Aufregung bei Bleckenbeck

Die Wahrheit ist zuweilen unerfreulich.

Dies gilt insbesondere dann, wenn man geneigt ist, sich der Wahrheit nicht stellen zu wollen und sich ihr zu entziehen bemüht ist.

Leider merkte dies nun auch die kleine Gruppe der vier Gefährten, die einen ganzen Tag durch das Spornklammer Tal hierher hinunter gelaufen waren und sich der Wahrheit gegenüber sahen.

Und diese Wahrheit war die Armee aus den nördlichen Landen, die zum Großteil um Bleckenbeck auf der anderen Seite des Flusses Rinter die Zelte für die Nacht aufschlugen und mehrere kleine Palisaden aus Pfahlreihen in die Erde rammten, um die Lager vor der Stadt zu schützen. Es bestand hier jedoch noch keine direkte Gefahr für diese Truppen, denn noch waren die Truppen in der Grafschaft Moorfeld und damit auf Königsland.

Doch konnte man da ganz sicher sein?

Die Bleckenbecker Ebene war das Ende der nördlichen Lande.

Noch einen Tag Fußmarsch und die Truppen würden vor der ersten Grenzfeste der Südlande stehen, denn alsbald schon floss der Fluss der Rinter über die Grenzlinie.

Und die Handelsroute führte direkt dorthin.

Bleckenbeck war heute zu einem Heerlager geworden, was die nächste Wahrheit in der Gruppe der Vier einer notwendigen Erörterung bedurfte.

"Was meint ihr damit? Rodric ist desertiert? Meint ihr desertiert, wie weggelaufen? Aus dieser riesigen Armee, die dort drüben am Ufer alle Wege und die ganze Ebene verstopft?", fragte Simon und zeigte hinüber, wo Waffenklirren und Hammer schwingen angesagt war.

Rodric führte sich angesprochen. Er presste seine Lippen aufeinander und schnaufte lange und tief durch, bevor er mit einem für ihn charmanten Blick und Worten antwortete. Seine Antwort war kurz: "Ja. so in etwa. Es war diese Armee. Und ich fühle mich gerade ein wenig unwohl hier- wenn mir meine Offenheit erlaubt ist."

"Und was machen wir jetzt?" Walla's Frage war nur zu berechtigt. "Hier können wir kaum bleiben."

Simon sah sich um, als würde er hier eine Lösung vor der Nase haben.

Sina verschlimmerte den ohnehin vorhandenen Gewissenskonflikt in der kleinen Gruppe. "Walla? Sollten wir Simon nicht auch von Uns erzählen?"

Hellhörig richtete sich Simon verdutzt auf.

"Hmm? Nein. Ich denke, das gehört nicht hier her.", schätzte Walla im Anblick von Simons Überraschung spontan ein.

Doch Simon wollte es dann doch erfahren.

"Was! Was gehört besser nicht hier her?"

"Kann sein, dass Rodrics Armee Uns für Spione hält. Sina und mich.", tuschelte Walla zu Simon herüber.

Simon sah Rodric an, der nur lächelnd die Schultern hoch zog und dessen Arme sagten: 'Was schaust Du mich an? Ich bin nur der Deserteur! Haben wir nicht alle unsere kleinen Problemchen?'

Simon atmete lange aus.

"Also ich fasse es mal zusammen: Ich habe euch eine Nacht beherbergt und auf Euer Bitten nach Bleckenbeck geführt. Den Ort können wir aber nicht betreten, weil ihr Zwei von der Armee als Spione gesucht werdet und Er hier als Deserteur? Aus eben dieser Armee, welche vor Uns das ganze Tal hier ausfüllt?"

Simon bekam nur Rodric's Nicken als Bestätigung.

"Dann haben wir ein Problem. Wohin jetzt? Zurück? Nach Spornklamm?", fragte Simon in die Runde.

"Da kommen wir in die Nacht hinein.", stellte Rodric fest. "Ich denke, die könnten Morgen schon abziehen in die Südlande. Eine Armee muss versorgt werden. Und sie schicken augenscheinlich keine Leute aus, weil sie Angst haben vor dem Angriff entdeckt zu werden. Deshalb lassen sie auch die Handelsleute nicht weiterziehen, weil sie befürchten, die könnten die verraten. Sieh doch- dort am Fluss."

Tatsächlich standen dort karren mit südländischen Händlern. Diese Leute hatten ein Feuer am Fluss und beschwerten sich untereinander.

Rodric schien sich auszukennen. auch beobachtete Rodric sehr genau und gut.

"Gibt es hier irgendwo einen sicheren Lagerplatz? Irgendwas, wo man von dort drüben nicht eingesehen wird?", fragte Walla und hoffte auf Simon.

Simon überlegte, schnippte dann leise mit den Fingern. "Ich glaube, da habe ich tatsächlich eine Idee! Aber da müssen wir ein Stück zurück ins Tal und dann die Anhöhe von der anderen Seite hinauf."

Für Walla war es überraschend, dass all die nun ausgesprochenen Wahrheiten für Simon- nun , da es also heraus war- irgendwie dennoch nicht seine Hilfsbereitschaft in Frage stellte. Er wollte offenbar ehrlichen Herzens, die Gefährten nicht enttäuschen und sie sicher wissen. Darin lag ein großer Beweis des Vertrauens, wie Walla es für sich einordnete.

Sie selbst war da eher ein vorsichtigerer Menschenschlag, versuchte die Risiken und eine vorgefundene Situation in anderer Weise und mehr sachlich zu sehen. Man war ja dennoch fremd zueinander. Konnte man da von solch Vertrauen sprechen? Bei Gelegenheit wollte Walla das private Gespräch zu Simon suchen. Diese Sicherheit, die Simon ausstrahle auf sie, irritierte Walla- gefiel ihr aber zugleich.

"Wo gehen wir hin?", fragte Sina.

"Ein alter Stollengang. Nicht weit von hier. So sich nicht andere Zufällig auch an den Stollen erinnert haben, könnten wir dort oben am Berg die Nacht über bleiben. wir könnten auch Wache stehen, wenn wir es für nötig halten.", gab Simon zurück und stieg schon mit großem Schritt über einen umgefallenen Baum hinweg bergan.

"Wache stehen? Warum?", wollte Sina wissen.

"Naja. Der Krieg- oder die Sorge davor- treibt vielleicht die Leute in die Wälder hinein. Gut möglich, dass am Stollen schon welche Zuflucht gefunden haben. Oder es kommen wilde Tiere am Stollen des nachts vorbei? Deshalb vielleicht eine Wache?"

Rodric befürwortete die Idee. "Unser Weltenwanderer hat Recht. Die Leute gehen solch Armeen auch gerne einmal aus dem Weg. Doch denke ich, sie werden sich eher in ihren Häusern in Bleckenbeck einschließen und alles zustellen, wo Soldaten vielleicht ins Haus kommen könnten. Der eigentliche Krieg wird erst Morgen beginnen- oder wann immer diese Armee über die Grenze geht."

"Rodric? Wie kämpfen Magier eigentlich? Ist dir einmal im Kampf ein Magier begegnet?", wollte Walla wissen.

"Noch nie- und ich bin sehr froh darüber.", räumte Rodric ein. "Ich will es euch erklären: Da sind eintausend gut ausgebildete Krieger- allein in der Vorhut waren wir so viele. Was würde wohl diese eintausend Krieger mehr ängstigen? Ein herumschreiender und Schwert schwingender Krieger auf dem Weg oder ein Magier, der sich mit seinem Zauberstab ganz allein in den Weg der Armee stellt, sich ganz ruhig und besonnen verhält und sich konzentriert gibt?"

"Wenn Du es so schilderst, dann räumt ihr Soldaten dem Magier wohl die besseren Chancen ein, oder?", stellte Simon fest. "Der Trick ist gut. Vielleicht nützt er mir irgendwann einmal etwas."

"Kämpfer kann man als Soldat gut abschätzen hinsichtlich Kraft, Verhalten und Kampftechnik. Aber einen Magier? Da hat sicherlich ein jeder Mann erst einmal Respekt, den magische Taktiken und Attacken kennt ein Soldat nicht."

"Ah."

Simon zeigte nach vorn am Berg, wo ein künstlich aufgeworfener kleiner Wall auf Geröll, Schlacke und Felsstücken zu erkennen war.

"Wir haben es auch schon geschafft. Da vorn ist der Stollen."



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