Kapitel 2

Kapitel 2

Langsam kam die Kutsche, die Freya zur magischen Akademie brachte, vor einem geschwungenen Torbogen zum Stehen. Je näher sie der Schule gekommen waren, desto mulmiger war ihr geworden. Schon von weitem aus hatte man eine große Kuppel, auf der ein Gebäude stand und mit anderen verbunden war, erkennen können. Die anderen Gebäude schwebten in der Luft, was sehr schön, gleichzeitig, aber auch sehr merkwürdig aussah. Für Freya sehr ungewohnt, da sie bisher noch nicht viele Erfahrungen mit Magie gemacht hatte. Sie verstand nicht, wie das möglich war.

Durch das geöffnete Kutschenfenster waren fröhliche Rufe zu vernehmen, die von einigen Schülern kamen. Diese ließen Freya zusammenzucken. So viele Menschen auf einmal behagten ihr überhaupt nicht und schon jetzt sehnte sie sich nach ihrem kleinen Dorf.

Der Abschied von ihrer Familie war ihr schwergefallen, doch ihre Eltern waren sehr stolz darauf gewesen, dass sie aufgenommen worden war.

Ihrem Vater ging es noch nicht besser, doch der Magier hatte ihr versprochen, dass man ihre Eltern unterstützen würde. Das ließ sie hoffen, dass dazu auch die medizinische Versorgung gehörte, die er brauchte.

Sobald sich die Kutschentür öffnete, nahm sie ihren winzigen Koffer in die Hand und stieg die kleinen Stufen hinunter. Sehr viel zum Mitnehmen hatte sie nicht, da sie nicht viel besaß. Sie trug ihr schönstes Kleid, das sonst nur für Feierlichkeiten herausgeholt wurde. Es wirkte zumindest sauber und hatte keine Flicken, doch es war sehr schlicht.

Ihre blauen Augen weiteten sich, als sie die gigantischen Ausmaße der Schule sah. Die Kuppel, die bereits vom Weiten so groß ausgesehen hatte, wirkte noch gigantischer.

Im Inneren beherbergte sie Gärten und Seen, die einen in eine andere Welt zu ziehen schienen.

Der Duft von Blumen lag in der Luft und Freya verstand nicht, wie das hier möglich war.

Zögerlich trat sie auf den Torbogen zu und überreichte die Schriftrolle dem Mann, der das Tor zum Inneren der Kuppel bewachte. Es war leicht geöffnet, aber nicht so, dass man einfach hineingehen konnte. Daher musste sie warten, dass der Wächter ihr dieses öffnete.

Dieser nahm die Schriftrolle, betrachtete sie und reichte sie Freya zurück, bevor er die gigantische Tür für sie weiter öffnete.

Der Geruch von Blumen wurde stärker und eine angenehme Wärme kam aus dem Inneren.

Von diesen Eindrücken förmlich erschlagen, blieb sie einen Moment stehen, um alles zu verkraften.

Tief atmete sie ein, fasste Mut und trat dann langsam vom Gras auf einen fein, aber natürlich aussehenden, gepflasterten Weg. Dieser schlängelte sich durch die Blumenbeete, Büsche und an Bäumen vorbei. Sogar das Zwitschern von Vögeln war zu vernehmen.

Den kleinen Koffer vor sich tragend, sah sie nach links und rechts, um möglichst viel zu erkennen. So viele verschiedene Blumen hatte sie noch nie gesehen. Dort, wo sie herkam, gab es nur eine begrenzte Auswahl an wildwachsenden Pflanzen, denn es herrschten teilweise sehr hohe oder auch sehr niedrige Temperaturen. Hier hingegen schien es eine angenehme und wahrscheinlich sogar dauerhafte Wärme zu geben.

Freya wurde von einigen lachenden Schülern überholt, die sie gar nicht beachteten. Einige schienen älter zu sein, denn sie wirkten erhaben und guter Laune. Ihre langen Mäntel erinnerten Freya an die, welche die Magier getragen hatten, auch wenn sie farblich nicht ganz passten. Die Magier, die sie geholt hatten, trugen alle roten Stoff, der mit sehr viel Gold verziert war. Die der Schüler waren blau.

Freya sah sich weiter um und konnte auch ein paar jüngere erkennen, die sich wohl genauso verloren vorkamen wie Freya. Diese waren sehr gut daran zu erkennen, dass sie ebenfalls einfache Kleider und keine Mäntel trugen.

Ihr Blick wurde auf einen See gelenkt, von denen sich mehrere unter der Kuppel befanden. Von ihm angezogen wich sie von dem gepflasterten Weg ab und begab sich dorthin, um ihn zu betrachten.

Wie klar das Wasser war! Viel mehr als die Seen und Flüsse, die sie bisher gesehen hatte.

Erstaunt und begeistert darüber strahlte sie, bevor sie in die Hocke ging und ihre Hand durch das kühle Nass gleiten ließ.

Ein leichter Schauer überzog ihren Körper und sie lächelte noch mehr. Es fühlte sich so rein an, dass sie das Gefühl hatte, dass es nicht nur Wasser war. War es magisch?

Ein Fisch sprang aus dem See und tauchte wieder unter. Dabei spritzte er sie nass, was sie kichern ließ.

Sie hoffte, dass sie außerhalb des Unterrichts Zeit haben würde, hierherzukommen. Da sie sowieso oft zurückgezogen war, würde das der perfekte Ort sein, wenn sie allein sein wollte.

Wie es hier wohl ablief? Noch hatte Freya keine Ahnung, wie der Unterricht sein würde.

Seufzend fuhr sie sich durch ihre weißblonden Haare und richtete sich wieder auf, um ihren Weg fortzusetzen. Sie würde einfach den anderen Schülern folgen, da sie nicht wusste, wohin sie gehen sollte.

Zwar hatte sie die gigantische Wendeltreppe in der Mitte der Kuppel gesehen, die scheinbar in den Himmel führte und dort endete, aber sie war sich nicht sicher, ob sie dorthin musste.

Die Treppe wirkte wie eine Ansammlung an schwebenden Stufen ohne Geländer und Halterung, sodass sie nicht gerade erpicht darauf war, hinaufzugehen. Es sah nicht aus, als würde das Gebilde jemanden tragen und doch konnte sie sehen, wie die Schüler nach oben liefen.

"Hallo, bist du neu hier?", erklang eine freundliche, aber recht tiefe Stimme und Freya blickte erschrocken auf. Sie erkannte einen großgewachsenen, jungen Mann mit kurzen, schwarz-blauen Haaren, sturmgrauen Augen und einer Brille, die ihn irgendwie unschuldig wirken ließ. Dabei sprachen seine Muskeln und der edle Stoff, den er trug, nicht gerade davon, dass er harmlos war.

Dieser Anblick sorgte dafür, dass sie ihren Kopf senkte.

„J-Ja?", fragte sie stotternd, anstatt eine richtige Antwort zu geben und wurde sogar leicht rot, weil sie ihn einfach angestarrt hatte. Sie war es nicht gewohnt, von wildfremden Menschen angesprochen zu werden. Schon gar nicht von Männern.

"Das trifft sich gut", sagte der Mann und sie konnte das Lächeln nicht sehen, das er ihr zeigte. "Ich auch. Lass uns also zusammen gehen", schlug er vor und reichte ihr die Hand. "Ich heiße Elias de Lun."

Etwas nervös nestelte sie an ihrem kleinen Koffer, der in diesem Moment das Einzige war, an dem sie festhalten konnte. Er sah älter aus, weshalb es sie erstaunte, dass er ebenfalls neu war.

Zögernd nahm sie Elias warme, aber erstaunlich weiche Hand und schüttelte diese. Ihre war im Gegensatz zu seiner sehr klein und schmächtig. „Freya Delacour", murmelte sie und wich seinem Blick aus. Stattdessen sah sie die Treppe nach oben und damit sie nicht in peinliches Schweigen verfielen, stellte sie eine Frage. „Ist das eine Täuschung oder müssen wir die wirklich nach oben gehen?", fragte sie vorsichtig. Da sie mit Magie bisher nichts zu tun gehabt hatte, wusste sie nicht, was wirklich der Realität entsprach und was nicht.

Elias folgte ihrem Blick. "Ich schätze, dass wir wohl wirklich dort hoch müssen", meinte er mit einem schiefen Grinsen. Dabei klang seine Stimme, als wäre er sich unsicher. "Ich muss gestehen, dass das für mich auch neu ist", gestand er und reichte ihr den Arm, damit sie sich einhaken konnte.

Überrascht hob sie ihren Kopf und warf ihm einen misstrauischen Blick zu. Hatte er Angst, dass sie fallen würde oder war das vielleicht dort, wo er herkam üblich?

Sein vornehmes Auftreten irritierte sie etwas und durch ihre schlichte Kleidung fühlte sie sich unordentlich und unpassend gekleidet. Zumindest, wenn sie sich mit ihm verglich. Er wirkte gepflegt und vornehm.

Ob er aus einer reichen Familie kam? Warum würde er sich dann mit ihr abgeben wollen?

Dass Fremde zuvorkommend und höflich waren, kannte sie nicht. Zumindest nicht in diesem Ausmaß.

Zuhause in ihrem Dorf hatten sich alle gekannt und sich gegenseitig unterstützt.

Fremden gegenüber waren sie dennoch immer misstrauisch gewesen, genau wie diese immer sehr distanziert gewirkt hatten.

Für einen Augenblick überlegte sie. Vielleicht war es gut, wenn sie zumindest jemanden hatte, der genauso neu war wie sie.

Eine Freundschaft würde ihr hoffentlich helfen, sich in einer ganz anderen Welt zurechtzufinden. Dabei hatte Elias nichts von einer Freundschaft gesagt. Trotzdem hoffte Freya darauf.

Deshalb nahm sie etwas zögerlich seinen Arm an, hielt aber einen kleinen Abstand zu ihm ein, bevor sie zusammen die ersten Stufen der Treppe erklommen. Etwas unsicher setzte sie einen Fuß nach dem anderen.

Der junge Mann an ihrer Seite war eine große Hilfe. Er wirkte, als würde ihn nichts aus der Ruhe bringen können.

Dass sein Blick ab und an auf ihr lag, bemerkte sie nur aus den Augenwinkeln. Als würde er sich Sorgen um sie machen, oder sie mustern.

Die Wendeltreppe zog sich endlos hin. Es ging immer weiter im Kreis nach oben und es schien kein Ende nehmen zu wollen. Nicht einmal der Himmel kam näher. Egal, wie weit sie gingen. Das war höchst merkwürdig.

Freya bekam Angst, dass man sie zur Seite schubsen würde, wenn sie zu langsam lief. Sie hatte schon davor beobachtet, wie sich einige Schüler einfach vorgedrängelt hatte. Deshalb beeilte sie sich etwas und durch die Nervosität verfehlte sie eine Stufe und verlor das Gleichgewicht.

Elias hielt sie jedoch fest, als würde ihr Fliegengewicht keine Rolle spielen. "Vorsichtig", sagte er sanft und stellte sie wieder hin. Dabei hielt er sie noch immer stützend, damit sie nicht gleich wieder fallen konnte.

Die junge Frau seufzte leicht zitternd auf und versuchte zu lächeln. „Danke", murmelte Freya mit klopfenden Herzen und vor Schock zitternden Beinen.

Erneut atmete sie tief ein und warf Elias einen kurzen Blick zu und nickte schließlich als Einverständnis, dass sie weitergehen konnten.

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