》20. Kapitel《
Am frühen Morgen stehe ich auf, um mich fertigzumachen. Heute kann ich nicht schwänzen und so tragen mich meine Beine in die Küche zum Esstisch.
"Guten Morgen!", begrüße ich Sus, Meli und Loren, die allesamt schon am Frühstückstisch sitzen. Ich muss gestehen, es ist ungewohnt, ein Kind im Haus zu haben. Es ist aber bei weitem nicht schlimm!
Meli schiebt ihren Stuhl zurück und kommt zu mir geeilt. Sie greift nach meiner Hand und hüpft herum. "Aviiii!", begrüßt sie mich.
Lächelnd nehme ich sie hoch und sie schlingt ihre Arme um mich. "Morgen Süße!", flüstere ich ihr ins Ohr und sie kichert. Einen Moment mustert sie mich. Erst als sie meine Maske anfasst, merke ich, worauf ihre Augen gelegen haben.
"Was ist das?", erkundigt sie sich neugierig. Ich fühle mich unwohl dabei. Erlaube mir aber einen Scherz.
"Das ist mein Schutz vor dem Bösen! Dadurch kann ich mich unsichtbar machen!" Ich lasse sie herunter, da sie zwar klein, aber trotzdem zu schwer für mich ist - zumindest auf Dauer.
Doch das kleine Mädchen starrt mich an. "Wirkl - iiiich?", nuschelt sie und ihre Augen werden groß.
Ich nicke grinsend.
"Ich will auch!", erwidert sie.
Ohne zu zögern komme ich auf sie zu und fange an sie zu kitzeln. "Die gibt es leider nur für mich, Meli. "Kichernd fängt sie an, vor mir wegzulaufen. Doch schnell hole ich sie ein und greife wieder nach ihrer Hand. "Du bekommst etwas viel Besseres!"
Mellory tritt näher. "Und was?" Ihre Augen schielen zum Tisch. Schnell schaut sie wieder weg. Es ist süß, wenn sie aufgeregt ist. "Das gibt es, wenn ich wieder von der Schule da bin!"
"Nein, jetzt!", meckert sie. Ich schüttle aber den Kopf.
"Kleine Prinzessinnen müssen sich in Geduld üben!"
"Ecccccht?" Ihre Augen werden groß.
"Natürlich! Komm, deine Mama wartet schon!" Ich greife wie vorher ihre kleine, zierliche Hand und führe sie an den Tisch zurück.
Die ganze Zeit, während ich frühstücke, beobachtet sie mich. Ich weiß, sie kann es kaum erwarten, ihr Geschenk zu bekommen. Auch Sus lächelt zufrieden. Wie vom Geisterblitz getroffen sieht Meli zu ihrer Mama hoch und flüstert ihr etwas zu. Ich kann es nur gerade so verstehen.
"Was ist mit Daddy? Geht es ihm gut?" Ihre Stimme klingt schwach und verletzlich.
Susan scheint zu erstarren. Sie hat sich aber schon gleich wieder gefangen. "Er ist gut aufgehoben, dort wo er ist! Ihm wird es besser gehen!" Sie schaut ihrer Tochter in die Augen, um ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen.
Mellory nickt zaghaft und verfällt in Gedanken. Es ist klar, dass ihr das alles nicht leicht fällt! Doch die Zeit verrinnt und ich muss los zur Schule. Also stehe ich auf. "Wir müssen los!" Auch Susan steht auf und macht sich fertig.
"Kann ich mitkommen?", bettelt Mellory und sieht mich erwartungsvoll und mit einem Kulleraugen-Blick an. Wie fies!
Ich schaue zu Sus hinüber und vergewissere mich, ob es ok ist. "Ja, ich denke, das sollte klargehen. Aber es wird etwas länger dauern!"
Sie strahlt. "Okiiii!" Dann läuft sie freudig zu Susan und mit ihr hinaus zum Auto.
Ich packe mein Schulzeug und verabschiede mich noch mit einem "Bis später!" von Loren. In Eile stürme ich den beiden hinterher. Ein Lächeln hat sich in meinem Gesicht breitgemacht.
~☆~
Susan hält am Schulparkplatz an. Da ich etwas zu spät bin, greife ich nach meinem Zeug und drücke die Autotür auf. "Bye!"
"Aviiii???", schreit Mellory und ich drehe mich nochmal zu ihr um.
"Was ist, Süße?" Fragend sehe ich sie an.
Sie steigt aus dem Auto und eilt zu mir. Als sie sich zu mir hochreckt, komme ich ihr auf die Knie entgegen. "Vergiss die Überraschung nicht!", flüstert sie.
Fast fange ich an zu lachen, schmunzle dann aber nur. "Natürlich! So etwas vergesse ich doch nicht!"
Sie kichert und nickt mit roten Backen. Somit steigt sie wieder ein und Susan fährt vom Parkplatz.
Ich drehe mich um, damit ich zu meinem Klassenzimmer sprinten kann, laufe aber geradewegs in eine Brust hinein. Meine Augen wandern nach oben, als ich ein "Uff", ausstoße und überrascht zu Cameron hochsehe.
"Cam, hi...", fange ich an, werde aber unterbrochen.
"Warum hast du mir nicht mehr geschrieben? Ich bin umgekommen vor Sorge!", tadelt er mich und verschränkt die Arme.
Schuldgefühle machen sich in mir breit. "Es tut mir leid, Cam. Ich hab's völlig vergessen!", beichte ich und blicke zu Boden.
"Schaust du nicht mehr aufs Handy? Ich hab dir zigtausende Nachrichten hinterlassen, dich angerufen und ..." Schnell überwinde ich die Distanz zwischen uns und halte ihm den Mund zu.
Überrascht sieht er zu mir herab. Mein Herz schlägt gegen meine Brust und ich ziehe meine Hand abrupt wieder weg. "Es ... Ich hab erfahren, dass Sus eine Tochter hat!"
Cams Augenbrauen wandern in die Höhe. "Was hast du?"
"Ich weiß, ich weiß, es ist komplett komisch und ich kann es selbst noch nicht glauben!", besänftige ich ihn und fange an zum Schulgebäude zu gehen.
Er folgt mir. "War das das Mädchen, das gerade vorher ausgestiegen ist?"
Ich nicke. "Genau! Das war Mellory!", stimme ich zu.
Cam schüttelt den Kopf. "In deiner Haut möchte ich echt manchmal nicht stecken!", pflichtet er mir bei und ich drehe mich halb um, weil er versetzt zu mir geht.
"Kann ich dir nicht verübeln!", beteuere ich und schmunzle. "Das wäre auch irgendwie komisch."
Er fängt an zu lachen. "Denk doch nicht so, das sagt man halt einfach ..."
"Ich weiß, was du meinst, Cam. Du bist nicht der Einzige, der dich kennt. Ich möchte behaupten ich kenne dich mittlerweile auch echt gut!"
"Ach ja?" Seine Augen wandern zu mir.
"JA!" Sage ich. "So wie du mich!"
Er nickt. "Ja, ich denke da hast du Recht. Wie weit wir schon gekommen sind. Furchtbar!", stichelte er spaßeshalber und ich boxe ihm gegen die Schulter.
"Halt lieber den Mund, Cam!" Gespielt beleidigt verschränke ich meine Arme.
Er hebt die Hände in die Luft. "Schon gut, Holde Maid!"
"Was für ein einfallsreicher Name. Sind wir jetzt schon da angekommen?"
"He!" Seine Augenbrauen sind zusammengezogen. "Sag nichts gegen meine Spitznamen!"
"Nein, würde ich mir nie erlauben!", pflichte ich grinsend bei.
Wir schauen uns gegenseitig an. Cams Mundwinkel zuckt. Dann brechen wir in Gelächter aus. Als es darauf aber gongt, verschlägt es uns die Sprache und wir hechten, mit einem letzten Blick, in unsere Klassenzimmer.
~☆~
Da schönes Wetter herrscht, beschließen ich und Cam, in der Pause auf den Schulhof zu gehen. Gerade will ich Cam durch die Tür nach draußen folgen, da packt mich jemand am Ellenbogen.
Anfängliche Überraschung schlägt sofort in ein genervtes Schnauben um. Ich drehe mich nach hinten. Jap, wer sollte es sonst sein?
"Na auch wieder da! Ich vermisse dich schon in der Bibliothek!", schleimt Mike und grinst mich frech an.
Heftig entwinde ich ihm meinen Arm und schaue ihm in die Augen. "Wenn du mich nicht in Ruhe lassen kannst, hast du ein gewaltiges Problem, Mike!!! Und jetzt such' dir jemand anderen zum Spielen!"
Kurz scheint er verblüfft zu sein, doch das dauert nicht lange und seine Augen blitzen verärgert auf. "Was hast du gesagt?" Er schleicht näher heran.
"Du hast mich schon verstanden! Wenn du noch einen Schritt näher kommst...!"
"Dann was?", sagt er und springt er mich an. Doch ich drehe mich zur Seite, um ihm auszuweichen. Er landet deshalb geradewegs an der Wand.
"Dann wird es dir leidtun!" Damit lasse ich einen verdutzten Mike stehen und trete nach draußen.
Ich bin es einfach leid, mich nicht zu wehren. Ich bin ein Mensch, wie jeder andere. Und nur wegen meiner Maske, wegen meiner Narben, bin ich nicht weniger schön oder gut wie sie. Das müssen sie ein für alle Mal kapieren. Und auch ich! Vor allem ich muss das kapieren!
~☆~
"Wo warst du, du warst doch genau hinter mir?", erkundigt sich Cam verwundert.
"Ich wurde aufgehalten."
"Von wem?"
"Niemand der wichtig wäre!"
"Sicher?"
"Ganz sicher!" Ich wechsele das Thema und räuspere mich. "Ich muss unbedingt heute noch was für Meli kaufen."
Er dreht sich zu mir. "Was denn?"
"Etwas Cooles! Was Kinder halt so mögen!" Ich zucke unwissend mit den Schultern.
Cam scheint zu überlegen. "Ich weiß was!"
"Echt?" Mein Gesicht hellt sich auf.
"Ja, was denkst du denn? Ich hab einen Bruder. Da ist es unmöglich kein Experte für Kindergeschenke zu werden."
Ich lache. "Kann ich mir vorstellen!"
"Ich zeig dir den Laden nach der Schule!" Er steckt seine Hände in die Hosentaschen.
"Das wäre super!", rufe ich und falle ihm in die Arme. "Aber nur, wenn es nicht zu viel verlang ist."
"Ach Quatsch!" Er winkt ab. "Ich kann dich doch nicht alleine irgendwo herumirren lassen!"
"Hey" Meine Augen fixieren ihn. "Ich hab hier auch mal gewohnt, ich kenne mich bestens aus, danke!"
"Ja", erwidert er gedehnt. "Aber nicht bei Kinderläden!"
"Na schön!..." Ich gebe mich geschlagen. "Weißt du, es ist echt schwer Ich hatte nie ne kleine Schwester und jetzt hab ich ne kleine Cousine! Ich bin total unerfahren, was das angeht!"
"Ach, du kriegst das bestimmt gut hin!"
"Glaubst du?" Meine Augenbrauen ziehen sich nach oben.
"Wenn jemand ein besseres Vorbild als du bist, dann weiß ich auch nicht!", beteuert er und grinst.
Mir klappt der Mund auf. "Hast du das jetzt wirklich gerade gesagt?"
Ich kann einen Schimmer rot auf seinen Backen ausmachen. "Ja, das habe ich! Und es stimmt!"
Ich kann einfach nicht widerstehen. Meine Arme müssen ihn nochmal fest an mich drücken. "Ich bin so froh, dich zu haben!" Als ich merke wie dicht ich ihm gekommen bin, weiten sich meine Augen. Mein Atem geht stoßweiße. Mein Herz beschleunigt sich wie von alleine. Dann bringe ich wieder Abstand zwischen uns und rufe mich zur Besinnung.
Cam schmunzelt. "Hast du's etwa schon vergessen? Ich bin dein Retter in der Not!"
Als ich mich zurückerinnere, wie ich ihn mal vor langer Zeit genannt habe, muss ich schmunzeln. "Das wirst du immer bleiben!"
~☆~
Nach der Schule machen ich und Cam uns auf zum Spielwarengeschäft. Ich hoffe wirklich inständig, für Meli irgendetwas zu finden, das sie freuen wird. Ich will sie ja schließlich nicht enttäuschen.
Vorher habe ich Susan angerufen, um ihr zu sagen, dass sie mich nicht abholen muss, da mich Cam nach Hause bringen wird. Das hat ihr nichts ausgemacht. Dafür war Meli nicht begeistert, dass sie ihr Geschenk erst später bekommt. Wenn sie wüsste, dass ich es noch gar nicht mal habe...
Nach einer Viertelstunde, in der wir gegangen sind, bleibt Cam vor einem Geschäft stehen. "Tadaaaa!"
"Super, dann lass uns mal rein gehen!" Ich bin froh, der drückenden Hitze die gerade herrscht, zu entgehen. Als ich drinnen bin umfängt mich sofort kühle Luft und ich seufzte. Es ist draußen einfach zu heiß.
Wir verbringen viel Zeit damit, das ganze Geschäft auf den Kopf zu stellen. Am Ende haben wir alles eingehend betrachtet und können uns zwischen zwei Sachen nicht entscheiden.
Entweder ein Einhorn als Kuscheltier, das angeblich, nach meiner Erfindung, alle Bösewichte verglitzern kann, damit sie gut werden. Aber psssttt! Auf der anderen Seite, ist eine pinke Sonnenbrille mit Schmetterlingen, durch die sie angeblich, so wie ich ihr auftischen würde, alle Bösewichte enttarnen kann.
Nur stellt sich jetzt die alles entscheidende Frage: Was soll ich nehmen? Welches von beidem, wird ihr besser gefallen? Wird ihr überhaupt etwas gefallen?
"Du solltest wirklich das Einhorn nehmen! Jedes Mädchen steht auf so was!", findet Cam und versucht mich jetzt schon seit einer Minute zu überzeugen.
Ich schüttle aber wieder den Kopf. "Nein, die Sonnenbrille hat mehr Style!"
Es geht noch einige Zeit so weiter, bis ich keine Lust mehr habe. "Wir kaufen beide!", entscheide ich.
Damit ist klar, eins von beiden wird Mellory schon zusagen.
Zum Glück können wir schnell bezahlen und sind wenige Minuten später wieder aus dem Geschäft draußen. Dann wenden wir uns dem Zurückgehen zu und ich packe die Stofftasche fester, damit sie mir nicht vor lauter Schweiß aus den Händen rutscht.
Aber nein, ich habe Glück. In Cams Auto ist es kühl und ich stehe noch, habe die Tasche nicht verloren und bin nicht zerschmolzen. Puuuhhhhh!
Und dann sind wir bereit. Wir fahren los, um der wartenden Meli ihr wohlverdientes Geschenk zu bringen.
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