Prolog
Kalter Wind wehte durch die dichten Bäume, die immer mehr ihre Blätter verloren. Der Herbst begann seine Finger nach ihnen auszustrecken und hatte manche schon so weit in seinem Bann, dass sie aussahen wie knochige Finger, die hinauf in den Himmel ragten.
Aran ließ sich davon nicht stören. Obwohl es kühl war, trug er keine Jacke. Nur seinen schwarzen Anzug, der ihn Fehl am Platz wirken ließ.
In der Liefre eines Buttlers gehörte er hier nicht her. Er war zu edel gekleidet, um Teil dieses Waldes zu sein, den man sich selbst überlassen hatte.
Aran wusste nicht ganz, in welchem Königreich von Mana er sich befand, doch da er weit und breit keine größeren Ansammlungen von Magiern spüren konnte, musste er nicht so vorsichtig sein. Das half ihm dabei, sich auf das zu konzentrieren, was eigentlich wichtig war.
Er schloss seine blauen Augen und genoss für einen Moment den Wind, der mit seinen kurzen, schwarzen Haaren spielte.
Obwohl er ein Dämon war, deutete nichts an seinem Aussehen daraufhin. Niemand würde ihn als solchen wahrnehmen, solange er nicht mit Magie danach fühlte.
Dazu kam, dass er seine Aura unterdrückte.
Er wollte - wenn möglich - nicht auffallen. Niemand sollte erfahren, dass er hier gewesen war und vor allem nicht, dass er nach etwas suchte.
Mental suchte er die Umgebung ab. Er ließ seinen Geist schweifen und versuchte etwas zu erspüren, das ihm einen Hinweis darauf gab, ob er hier richtig war. Vermutlich würde es sich um eine helle, leuchtende Energie handeln, doch so sicher war er sich da nicht.
Ephemera - die Direktorin der Mana Tratea und seine Meisterin - war jedoch sicher, dass sie gesehen hatte, wie etwas in diesen Wald gestürzt war.
Sie hatte schon immer ein sehr feines Gespür bewiesen, weshalb Aran ihr in diesem Punkt vertraute. Wenn sie glaubte, dass hier etwas war, dann würde er suchen, bis er es fand.
Seine Sinne wurden alarmiert, als er eine Aura wahrnahm. Sie war nicht so sanft, wie er erwartet hatte. Eher rau und kühl. Es musste sich also um jemand anderen handeln. Allerdings war dieser Jemand magisch.
Was hatte ein Magier zu so einer Zeit in diesem Wald zu suchen?
Aran runzelte die Stirn, bevor er seine Augen aufschlug und langsam seinen Weg durch das Unterholz fortsetzte. Sein Ziel: Die Aura, die er wahrgenommen hatte.
Vielleicht konnte dieser Jemand ihm helfen herauszufinden, wo sein eigentliches Ziel gelandet war.
Aran war noch nicht lange gelaufen, da bekam er ein seltsames Gefühl. Er sah zu einem Baum und musterte diesen. Auf den ersten Blick wirkte er normal. Seine braune Rinde war rau und an einigen Stellen gab es Löcher oder andere Hinweise darauf, dass hier Tiere lebten. Doch das war es, was ihn störte. Wenn es hier Leben gab, dann müsste er dieses hören. Nur war um ihn herum alles ruhig.
Nicht einmal der Wind war noch zu vernehmen.
Aran trat an den Baum heran und strich mit seinen Fingern über die raue Oberfläche. Zumindest hätte sie das sein sollen. Allerdings spürte er nicht die Rinde des Baumes. Stattdessen war das ein Kribbeln, das über seine Finger sprang und ihm schließlich das Gefühl gab, er hätte an einen elektronischen Zaun gegriffen.
Überrascht zog er seine Hand zurück und betrachtete seine Fingerspitzen. Das war interessanter. War hier ein Zauber am Werk? Wenn ja, wer war der Auslöser dafür?
Aran sah sich um. Es gab hier niemanden außer der Aura, die er gespürt hatte. Sie war noch immer da und hatte sich kaum vom Fleck bewegt.
Sollte er diesen Zauber zerstören und damit riskieren, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen?
Er runzelte die Stirn und wandte sich mental an seine Meisterin. //Ephemera?//, fragte er gedanklich und schickte diese in die Richtung der Mana Traeta. Es war unwahrscheinlich, dass andere Leute diesen Ruf auffingen. Er war auf einer magischen Ebene geschehen, die ihn mit Ephemera verbannt. Selbst, wenn die anderen mentale Kommunikation beherrschten, würden sie nicht in der Lage sein, ihn zu empfangen oder zu verstehen.
//Hast du etwas gefunden?//, kam die prompte Gegenfrage. Ihre sanfte Stimme ließ Aran kurz schaudern, auch wenn er nach außen nichts zeigte. Er mochte die Art und Weise, wie sie mit ihm sprach. Ihre Stimme schmeichelte seinen Sinnen. Selbst in mentaler Form.
//Nicht direkt//, erwiderter er, bevor er begann, ihr zu erklären, was das Problem war.
Er konnte spüren, dass sie lauschte und dabei wahrscheinlich im Zimmer auf und ab lief. Das tat sie immer, wenn sie nachdachte. Etwas, das Aran immer störte, wenn er in ihrer Nähe war. Er konnte sich nicht konzentrieren, wenn sie ständig hin und herrannte. Da er nun aber nicht bei ihr war, störte er sich nicht daran und wartete geduldig.
//Am einfachsten ist es vermutlich, wenn du den Zauber umgehst. Da wir nicht wissen, wer ihn warum auf den Wald gelegt hat, sollten wir nichts riskieren. Es gibt wichtigere Dinge.//
Damit hatte sie wohl recht. //Wie Ihr wünscht//, erwiderte er, wofür er ein belustigtes, aber sehr sanftes und klangvolles Lachen erhielt.
Aran trat von dem Baum zurück, schloss erneut die Augen und spürte erneut nach der Aura. Als er diese hatte, nutzte er Magie, um seine mit dem Wesen zu verbinden. Die Magie strömte aus ihm heraus und bildete einen Pfad an - nur für Aran sichtbaren - farblichen Linien.
Als er die Augen wieder öffnete, verzogen sich seine Lippen zu einem leichten Schmunzeln. So würde es leichter werden.
Er durfte nur nicht vergessen, weshalb er eigentlich hier war.
Seitdem Ephemera die Schule übernommen hatte, war ihr Weg nicht einfach gewesen. Ihr Plan, die Regeln in Mana zu ändern, schritt nur langsam voran.
Mit König Dorian Dellwood hatte sie zwar einen starken Verbündeten, doch Aran wusste, dass sie ihn sehr vermisste. Wenn er in seinem Königreich war und sie an der Schule, konnte Aran die Sehnsucht spüren. Dabei sahen sie sich fast jedes Wochenende.
Damit diese Treffen gut liefen, hatte es sich Aran zur Aufgabe gemacht, alle aus dem Weg zu räumen, dass ihnen Probleme machen könnte. Dazu gehörte diese Macht, die hier irgendwo sein musste.
Als Aran der Aura näherkam, stellte er fest, dass es gar nicht mit dem zusammenhängen konnte, was Ephemera gespürt hatte.
Dort war ein junger Mann. Seine rotbraunen Haare wiesen einige dunklere Strähnen auf und da sie ihm bis zu den Ohren reichten, wurden sie sanft vom Wind bewegt. Er war jedoch nach vorn gebeugt, weil er etwas aus dem Boden ausgrub.
Aran bemerkte sofort, dass etwas mit seinen Ohren nicht stimmte. Zuerst verstand er nicht ganz was, bis ihm klar wurde, dass dort Haut fehlte. Als hätte man ein Stück herausgebissen.
Es konnte kein Zufall sein, da es recht symmetrische bei beiden Ohren war.
Aus er hochkam und sich den Schweiß aus der Stirn wischte, konnte Aran ihn genauer mustern. Die tannengrünen Augen hatte einen Ausdruck von Verärgerung. Als wäre er genervt. Fand er nicht, was er suchte?
Aran musterte den Magier intensiver, machte aber noch nicht auf sich aufmerksam. Es war gut, dass er - bevor er den Wald betreten hatte - einen Zauber gewirkt hatte, der seine Gegenwart verschleierte. So wurde er nicht gleich wahrgenommen, auch wenn er Zauber ihn nicht komplett schützte. War der Magier mächtig genug oder passte gut genug auf seine Umgebung auf, würde er Aran auch bemerken.
Dieser Magier war jedoch eher fixiert auf das, was er da tat. Immerhin grub er da gerade wichtige Erze aus, die es nur hier im Wald gab. Daher musste er seine ganze Konzentration auf dieses Vorhaben legen, um nicht aus Versehen das Erz zu beschädigen. Dann würde es nicht mehr so einfach werden, die gewünschte Waffe daraus zu fertigen.
Illior fuhr sich erneut über sein Gesicht, wobei er den Dreck an seinen Händen darauf verteilte.
So würde das ewig dauern. Vielleicht sollte er Magie benutzen?
Nein. Damit könnte er das Material beschädigen!
Kurz streckte er sich und blickte zu den Baumkronen. Er hatte schon vor einiger Zeit mit seiner Arbeit hier die Vögel verscheucht, hoffte nun aber doch, einige zu entdecken. Zumindest drangen ab und an Sonnenstrahlen durch die Blätter und die körperliche Arbeit half ihm dabei, nicht zu frieren.
Gerade, als er sich wieder an die Ausgrabung des Materials machen wollte, trat Aran hervor. Er ließ die Magie - die ihn schützte - fallen und offenbarte sich.
Als Aran mit einem Bein einen Ast zum Knacken brachte, sah Illior auf.
Seine tannengrünen Augen trafen die blauen des Dämons, auch wenn Illior nur einen anderen Mann erkannte. Trotzdem zuckte er kurz.
„Ich hoffe nicht, dass Ihr der Besitzer dieses Gebietes seid", bemerkte er und kratzte sich am Hinterkopf. „Sollte ich hier unerlaubt sein, entschuldigt", sprach er weiter.
Illior hatte nicht damit gerechnet, hier auf jemanden zu treffen.
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Danke fürs Lesen.
Was denkt ihr, was Aran im Wald sucht?
Was denkt ihr, was Illior mit der Waffe will? Für sich oder für andere?
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