[25] Eingesperrt: Allein mit dem Feind
Ich taumelte rückwärts und rieb mir mein schmerzendes Auge. Ein pochender Schmerz breitete sich aus, doch ich zwang mich, tief durchzuatmen und meinen Fokus wieder zu finden. Die verschwommene Sicht klärte sich langsam, und ich konnte deutlich die finstere Gestalt von Anton Langeneck erkennen, der mit zusammengepressten Lippen vor mir stand. Seine braunen Augen funkelten vor Zorn, und hinter ihm standen seine Kumpels, Jürgen und Lars, die ihre Freude an der Situation nicht verbergen konnten.
»Finger weg von meinem Mädchen, hast du verstanden?«, fauchte Anton, seine Stimme vor Wut vibrierend. Ich richtete mich auf, versuchte die aufsteigende Wut in mir zu kontrollieren.
Dein Mädchen!? – Der Gedanke hämmerte in meinem Kopf, während mein Herz wild schlug. Es war, als ob mein Inneres in Flammen stand, jede Faser meines Seins schrie danach, diesem Typen eine Lektion zu erteilen.
»Gib es ihm, zeig ihm, dass es DEIN Mädchen ist!«, brüllte mein Unterbewusstsein, während das Adrenalin wie ein Feuer in meinen Adern brannte.
»Magnus, beherrsche dich!«, rief die ruhige Stimme meines Über-Ich zur Besonnenheit auf. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, die Fingernägel gruben sich in meine Handflächen, doch ich zwang mich, die Kontrolle zu bewahren. Um uns herum hatten sich einige Schüler versammelt, die mit angehaltenem Atem die Szene beobachteten.
Ihre Blicke brannten in meinem Rücken, aber ich ließ mich nicht ablenken. Die Spannung in der Luft war fast greifbar, wie das Knistern einer Sicherung, kurz bevor sie durchbrennt.
»Juliette kann glaube ich selber entscheiden, mit wem sie Zeit verbringt, und ich lasse mir von dir nicht vorschreiben, mit wem ich befreundet sein darf«, sagte ich schließlich, weiterhin bemüht meine Stimme ruhig und fest zu halten. Doch in meinem Inneren tobte ein Sturm. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, bereit, zu reagieren, wenn es nötig wäre.
Anton machte einen Schritt auf mich zu, die Drohung in seinen Augen war unmissverständlich. Jürgen und Lars standen dicht hinter ihm und warteten darauf, dass er das Signal gab. Aber ich wich nicht zurück. Unsere Blicke verhakten sich, und ich spürte, wie der Moment sich dehnte, jede Sekunde länger und schwerer wurde, als hätte die Zeit selbst den Atem angehalten.
Ich konnte nicht nachgeben, wenn ich jetzt zurückweichen würde, dann würde er gewinnen, und das konnte ich nicht zulassen. Nicht, wenn es hier um Juliette ging.
Die Flüsterstimmen um uns herum wurden lauter, ein unheilvolles Summen, das sich wie ein Sturm in meinem Kopf zusammenbraute. Der Zorn, der in mir brodelte, drohte, die Kontrolle zu übernehmen. »Zeig ihm, wer der Stärkere ist!«, hörte ich das dämonische Ich in meinem Inneren flüstern, seine Worte wie giftige Tropfen, die langsam aber sicher meinen Verstand vergifteten.
Und dann passierte es. Anton holte aus, ein wilder unkontrollierter Schlag, aber ich war schneller. Ich wich zurück, packte ihn im nächsten Moment und warf ihn zu Boden. Ein dumpfer Aufprall, und plötzlich lag er unter mir. Die Menge um uns herum schien in diesem Moment den Atem anzuhalten, jeder beobachtete gespannt, wie sich die Situation weiterentwickelte. Doch für mich existierten sie kaum noch, meine ganze Aufmerksamkeit war auf Anton gerichtet.
»Magnus!«, hörte ich Leos Stimme in der Ferne, als ob er aus einem anderen Raum rief. Doch seine Worte drangen nicht zu mir durch. Alles, was ich spürte, war die Wut, die unaufhaltsam in mir aufstieg, das brennende Verlangen, zu beweisen, dass ich der Stärkere war. »Mach ihn fertig«, sagte das dämonische Ich mit einer ruhigen und tiefen Stimme, während mein Unterbewusstsein seinen Beifall klatschte.
»Ja, verklopp ihn!«
Aber tief in mir, irgendwo hinter dem Feuer und der Wut, hörte ich die mahnende Stimme meines Über-Ichs, das versuchte, mich zur Vernunft zu bringen. »Magnus, lass dich nicht hinreißen!« Doch die Stimme war schwach, übertönt von dem Lärm der Dunkelheit in meinem Inneren.
Anton war stark. Plötzlich befreite er sich aus meinem Griff, seine Bewegungen wild und unberechenbar. Mit einem heftigen Ruck warf er mich zu Boden und verpasste mir einen Tritt, der mir den Atem raubte. Ich sank zu Boden, keuchend, spürte das Brennen in meinen Rippen, doch das Feuer in mir loderte nur noch stärker auf. Ich konnte nicht aufgeben, nicht jetzt.
Mit einer letzten Anstrengung drehte ich mich um, packte Anton erneut und riss ihn zu Boden. Diesmal ließ ich meine Fäuste sprechen, jeder Schlag ein Ausdruck meiner Wut, meiner Frustration, meines tiefen Hasses auf alles, was er repräsentierte. Anton versuchte sich zu wehren, seine Arme hoben sich schützend vor sein Gesicht, doch ich war wie im Rausch, angetrieben von einer Kraft, die ich kaum noch kontrollieren konnte.
Um uns herum verstummte das Gemurmel, die Zuschauer sahen zu, wie sich der Kampf weiter zuspitzte. Aber für mich war die Welt auf Anton geschrumpft, auf diesen Moment, in dem ich alles rauslassen konnte, was sich in den letzten Monaten in meiner Brust angestaut hatte.
Mein dämonisches Ich lachte nun laut und schadenfroh auf, wie eine dunkle, bedrohliche Wolke, die sich immer mehr in mir manifestierte. Es war, als ob diese dunkle Seite in mir plötzlich die Oberhand gewann und mich kontrollierte. »Zeig es ihm, wer hier der Stärkere ist. Erwürg ihn. Du bist stark, Magnus. Er ist schwach!«
Meine Hände, wie von selbst gelenkt, packten Antons Hals, drückten zu. Ich konnte seinen Herzschlag in meiner Handfläche spüren, das Pulsieren seines Lebens unter meinen Fingern, das leise Röcheln, das seine Kehle verließ, als er versuchte zu atmen. Sein Gesicht lief rot an, seine Augen weiteten sich in panischer Angst, während meine Finger sich noch fester um seinen Hals schlossen.
»Magnus, hör auf!«, schrie Leos Stimme plötzlich durch den Nebel in meinem Kopf. Es war wie ein fernes Echo, das irgendwo in den Tiefen meines Bewusstseins widerhallte, aber nicht wirklich zu mir durchdrang. Die Stimme meines besten Freundes war nicht stark genug, um den Dämon zu übertönen, der mich von innen heraus zerfraß.
Alles, was ich sehen konnte, war Anton, seine verzweifelten Versuche, sich zu befreien, das Ringen um Luft, das Zittern seiner Hände, die vergeblich versuchten, meine Arme wegzudrücken.
Dann, wie aus dem Nichts, durchbrach ein lauter Aufschrei das Chaos. »Was in aller Welt geht hier vor!« Die Stimme war laut, scharf, durchdringend, und ließ mich zusammenzucken. Mein Blick wanderte zur Seite, wo Herr Lauterbach stand, seine Augen hinter den dicken Brillengläsern funkelten vor Zorn. Seine Stimme war wie ein kalter Schauer, der über mich hinwegfegte und für einen Moment das Feuer in mir erstickte.
»Zum Rektor! Ihr Beide, sofort!«, zischte er, seine Worte wie schneidende Klingen.
Ich ließ Antons Hals los, als wäre er plötzlich glühend heiß, und stolperte zurück. Der dämonische Einfluss, der mich gerade noch fest im griff hatte, wich abrupt, wie ein Schatten, der sich ins Dunkel zurückzog. Anton hustete und keuchte, rang nach Luft, während er sich aufsetzte und mit einer Hand über seinen roten Hals fuhr.
***
»Nachsitzen?!«, fragte Maja und starrte mich mit ihren eisblauen Augen durchdringend an. Die Frage schien mehr Vorwurf als Neugierde zu sein. Der Duft von gegrilltem Gemüse und frischem Kräuterquark erfüllte die Küche, doch für mich schmeckte das Essen nach nichts. Ich stocherte in meiner Ofenkartoffel herum, schon ein Paprikastreifen von einer Seite meines Tellers zur anderen, ohne wirklich Appetit zu verspüren.
»Ich hatte keine andere Wahl gehabt, er hat mich angegriffen«, verteidigte ich mich sofort, meine Stimme war schärfer, als ich es beabsichtigt hatte. Der Ärger in mir kochte wieder hoch, genau wie in der Schule.
»Ja, ich unterstützte das, wenn dich jemand schlägt, darfst du zurückschlagen«, mischte sich Onkel Matt ein, gerade als er ein Stück Kartoffel in den Mund steckte. Seine Worte klangen verständnisvoll, aber auch ein bisschen abwesend, als wäre es für ihn nur eine einfache Lektion in Selbstverteidigung.
»Du hast Anton aber beinahe erwürgt!«, entgegnete Maja, ihre Stimme zitterte vor Empörung und Entsetzen. Sie legte die Gabel hin und starrte mich an, als könnte sie nicht glauben, was heute Morgen passiert war.
»Also das geht wirklich nicht, Magnus«, fügte Onkel Matt hinzu, diesmal klang seine Stimme ernst und besorgt. Dabei sah er mich mit einem Blick an – eine Mischung aus Enttäuschung und Erwartung.
»Habt ihr überhaupt zugehört?«, platzte es aus mir heraus. Ich konnte die Wut nicht länger unterdrücken. »Er hat damit angefangen und mir direkt ein blaues Auge verpasst! Nur weil ich mich mit Julie getroffen habe.« Ich spürte, wie sich meine Hände zu Fäusten ballten.
Warum verstand mich keiner?
»Wegen einem Mädchen solltest du wirklich keine Schlägerei anfangen, das bringt nur Probleme mit sich!«, sagte Onkel Matt in einem Ton, der klang, als hätte er diese Worte schon hundertmal gesagt.
»Zum Glück ist Philipp mein Freund. Er konnte seinen Vater wenigstens beschwichtigen. Er will nur, dass du und Anton euch vertragt«, sagte Maja, als wäre das alles, worauf es ankam. Ihre Stimme war ruhig, fast so, als wollte sie mich beruhigen, aber ihre Worte fühlten sich wie ein Verrat an.
»Hast wohl Angst, dein Ruf als perfekte Schwiegertochter zu verlieren, oder was?«, entgegnete ich gereizt, ohne wirklich nachzudenken. Ich wusste, dass es gemein war, aber die Worte kamen einfach heraus, bevor ich sie zurückhalten konnte.
»Magnus!«, rief Maja empört und schaute mich an, als wäre ich ihr gerade in Rücken gefallen.
»Jetzt beruhigt ihr euch!«, ging Onkel Matt dazwischen, seine Stimme war nun fest und autoritär. Er hasste es, wenn wir stritten, aber diesmal konnte ich nicht einfach still bleiben.
Ich ließ die Gabel sinken und schaute auf meinen Teller, der jetzt nur noch eine Erinnerung an das war, was ein Abendessen hätte sein sollen. »Wisst ihr was, ich hab keinen Hunger mehr«, sagte ich, meine Stimme klang plötzlich hohl und müde. Ich erhob mich von meinem Stuhl und spürte die Blicke meiner Familie auf mir, als ich mich abwandte und zur Tür ging.
»Magnus, was ist mit dir los? So kennt man dich gar nicht«, fragte Maja hinter mir, ihre Stimme klang nun leiser, besorgter. Ich blieb kurz stehen, ohne mich umzudrehen. »Gar nichts, okay? Ich muss noch Hausaufgaben machen«, antwortete ich und ging weiter, ohne ein weiteres Wort.
Ich verließ die Küche und fühlte, wie die Anspannung, langsam von mir abfiel, als ich die Treppe hoch in mein Zimmer stieg. Doch anstatt Erleichterung verspürte ich nur eine tiefe Leere, die mich zu verschlingen drohte.
***
Der Nächste Tag nach Schulschluss war trist und grau, als Leo und ich durch den Schulkorridor entlang gingen, während ich den Gurt meines Rucksacks fester packte, als könnte ich dadurch das Nachsitzen abwenden, was mir bevorstand.
»Ich habe jetzt echt keine Lust, drei Stunden mit diesem Depp nachsitzen zu müssen«, klagte ich. Leo, schob seine Brille höher auf die Nase und nickte verständnisvoll. »Das glaube ich dir«, stimmte er zu, und ich konnte die leichte Besorgnis in seinem Blick sehen, die er hinter einem neutralen Tonfall zu verbergen versuchte. »Aber was war mit dir gestern los? So aggressiv hab ich doch noch nie gesehen.«
Ich seufzte und starrte gedankenverloren auf den Boden. »Ich weiß es ehrlich gesagt selber nicht... ich... ich konnte mich einfach nicht mehr im Zaum halten«, antwortete ich schließlich, wobei ich den Knoten in meiner Brust spürte, der sich beim Sprechen zusammenzog. Noch immer konnte mein dämonisches Ich hören, das ich mit aller Kraft zu unterdrücken versuchte.
»Ich weiß, dass Anton ein Arschloch ist, aber ihn zu erwürgen ist auch keine Lösung«, entgegnete mein bester Freund in einem ruhigen Ton. Ich verlor mich kurz in meinen Gedanken, während ich meine Hände ansah. Das Bild von Antons Gesicht, verzerrt vor Angst und Schmerz flackerte in meinem Kopf auf, und ich schüttelte leicht den Kopf, als wollte ich die Bilder aus meinem Gedächtnis vertreiben.
Ich muss mich beherrschen – dachte ich, doch die Worte fühlten sich leer an, wie ein Versprechen, das ich mir selbst nicht zutraute, zu halten.
»Was steht bei dir jetzt noch so an?«,fragte ich, um das Thema zu wechseln und mich von der Dunkelheit in mir abzulenken, die immer noch tief in mir brodelte. Leo setzte zu einem leichten Lächeln an. »Ich muss einen kurzen Essay schreiben. Frau Schuler möchte noch etwas von mir lesen, aber die Chancen, in der Schülerzeitung aufgenommen zu werden, stehen sehr gut«, antwortete er, und ich konnte das Funkeln in seinen himmelblauen Augen sehen, das er immer hatte, wenn er für etwas brannte.
»Das freut mich«, sagte ich ehrlich, und für einen Moment lenkte mich Leos Begeisterung von meinen eigenen Problemen ab.
Wir erreichten den Haupteingang der Schule, wo die kühle Winterluft durch die Ritzen der alten Türen drang. Leo blieb stehen, seine Hand ruhte kurz auf meiner Schulter, bevor er sich verabschiedete. »Versprich mir, dass du ihn nicht umbringst, okay?«, sagte er mit einem kleinen, scherzhaften Lächeln, aber ich konnte sehen, dass hinter seinen Worten mehr steckte – echte Sorge um mich.
»Ich versuchs«, antwortete ich, und ein müdes Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich atmete tief durch, fühlte die kühle Luft meine Lungen füllen und versuchte, die Anspannung von mir abfallen zu lassen. Doch tief in mir wusste ich, dass die Herausforderung des Tages noch lange nicht vorbei waren. Wir umarmten uns zu Abschied und trat meine Strafe an.
Der Hausmeister, ein schlaksiger alter Mann mit grauem Bart und grimmiger Miene, drückte uns schweigend ein Paar schäbige alte Arbeitshandschuhe in die Hand, bevor er uns mit einem knappen Kopfnicken in den Keller schickte. Unsere Strafe bestand darin, bei den Aufräumarbeiten im Keller zu helfen.
»Ich will keinen Ärger hören«, brummte er noch, bevor er sich abwandte und uns im tristen Keller und unseren unausgesprochenen Spannung allein ließ. Draußen war es mittlerweile fast vollständig dunkel geworden, der Wind heulte kurz durch die Ritzen der alten Fenster und ließ die Schatten tanzen. Es fühlte sich an, als braute sich da draußen und in uns beiden was zusammen.
Ich seufzte leise und begann, einen Haufen verstaubter, vergilbter Englischbücher aus dem Jahr 1999 in einen zerfetzen Karton zu packen. Die Ecken der Bücher waren abgenutzt, als hätten zahllose Schüler ihre Frustration an ihnen ausgelassen. Jeder Atemzug war durch die Handschuhe und den Staub schwerer, und die Stille zwischen Anton und mir wog ebenso schwer.
Neben mir hörte ich Anton ein angewidertes Geräusch von sich geben, als er eine alte, verschimmelte Vesperdose aus einer vergessenen Ecke zog und sie mit einem Geräusch des Ekels in den Müllbeutel warf. Der Gestank von etwas Vergammeltem hing kurz in der Luft, bevor er sich in die allgemeine Kelleratmosphäre einfügte.
Es war eine unangenehme Stille, voller unausgesprochener Worte und angestauter Wut. Ich betete innerlich, dass die drei Stunden schneller vorübergehen würden, als die quälende Zeit, die uns bevorstand.
»Kannst froh sein, dass ich dich nicht wegen versuchten Mordes angezeigt habe«, durchbrach Anton plötzlich die Stille, seine Stimme war tief und hatte einen fast triumphierenden Unterton, als würde er erwarten, dass ich dankbar bin.
Ich hörte auf, die Bücher zu sortieren, und richtete mich langsam auf. Die Worte schwappten in mir hoch, wie giftige Galle, aber ich ließ sie kontrolliert über meine Lippen gleiten. »Du kannst froh sein, dass ich dich nicht umgebracht habe«, antwortete ich frech und mit ruhiger Stimme.
Antons Augen verengten sich, und für einen Moment starrten wir uns an, als ob wir beide überlegten, ob wir diesen Kampf, den wir begonnen hatten, hier und jetzt im Keller beenden sollten. Doch anstatt die Spannung aufzulösen, wandten wir uns wortlos wieder unserer Arbeit zu.
Draußen fing es an zu regnen. Das dumpfe Trommeln der Tropfen gegen die Kellerfenster verstärkte die bedrückende Atmosphäre. Ich packte weiter die alten Bücher in den Karton, während Anton sich mühsam durch ein Regal mit verstaubten, längst vergessenen Gegenständen wühlte.
Plötzlich schreckte Anton auf. Er hatte einen alten Lappen angehoben, und darunter krabbelte eine fette Spinne hervor. Erschrocken ließ er den Lappen los, als hätte er eine heiße Kohle angefasst, und schleuderte ihn unwillkürlich quer durch den Raum. Der Lappen traf mich direkt ins Gesicht.
»Was zum...!« Ich riss mir den Lappen aus dem Gesicht, und meine Wut kochte über.
»Was soll der Scheiß?«
»Stell dich nicht so an, Adrian«, antwortete Anton abfällig, ohne mich direkt anzusehen, als ob ich keine Reaktion wert wäre.
»Stell dich nicht so an?« Wiederholte ich und spürte, wie meine Geduld endgültig riss.
»Du kannst froh sein, dass ich dir nicht den Kopf abreiße.«
Anton schnaubte verächtlich.
»Denkst du wirklich, Julie wird bei dir bleiben, wenn sie merkt, wie klein und erbärmlich du wirklich bist?«
Seine Augen verengten sich und in einem plötzlichen Ausbruch schubste er mich hart gegen einen Stapel alter Kartons. Ich stolperte und prallte gegen die Kisten, die mit einem lauten Krachen zu Boden fielen. Für einen Moment lag ich zwischen den zerquetschten Kartons und atmete schwer. Der Lärm hallte durch den Keller, doch die Wut in mir übertönte alles.
»Das willst du doch nicht auf dir sitzen lassen, oder Magnus?«, hörte ich mein dämonisches Ich in mein Ohr raunen, als würde er direkt neben mir stehen. Ich biss die Zähne zusammen und richtete mich auf, während der Zorn in mir aufstieg. Ohne weiter nachzudenken, ging ich auf Anton los, packte ihn am Kragen und drückte ihn mit aller Kraft gegen die kalte Kellerwand. Seine Augen weiteten sich für einen Moment, doch dann verzog sich sein Mund zu einem schelmischen Grinsen.
»Wer ist hier das erbärmliche Würstchen von uns?«, stichelte er, während er sich in meinem Griff wand. Bevor ich reagieren konnte, befreute sich Anton mit einem schnellen Ruck, holte aus und wollte mir eine verpassen. Geschickt wich ich seinem Schlag aus, spürte aber das Adrenalin durch meine Adern pumpen.
»Du hast es so gewollt!«, konterte ich, meine Stimme war ein tiefes Grollen. Ich war bereit, den Kampf hier und jetzt zu beenden. Doch bevor ich zuschlagen konnte, stürzte sich Anton erneut auf mich, diesmal mit voller Wucht. Doch im Eiger des Gefechts übersah er einen Karton, stolperte darüber und verlor das Gleichgewicht. Mit einem überraschten Aufschrei riss er mich mit sich und wir stürzten beide in eine dunkle, enge Kammer. Dabei griff ich nach dem Türgriff und riss diese aus der Tür.
Ich spürte den harten Boden unter mir, als wir aufprallten. Im gleichen Moment knallte die Tür der Kammer hinter uns zu, gefolgt von einer erdrückenden Stille.
»Scheiße«, flüsterte ich, als mir die Situation klar wurde. Wir saßen zu zweit in dieser stockfinsteren Kammer fest, ohne Möglichkeit, die Tür von innen zu öffnen. Anton fluchte, als er realisierte, dass wir uns in eine Falle manövriert hatten. Der Raum war eng, dunkel, und die Luft war abgestanden. Draußen hörte man den Regen gegen die Kellerfenster prasseln, aber hier drinnen war es totenstill.
»Was hast du gemacht, du Idiot?«, fauchte Anton, seine Stimme klang verzweifelt, doch ich konnte den Anflug von Panik nicht überhören. Ich antwortete nicht, sondern ließ nur meine Hand, die den abgebrochenen Türgriff hielt, sinken.
Wir waren gefangen.
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