Kap. 74 Kampf im Geiste
Eragon pov
Es war Glück, dass wir als Team und nicht gegeneinander antreten sollten. Es wäre schließlich augenblicklich zuende, da wir ungehindert angreifen, aber absolut nicht abwehren könnten. Wir sollten zu dritt, Saphira, Arya und ich, gegen den alten Reiter und seinen Drachen antreten. Oromis konnte durch das Teilen seines Geistes mit Glaedr auch an unserem Unterricht teilhaben. Während bei den beiden Glaedr seine Kraft und Oromis seine Selbstbeherrschung beisteuerte, war es bei uns deutlich komplizierter. Von Saphira ging bei uns ganz klar die Kraft. Arya war in der Kontrolle ihrer Gedanken erzwungenermaßen möglicherweise sogar Oromis überlegen. Und ich... ich war vermutlich irgendwie die Verbindung und hatte irgendwie von beiden ein bisschen was. Ganz vielleicht hatte ich es geschafft, in den vergangenen Wochen und Monaten meine Fähigkeit im Analysieren der Mauern meiner Feinde auszubauen, aber ich glaubte nicht, dass ich darin auch nur ansatzweise so gut war, wie die anderen in ihren entsprechenden Bereichen.
Dieses Mal wurde nicht so sehr zwischen Angriff und Abwehr aufgeteilt. Wir mussten uns also gleichzeitig und unabhängig organisieren während wir versuchten, die Verteidigung der beiden zu überwinden, ohne unsere dabei selbst aufzugeben. „Heute bekommt ihr nochmal eine Minute Zeit zur Vorbereitung. In den nächsten Tagen wird es weniger", tönte Glaedrs uralte Stimme über seinen Seelenhort in meinen Kopf. Wie wir es aus seinem Unterricht inzwischen gewohnt waren, sprach selbst der alte Drache, insofern er überhaupt Worte verwendete, in der alten Sprache. Es war faszinierend, um wie viel leichter sie einem mit der Zeit fiel. Bis auf eine knappe Begrüßung und eine kurze Erklärung unserer Aufgaben am heutigen Tage, hatten wir jedoch heute noch nicht viel in ihr gehört.
Ich entschied mich, unsere Zeit nicht mit diesem Gedanken zu verschwenden, sondern bereitete mich darauf vor, uns zu vereinigen. Die größte Schwierigkeit dabei war, dass Saphiras Geist aus riesigen Tälern und Bergen bestand, die auf das Leben für wilde Tiere, bevorzugt mit Flügeln, ausgelegt waren, und ganz sicher nicht auf Städte wie die von Menschen oder Elfen. Ich hatte Übung damit, meine Städte in die Felswände zu bauen, wie die Elfen es mit Wäldern machten, aber mit Arya probierten wir das nun das erste Mal.
Das Ergebnis war alles andere als stabil, aber mit dem Verstreichen der Minute, die wir als Vorbereitung bekommen hatten, kamen wir zumindest soweit, dass wir eine Burg auf einem Berg hatten, die nicht einsturzgefährdet war. Das weite Land darum herum war von uns nicht weiter geschützt worden, da die wilde Natur einem Eindringling vorerst genug Probleme bereiten würde. Das ganze Konstrukt wurde von einer kristallinen, spiegelglatten Oberfläche geschützt, deren Farbe vom Saphirblau Saphiras Schuppen bis hin zum dunklen Grün der ältesten Bäume Du Weldenvardens immer wieder wechselte.
Auf magische Weise konnte jeder, der von drinnen kam, diese Wand aus beiden Richtungen durchqueren, ohne dass er aufgehalten würde. Die zugrunde liegende Idee dahinter war die selbe wie sonst zwischen Arya und mir. Im Inneren breitete sich die gewaltige Macht meiner Seelenpartnerin aus und sobald man sie verließ, versorgte ein dünner Faden einen mit dieser Kraft. Ich war recht stolz auf unser Ergebnis, aber ich wusste, unsere Chancen waren selbst mit dieser Verbesserung alles andere als optimal.
Nichts desto trotz schickte ich einen Fühler, soll heißen einen Beobachter, aus unserer Kuppel heraus, der den vor uns liegenden Wall inspizieren sollte. Da auch ihr Schutz zu großen Teilen von einem Drachen getragen wurde, bestand auch er aus einem Kristall, der starke Ähnlichkeiten mit dem Ei eines bald Schlüpfenden aufwies. In den Details zeigten sich jedoch große Unterschiede. Die Oberfläche war nicht spiegelglatt sondern rau und im Gegensatz zu unserer schien sie zu glühen.
Letzteres erinnerte mich an eine Geschichte, die ich vor Jahren in Morns Schankhaus gehört hatte. Sie hatte laut ihrer Erzählung einmal einen Bierkrug zu nah am Feuer stehen gelassen und da sie kein kochend heißes Bier trinken wollte, hatte sie es nach draußen in den Schnee gestellt, damit es abkühlte. Daraufhin hatte sie die Zeit wohl vergessen und so ergab es sich, dass, als sie Stunden später danach sah, der Inhalt des Kruges gefroren war. Dies war jedoch nicht das Entscheidende. Der Punkt, der mich auf diesen Gedanken gebracht hatte, war der, dass das Behältnis geborsten war. Genau genommen nicht nur das, sondern auch, dass sie die Splitter nicht zu einem festen Körper hatte formen können, als sie sie an das Eis anlegte, um leichter kleben zu können.
Es hatte also den Anschein, dass sich sehr heiße Flüssigkeiten beim Abkühlen scheinbar ausdehnten, sofern diese Geschichte nicht frei erfunden war. Es war schließlich nicht ausgeschlossen, dass dieses Ausdehnen auch für so feste Materialien wie Kristall gelten würden. Möglicherweise würde die Ausdehnung des Schutzes, auch wenn er eigentlich nur unseren Gedanken entstammte, diesen instabil machen.
Ich versuchte also, einen kleinen Teil der Mauer mit extremer Kälte zu bestrahlen. Zu Anfang gab es ein lautes Zischen und langsam wurde das rote Glühen an dieser Stelle schwächer. Währenddessen spürte ich, dass Oromis sich an unserem Wall zu schaffen machte. Er schien offenbar auch keine lokale Schwachstelle gefunden zu haben, wie beispielsweise eine Kerbe oder einen Abschnitt, in dem das Material dünner wäre, und versuchte nun, an einer kleinen Stelle ein Loch zu erzeugen, indem er große Teile der Kraft seines goldenen Gefährten auf sie losließ.
Arya reagierte schneller, als ich es jemals gekonnt hätte. Sie formte den Kristall an der entsprechenden Stelle so um, dass die gesamte Energie in einer Art Bogen ins Nichts geleitet wurde. Genau auf diese Weise war es auch einem schwächeren Magier möglich, sich vor den Angriffen eines stärkeren zu schützen. Es funktionierte nicht unendlich lange, da irgendwann die Energie des Angriffs auch die Ableitung einfach in Stücke reißen würde, aber bei Magiern, die nicht in vollkommen anderen Klassen der Macht waren, musste der angreifende Magier sich dann etwas Besseres überlegen. Saphiras Kraft war der von Glaedr zwar ganz klar unterlegen, aber nicht soweit, dass sie dessen Angriff nicht hätte ablenken können.
Derweil zeigten meine Bemühungen zumindest ansatzweise Wirkung. Zwar zerbarst die Verteidigung nicht, wie es im Idealfall gewesen wäre, aber es zeichneten sich vermehrt Risse in diesem Bereich ab. Noch ehe Glaedr oder Oromis diese wieder reparieren konnten, ließ ich alle Kraft, die mich von Saphira erreichte, in einen einzelnen dieser Risse fließen, um diesen zu vergrößern. Dabei bekam ich sehr direkt zu spüren, wie Glaedr versuchte, diesen Riss wieder zu schließen. Da er sich jedoch gleichzeitig darum kümmern musste, dass der Rest seiner Mauer nicht einstürzte, während ich mich ausschließlich auf diese eine Möglichkeit fokussieren konnte, gelang es mir langsam, diese Stelle zu vergrößern. Herzlichen Glückwunsch, mit falschen Annahmen einen funktionierenden Weg für richtige Ergebnisse ausgewählt.
Von da an war ich in einer extremen Luxusstellung. Ich hatte mein erstes Ziel erreicht und musste den Spalt nur noch offen halten. Das war zwar kraftintensiv, aber bei weitem einfacher, als erzwungenermaßen mehr Kraft aufzubieten, als der alte Drache. Das wäre nämlich die einzige Chancen die man hätte, wenn man keinen anderen Weg fand. Ich ließ aus unserem Geist Verstärkung hindurch fließen, die Oromis Energie abschneiden sollten, damit Arya mir ebenfalls helfen konnte, die Kontrolle im Angriff zu übernehmen.
Um den Körper eines Wesens zu übernehmen, muss man alle denkenden Instanzen in der Hauptstadt des Reiches einsperren, sodass sie keine Kontrolle über das umliegende Gebiet hatten, von wo aus die einzelnen Funktionen des Körpers, wie bewegen und sprechen, gesteuert werden würden. Auch das Aufstellen von geistigen Mauern konnte nicht von diesem Zentrum aus geschehen, weshalb es von da an auch möglich war, die vollständige Kontrolle über die geistigen Lande des anderen zu übernehmen.
Es gelang meinen Leuten tatsächlich recht schnell, die Kraftversorgung von Oromis von ihm selbst abzuschotten, da Glaedr sich immernoch darauf konzentrieren musste, mich an der Öffnung zu bekämpfen. Sobald das geschehen war, spürte ich Aryas Präsenz ebenfalls an dem Zugang. Gemeinsam gelang es uns, auch wenn das mehr ihr als mein Verdienst war, unseren Durchbruch zu weiten. Es war beeindruckend mitanzusehen, wie sie mit ihrer eisernen Beherrschung gegen jeden Ausbruchsversuch vorging und so mussten Drache und Reiter gemeinsam Stück für Stück zurückweichen, denn taktische Angriffe enttarnte sie sofort und solche, die auf roher Gewalt basierten, lenkte sie, wie schon zuvor, entweder ins Nichts oder mit etwas größerem Aufwand zurück oder gegen einen anderen Angriff. Auch wenn sie von der um Längen stärkeren Kraft von Saphira unterstützt wurde, erinnerte ich mich in diesem Moment ein weiteres Mal, warum man sich nicht mit ihr anlegen sollte und es besser war, sie als enge Verbündete zu haben. Natürlich nur im taktischen Sinne, ich hatte sonst genug andere Gründe.
Kurz bevor sie tatsächlich vollends die Kontrolle über Körper der beiden erreicht hatte, schallte Glaedrs gewaltige Stimme zu uns. „Genug!" In einem normalen Kampf wäre das vermutlich ein recht offensichtlicher Versuch abzulenken, hier jedoch hieß es wohl, dass wir die Aufgabe bestanden oder zumindest zum Ende gebracht haben. Arya hörte auf, die Geister zwei der ältesten, noch lebenden Wesen einzuengen und auch ich stoppte den kleinen Anteil, den ich dabei hatte.
In Oromis Worten schwang klarer Unmut mit, als er sagte: „Und hier zeigt sich mal wieder, wieso wir neue Reiter wie euch brauchen. Glaedr und ich mögen viel Erfahrung haben und sind sicherlich auch nicht schwach, aber gegen euch kommen wir bereits jetzt nicht mehr an. Ihr seid ein hervorragendes Team, auch wenn ihr noch nicht eingespielt seid." Danach wurden die Emotionen, die uns erreichten, noch negativer. „Es betrübt mich, das sagen zu müssen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende gegen Galbatorix nur ihr antreten werdet, ist sehr hoch. Gegen Murtagh, dem es noch in jedem Bereich massiv an praktischer Übung fehlt, können wir noch mit unserer Taktik ankommen, aber spätestens in Urû'baen wird die entscheidende Aufgabe euch zufallen."
Mit diesem Satz brach das eben noch vorhandene Elan und der Stolz über den Sieg in sich zusammen, wie ein Haus aus Stroh in einem großen Sturm. Noch immer hatte ich mich zum Teil der Illusion hingegeben, dass wir unser Bestes geben würden, aber am Ende Oromis und Glaedrs Erfahrung und Wissen uns den Weg zum Sieg ebnen würde. Eigentlich hätte ich es schon lange besser wissen müssen, aber Hoffnung hatte meine Vernunft wohl übertrumpft.
Sich scheinbar bewusst, was seine Worte bewirkt hatten, fügte Oromis einige Sekunden später an: „Nichtsdestotrotz werden wir bis dahin alles tun, um euch so viel wie möglich mit auf den Weg zu geben. Wenn ihr das, was ihr bereits habt, bis zum Limit ausbaut, seid ihr vermutlich bereits stärker als wir damals in unserer Höchstform. Ihr habt das Glück, jeder in unterschiedlichen Bereichen, besonders talentiert zu sein. Ich weiß nicht genau, wie das möglich ist, denn ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Drache und jemand, der kein Reiter ist, so fehlerfrei verbunden haben. Zwischen zwei Menschen, Elfen oder was auch immer ist es schwer, mit Übung allerdings möglich, da sich die Denkmuster, wie ihr beide wisst, stark ähneln. Drachen sind dabei jedoch eigentlich so grundverschieden, dass das nicht möglich sein soll. Gibt es irgendetwas, das ich nicht weiß?" Ich warf Arya einen kurzen Seitenblick zu, in dem ich sie um Hilfe bat, da ich nicht wusste, wie ich es am besten erklären sollte.
Und so geschah es. Sie erklärte Glaedr und durch ihn auch Oromis nach einem kurzen Schwenk über die Art, wie sie davon erfahren hatte, von dem Inhalt dieser doch recht ungewöhnlich Magie. Da auch unsere beiden Lehrmeister bereits von dieser Magie gehört hatten, dauerte es nicht ganz so lange, wie als sie es mir damals erklärt hatte, jemandem, der keine Ahnung davon hatte. Daraufhin folgte eine Weile lang Stille. Vielleicht diskutierten sie gerade, ob sie uns erklären sollten, wie schlecht diese Idee war, vielleicht waren sie beide eingeschlafen.
„Das erklärt auf jeden Fall, wie es euch möglich war, so gut zusammenzuarbeiten. Ich kann nicht sagen, dass wir dieses Experiment, viel mehr ist es nicht, in Anbetracht des geringen Ausmaßes, in dem diese Magie erforscht ist, gutheißen, aber wir verstehen, dass dramatische Zeiten, wie diese es sind, auch drastische Maßnahmen fordern. Ihr scheint damit umgehen zu können, also hat es auf jeden Fall Vorteile, unseren Glückwunsch.
Das Letzte, was wir euch dazu mitgeben wollen, ehe wir euch in eure wohlverdiente Freizeit entlassen, ist noch eine Warnung. Mit neuer Kraft geht immer neue Verantwortung einher. Sowohl im Hinblick auf reine Stärke, als auch dahingehend, dass ihr beide Zugang zu Geheimnissen habt, die der jeweils Andere vermutlich nicht in fremder Hand sehen will, wenn ihr versteht, was ich meine. Wir halten euch beide für vernünftig, aber die Fehden, die durch solche Dinge schon entstanden sind, sind mindestens ebenso tiefgreifend wie sie einem Mord an einer vertrauten Person folgen könnten. Persönliche Geheimnisse sind, zusammen mit den Geliebten, der größte Schatz, den ein Lebewesen haben kann. Merkt euch das!"
Es war selten, dass man einem Elfen solche Emotionen aus der Stimme ablesen konnte, aber in diesem Fall ließ sich Oromis durchaus anmerken, dass diese Warnung ihm persönlich wichtig war, nicht nur eine Frage von Routine. Leise, wenn man das über Gedanken überhaupt sagen kann, dafür aber um so düsterer, fügte er noch hinzu: „Bei drei der Abtrünnigen ist sicher bekannt, dass ihre Abwendung mit so etwas zusammenhängt. Bei zwei weiteren besteht der Verdacht."
Ich muss zugeben, der kalte Schauer, der mir über den Rücken lief, als ich das hörte, reichte aus, um mich für mehrere Sekunden von klaren Gedanken abzuhalten. Als wäre nichts gewesen, verabschiedete er sich Sekunden später, wieder in gütigem Ton. „Ihr habt euch heute gut angestellt, nun dürft ihr euch erholen. Einen schönen restlichen Tag noch." Auch wenn seine Wortwahl sehr ironisch klang, wirkte er vollkommen ernst, was den Inhalt anging.
Anhand der Tatsache, dass sofort danach die Verbindung abbrach, wuchsen in mir durchaus Zweifel daran, ob er wirklich so schnell wieder positiv gestimmt war. Nach einem Moment des Überlegens klopfte ich nochmals an den Toren von Glaedrs Geist. Als keine sofortige Reaktion folgte, wartete ich. Schließlich öffnete sich ein kleiner Spalt in dem Wall aus Gedanken. Ich wusste, dass er mich hören würde, also sagte ich: „Richtet Ebrithil Oromis bitte aus, dass wir seine Worte beherzigen werden. Wir halten das Gebot des Vertrauens ein und werden uns nicht so in die Irre führen lassen, wie es die Abtrünnigen einst taten. Wir werden aus diesen Fehlern lernen." Ich sprach weiterhin in der alten Sprache, um keinen Zweifel an der Absicht und dem Wahrheitsgehalt meiner Worte zu lassen.
Es folgte eine weitere Pause, die ich jedoch ebenfalls bereitwillig abwartete. Schließlich schwemmten ein weiteres Mal Emotionen und Sinneseindrücke von ihm ausgehend durch meinen Kopf. Es ist nie ganz leicht, diese Art der Kommunikation zu deuten, wenn man nicht damit aufgewachsen war. Neben der häufigen Unordnung darin war das auch der Tatsache verschuldet, dass es oft keine direkte Entsprechung gab. Trotzdem war ich mir recht sicher, dass die vorherrschenden Empfindungen am ehesten Anerkennung und einem gewissen Maß an Respekt gleichkamen. „Ich werde es ihm sagen, Eragon Finiarel. Auch wenn wir nichts anderes erwartet haben, ist eine so klare Bestätigung immer ein gutes Zeichen und wird Oromis mit Sicherheit helfen, seine Gedanken zu ordnen. Ihr wisst, dass er eine sehr individuelle Fehde mit den Verrätern hat. Ich danke euch."
Ich wollte noch mit einem sinngemäßen Synonym von ‚Gern geschehen' antworten, aber da war die Verbindung bereits wieder verschwunden. Etwas hilflos sah ich mich nach Arya um. Sie schien ebenso wie ich besorgt, denn es war wirklich selten, dass Oromis mit Erinnerungen zu kämpfen hatte. „Es war gut, dass du das noch nachgesetzt hast, Eragon. Mehr können wir nicht tun."
Ich nickte, auch wenn mir der Umstand nicht gefiel. Es war nicht unwahrscheinlich, dass er morgen bereits wieder ganz der alte war. Bis dahin konnten wir nur abwarten.
Nach einem kurzen Zögern, verließen wir schließlich das Zelt. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch garnicht, was ich nun eigentlich vor hätte, aber das löste sich wenige Minuten später von selbst, als ich von hinter mir eine mir gut bekannte Stimme meinen Namen rufen hörte.
Roran pov
Die Sonne war noch nicht aufgegangen und Nebelschwaden lagen über der gesamten Landschaft. Wir standen an den Mühlen, wo die Umsetzung meines Planes beginnen sollte. Die Moral meiner Männer in den letzten Tagen war enorm gewesen. So enorm, dass wir sogar noch schneller gewesen waren, als ich in meinem ursprünglichen Plan vorgesehen hatte, was mich ein weiteres Mal in meiner Auffassung bestätigte, die Leistung eines Menschen wurde nicht wirklich von seinem Körper bestimmt, sondern von seiner Einstellung und Motivation, die er einem Verhalten zumaß. Vom Abbau und Transport bis hin zur Vorbereitung Vorort, an jeder Stelle waren die Leute ehrgeizig am Werke und verzichteten sogar auf jede Pause, die sie irgendwie entbehren konnten, soweit ich das feststellen konnte zumindest.
Die Letzten, die direkt an dem Angriff teilhaben sollten, kletterten auf die vorne mit Schiefer verstärkten Barken, die einst das Korn von der Stadt zur Mühle und zurück transportiert hatten. Wir waren nicht mehr als fünfhundert Mann, lächerlich im Vergleich zu den Verteidigern, aber zum einen konnten wir nicht mehr transportieren und zum anderen war jeder, der Kämpfen konnte, aber nicht mit an Bord war, zu unserem Ablenkungsmanöver oder dem letzten Schritt für unseren Angriff eingeteilt.
Angespannt warteten wir, über das gesamte Gespann der Getreidebarken verteilt, auf das Signal zum Beginn unserer Operation. Für höhere Chancen Sieg sollten am anderen Ende der Stadt einige der Soldaten, die nicht mehr an Bord gepasst hätten, einen kleineren Angriff auf die Mauern starten und mit Schützen und Katapulten auf die Soldaten auf den Mauern schießen. Mit etwas Glück würden daraufhin viele, vielleicht sogar alle Wachposten an diesen Teil der Mauern gehen und wir bestenfalls unbemerkt in den unterirdischen Hafen rauschen.
Ich stand auf dem vordersten Kahn, da ich grundsätzlich die Auffassung hatte, als Anführer war man nicht nur für das Erteilen von Befehlen zuständig, sondern auch für die Moral der Truppen und den Kampf an sich. Ich wusste nur zu gut, dass die Kampfmoral deutlich höher war, wenn man sah, dass der Anführer mit kämpfte, mit schwitzte und mit litt. Davon, dass es einem viel mehr Autorität verlieh einmal abgesehen. Niemand würde den Befehl eines Hauptmannes missachten, der gerade in der Reihe vor einem selbst Soldaten niedermähte.
Aus der Ferne war ein Horn zu hören, das Zeichen, dass das Ablenkungsmanöver begonnen hatte. „Löst die Dämme auf!", brüllte ich meinen Leuten zu. Die einzelnen Stufen, in denen das Wasser aufgestaut wurde, hatten wir in den letzten Tagen so weit untergraben, dass das Lösen von zwei Halteseilen hoffentlich dafür sorgen würde, dass die gesamten Wassermassen los rauschen und unseren unten liegenden Konvoi aus Booten mit sich zur Stadt reißen würde.
Zugegebenermaßen, das Ganze war mehr als nur riskant, da es jederzeit passieren konnte, dass ein Boot sich quer stellte, sich überschlug oder unter dem enormen Druck der Wassermassen zerbrach und damit vermutlich fast alle von uns töten oder schwer verletzten würde, aber von diesem Glück waren wir nunmal abhängig. So wie von hundert anderen Glücksfaktoren, über die ich mir noch keine Gedanken machen konnte.
Die Soldaten hieben mit ihren extra dafür mitgenommenen Äxten schwungvoll auf die Holzpflöcke, die die hereinbrechenden Wassermassen aufhielten, ein, bis sie barsten und das aufgestaute Wasser in einer gewaltigen Sturzflut hinab bis zu unseren Kähnen strömten. Die verantwortlichen sprangen in letzter Sekunde zur Seite und entkamen so alle mehr oder weniger knapp den Kaskaden.
Für die Dauer der Fahrt hatte ich ganz bewusst meinen Hammer weggesteckt, um mich auf der vordersten, mit Schiefer beladenen und damit gefährlichsten Barke, besser festhalten zu können. Als sich die Wassermassen näherten, griff ich so fest zu, dass meine Fingerknöchel weiß wurden, doch selbst das war nicht genug. Der Ruck riss meine Hände los und mich ließ er nach hinten stürzen. Ich überschlug mich mehrfach, ehe ich versuchte, bei dieser extremen Geschwindigkeit wieder ein stabiles Gleichgewicht zu finden.
Ein Glück war es eine einmal-Aktion, da die Boote nun von der Welle getragen wurden und somit dauerhaft enorm schnell waren. Der Sturm hatte begonnen.
---------------------------
3288 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top