Kapitel 25
Teil 2
Nach dem Erdmagie Unterricht wollte ich nur so schnell wie möglich in die Mittagspause, da ich wirklich Hunger bekommen hatte. Leider hatte jemand was dagegen. >Hey, Niels. Bleib mal stehen<, rief mir jemand hinterher. Seufzend drehte ich mich um und bekam sofort eine Faust ins Gesicht. Ich torkelte zurück und hielt mir die Nase, als ich mir meine Hand ansah, war die voller Blut.
>Sag mal, geht's noch?!<, schrie ich diesen Typen vor mir an. Er stand mit einem widerlichen Grinsen da und schob in aller Seelen Ruhe seine Hände in seine Hosentaschen, während ich mit aller Mühe versuchte meine Wut zurückzuhalten.
>Ich weiß nicht, wovon du redest<, meinte er scheinheilig.
>WAS?!<, brüllte ich.
>Ich hab doch gar nichts gemacht< Er zuckte mit den Schultern und sah dann hinter sich. >Stimmt's Leute?< Hinter ihm standen zwei Mädchen und ein Junge, die allesamt mit demselben Grinsen im Gesicht nickten. >Da hast du's. Ich bin völlig unschuldig< Ich atmete tief durch um diesem Typ nicht sofort an die Gurgel zu springen.
>Wer zur Hölle bist du?!<, fauchte ich ihn an.
>Oh, haben wir ganz vergessen uns vorzustellen? Wie unhöflich von uns. Darf ich vorstellen? Amandine Grygo< Er zeigte auf ein ca. 18-jährige Latina, die ihre Haare arrogant nach hinten schleuderte. >Rhodri Florea< Der Junge war so an die sechszehn, hatte blonde Haare und starrte mich gelangweilt aus grünen Augen an. >Janelle Sleight, aber die kennst du ja, schließlich hast du eine Ermittlung gegen ihren Vater in die Wege geleitet< Janelle war schätzungsweise ebenfalls achtzehn und glich bis auf ihre Haare, die braun waren, vom Aussehen her Arnaud, was sie mir auch schon unsympathisch gemacht hätte, ohne dass sie mich anstarrt, als wäre ich Satan höchstpersönlich. >Und meine Wenigkeit: Damien Omar<, schloss der Typ ab und verbeugte sich spöttisch. Unfassbar, dass das der ältere Bruder von Pepinot war, wie ich später erfuhr. Er war ebenfalls ungefähr achtzehn und hatte sich eine Glatze geschehrt.
>Schön für euch! Was sollte die Scheiße?< fragte ich wütend und deutete auf meine immer noch blutende Nase.
>Weißt du, Will - ich darf dich doch Will nennen, oder? - du weißt nicht wirklich, was du hier tust, habe ich das Gefühl. Ich meine, wir holen dich großzügiger Weise hierher und geben dir die Möglichkeit auf eine wirklich gute Ausbildung, dir einem kriminellen, gestörten Waisenkind, und was tust du? Du kommst hier an, sorgst bereits am ersten Tag für Schlägereien, weigerst dich beim Unterricht mitzumachen, beschuldigst den Sohn des Ministers ohne Grund dich krankenhausreif geschlagen zu haben, hetzt die Oberhäupter gegeneinander auf und versuchst dich an unsere zukünftige Königin ranzumachen. Was sollen wir deiner Meinung nach davon halten?<, sagte Damien.
>Bist du komplett bescheuert?<, wollte ich wissen. >Ich habe nicht darum gebeten herzukommen! Socrate und Reginald haben mir keine andere Wahl gelassen! Und ich mache mich an überhaupt niemanden heran!<
>Und undankbar bist du auch noch<, meinte er unberührt. >Du solltest dankbar sein, hier sein zu können und auch bleiben zu dürfen. Wir könnten dich auch einfach wieder heraus schmeißen, wenn der König erst gefunden wurde. Denn nur dafür bist du hier, geht das in dein Gehirn? Du bist nichts wert. Das einzige, was du hier zu tun hast, ist, uns unseren König zu geben. Danach werden wir dich nicht mehr brauchen und das bedeutet, wir können dich jederzeit loswerden, wenn du dich nicht benimmst<
>Wie kommst du darauf, dass ich hier bleiben würde? Die meisten von euch sind Abschaum!< Das war der Moment, wo Damien sich auf mich stürzte. Wir wälzten uns am Boden, schlugen und traten den jeweils anderen, während seiner drei Freunde ihn anfeuerten, mich fertig zu machen. Doch anstatt das geschah, gewann ich die Oberhand. Ich setzte mich auf Damien und schlug immer wieder abwechselnd zu, meine Wut wurde immer größer, denn er versuchte nicht nur sich zu verteidigen, sondern redete immer weiter: Dass ich ein Bastard wäre. Ich meinen Vater vermutlich selbst umgebracht hätte, so krank wie ich wäre. Dass mein Vater mich wahrscheinlich gehasst hatte, sonst hätte er mich ja nicht allein gelassen. Mit jedem Wort von Damien wurde ich wütender, auch wenn diese Wut sich nicht nur gegen ihn richtete, sondern auch gegen meinen Vater und mich selbst. Ich war krank? Er sollte mir mal, was neues erzählen, denn das wusste ich schon seit Jahren. Dennoch schlug ich immer weiter auf ihn ein, bis irgendwann seine Freunde versuchten mich von ihm runter zu ziehen. Es gelang ihnen nicht. Ich hatte zwar einen totalen Tunnelblick und wollte Damien nur leiden sehen, aber dumm war ich nicht. Seine Freunde hatten keine Chance mich auch nur zu fassen zu bekommen, bevor ich ihnen ein Faustschlag zukommen ließ. Das ganze dauerte nicht wirklich lange, denn obwohl ich Damien in diesem Moment wirklich tot sehen wollte und ihn höchst wahrscheinlich auch umgebracht hätte, hörte ich auf, als ich die Stimmen von Lance, Morgan und - überraschenderweise - Lilia hörte.
>WAS IST NUR IN DICH GEFAHREN?! WOLLTET DU IHN UMBRINGEN?!?! SCHAU IHN DIR AN, WILLIAM!!!<, brüllte Lance mich an, während Morgan sich um den blutüberströmten Damien kümmerte, doch ich achtete gar nicht auf ihn. Mein Blick galt einzig und allein Lilia, die Damien nur ansah und dann, als hätte sie meinen Blick gespürt, zu mir schaute. Sie lächelte mich beruhigend an, was mich komplett aus der Fassung warf. Ich hatte mit Abscheu, Angst und Ekel gerechnet, aber ganz bestimmt nicht mit einem Lächeln. Das traf mich so sehr, dass meine Wut auf einmal verschwand und ich geschockt meine Hände ansah, die mit Damien's Blut besudelt waren und nun anfingen zu zittern. Was habe ich nur getan?, dachte ich geschockt. Lance brüllte mich immer noch an, doch als mein Blick zu dem bewusstlosen Damien herüberwanderte, hörte er plötzlich auf. Stattdessen war die Stimme von Lilia zu hören, die wie immer leise sprach.
>Es ist genug, Lance Welay. Er hat realisiert, was er getan hat<, meinte sie. Plötzlich nahm sie mich an der Hand und sagte: >Ich bringe ihn zu seinem Haus< Ohne von irgendwem aufgehalten zu werden, zog sie mich langsam aber zeilstrebig von der Wiese, wo ich noch vorhin Unterricht hatte, in Richtung meines Hauses.
*
Lilia hatte Will's Ausbruch, seine Aggressivität schon einmal bei diesem Jungen an der Bushaltestelle gesehen. Es war genauso, wie jetzt bei Damien. Er hatte gar nicht realisiert, was er da tat. Erst als er von jemanden wieder daran erinnert wurde, dass das alles real war, war er wieder im Stande gewesen zu begreifen, was er da gemacht hatte. Und dann schaltete sich bei ihm Ekel gegen sich selbst ein. Die einzigen Worte, die er nach der Attacke auf Damien gesprochen hatte, waren die gewesen, mit denen er Lilia die Erlaubnis gab, das Haus der Niels zu betreten. Er hatte selbst gar nicht genau gewusst, was er da sagte, und nun hatte er Lilia für immer Zugang zu dem Hause der Niels gewährt. Sie hoffte, dass er das nicht bereuen würde, wenn er wieder klar denken konnte. Nun saßen sie jedenfalls gemeinsam in seinem Zimmer, er auf seinem Bett sie auf dem Schreibtischstuhl, und schwiegen. Will's Blick ging ins Leere, wie eigentlich die ganze Zeit schon, selbst als sie ihm dabei half das Blut abzuwaschen und ein neues T-Shirt anzuziehen, war keinerlei Leben in ihn zurückgekehrt. Allmählich machte Lilia sich ernsthafte Sorgen und ihr war auch ein wenig unangenehm zu mute, schließlich saß sie hier mit einem fremden Jungen allein in seinem Zimmer. Unauffällig sah sie sich um und entdeckte dabei ein Foto, wo Will mit mehreren anderen Menschen zusammen vor einem Denkmal stand und sie alle in die Kamera lächelten, Will hatte einen kleinen Jungen huckepack und sah sehr glücklich aus. Das nächste Mal blieb Lilia's Blick an einem Gemälde hängen. Sie stand auf und stellte sich direkt davor um den gemalten Sonnenuntergang näher betrachten zu können. Es war fast so, als wäre er real. Real und wunderschön. >Gefällt es dir?<, fragte da eine heiser klingende Stimme. Erschrocken drehte Lilia sich um und sah zu Will auf dem Bett, der ebenfalls das Gemälde betrachtete.
>Ja, sehr. Ich finde es wunderschön<, antwortet Lilia letzendlich.
>Du kannst es haben, wenn du willst. Ich kann noch andere malen<, meinte er und blickte wieder geradeaus. Doch dieses Mal wollte Lilia nicht zulassen, dass er wieder in Schweigen verfällt, deshalb setzte sie sich neben ihn und sagte:
>Du kannst gut malen< Will zuckte nur mit den Schultern. >Liam, bitte rede mit mir<, bat sie ihn und als Will ihren Namen für ihn hörte, geschah es. Die erste Träne lief seine Wange hinunter. >Liam?<, fragte sie leise.
>Ich bin ein Monster<, meinte er und sah sie an. Mittlerweile war sein Gesicht tränenüberströmt. >Ich hätte ihn fast getötet. Ich... ich wollte ihn töten. Was bin ich nur für ein kranker Mensch? Ich bin eine Gefahr, für euch alle. Ihr solltet mich loswerden, solange es noch geht< Ohne lange zu überlegen legte Lilia ihre Arme um Will, der sich daraufhin dennoch nicht rührte und weiter stumm seine Tränen fließen ließ.
>Du bist kein Monster, Liam. Du bist ein wunderbarer Mensch. Und wir wollen dich nicht loswerden. Wir bekommen schon raus, was los ist mit dir, versprochen. Morgan, Lance und... und ich sind deine Freunde. Du kannst dich auf uns verlassen<, flüsterte sie, woraufhin Will anfing noch stärker zu weinen und zu schluchzen. Dabei klammerte er sich an sie, als wäre sie das einzige, was ihm gerade noch Halt gab. Lange blieben sie in dieser Position bis Will irgendwann erschöpft einschlief und Lilia sich behutsam von ihm löste. Sie legte ihn langsam aufs Bett, deckte ihn noch zu und verließ dann das Haus. Sie hatte etwas Dringendes mit jemandem zu besprechen. Sie musste zu Damien Omar.
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