Die Höhle der verlorenen Kinder

Wie zuvor in Fürstetten war auch das kleine Befohr menschenleer. Niemand war hier auf den Straßen. Die einzige Seele traf man auf einer Weide an, einen alten Schäfer. Er kannte den Ort, zu dem es die Drei hinzog.

Doch der Schäfer warnte beschwörend.

„Eine Höhle, die böswillig alles verschlingt!", hatte der Schäfer gesagt. „Menschen verschwinden darin. Viele Kinder sind dort verloren gegangen und nie mehr aufgetaucht. Doch der weise Hofmagister hat sie zum Glück für alle in Befohr zusperren lassen."

Was der Mann beschrieben hatte, traf zu. Die Höhle war wohl der einzige Ort in der Grafschaft, der kaarstiges Gestein zeigte. Ausgewaschen über Äonen von Jahren war sie wohl der Ursprungsquell eines kleinen Baches. Sickerwasser wohl, was sich in der Höhle sammelte und abfloss.

Hoch war der Eingang und auch breit- jedoch durch eine Konstruktion dicker Balken zugebaut worden. Einzig ein eisenbeschlagenes und abgeschlossenes Tor führte hinein.

Doch eines hatte man übersehen- die Kraft des Wassers! Das kleine Rinnsal, für welches man eine Aussparung im Holz gelassen hatte, hatte sich weiter in die Erde eingegraben- dies lies es zu, dass sich ein Mensch durchzwängen konnte.

So waren alle drei nach dem Durchkrabbeln nass bis auf die haut- aber sie waren auf der anderen Seite der Holzwand in der Höhle.

Hier brauchte es kaum einer Runenüberlegung, denn eine starke dunkle Magie nahm jeden der Drei schon für sich ein. Man stellte sich diesem unheimlichen und böswilligen Kraftort- ein kurzer Moment reichte bereits aus, um all die Bosheit und Niedertracht des Ortes zu spüren.

Schnell suchten alle Drei- nahe der Verzweiflung und mit dem Gefühl von Scham und Reue- den Ausgang wieder und zwangen sich erneut am Boden kriechend durch das eiskalte Wasser in die befreiende Welt vor der Höhle.

Endlich Licht und Wärme- dies war besser als die Beklemmung dieses finsteren Ortes hier.

„Habt ihr auch die alten Sachen in der Höhle liegen sehen? Als wenn sich dort jemand entkleidet hat?" Simon rieb sich seine durchnässte Hose sauber.

„Nicht nur eine Person. Da lagen viele Sachen. Wie ein Opferplatz. Gespenstisch war es. Bedrückend, einfach nur bedrückend.", gestand Walla.

„Ob hier wirklich so viele Kinder verloren gegangen sind, wie der alte Schäfersmann gesagt hat? Könnten es deren Sachen sein?", auch Sina fand es bedrückend. „Am besten, man denkt nicht darüber nach. Ich fand es furchtbar, dort drinnen."

Simon versuchte ebenfalls, diesen grausigen Ort zu verdrängen und seine Gedanken neu mit anderen Sachen abzulenken. „Ich habe hier nur Schmerz und Traurigkeit verspürt. Ein grauenvoller Ort. Kommt dort herüber auf die Wiese- legen wir Uns einfach mal in die Sonne, essen etwas Käse und planen, wie es nun weitergehen soll."

So taten es die Drei.

Doch auch im Gras und in der Wärme der Sonne kam so recht keine bessere Stimmung auf. Zu nachhallend war dieser schauerliche Ort auf die Drei.

„Ich bekomme kaum einen Bissen herunter. Es ist fast so, als würde eine unbekannte Macht oder Kraft meine Kehle zuschnüren.", warf Simon nach einer Weile ein, denn bislang waren alle Drei hier auf der Wiese recht schweigsam geblieben.

„Mir geht es auch so."

„Ja. Mir auch. Da vergeht einem der Appetit."

Sina und Walla waren wohl der gleichen Meinung, wie Simon.

„Und nun? Ich möchte auch gern mal wieder zurück nach Spornklamm. Meine Glückskatze wird sich schon fragen, ob sie überhaupt noch von mir gefüttert wird. Doch auf der anderen Seite- wir haben es jetzt angefangen und sollten es auch zu Ende bringen. Wer weiß, ob wir noch einmal Gelegenheit dafür haben oder Zeit dafür finden können."

Walla sah Simon nach dessen Worten an. Wie weit er dachte, wenn er wollte?

„Wir sollten nun aus diesem Tal heraus. Ich bin dafür zumindest noch nach Osten zu gehen bis Moorfeld. Und dort sollten wir das Heldenmoor absuchen- so, wie wir es von Meister Chisto geraten bekamen."

„Nach Lomasit- Kristallen suchen?"

„Ja. Das sollten wir zumindest noch angehen. Wir könnten von dort dann über den Passweg nach Bleckenbeck. Vielleicht schauen wir auch noch einmal bei Rodric vorbei, in Katzheim. Und wir könnten Chisto und Marietta berichten, was wir erlebt haben.", schlug Walla vor.

Simon schien dies eine kluge Idee zu sein. „So könnten wir die Kraftorte, die an den Wegen liegen noch ergründen. Und der Weg würde auch in meine Richtung gehen. Nicht der schlechteste Gedanke."

Sina sprach auch. „Mir egal. Ich bin dabei. Aber alles ist besser, als in der Nähe dieses gottlosen, verfluchten Ortes mit der Höhle zu bleiben. Je schneller wir bergab gehen, desto weiter kommen wir davon weg."

„Beschlossen? Abgemacht?"

„Ja Simon. Abgemacht. So reisen wir weiter."

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