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Doch das Aufopfern von sozialer Energie in der Mittagspause brachte mir eine unerwartete Einladung für ein kollegiales Abendessen .Um meine Beziehungen zu pflegen war so etwas genau richtig und deswegen sagte ich, ohne lange zu überlegen zu.




Die Feierlichkeit würde gegen 10 Uhr außerhalb der Stadt stattfinden und es waren fast alle Kollegen aus dem Büro da. Selbst Oberkommissar Tegel und der ließ sich selten auf solchen Veranstaltungen blicken.



Zahlreiche meiner Kollegen hatten ihre Ehefrauen dabei, doch da ich keinen Mann hatte und auch nicht der Meinung war einen zu brauchen, stand ich alleine da.



Pünktlich um 10 stand ich vor der Haustür aus dunklem Holz. Mein Kollege war ein stämmiger Familienvater, der auf den Namen Augustin Pfalz hörte. Augustin war einer jener Männer, die man stets skeptisch im Auge behalten sollte. Er führte wohl eine unerfolgreiche Ehe mit 6 Kindern. Sogar ich bekam den Klatsch im Büro mit und ich hörte wirklich nicht aktiv zu.



Es war eine kleine Versammlung aus herausgeputzten Menschen in der Staatsuniform. Lediglich die Ehefrauen der Anwesenden trugen schöne Kleider. Es ging darum zu zeigen, wer man war und was man hatte. Der Druck, der sozialen Norm zu entsprechen.



Ich fiel mit meiner Uniform doch auf, doch es war mir egal. Ich war eben etwas besonders und schwarz stand mir ausgesprochen gut. Ich brauchte kein teures Kleid und nicht den passenden Schmuck dazu, ich genoss es anders zu sein.



Es war eine reine Farce, es war geheucheltes Interesse an dem Privatleben der anderen Personen, doch weitestgehend sprachen wir doch über die Arbeit. Die anderen Frauen bei Tische tauschten Klatsch und Tratsch aus und ich, ich verzog mich nach einer Weile auf dem Balkon um zu rauchen.



Das alles zog wahnsinnig an meiner Energie und wenn ich noch länger den Schwärmereien zuhören müsste, würde ich wohl höchst ungehalten reagieren. Ich konnte verstehen, warum Tegel diesen Veranstaltungen fernblieb.



Der trockene Rauch meiner Zigarette vernebelte die Terrasse und das geliebte Brennen machte sich in meiner Lunge breit. Ich hatte dringend eine Zigarette gebraucht, anderenfalls hätte ich mir diesen Abend nicht mehr länger geben können.



Draußen war es kalt, doch es war gut so, es beflügelte meine Lebensgeister und zog mich gleichzeitig etwas herunter. Drinnen, wo die anderen waren, war es furchtbar warm und stickig. Hier war es perfekt, kühl und einsam.




Doch ich war nicht lange einsam.



"Hast du Feuer?"



Ich würde diese Stimme überall wieder erkennen, sie war so tief und rau, dass sie einen ganz eigenen Charme hatte- ich musste mich gar nicht herum drehen um zu wissen wer dort stand. Es war Titze, einer der wenigen Kollegen mit dem ich ein echtes, gutes Verhältnis führte.



"Klar. Kippe hast du aber oder?"

"Ja."




Ich weiß nicht wie lange wir beide auf der kalten Terasse standen und uns die Sterne über München ansahen. Warscheinlich viel zu lange, doch es war angenehm. Ich hatte bei Titze das Gefühl das ich mich auf ihn verlassen konnte, wir verstanden uns ausgezeichnet.




Wir unterhielten uns über die Kollegen, das Wetter, machten uns über Tegel lustig der etwas zu tief ins Glas geschaut hatte und dafür von seiner Ehefrau böse Blicke bekommen hatte und genossen einfach die Zeit zu Zweit. Wir waren beides keine Herdentiere, sondern jeder für sich ein einsamer Wolf, der bei einem anderen kurz angehalten hatte und dann vor hatte alleine weiter zu ziehen.




"Du Henriette willst du eigentlich einen Mann?"

"Ich weiß nicht.- Je nach dem was es für einer ist."



Die Frage hatte mich damals ein bisschen aus dem Konzept gerissen. Ich hatte damit nicht gerechnet, immerhin interessierte sich Tietze sonst auch nicht für mein Privatleben. Er stellte nie so indeskrete Fragen.



"Hast du vielleicht Lust mal etwas trinken zu gehen? Also nur wir beide."




Ich weiß noch das es eine schwierige Situation war. Ich mochte Tietze und er war kein schlechter Mensch, nein tatsächlich war er einer der wenigen Menschen, die genau zu verstehen schienen was in mir vor ging und deswegen konnte ich nicht einfach nein sagen. Auf der anderen Seite war er fast 10 Jahre älter und bereits geschieden. Es war eine knifflige Situation.




"---Ich weiß nicht. --- Was für einen Kaffe?"

"Einen guten. Einen so wie du ihn gerne trinkst. Schwarz. Mit einem Stück Zucker."

"Du weißt wie ich meinen Kaffe trinke?"




Mich hatte es zutiefst gewundert, dass er wusste wie ich meinen Kaffee trank. Tietze hatte eine ähnliche Arbeitseinstellung wie ich. Wir sprachen nie über soetwas belangloses wie Kaffee. Wir tranken ihn auch nicht sonderlich oft zusammen. Woher wusste er das?



"Gewiss. --Henriette du bist nicht die einzige die kleine Details auffallen. "



Titze überraschte mich doch nun wirklich sehr, doch das würde ich nicht zuegeben. Diesen Gefallen dem würde ich ihm definitv nicht tun. So dermaßen würde ich meine kostbare Fassung nicht verlieren. Einen Kontrollverlust nicht einfach so hinnehmen. Niemand hatte Kontrolle über meine Fassung, einzig alleine ich selber.




"Nun dann nenn mir doch noch ein paar Details."




"Du trägst deine Uniform immer tadelos weil du unordnung nicht ausstehen kannst, alles muss perfekt sein. -- Jedes Haar, jedes Bild, jeder Stift am Platz. -- Brauchst du noch mehr Gründe?"



Er hatte Recht. Ein tiefer Zug an der Zigarette, ein kurzer Moment Stille.



"Na schön. Wir gehen einen Kaffee trinken, aber nur einen. "

"Gewiss Henriette, nur einen."

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