Kap. 84 Notlage

Arya pov

Ich hatte auf dieser Expedition mit wirklich allem gerechnet, zumindest dachte ich das, bis wenige Sekunden zuvor. Ich sah fassungslos zu, wie Hazel in einem Sekundenbruchteil durchbohrt wurde und in lila Nebel verdampfte. Es ging so schnell, dass ich nichtmal ein letztes Zeichen von ihr erfassen konnte. Weder einen Schrei, noch einen Aufruf auf Gedankenebene. Trotzdem streckte ich meinen Geist nach ihr, oder besser gesagt der lila Wolke, aus, nur um enttäuscht zu werden. Dort war nichts. Keine göttliche Präsenz, kein Geist, kein garnichts.

In diesem Moment drohte ich tatsächlich fast, von Panik überwältigt zu werden. Irgendwie erinnerte ich mich zurück an die verhängnisvolle Nacht, in der Durza uns angegriffen hatte. Auch damals musste ich zusehen, wie eine mir recht nahestehende Person umkam. Auch wenn Fäolin vielleicht doch etwas mehr als sie war, in beiden Fällen hatte ich das schreckliche Gefühl gehabt, völlig machtlos zu sein. Ich konnte ihn nicht retten, ich konnte sie nicht retten und auch wenn mich sein Verlust auf persönlicher Ebene viel heftiger traf, wurde eine logisch denkende Ebene sofort darauf aufmerksam, wie schlecht meine Chancen standen.

Selbst zusammen mit Eragon, der genau wie ich umfassende magische und kämpferische Fähigkeiten besaß, würden wir nicht im Ansatz die von Hazel aufwiegen können und wenn sie so schnell, so einfach und so grausam durchbohrt worden war, wie sollten wir dann hoffen zu bestehen.

Ich blickte zur Seite in Eragons schreckensweite braune Augen. Er schien in etwa das selbe zu denken. Ich formte mit meinen Lippen zwei Worte. ‚Weg hier!' Erst als wir in zügigem Schritt den Weg zurück gingen, fiel mir ein, dass ich auch unsere gedankliche Verbindung nutzen konnte. Wenn dies hier wirklich mit Fallen gespickt war, konnte die doppelte Aufmerksamkeit zweier Geister zusammen definitiv nicht schaden.

Der Schutz um seine Gedanken sah von weitem so solide wie eh und je aus, doch als ich mich so weit näherte, dass ich die geheime Hintertür nutzen konnte, sah ich, wie sich haarfeine Risse überall dort hindurch zogen. Jeder mit etwas Erfahrung konnte dort einbrechen. Ich jedoch nahm einfach den Geheimgang, und gab mich vorsichtig zu erkennen. Seine erste, fast augenblicklich einsetzende Reaktion war Panik und Verteidigung. Er versuchte hektisch, mich aus seinen Gedanken zu verbannen, doch ich schickte ihm einen starken Impuls, mit dem ich für ihn die Klarheit explizit meiner Anwesenheit stärkte. Er hörte auf, sich zu wehren, und ein wenig Dankbarkeit für meine Anwesenheit strahlte von seinem Innersten ab. Ich reflektierte dies zum Teil, um auch ihm dieses Gefühl zu vermittel .

Zeitgleich versicherte ich ihm mit sanfter Stimme: „Wir kommen hier raus. Noch wissen wir nicht, ob das Geschehene endgültig ist, aber egal wie, wir müssen berichten, was geschehen ist. Wenn Percy und Annabeth die Anführer sind, dann sind sie auch unsere beste Chance, sie zurück zu holen, oder zumindest Klarheit zu haben und selbst wenn es mit ihr zu Ende ist, ist das Mindeste, was wir ihr schulden, ihre Taten nach außen zu tragen und ihre Nächsten zu informieren, wie und wo sie umgekommen ist." Sein Geist sträubte sich spürbar, aber zur gleichen Zeit gab es da auch irgendwie einen Teil, der die Wahrheit erkannte.

Für Trauer ist später Zeit, jetzt haben wir erstmal eine Aufgabe. Bist du bereit, zumindest für diesen Zeitraum noch einmal alles zu geben?", fragte ich so rücksichtsvoll, wie es mir nur möglich war. Ich wusste, dass er sich noch immer sehr viele Gedanken über jeden einzelnen Tod machte, und deshalb stellte ich meine eignen Sorgen für den Moment hinten an. Auch wenn mir nicht viel besser zu Mute war als ihm, wusste ich, dass Selbstmitleid es auch für mich nicht besser machen würde. Jemand musste die Verantwortung übernehmen und er schien dazu gerade nicht befähigt. Es dauerte einen Moment, aber schließlich strömte mir Zustimmung entgegen.

Wir liefen durch die Gänge, immer Ausschau nach weiteren Fallen haltend. Nichts passierte jedoch, bis wir in einen weiteren Raum kamen, der sich von den anderen tausend kein bisschen unterschied. Warum ausgerechnet hier wusste ich nicht, aber ich hielt an und drehte mich zu Eragon. „Haben wir eigentlich irgendeinen Plan, wohin wir laufen? Wir laufen doch quasi planlos zurück." Auch er blieb stehen und schien sich erst da diesem Umstand bewusst zu werden. Da dadurch offensichtlich wurde, dass er sich auch noch keine Gedanken gemacht hatte, fragte ich: „Sollen wir einfach versuchen, diesem Labyrinth zu entkommen und Bericht erstatten oder lieber trotzdem versuchen, unsere Aufgabe zu vollenden und doch einen Weg nach oben zu finden?"

Er schwieg einen Moment und da nahm ich eine verschwommene Bewegung ganz am Rande meines Blickfeldes wahr. Wenn ich nicht gerade mental auf Flucht eingestellt und selbst dafür noch extra wachsam gewesen wäre, hätte ich vermutlich garnichts gemerkt, doch so drehte ich mich hastig zur Seite und sah, dass die Steine über dem einen Gang verschwunden waren. Dahinter sprang erst eine, dann zwei, dann ganz viele in schwarze Kapuzenumhänge gewandete Gestalten hervor. Jede von ihnen trug ein Schwert in der Hand und ich dachte garnicht erst darüber nach, dass sie vielleicht keine Feinde wären, sondern zückte sofort mein Schwert und drehte mich um neunzig Grad, bis ich Eragons Rücken an meinem spürte. Ich streckte meinen Geist nach seinem aus. Es dauerte nur einen Lidschlag und wir waren nicht mehr zwei individuelle Wesen sondern ein zweiteilig agierendes Team mit zwei Akteuren in der Realität. Ich probierte schnell eine Reihe einfacher Zauber aus, mit denen man effizient töten konnte, aber nichts zeigte Wirkung, also machte ich mich bereit, in einem langen Tanz aus Klingen und Tod zu versinken.

Gerade, als klar wurde, dass wir umzingelt wurden, also es war schon zuvor zu erwarten gewesen, aber rein theoretisch hätten sie auch alle der Reihe nach in Brisingr laufen können, sah ich, wie vor meinem Körper ebenfalls die Steine über den Gängen verschwanden und die selben Gestalten zum Vorschein kamen. Es begann ein wildes Gemetzel, was ich wie durch ein Wunder vorerst unversehrt überstand. Dann fiel mir und dadurch gleichzeitig auch Eragon etwas auf, von dem ich gerne behaupten würde, es wäre unser zweites Problem und die Tatsache, dass die Gewandeten übermenschlich schnell waren, wäre unser erstes, aber leider hatte die Liste unserer Probleme schon Stunden oder eigentlich Tage zuvor begonnen und war dabei mit immer höher werdender Geschwindigkeit länger geworden. Unser Möchtegern-zweites Problem war nämlich ausnahmsweise nicht ein Geschehnis, sondern einmal eben das Fehlen eines solchen.

Es fehlte der Lärm. Natürlich hörte man das Klirren von Metall auf Metall, aber das war wirklich alles. Keiner von ihnen stieß Kampfschreie aus und noch viel schlimmer, keiner schrie vor Schmerz. Ich hatte schon Dutzende an extrem schmerzhaften Stellen getroffen, doch es blieb still. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Mit mir meine ich gleichzeitig auch Eragon, weil er ja so direkt mit mir verbunden ist.

Sie spüren keinen Schmerz! Ich musste mich ernsthaft zusammenreißen, keine Panikattacke zu bekommen. Wir waren in unbekanntem Gebiet mit einer inzwischen verlorenen und einer toten Freundin zwischen magieresistenten Wänden ohne einen Weg hinaus von unzähligen schmerzunempfindlichen Supermenschen umzingelt. Das nächste Mal sollte ich wirklich vor einer solchen Expedition mein Testament machen. Ach richtig, alles was ich besaß, trug ich bei mir. Ein Schwert und meine Fähigkeiten. Zugegebenermaßen, ich besaß noch eine handgefertigte Rüstung von Rhunön, aber wem sollte ich die vermachen? Niemand, der nicht schon eine hatte, war auch nur ansatzweise in meiner Form.

Ja, ihr merkt schon, Prioritäten setzen fällt mir leicht. Ich fragte mich, ob und inwiefern Eragon von meiner optimistischen Denkweise beeinflusst wurde. Zumindest direkt schien es keinen Einfluss zu haben. Er kämpfte weiter und mehrere Minuten hielten wir auch stand, aber nach einiger Zeit kamen die ersten Verletzungen. Ein Gefallener schlug mir mit aller Kraft gegen das Schienbein. Ich hörte seine Fingerknöchel dabei brechen, aber es war trotzdem unangenehm. Eragon erwischte ein Streifschlag an der Hüfte, der zwar nicht direkt behinderte, aber mit Sicherheit bei einigen Bewegungen recht schmerzhaft werden würde.

Leider blieb es nicht dabei. Die meisten waren harmlos, einige schmerzhaft, aber richtig den Bach runter ging es erst, als Eragon einen Schwertknauf auf den Finger bekam. Dadurch konnte er sein Schwert nur noch mit einer Hand wirklich führen. Es ist wohl nicht schwer zu erraten, wie es weiterging. Nach wenigen Sekunden wurde er entwaffnet und da ich nun keine Rückendeckung mehr hatte, passierte mir das gleiche. Ich fragte mich, warum sie uns nicht einfach schon getötet hatten, doch ehe ich mir mögliche Gründe überlegen konnte, spürte ich einen Schmerz am Hinterkopf und verlor das Bewusstsein.

Roran pov Das wird jetzt zur Regel. Immer wenn jemand ohnmächtig wird, wird komplett der Handlungsstrang gewechselt. Und es werden gerade erstaunlich viele Leute ohnmächtig.

Mein Kopf pochte schon als ich meine Augen aufschlug, aber als ich wenige Sekunden später versuchte, mich aufzusetzen, wurde es so viel schlimmer, dass meine Arme wieder nachgaben und ich zurück ins Bett fiel. Moment, Bett? Warum lag ich in einem Bett? Ich strengte mich aufs Äußerste an, um die Erinnerungen wachzurufen. Da war ein Schuss und ein stechender Schmerz im Rücken. Dann höllische Qualen und dann nichts mehr. Mein Körper hatte sich scheinbar nur die extremsten Reize gemerkt. Leider waren alle verbleibenden extremen Reize Schmerz.

Ich blickte mich um. Ich war in einem nach meinem Lebensstandard riesigen Raum, der für adlige Verhältnisse aber vermutlich eher klein war. Außer dem Bett war nur ein kleiner Tisch mit einer Schüssel darauf im Raum. Ich sah eine klare Flüssigkeit darin, die ich für Wasser hielt.

Erst als ich letztere bemerkte, fiel mir auf, wie trocken meine Kehle war und jede Vorsicht außer acht lassend, da es ja theoretisch auch Gift sein könnte, trank ich fast das gesamte Behältnis leer. Ich fühlte mich schon viel besser, aber meine Kopfschmerzen waren immernoch schrecklich und so wartete ich wohl oder übel, dass sich von außen jemand die Mühe machen würde, nach mir zu sehen. Dies war natürlich für meine Gedanken die perfekte Zeit hervorzubrechen.

Ich war alleine ohne Beschäftigung oder Ende dieser Monotonie in Sicht. Ich wusste nicht ob wir gewonnen oder verloren hatten. Ich glaubte nicht, dass man mit Frank und Thalia auf seiner Seite wirklich noch verlieren konnte, aber etwas mulmig war mir trotzdem zumute. Vielleicht war das hier ein Gemach, in dem ich mich erholen sollte, während meine Männer die Stadt sicherten. Vielleicht war es auch eine Zelle in Urû'baens Zitadelle und ich würde gleich verhört und gefoltert werden. Diese Ungewissheit war schrecklich. Manchmal glaubte ich tatsächlich, es wäre mir lieber, alle grausamen Dinge, die auf mich warteten, zu wissen, solange sie klar waren. Lieber als nichts über die Zukunft wissend darauf warten zu müssen, dass etwas passieren würde. Es ist schrecklich. Schrecklich nichts zu wissen, schrecklich nicht aufstehen und etwas daran ändern zu können.

Leider kam so schnell niemand. Vielleicht war das ja gar kein so schlechtes Zeichen. Wäre ich in Gefangenschaft, wäre es sehr wahrscheinlich, dass ich permanent unter Beobachtung stehen würde. Inzwischen konnte niemand mehr, ganz gleich ob ich selbst oder des Königs Schergen, behaupten, dass ich zu unterschätzen wäre. Mich alleine in einem Raum zu lassen wäre solch eine Form des Unterschätzens. Ich wusste nur zu gut, dass es in dieser Situation hoffnungslos wäre, ich war körperlich in so schlechtem Zustand, dass ich mich nichteinmal aufsetzen konnte, geschweige denn aus eigener Kraft aus diesem Raum entkommen. Wenn die Tür nur angelehnt wäre, hätte ich vielleicht eine Chance. Vielleicht sogar wenn sie nur normal geschlossen wäre, aber wenn jemand abgeschlossen hätte, wäre das genug um mich für mindestens vierundzwanzig Stunden unbewacht lassen zu können.

Trotzdem glaubte ich nicht, dass Feinde das tun würden. Sie hätten mich ja aus einem bestimmten Grund gefangen genommen und dieser wurde selten nützlicher, wenn man wartete. Ich hoffte schlichtweg, dass ich nach diesem glühenden Schmerz einfach in ein Zimmer gebracht worden war.

So war es geschehen, wie sich herausstellen sollte. Leutnant Jardin betrat den Raum, nach einer gefühlten Ewigkeit, gefolgt von Tharos und Galiana. Im Türrahmen lehnte lässig Frank. „Bevor du gleich mit Fragen überrumpelt wirst, was unvermeidlich scheint, noch ein paar allgemeine Informationen. Die Stadt ist sicher, aber es wird noch nach einzelnen Soldaten gesucht, die dem Imperium aus freien Stücken treu bleiben, die Suche schreitet jedoch schnell voran. Von unseren Männern ist insgesamt etwa jeder zwanzigste gefallen, die Hälfte von ihnen von versteckten Schützen wie dem, der dich, Roran, getroffen hatte. Die, die sich ergeben hatten, nicht jedoch helfen wollten, sind in sicherer Verwahrung in den königlichen Gefängnissen. Bisher scheinen sich alle Überlebenden sehr vernünftig und im Hinblick auf die Bevölkerung der Stadt auch rücksichtsvoll zu verhalten. Es scheint als wüssten sie, dass sie nicht stark genug wären, um die Stadt auf Dauer zu kontrollieren, wenn sie ihre Zeit und Energie verschwendeten.

Zu unserem Vorteil lässt sich außerdem sagen, dass fast alle mit militärischen Grundkenntnissen ausgestatteten Bewohner kein Verständnis haben, wie ihr eingedrungen seid und sich deshalb nicht trauen, etwas zu unternehmen, schlicht weil sie deine Möglichkeiten nicht verstehen. Aus diesem Grund sind auch diese drei hier. Sie möchten dich dazu ausfragen. Sei dir dabei bewusst, du musst nichts sagen, aber du darfst alles sagen, was du selbst weißt. Auch eine kleine Einweisung würde sicher nicht schaden, denn sie haben wirklich kein Verständnis für ihre Lage." Mit diesen Worten endete Frank in dramatischer Stille.

Na großartig, jetzt durfte ich durch einen Nebel aus Schmerz, der meine rationale Denkweise stark einschränkte, unseren Plan erklären, sodass unbeteiligte es verstanden. Keine leichte Aufgabe, aber als mein Magen zu Knurren begann, war ich bereits soweit, dass die Erzählung uns bis zum Tor der Oberstadt geführt hatte. Ein guter Fortschritt. Leider erschien nicht von selbst Essen, sondern ich musste immer weiter und weiter Fragen beantworten. In einigen wenigen Situationen weigerte ich mich zu antworten, da damit zu viel Allgemeines über die Varden verraten werden würde, aber alles in allem erklärte ich sehr vieles bereitwillig.

Je länger die Befragung andauerte, desto beeindruckter schienen sie von meinen Taten. Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, etwas besser als andere Menschen zu sein. Waren diese Pläne nicht alle hauptsächlich von Glück geleitet gewesen und aus purer Verzweiflung entstanden? Zugegeben, ich war im Pläne schmieden weitaus waghalsiger gewesen, als nahezu jeder andere, aber nur weil diese Taten am Ende alle von Erfolg gekrönt gewesen waren, war das doch nicht so unmöglich. Als ich ihnen dies aussprach, wurde ich nur noch ungläubiger angeschaut.

„Wir mögen in diesem Krieg auf unterschiedlichen Seiten stehen, aber an diesem Punkt muss ich doch wider Eigennutz sagen, dass ich noch nie in meinem Leben einen Mann mit einer solchen Ideenvielfalt an Taktiken getroffen habe. Nicht nur das, auch Euer Mut, Euer Wagemut und Eure Entschlossenheit finden nicht ihresgleichen." Tharos Lob kam so überraschend, wie es mich misstrauisch machte. Er erklärte sich jedoch gleich in Anschluss. „Ein Lob an seinen Gegner ist vielleicht im Krieg untypisch, aber was habe ich zu verlieren? Eure Männer kontrollieren unsere Stadt und selbst wenn Ihr Euch hier auskuriert, sehe ich keine Chance, das Blatt noch zu wenden, spätestens nachdem die Hälfte unserer Armee sich Euch angeschlossen hat, etwas, was ich in meiner Erzählung außen vor gelassen habe. Ihr seid im Vergleich zu seinem Erfolg der vermutlich gnädigste Befehlshaber in der Geschichte Alagaësias.

Ich habe arge Zweifel, dass irgendjemand sonst am Boden liegenden Soldaten Gnade und Anschluss gewährt hätte, vor allem nach einer solchen Vorgeschichte. Genauso bezweifle ich, auch wenn das nur zum Teil in Eurer Verantwortung liegt, dass ein anderer meine Schwester aus einer solchen tödlichen Falle gerettet oder auch nur retten lassen hätte. Eine Handlung, für die ich nochmal meinen ehrlichsten Dank, erneut zu meinem eigentlichen Feind, wie merkwürdig die Welt doch ist, aussprechen möchte. Anders als Graf Halstead zähle ich Galiana tatsächlich zu meiner Familie, nicht nur im Hinblick auf den Stammbaum." Von der letzten Öffnung war ich vermutlich noch überraschter als von allem anderen Gesagten.

Auch Leutnant Jardin und Prinzessin Galiana hatten es wohl nicht erwartet. Entweder war der Flinke sonst nicht so flink mit dem vergeben von Komplimenten oder es ging schlichtweg um unsere einander gegenüberliegende Stellung. Zudem hatten während der letzten Sätze die Gesichtszüge der jungen Frau eine lange Reihe an Emotionen durchgemacht. Von Überraschung über Dankbarkeit und Freude bis hin zu offener Zustimmung war alles in einem fließenden Wechsel dabei.

Während ich mir die Gesichter der Anwesenden ansah und daraus zusammen mit bereits gesammeltem Vorwissen ein Bild von den jeweiligen Interessen, Motiven und Einstellungen der drei machte, formte sich in meinem Kopf langsam ein Plan. Ein riskanter Plan, der einiges an Abstimmung mit mehreren Leuten erfordern würde, aber dennoch einer der Pläne, für die mich der Hauptmann der Stadtwache, oder was davon noch übrig war, sowohl von der Stadtwache, als auch von seinem Titel als Hauptmann, mich eben noch komplimentiert hatte. „Ich danke Euch für Euer Bild von mir, Tharos, ich bitte Euch nun jedoch, diesen Raum vorerst zu verlassen. Ich werde Euch später wieder rufen, aber vorerst müssen einige Dinge geklärt werden. Aus diesem und aus dem Grund der Überwachung ist es euch allen in dieser Zeit nicht gestattet, das Gelände des Schlosses zu verlassen. Für den Aufbau von einem grundlegenden Vertrauen wäre es auch ratsam, nicht zu versuchen, uns zu entkommen oder sich zu verstecken. Achso, und Tharos...", begann ich noch eine Ergänzung, nachdem ich unmissverständlich drei der wichtigsten Verbleibenden in der Stadt vor die Tür gesetzt hatte. Genannter wollte den Raum bereits verlassen, aber bei der Erwähnung seines Namens drehte er sich wieder um und sah mich fragend an. „Ihr schuldet mir noch ein Glas Wein!", ergänzte ich mit einem schelmischen Grinsen.

Zuerst blickte er verwirrt drein, doch dann hellte sich sein Gesicht auf und er verdrehte die Augen. Offenbar waren mein Humor oder meine Prioritäten nicht ganz auf einer Wellenlänge mit ihm... oder natürlich der einfache Fakt, dass wir aus unterschiedlichen Situationen auf das Geschehen blickten. Einer von uns beiden hatte nämlich die Belagerung verloren und der Andere war ich.

Ich rief Frank zu mir und bat ihn, mir eine magische Verbindung zu Nasuada zu schaffen. Ich wusste, dass ihn keine für ihn bindende Regel davon abhalten würde, diese Aufforderung abzulehnen, aber trotzdem trat er zu mir heran und ließ seine Hand einmal über die Oberfläche schweben. Einen Moment später sah ich Nasuada gestochen scharf vor mir. Sie war gerade auf ein vor ihr liegendes Blatt fokussiert und bemerkte mich erst, als ich mich räusperte.

Sie blickte überrascht auf und mir direkt ins Gesicht. „Roran, es freut mich, dich am Leben zu sehen. Gibt es Neuigkeiten von eurer Belagerung?" Ich neigte den Kopf, so weit das in meinem Zustand möglich war, und antwortete: „Die gibt es Herrin, die gibt es."

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3073 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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