Neun Jahre sind eine Ewigkeit

Rodric hatte über den Passweg binnen zwei Tagen seine Heimat in Katzheim erreicht.

Doch anstelle eines Willkommen fand er nur einen leeren Hof vor. Alles war verwildert.

Frau und Kind waren fortgegangen, wie ein alter Mann aus der Nachbarschaft berichtete. Sie habe das Alleinsein nicht mehr ertragen und ist mit einem Ochsengespann in die östlichen Gebiete schon vor sechs Jahren- wohl auch, weil sie im Dorf wenig Bekanntschaften finden konnte.

Hatte Rodric die ersten Tage noch an Haus und auf den Feldern Ordnung schaffen wollen, so holte auch ihn die Einsamkeit ein. Er empfand es als sinnlos, hier aus dem zum Teil schon verrotteten Haus wieder ein Heim schaffen zu wollen.

Nach einer Woche ging er ins Dorf, um einen kleinen Teil seines angesparten Soldes in der Schenke zu lassen. Einfach unter Menschen sein, am Tisch mitwürfeln, trinken ohne Maß und lachen über dummes Geschwätz der Anderen.

Rodric hatte hierbei auch gehört, dass für die Wachen auf Burg Moorfeld einige Leute gesucht werden. Gutes Geld, zwei Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf. Wer sich bewähre, könne in Moorfeld ein gutes Auskommen haben.

So waren es zwei Wochen, seid Rodric dem Kriegsdienst im großen Heer entflohen war. Und nun sah er seine einzige Möglichkeit dem leeren Hof in Katzheim zu entfliehen nur darin, wieder in den Waffendienst zu gehen.

Auf dem kleinen Markt von Katzheim war ein Mann des Moorfelder Stadtvoigtes, der als Anwerber an diesem regnerischen Tag unter dem Vordach eines Hauses stand und sich langweilte.

Rodric sprach ihn an.

„Ich möchte mich gern anwerben lassen. Ich habe gehört, dass ihr Männer sucht für die Burgwache."

„Bist Du nicht schon ein wenig zu alt? Von wo stammst Du? Und warum sollten wir gerade auf Dich gewartet haben?", fragte der Jungspund in leichter Rüstung frech.

„Ich bin von hier. Ein Bauer aus Katzheim. Mein Hof liegt vor dem Dorf, im Osten. Doch dort hält mich nichts fest. Meine Frau ist mir davongelaufen und auch sonst lebt keiner meiner Leute mehr.", erklärte sich Rodric beschämt.

„Hmm. Kannst Du mit Waffen umgehen?"

„Leidlich. Ich kann gut mit der Axt. Auch mit dem Speer bin ich nicht der Ungeschickteste.", log Rodric. Er war ein guter Mann mit Kurzschwert, Spieß und auch dem Bogen. Aber dies musste dieser junge Anwerber nicht wissen. Auch ging es besser niemanden etwas an, dass er dem Heer entflohen war. Weniger zu sagen schien hier angebracht.

„Hmm. Na gut. Ich sag Dir was. Hole deine Habseeligkeiten her. Ich nehm Dich am Nachmittag mit nach Moorfeld. Aber nicht das du denkst, du kannst gleich an die Burg hinauf. Ich spreche mit dem Voigt. Vielleicht hat die Stadtwache ja Verwendung für Dich. Halt Dich an mich, alter Mann. Ich zeig Dir, wie der Hase läuft. Verstanden?", prahlte der junge Anwerber.

Rodric dachte sich seinen Teil. Unterwürfig sagte er nur: „Ja, Herr."

Dies gefiel dem jungen Burschen. Jedermann mit einer Waffe an der Seite und einem dick- wattierten Gambeson wollte gern auch ein Herr sein oder darstellen- auch wenn diesem Burschen die Erfahrung des Lebens fehlte, war er da keine Ausnahme, wie sich herausstellte.

Schon am gleichen Abend bekam Rodric beim Voigt auch einen wattierten Gambeson und einen Knüppel. Doch ein Wachdienst in der Stadt war ihm noch nicht zugewiesen worden. Seine ersten Tage bewachte er Betrunkene und einen Dieb im Stadtgefängnis. Eine Woche später erst durfte er dann auch durch Moorfeld laufen und am Markttag die Augen offenhalten.

Der Waffendienst hatte ihn also wieder.

Er hätte damals nicht weggehen sollen, wie sich Rodric eingestand. 

Neun Jahre waren zu lange.

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