Drei - LISA
Pünktlich um 8 Uhr öffne ich meine Augen und stehe energisch auf. Ich liebe einfach Samstage. An denen kann man immer so viel machen.
So wie jeden Samstag ziehe ich mir mein pinkes Sport-Set an, was aus einer pinken Sporthose, einem schwarzen Sport-BH und einem lockeren pinken Top besteht. Schnell schnappe ich mir noch die Yogamatte und gehe ins Wohnzimmer, um dort die besagte Sportart zu betreiben. In meinem Zimmer ist leider nicht genug Platz dafür.
Im Wohnzimmer angekommen breite ich die Matte vor dem Fernseher aus, schalte diesen an und öffne Youtube, um mir ein Yogavideo herauszusuchen. Nach ein paar Minuten werde ich fündig und beginne mit dem Workout. Es gibt nichts Besseres als Yoga an einem Samstagmorgen.
Die Frau aus dem Video startet zuerst mit ein paar Dehnübungen, ehe sie mit den richtigen Übungen beginnt.
Die Erste ist die berühmte "Baum Pose". Ich brauche immer ein bisschen, um mein Gleichgewicht zu finden, aber beim dritten Versuch habe ich tatsächlich bis zum Ende durchgehalten, ohne umzukippen.
Danach kommt die "Locust Pose", die ich ehrlich gesagt ziemlich bescheuert finde. Ich liege auf dem Bauch und strecke meine Beine und Oberkörper hoch, mit den Armen nach hinten ausgestreckt. Allerdings kann ich die Beine nicht wirklich hochheben und ich spüre einen Druck am Rücken. Ich fühle mich wie ein verloren gegangener Fisch.
Nachdem diese komische Fischpose endlich vorbei ist, macht sie den "nach vorne gestreckten Hund", wobei die Frau mit den Händen nach vorne kriecht, während ihr Po hoch in die Luft gestreckt ist, die Beine ebenfalls langgestreckt sind, sowie auch der Rücken. Na gut, denke ich mir, dann mal los.
Ich stehe gerade, bis ich die Arme unten am Boden ansetze und nach vorne krabbele. Auch diese Übung merke ich im Rücken und ich habe Schwierigkeiten, diesen durchzudrücken. Die Frau im Video betont, dass man die Fersen auf dem Boden lassen soll, aber das kann die sich abschminken. Weiß die überhaupt, wie sehr das in den Waden zieht? Ich mache zwar jetzt schon seit ein paar Wochen Yoga, heißt jedoch nicht, dass ich nun unglaublich dehnbar bin. Davon mal abgesehen, dass ich in Washington keine Chance hatte, Yoga zu machen. Außerdem konzentriere ich mich immer noch beim Yoga darauf, nicht zu pupsen.
Die Pose fühlt sich nach gewisser Zeit besser an und ich habe mich an das leichte Ziehen in meinen Waden gewöhnt. Gefühlt werden diese von Sekunde zu Sekunde immer weicher.
Plötzlich vernehme ich ein Pfeifen hinter mir. Augenblicklich vergeht meine Entspannung und ich klappe auf dem Boden zusammen.
Wütend drehe ich mich zur Tür um, zu der ich eben noch mein Gesäß hingestreckt habe. Und wer steht da im Türrahmen? Natürlich mein neuer Mitbewohner. Wer sonst?
Grinsend beobachtet Steven mich und mal wieder sehe ich ihn ohne T-Shirt. Er trägt lediglich nur eine Boxershorts. Besitzt der Typ keine Oberteile?
Gierig blitzen seine Augen mich an. Ich könnte kotzen. Wie lange steht er überhaupt schon da?
„Was?", zische ich ihn an und stehe auf.
„Warum denn so aufgebracht? Hat dich Yoga etwa nicht entspannt? Ich kann dir das nächste Mal gerne helfen." Er zwinkert mir zu und kommt ein paar Schritte auf mich zu.
„Vergiss es!", erwidere ich, schalte den Fernseher aus und gehe genervt in die Küche, um mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank herauszunehmen.
„Das war doch nur ein Scherz!", sagt Steven und kommt ebenfalls in die Küche. „Du verstehst echt keinen Spaß, oder?"
Ich kneife meine Augen zusammen und schaue ihn an. Was findet Anna bloß an diesem Typen so toll?
„Doch, aber nur, wenn die Person auch den Sinn eines Scherzes versteht. Ein Scherz soll nämlich lustig sein.", kontere ich und lehne mich an der Küchentheke an.
„Oh je, entweder du hast einfach einen schlechten Geschmack oder... ach, keine Ahnung. Vielleicht hast du einfach etwas gegen Männer?"
„Ich habe einen Freund.", ist das Einzige, was mir einfällt in dieser Situation zu sagen.
Etwas überrascht sieht er mich an, bis er zum Kühlschrank geht und ein, "Schön, freut mich für dich.", erwidert.
Verwundert sehe ich ihn an. Das ist also seine Reaktion dazu? Ich hatte gehofft, dass er kapiert, dass er ein wenig fehl am Platz ist.
„Möchtest du auch ein Omelette mit Speck?", fragt Steven, ohne mich dabei anzusehen, und holt die Zutaten aus dem Kühlschrank.
„Nein, danke. Ich bin Vegetarierin.", antworte ich, zugegebener Weise zickig, und nehme einen Schluck aus meiner Flasche.
Überrascht, aber ohne Vorurteil, sieht er mich schließlich an. „Ich kann dir auch nur Omelette machen. Oder wenn du magst ein Spiegelei oder-"
„Ich bin alt genug, um mir selber essen zu machen. Danke.", unterbreche ich ihn mit genervtem Unterton.
Langsam schließt er die Kühlschranktür. „Okay.", murmelt er vor sich hin und zieht dabei die Augenbrauen hoch.
Urgh, was mache ich überhaupt noch hier? Ich breche gerade auf, um in mein Zimmer zu gehen, da höre ich ihn meinen Namen rufen.
„Ja?", erwidere ich genervt und drehe mich zu ihm um.
„Ich glaube, wir hatten einen schlechten Start. Wie wäre es, wenn wir von vorne anfangen?", schlägt er vor. Er lässt seine Finger von dem Essen, wischt diese an einem Handtuch ab, dreht sich zu mir um, und hält seine Hand hin. „Hi, ich bin Steven Carter, aber du kannst mich auch gerne Steve nennen. Und du bist?"
Er entlockt mir ein grinsen, was ich sofort zurückziehe. Man, warum muss er Charisma haben? So wird es nur noch schwerer, ihn loszuwerden.
Ich konzentriere mich wieder darauf, einen strengen Gesichtsausdruck einzunehmen, wobei ich meine rechte Hand in seine lege.
„Lisa Meyer."
„Freut mich, dich kennenzulernen, Lisa Meyer.", behauptet er mit einem charmanten Augenbrauenzucken, während seine blauen Augen meine braunen durchbohren. Ich gebe ihm ein gequältes Grinsen und wir lassen das Händeschütteln sein.
Er widmet sich wieder seinem Essen und zerschlägt ein Ei über einer Schüssel.
„Also, Lisa, was-" „Ah ah, jetzt bin ich dran mit fragen.", unterbreche ich ihn und wedele mit meinem Zeigefinger.
„Schieß los!"
„Warum bist du nicht alleine in eine Wohnung gezogen, sondern mit zwei fremden Frauen?"
Bei meiner Frage muss er lachen, doch als er mich ansieht, vergeht ihm das Lachen und er zieht einen gespielten ernsten Gesichtsausdruck, wobei er sich wieder zu seinem Essen wendet. „Nun, da ich erst 24 bin, verdiene ich noch nicht so viel Geld, möchte mir aber hin und wieder noch etwas gönnen. Deshalb dachte ich, eine WG wäre eine ganz gute Idee."
Ich nicke nur, während ich mich frage, wie viel er verdient. Immerhin bin ich 22 und verdiene eigentlich ganz gut. Ich lebe nur in einer WG, weil ich es mochte meine Freundinnen, um mich herum zu haben. Umzuziehen steht nicht auf dem Plan. Die Lage dieser Wohnung ist dazu noch perfekt, weil sie sehr nah an meinem Arbeitsplatz liegt und man mit der U-Bahn nur knapp 20 Minuten braucht, bis man in der City ist.
„Wenn wir schon bei direkten Fragen sind - warum hast du etwas dagegen, dass ich hier wohne?", erkundigt er sich und guckt mich von der Seite an.
Ist das nicht offensichtlich genug? Ich atme tief durch, ehe ich beginne zu erzählen. „Weil es mit Anna abgesprochen war, dass wir nur eine Mitbewohnerin, und keinen Mitbewohner, suchen. Sie hat dich einfach hier einziehen lassen, ohne mich überhaupt zu fragen."
„Und warum wolltet ihr, oder eher du-", ich werfe ihm einen bösen Blick zu. Er räuspert sich kurz, ehe er fortfährt. „Na gut, warum wolltet ihr unbedingt eine Mitbewohnerin?"
„Wir hatten vorher auch eine Mitbewohnerin und unter Frauen ist es einfach angenehmer.", antworte ich und lächle spielerisch. Er wirft mir einen fragwürdigen Blick zu.
„Was soll das denn heißen? Jungs können nicht angenehm sein?"
„Außerdem habe ich, wie schon gesagt, einen Freund.", füge ich noch hinzu und weiche seiner Frage aus, während ich mit meinen Fingern an dem Deckel der Wasserflasche spiele, da mir die Konversation ein wenig unangenehm ist.
„Ja, das hast du bereits erwähnt, aber, was hat er mit der Entscheidung zu tun, ob ihr euch einen Mitbewohner oder eine Mitbewohnerin holt? Ich meine, wohnt er hier?" Er hat sich nun vollständig zu mir gedreht, die Arme überkreuzt und eine Augenbraue hochgezogen. In der Pfanne zischt es.
„Nein.", nuschele ich, wobei mein Blick sich von ihm abwendet und ich erneut einen Schluck aus der Flasche nehme.
„Wieso darf er dann also mit entscheiden? Und außerdem, wenn er dein Freund ist, dann muss er dir vertrauen. Oder liebt er dich nicht genug?"
Ruckartig richte ich meinen Blick wieder auf ihn, nur dieses Mal schaue ich ihn eine Spur wütender an, als vorher. „Bitte, was?"
„Ich meine ja nur. Wenn er dich wirklich lieben würde, dann würde er dir auch vertrauen. Ich kenne ihn zwar nicht, aber-"
„Ganz richtig!", falle ich ihm erneut ins Wort.
„Du kennst ihn nicht. Nicht einmal mich kennst du wirklich, und du erlaubst es dir, jetzt schon, über meine Beziehung zu urteilen?" Ich brause vor Wut. Was denkt er eigentlich, wer er ist?
Er hebt die Augenbrauen an. „Ich habe nicht über eure Beziehung geurteilt. Ich habe nur-"
„Ach, weißt du, es ist mir egal, was du sagst, oder denkst. Es ist meine Beziehung und mein Leben und du hältst dich gefälligst daraus!"
Kapitulierend zieht er die Hände hoch und lacht leise. „Kein Ding. Wird sofort gemacht."
Ist das alles ein Witz für ihn?
„Schönen Tag noch, Steven Carter!", entgegne ich ihm ironisch. Aufgebracht gehe ich zügig in mein Zimmer und knalle die Tür zu.
„Aaaargh", lasse ich einen frustrierten Schrei los und schmeiße mich auf das Bett.
Warum musste Anna unbedingt ihn auswählen? Warum?
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