Kapitel 2
Der Schultag verlief überraschend normal. Ich wurde zwar in jeder Stunde vor die Tür geworfen, was an sich jedoch nichts Ungewöhnliches war, aber dieses Mal lag es nicht daran, dass ich den Unterricht gestört hätte, sondern daran dass ich zu abgelenkt war.
Ich grübelte die ganze Zeit darüber nach, wie ich es geschafft hatte, mit einem einzigen Wort die Mülltonnen anzuzünden. Meine Wutausbrüche waren normal, sie waren der Grund dafür gewesen, dass ich bei meiner nächsten Schlägerei von der Polizei in den Knast gesteckt werden würde. Aber das mit den Mülltonnen war neu. Ich hatte nicht nur keine Ahnung gehabt, dass ich so etwas konnte, nein, ich hatte nicht einmal geahnt, dass überhaupt irgendein Mensch zu so etwas im Stande war. Für mich war das bisher Hokuspokus gewesen, nicht mehr. Einfach nur irgendwelche Tricks, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Weiß die Hölle wieso ich das jetzt auch auf einmal konnte. Doch sobald ich mal nicht darüber nachdachte, wie ich es geschafft haben könnte, die Mülltonnen in die Luft zu sprengen, vermutete ich hinter jeder Ecke die Polizei, die mich in den Knast stecken wollte. Da blieb ich dann lieber dabei mir über Taschenspielereien Gedanken zu machen. Bis zur Mittagspause zumindest, denn dort hatte Nora endgültig genug von meinen idiotischen Grübeleien und redete mir erfolgreich ein, dass mich schon niemand verhaften würde. Sie war der festen Überzeugung, dass die schon längst hier aufgetaucht wären, wenn man mich im Verdacht hätte, den Jungen zusammengeschlagen zu haben. Deshalb riet sie mir, den Vorfall einfach zu vergessen, was mir auch ziemlich gut gelang. Deswegen hätte allerdings fast mein Herz ausgesetzt, als Mr.Martin, der stellvertretende Schulleiter, mich mitten auf dem Flur von hinten ansprach.
>Mister Niels<, sagte er. Ich fuhr erschrocken herum und sah ihn mit grimmiger Miene dastehen. >Sie werden im Direktorenbüro erwartet<
>Wieso?<, fragte ich misstrauisch.
>Wegen der Geschehnisse von heute Morgen während der Busfahrt. Folgen Sie mir<, antwortete Mr.Martin, packte mich am Arm und zog mich hinter sich her. Das verstanden die Lehrer an unserer High-School unter 'jemandem folgen'. Es hörte sich so an, als hätte man eine Wahl, aber sobald man auch nur eine Sekunde lang zögerte, wurde man hinter ihnen her geschleift. Es sei denn man war das Kind von reichen Eltern, dann hatte man wirklich die Wahl.
Mr.Martin zog mich hinter sich her, bis wir vor dem Büro des Direktors waren. Dort ließ er mich los, warf mir einen strengen Blick zu und klopfte an die Tür. Jemand rief "Herein" und wir betraten den Raum.
Es war für mich nichts Neues hierher zitiert zu werden, allerdings waren bisher nie mehr als der Direktor und ich in dem Raum gewesen. Jetzt stand Mr.Martin hinter mir und auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch des Direktors saß ein Mann im Anzug. Er war so was an die sechzig, hatte blonde Haare, die schon fast komplett grau waren und eine Brille auf der Nase.
>Setz dich<, sagte Mr.Whitecloud, der Direktor. Ich tat wie mir geheißen und sah die Herren der Reihe nach an.>Wir sind sehr enttäuscht von dir, William<, fuhr er fort. >Wir wussten ja, dass du eine kriminelle Energie hast, aber Brandstiftung geht zu weit< Ich hatte nicht die geringste Ahnung, worauf er hinaus wollte, deshalb sah ich ihn einfach nur verwirrt an. >Wir haben deshalb beschlossen, dass du eine Therapie machen solltest. Mr.Smith hier ist der Leiter eines sehr guten Therapiezentrums und er hat sich bereit erklärt, dich kostenlos dort aufzunehmen<
>Ich soll in die Psychiatrie?<, fragte ich Mr.Whitecloud ungläubig.
>Nein, wie dein Direktor gerade gesagt hat, wirst du mit mir mitkommen und bei uns eine Therapie machen. Du wirst andere Jugendliche treffen, die dasselbe Problem haben wie du und die Therapie dauert, wenn du gut mitarbeitest, nur sechs Monate<, erklärte mir Mr.Smith. Also doch Psychiatrie, dachte ich.
>Und wenn ich mich weigere?<, wollte ich wissen.
>Dann kommst du vor Gericht und danach in das Jugendgefängnis. Du weißt, dass du dort hinkommen wirst, die Frage ist dann nur noch, wie lange du sitzen musst<, antwortete Mr.Whitecloud drohend.
Ich sah von einem Mann zum anderen. Keiner von ihnen sah auch nur im entferntesten so aus, als würde er mich irgendwie verarschen oder mich verteidigen wollen. >Also entscheide dich: Gefängnis oder diese sechs monatige Therapie<, sagte Mr.Martin. Mir blieb keine andere Wahl, als diese bescheuerte Therapie zu machen, das war mir klar, aber ich wollte vorher noch etwas wissen.
>Wenn ich diese Therapie erfolgreich bestehe, wird das dann trotzdem in meiner Akte stehen?<, fragte ich.
>Nein. Die Einträge werden alle gelöscht und die Polizei sieht von einer Haftstrafe und ähnlichem ab, wenn du diese Therapie machst<, antwortete mein Direktor. Das Angebot war echt verlockend. Keine Einträge mehr über meine Schlägereien, kein Gericht mehr und nie wieder Pflichtbesuche bei der Polizei. Und das alles nur für sechs Monate meines Lebens. Eine leichte Entscheidung.
Ich nickte und stimmte somit dem Aufenthalt in der Psychiatrie zu. Mr.Whitecloud atmete erleichtert aus. Er schien keine große Lust gehabt zu haben mich in das Gefängnis zu schicken, wahrscheinlich hatte er das aber nur nicht gewollt, weil dann alle mit Sicherheit wussten, dass es auf seiner Schule kriminelle Schüler gab. Das würde dem Ruf der Schule schaden, obwohl der eigentlich nicht schlechter werden konnte. >Gut, wir werden jemanden zu deinem Waisenhaus schicken, um deine Sachen von dort zu holen<, meinte Mr.Smith und stand auf. Ich sah ihn an. Er schien mich anscheinend sofort mitnehmen zu wollen.
>Sie meinen, meine Therapie fängt heute schon an?<, fragte ich, aber Mr.Smith ignorierte mich einfach. Er verabschiedete sich von meinem Direktor, reichte Mr.Martin die Hand und ging dann zur Tür raus. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Die Schule war menschenleer, was daran lag, dass alle Schüler im Moment Unterricht hatten. Deswegen blieben mir die amüsierten und abschätzigen Blicke der anderen erspart, aber mein "Therapeut" war auch nicht gerade gesprächig. Er beantwortete keine meiner Fragen, obwohl ich so an die hundert stellte. Er sagte mir auch nicht, wo dieses blöde Therapiezentrum lag oder wie meine Therapie aussehen würde. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr ignoriert zu werden und beschloss einfach nichts mehr zu sagen, in der Hoffnung das Mr.Smith dadurch ein schlechtes Gewissen bekommen würde. Natürlich bekam er keines, stattdessen ging er einfach unbeirrt weiter. Er sah sich nicht einmal nach mir um, um festzustellen ob ich noch da war. Ich mochte diesen Typ von Minute zu Minute weniger...bis ich sein Auto sah.
Sein Auto war eine schwarze Limousine mit verdunkelten Fensterscheiben. Sie sah aus, als wäre sie noch nie gefahren worden. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass die Königin von England in so einem Schlitten rumgefahren wurde, allerdings war es mir ein Rätsel, wie ein Direktor von einem Therapiezentrum sich eine so noble Karre leisten konnte. >Steig ein<, befahl mir Mr.Smith. Er deutete auf die Beifahrertür, die ich öffnete und mich dann auf dem Sitz fallen ließ. Von innen war die Limo noch prunkvoller, als es nach außen hin den Anschein hatte. Alles war aus Leder, die Sitze, die Verkleidung an den Türen, sogar die Decke. Zwischen dem Fahrersitz und der Rückbank gab es eine Scheibe, die verhinderte, dass man nach hinten sehen konnte, was ich echt schade fand. Ich hätte meinen Fahrer nur zu gern gefragt, ob er die Scheibe runter machen könnte, aber ließ es dann doch sein. Er sah nicht gerade so aus, als würde er so etwas tun.
Mr.Smith startete den Motor und fuhr los. Die Fahrt verlief genauso schweigend wie der Gang durch die Schule, nur dauerte die Fahrt länger. Das Schweigen wurde mir immer unangenehmer, vor allem deswegen, weil ich gerne redete. Und wenn es nur über das Wetter war, aber dieser Mr.Smith schien nicht gerade gesprächig zu sein oder auch nur eine Frage beantworten zu wollen. Gerade als ich mich doch dazu durchgerungen hatte, ihn nochmal anzusprechen, fuhr er auf einen abgelegenen Parkplatz. >Sind wir schon da?<,fragte ich vorsichtshalber nach. Es kam mir hier nicht gerade wie ein Therapiezentrum vor. Natürlich bekam ich keine Antwort, stattdessen stieg der Typ aus und befahl mir es ihm gleichzutun. Allmählich ging mir diese gebieterische Art noch mehr auf die Nerven als das Schweigen von vorhin.
>Komm, hier rein<,sagte Mr.Smith und deutete auf einen schwarzen Bulli, der ebenfalls verdunkelte Fensterscheiben hatte. Diese ganze Geheimniskrämerei ging mir dermaßen an die Nieren, dass ich stumpf stehen blieb. War mir doch egal, ob ich jetzt wie ein trotziges Kleinkind rüberkam.
>Ich werde da nicht rein gehen<, meinte ich entschlossen.
>Wie bitte?<, fragte Mr.Smith sichtlich entgeistert.
>So lange sie mir nicht sagen, was diese Geheimniskrämerei soll, Mr.Smith, werde ich nirgendwo mit Ihnen hingehen<
Plötzlich wurde die Fahrertür des Bullis geöffnet und heraus sprang ein weiterer Mann. Er war jünger als Mr.Smith, viel jünger. Seine Haare waren dunkelblond und er trug ein einfaches T-Shirt mit Jeans. Mit anderen Worten, keinesfalls so wie ich mir einen Mitarbeiter einer Klapse vorstellte. >Mr.Sleight, fahren sie in ihrer Limousine. Ich werde dem Jungen ein paar Fragen beantworten<, meinte der Kerl. Ich verstand nur Bahnhof. Wer zum Henker ist Mr.Sleight?
So wie es aussah, hatte ich mich wohl verhört, denn Mr.Smith drehte sich um, setzte sich hinter das Steuer der Limousine und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Ich sah der Staubwolke hinterher, die die Limo hinterlassen hatte. >Komm, Kleiner. Wir reden im Auto<, meinte mein neuer Fahrer. Er hielt mir die Tür zur Rückbank des Bullis auf. Nach kurzem Zögern folgte ich seiner Aufforderung und so kletterte ich hinein. Vielleicht würde ich ja endlich mal ein paar Antworten auf meine Fragen bekommen. Oder wenigstens einen Gesprächspartner.
>Also, ich hab einen Vorschlag: Zuerst stellst du mir eine Frage, dann ich dir und immer so weiter. Einverstanden?<, fragte mich der Typ.
>Von mir aus<,erwiderte ich. War mir egal, solange er nur weiter redete.
>Gut, dann fang du doch an<
Ich wusste nicht welche Frage ich zuerst stellen sollte, deshalb fing ich mit einer normalen Frage an. Etwas Normalität konnte ja nicht schaden. >Wie heißt du?<
>Mit der Frage habe ich jetzt echt nicht gerechnet<, meinte der Typ leicht glucksend, antwortete dann aber doch. >Mein Name ist Reginald Sleight<
Ich musste mir echt ein Lachen verkneifen. Trotzdem schien Reginald zu sehen, wie bescheuert ich den Namen fand. >Hey, ich hab mir diesen Namen nicht ausgesucht! Die meisten von uns haben solche bescheuerten Namen, das ist "Tradition". Nur weil dein Vater einen normalen Namen hatte...< Er unterbrach sich, als er bemerkte was er gerade gesagt hatte. Aber ich war hellhörig geworden.
>Du kanntest meinen Vater?<, fragte ich Reginald.
Er zögerte lange. Doch schließlich antwortete er leise: >Jeder bei uns kennt deinen Vater. Er war der Talentierteste und Beste von uns< Ich verstand kein Wort von dem was Reginald mir da sagte.
>Wie meinst du das? "Von uns"?<, wollte ich wissen.
>Er war einer von uns Magiern. Wir alle, auch du, haben magische Fähigkeiten<, antwortete Reginald traurig.
Hey:)
Tja, was glaubt ihr, hat es mit diesem "Mr.Smith" auf sich?
Oder habt ihr eine Idee welche Rolle Will in der Welt der Magier spielt?
Oder was mit Wills Vater passiert ist?
Wenn ihr die Antworten haben wollt, werdet ihr weiterlesen müssen.
Freu mich auf Kommentare, Feedback, Fragen und vielleicht, wenn ihr mögt Votes:)
Bye:-)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top