Mann hochsahen.
Er musterte uns, dann schlich sich ein leichtes Lächeln auf seine blassen Lippen.
,,Endlich seid ihr zurück.", flüsterte er.
Wir wichen zurück, doch er legte seine muskelbepackten Arme um uns.
Wir rissen die Augen auf. Dieses Gefühl war so fremd.
Wir spürten natürlich, das wir langsam müde wurden und ehe wir uns versahen, glitten wir beide in einen tiefen Schlaf.
In meinem Traum sah ich Jashin.
Er sagte mir, wer ich wirklich war und auch, dass er er mich in die Menschenwelt schicken würde.
Als ich wieder aufwachte, war ich in einer mir unbekannten Zeit, allein.
Ich schlug die Augen auf.
Ich brauchte einen Moment und zu realisieren, dass ich in der Unterwelt war.
Nergal lag immer noch neben mir.
Seine Miene war friedlich und er wirkte entspannt.
Vorsichtig legte ich einen Arm um den schmächtigen Körper.
Ich erinnerte mich, wie ich damals hilflos durch die Strassen gelaufen war.
Nichts war mir bekannt vorgekommen und als ich einige Menschen angesprochen hatte, hatten sie auf mich eingeschlagen.
Ich war schliesslich in einer Gasse zusammengebrochen, wo Mel mich dann gefunden hatte.
,,Nee-chan?", fragte eine leise Stimme. Nergal war aufgewacht.
Ich stand auf.
,,Ich geh duschen.", meinte ich und stand auf.
//Zeitsprung// (wie ich Zeitsprünge liebe!)
Ich trat aus dem Badezimmer. Nargel war mittlerweile wieder eingeschlafen.
Ich zog mir also ein Hemd, einen Rock, Kniestrümpfe und Springstiefel an.
Dann warf ich Nergal aus dem Bett.
,,Nani? Was ist los?", rief er.
,,Es ist Mittag, du gehirnamputierter Volltrottel!", schimpfte ich.
,,E-echt?", fragte er verwirrt.
Meine Reaktion darauf war, das meine Handfläche Bekanntschaft mit meinem Gesicht machte.
Nergal sah beschämt zu Boden.
,,Idiot.", flüsterte ich mit liebevoller Stimme und umarmte ihn.
Was würde ich nur ohne meine zweite Hälfte machen?!
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