》8. Kapitel《

"Hey." Ich zucke zusammen und werde aus dem Buch gerissen. Wie immer sitze ich auf meinem Stammplatz in der Bibliothek. Da es nicht Mikes oder Camerons Stimme ist, sehe ich verblüfft hoch.

"Hey?", grüße ich halbherzig zurück und mustere den Typen genauer. Er ist nicht in meiner Klasse, aber ich hab ihn schon mal in der Nähe von Jack gesehen. Das kann ja wahrlich nichts Gutes bedeuten. Der soll mir ja wegbleiben, mit seinen blonden Haaren und seinem einschmeichelnden Lächeln. "Was ist?", frage ich angeeckt.

Er lehnt sich zu mir an den Tisch. Ich drücke mich nach hinten, um möglichst wieder den Abstand herzustellen und warte. Dieser Idiot hält mich gerade von einem wirklich guten Buch ab. Da muss er schon einen guten Grund vorweisen können.

"Ich bin Alec. Und du?" Seine Augen lassen mich nicht in Ruhe. Er mustert die Maske. Ich unterdrücke den Reflex, mich aus dem Staub machen zu wollen und atme genervt durch.

"Du bist doch eh nur wegen der Maske hier. Da kannst du auch gleich wieder gehen!", motze ich.

"Nein wirklich nicht ..." Er fährt sich durch seine Haare. "Also?"

Ich überlege widerwillig. Dann seufze ich. Na schön, aber nur damit er mich in Ruhe lassen kann... "Avery. Noch nie von mir gehört? Dann solltest du mich unter den Namen Schickimicki-Maske oder irgendetwas mit Karneval kennen", sage ich voller gespielter Freude in meiner Stimme. Die können mich alle mal! Doch er lacht nur.

Langsam werde ich von dem Gespräch müde und schaue wieder ins Buch. Ob es nun unhöflich ist oder nicht, für mich ist das Gespräch vorbei.

Als er keine Anstalten macht, zu gehen, und mich weiter anstarrt, sehe ich doch noch mal hoch und kneife die Augen zusammen. "Wer hat dich angestiftet?"

Alec zieht die Augenbrauen zusammen. "Niemand. Ich bin hier, weil ich dich näher kennen lernen möchte."

"Warte mal ..." Ich hebe die Hand ... atme lange durch ... dann schreie ich das eine Wort förmlich hinaus. "WAS?"

Ein paar Sekunden lache ich aufgesetzt und kann es immer noch nicht glauben. "Dein Ernst?"

Ich schlage auf den Tisch und er sieht mich nur komisch an. "Seeeehr, seeehr witzig, ...Alec. Aber da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen."

Ich ziehe mir das Buch wieder heran. In meinem Kopf schwirren tausend Gedanken - wie Fliegen - umher und hinterlassen einen Druck an meiner Schläfe. So etwas war mir noch nie untergekommen. Der kann mich nicht auf den Arm nehmen. Da ist er an der falschen Adresse.

Alec räuspert sich. Ich taxiere ihn, mit meinen geplant letzten Worten. "Du kannst gehen. Ich hab dich erwischt."

Er schüttelt den Kopf. "Bei was denn? Ich wollt dich nur um einen Abend zu zweit bitten."

LEERE! Nichts! Meine Ohren rauschen. Diese Worte habe ich nicht gehört! Aber was, wenn doch? ... Ich huste und fasse mir an die Brust. Dann platze ich erschrocken heraus: "Ein Date?"

... Ich habe noch nie eins gehabt. Wie auch? Alle bevorzugen es, wenn sie das Aussehen, des jeweils anderen kennen. Aber so, mit der Maske, war es nur möglich zu grübeln. Und außerdem halten mich alle für komisch!

Alec nickt jedoch. "Ganz genau. Ich beobachte dich schon länger und ich hab gedacht jetzt pack ich's mal an."

Er beobachtet mich schon länger. Ja, träum weiter, das hätte ich gemerkt ... Oder?

"Du, die versteckte Kamera kann jetzt herauskommen, ich bin nicht dumm!" Langsam wird mir das echt zu blöd.

Er lacht nur. "Das ist kein Scherz."

"Warum glaub ich dir dann nicht?", frage ich und verschränke die Arme.

"Das weiß ich doch nicht. Das liegt an dir. Aber ich hoffe du sagst noch zu. ... " Kurz überlegt er. "Ich gebe dir meine Nummer."

"Das ist echt nicht nötig, ... Alec." Aber da hat er sie mir schon auf meine Unterlagen geschmiert. Ganz toll!

"Na, dann. Wir sehen uns!" Er tippt sich an die Stirn und geht dann grinsend weg.

Einen Moment brauche ich noch, um mich wieder zu fassen. Was war das denn gerade? Komischer Kauz!

Kaum habe ich ein paar Buchstaben weitergelesen, da ertönt die nächste Stimme. "Was wollte er denn?"

Da ich ausnahmsweise die Person mag, drehe ich mich, mit einem Lächeln, um. "Hi, Cam. Nichts Wichtiges." Ich stehe auf und packe meine Sachen. "Komm, die Pause ist gleich aus."

"Was wollte der Spast?", wiederholt er seine Frage. Ich sehe in sein ernstes Gesicht, das deutlich verrät, dass er Alec nicht ausstehen kann. Interessant...

Schnell erkläre ich ihm die Lage. "Er hat mich nach einem Date gefragt."

"WAS hat er?", schreit er mich an.

"Ich hab nicht ja gesagt und werde ihm nicht schreiben. Brauchst nicht so ausrasten!", schimpfe ich.

"Du hast seine NUMMER?", brüllt er weiter und stürmt los.

Wie der Blitz flitze ich ihm hinterher und stelle mich vor ihn. Halte ihn an der Brust zurück. "Was hast du vor?" Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

"Nach was sieht's denn aus, ich mach den Kerl fertig!", mault er und will weiter.

"Warum denn?" Immer noch halte ich ihn an einem schmalen Faden zurück.

Er blickt auf meine Hand hinunter und als er eine Weile damit verbracht hat, wandern seine Augen zu meinen. "Avery, der ist einer von der ganz üblen Sorte. Du solltest dich nicht mit ihm abgeben, auch wenn er manchmal auf ganz nett tun kann." Die letzten Wörter spricht er wieder lauter.

Langsam atme ich durch. "Hör auf hier so rumzuschreien. Und außerdem ist das meine Sache, ich kann gut auf mich selbst aufpassen!"

Er mustert mich, beißt kurz die Zähne zusammen. "Avery...!"

Ich lasse ihn nicht ausreden. "Nichts, Avery!" Langsam werde ich wütend.

Cameron schüttelt den Kopf und will sich an mir vorbeidrücken. Ich schlage ihm etwas fester als beabsichtigt auf die Brust. "Lass ihn, Cam! Du wirst ihm nichts tun, ich will nicht für so was verantwortlich sein!"

"Bist du auch nicht! Ich bin dafür verantwortlich, weil ICH es will!", motzt er und stürmt an mir vorbei.

"CAM!" Ich sause ihm nach. "CAMERON BROOKS! Bleib sofort stehen!"

Er drehe sich nicht um. "Hör auf und las ihn in Ruhe!", brülle ich so laut, das es wahrscheinlich alle mitbekommen.

Giftig dreht er sich um. "Warum Avery? WARUM, VERDAMMT!", schreit er.

Ich atme tief durch. Ich balle meine Hände zu Fäusten, weil ich Blicke auf mir spüre. Sie bohren sich unangenehm in mich hinein. Verschmähen mich. Lachen mich aus. Verhöhnen mich. ... Unverschämtheit!

"Du magst ihn oder!", grölt er weiter, als ich nichts herausbekomme. Sein Gesicht verzieht sich.

"Cam, nein, das ist doch Quatsch", versuche ich ihn zu überzeugen.

"Sag nicht, dass das Quatsch ist!" Er ist außer sich.

Kurz schließe ich die Augen, um durchzuatmen. Als ich sie wieder öffne, geht er weg. Ich will ihm hinterher, werde aber von ihm aufgehalten. "Bleib, wo du bist!" Warnt er mich. In seiner Stimme liegt vollkommener Ernst.

Diese Wörter reichen aus, um mir die Sprache zu verschlagen. Ich schlucke. Im nächsten Moment ist er auch schon weg und ich stehe immer noch da. Wie angewurzelt.

Er hatte einen Schmerz in den Augen, den ich immer noch vor mir sehe. Er hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ohne Gnade.

Cam ist einfach gegangen. Wie alle weg sind, außer Susan. Weg. Verlassen. Einsam. Alleine. ... WEG!

Ich hab's verbockt!

~☆~

Zwei Tage danach:

DESASTER!!!

KATASTHROPHE!!!

WELTUNTERGANG!!!

Schlimmer hätte es nicht kommen können! Es ist am Morgen und ich suche vergeblich meinen Pulli. "Susan?", schreie ich schließlich und gebe auf.

Sie lugt um die Ecke. "Ja, Schatz?" Meine Tante war gestern noch lang in der Arbeit und sieht heute, dementsprechend kaputt aus.

"Wo ist mein Pulli?", frage ich hoffnungsvoll nach.

"Welcher, du hast tausende?", erkundigt sie sich schmunzelnd und nimmt einen Schluck Kaffee.

"Na den, den man vorne zuziehen kann!"

"Oh ..." Ihre Augen weiten sich.

"Was, oh?", frage ich nach, obwohl es nichts Gutes bedeuten kann und ich am liebsten verzichtet hätte, es zu erfahren.

Sie sieht geknickt aus. "Der ist in der Wäsche", beichtet sie.

"WAS?" brülle ich aus voller Kehle.

"Es tut mir so leid, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass ...", fängt sie an sich zu verteidigen.

"Schon gut, schon gut, ..." Man kann ihr einfach nicht lange böse sein. "Ich ... Ich muss einfach ...", überlege ich laut und leicht panisch.

Dann stoppe ich und stürmte wieder in mein Zimmer. Ich packe mein Handy. ... Kurz zögere ich. Wir haben uns gestritten, und es nagte immer noch an mir. Aber, es war... total ohne Grund geschehen und Cam muss das einsehen!

CAM!!! Ich weiß wir haben uns gestritten. Aber ich schwöre ich will nichts von diesen Typen. Ich schwöre! ICH HAB EINEN NOTFALL, CAM. BITTTE!!!!

Es dauerte nicht lange bis er zurück schreibt. Die ganze Zeit habe ich mir auf die Lippe gebissen und gebetet. Susan muss, schon in einer Minute zur Arbeit. Sie kann mir keinen neuen Pulli besorgen. Zu wenig Zeit.

Eine Nachricht erscheint auf dem Bildschirm. - Was ist los?

NOTFALL! Sag, dass du mich abholen kannst und mir einen Zuziehpulli, mitbringst!!!!BITTTTTTTTEEEEEE!!!!!!

Was ist ein Zuziehpulli? - Will Cameron wissen.

Schnell tippte ich zurück. - Ja, du weißt schon, die, die man vorne zuziehen kann und so...!!!

So einen, den du immer anhast?

Ja, genau!!!!

Dann ist Funkstille. Mein Herz schlägt heftig. Ich glaube, mir wird übel. Meine Hände krallen sich fest in meine Handflächen. ... Ich warte .... Immer noch ... Atem angehalten. ... Halb verrückt ... Dann blinkt eine Nachricht auf.

Du weißt schon, dass ich noch sauer auf dich bin?

Ja, Cam. Aber dafür gibt es keinen Grund. Ich mag diesen Spasten nicht einmal, er hat mich gefragt, nicht ich ihn!

Es dauerte eine Weile, bis er wieder tippte. - Ich gebe mein Bestes, aber du bist mir was schuldig! - Beharrt er.

Versprochen????

Versprochen!!! Ich bin gleich da.

Ich atme aus, fasse mir ans Herz und versuche, mich wieder zu beruhigen. Dann stoße ich die angehaltene Luft aus. - DU BIST DER BESTE!!!

ICH WEIS. Und jetzt mach dich fertig!

JAAAA!!!! SCHOOOON GUT!!!!

GUUUUT!! DANN HÖR JETZT AUF ZU SCHREIBEN!!!

JAAAA!!!

AVERY!!!!!

Ok. Bis gleich.

Ich schmeiße das Handy wieder zur Seite und ziehe mich an. Ich setze die Maske auf, die mein Gesicht nur spärlich bedeckt. Dann warte ich.

Es dauert zehn Minuten, dann klingelt es. Fast hätte ich die Tür aufgerissen, aber ... er würde einen Teil meines Gesichts sehen und das kann ich nicht zulassen.

Also... - Leg ihn vor die Tür.

Warum? Komm raus!

Mach einfach. Die Maske bedeckt nicht alles!!! - Tippe ich verzweifelt zurück.

Es dauert einen Moment... - OK. Warte!

Geh wieder ins Auto und spick nicht!!!!WEHE!!!

Ist gut Bos!!! - schreibt er und ich kann mir sein Grinsen vorstellen.... - FERTIG!!!

Gerade will ich mir den Pulli angeln, da kommt Susan. "Was ist los?"

"Pulli-Notfall - wegen der Waschmaschine. Cameron, ist der Beste. Tschau!!!", platzte ich heraus und sage auf die Schnelle nur ein paar einzelne Worte. Dann stürme ich aus der Tür und höre noch ihr Lachen. Dass sie schon längst in der Arbeit sein sollte, daran erinnerte ich sie nicht. Sie wird schon wissen was sie macht.

Schließlich schnappe ich mir den Pulli, der schwarz ist - puuuuh - und ziehe ihn über mein kurzärmliges Oberteil, das alles einigermaßen - knirsch - verbirgt.

Dann stürme ich zu ihm ins Auto. "FAHR WIR KOMMEN ZU SPÄT!"

Er lacht nur und ich rücke alles perfekt an die richtige Stelle. "Danke, Cam. Übrigens, perfekte Farbe", lobe ich ihn.

"Dacht ich mir' s doch. Ich kenn dich halt zu gut", protzt er und biegt schlitternd um eine Ecke.

"Ja, ja, ja. Träum weiter", wiegle ich ab.

Langsam verschwindet mein Lächeln. Zwischen uns muss wohl oder übel noch etwas aufgeräumt werden. "Cam, du musst mir glauben!", spiele ich auf unseren Streit an.

Er blickt zu mir. "Ist schon gut, Avi. Ich hab überreagiert..." Cameron seufzt. "Aber du hältst dich von ihm fern, ok?"

"...Ja, mach ich."'

"Versprochen?"

"Versprochen!"

Er mustert mich kurz. "Gut!"

Danach fahren wir zur Schule und stürmen in unsere Klassenzimmer. Als wir uns ein kurzes 'Bis zur Pause' zurufen, wird mir bewusste, wie trostlos es ohne ihn war. Er ist mein einziger Freund. Ich hatte ihn mehr vermisst als gut für mich wäre. Auch, wenn ich so etwas nie zugeben würde.

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