Kap. 59 Angriff
Nasuada pov
Es war mal wieder so weit. Wir hatten Belatona vor wenigen Tagen erreicht und am vorigen Abend waren auch die wenigen nötigen Vorbereitungen beendet worden. Es war noch recht früh, da uns die Sonne so im Rücken stehen würde. Da wir in kurzer Zeit lange Strecken zurücklegen mussten, hatten wir kaum wirkliche Kriegsmaschinen. Wie uns Leo auf überaus eindrucksvolle Weise demonstriert hatte, war ein Rammbock keines falls nötig um eine Stadt zu betreten und so hatten wir diesen nur zur Sicherheit aufgebaut. Jede Einheit stand auf Position und wartete nur noch auch meinen Befehl.
Jörmundur hatte mich überredet, fast schon gezwungen, beim ersten Ansturm nicht allen voran zu auf die Mauer zuzureiten. Ich wusste, dass das vernünftig war, aber eigentlich gefiel es mir nicht, den ganzen ersten Teil des Tages nur von hinten die Befehle zu erteilen. Es war natürlich richtig so, aber lieber hätte ich beides getan. Kämpfen und befehlen.
Ein Blick über die Schulter verriet mir, dass es in wenigen Augenblicken so weit wäre. Man konnte bereits das Licht der Sonne sehen, nur der feurige Kreis selbst fehlte noch... ob es jetzt etwas göttliches wäre oder nicht. Das war ohnehin ein Thema, bei dem ich beschlossen hatte, dass es am sichersten für mich wäre, wenn ich nicht mehr darüber nachdenken würde als nötig.
Dann erschien der goldene Schein der Sonne über dem Horizont. Genau auf dieses Signal hatte ich gewartet und so rief ich: „Krieger, es ist einmal mehr so weit. Nach Belatona wird uns nur noch eine weitere Stadt im Weg stehen, ehe wir endlich für Gerechtigkeit sorgen können. Wir wissen alle, dass dieser Feldzug der Letzte sein wird, der jemals eine Chance auf Erfolg hat, deshalb kämpft. Kämpft für die Freiheit. Kämpft für den Frieden und gegen die Dunkelheit.
Wir lassen uns nicht aufhalten denn wir kämpfen nicht weil wir müssen, sondern weil wir der Grausamkeit und Ungerechtigkeit ein Ende bereiten müssen. Varden, in die Schlacht!" Dabei riss ich meinen rechten Arm mit dem Schwert in der Hand in die Luft. Ich hatte aus mehreren Quellen, abhängigen wie unabhängigen, gehört, dass diese Art Reden mehr Willen und Zusammenhalt schaffen, als irgendeine von Orrin könnte.
Besagter König tat etwas für ihn sehr untypisches. „Ihr habt sie gehört. Für Surda und für die Varden." Er stimmte mir zu. Allerdings hatte ich extra versucht, die Nennung solcher spezifischen Gruppen zu verhindern, da die Varden inzwischen von so vielen Gruppen unterstützt wurden, dass man immer jemanden vergessen und damit beleidigen würde. Es blieb dabei, der Monarch war mehr für das Labor geeignet als für den Thron... aber was sollte man machen?
Nun war jedenfalls nicht der Zeitpunkt, weiter über die Regierungsfähigkeit von Monarchen zu diskutieren sondern es ging in den Angriff. In der ersten Reihe konnte ich einwandfrei Roran sehen. Es gab nur wenige, die mit dem Hammer kämpften und noch weniger, die so viel Einsatz in der ersten Reihe zeigten. Nach seinem erfolgreichen Auftrag, dessen Ziel die Stärkung der Beziehung zu den Urgals gewesen war, hatte ich ihm sein eigenes Kommando gegeben. Er war kein Hauptmann, noch nicht, aber wenn er weiter so viel Erfolg hatte, würde das nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Nachdem er erst so kürzlich geheiratet hatte, hatte ich ihm von einem Boten ein Angebot über die Möglichkeit, bei diesem Angriff auszusetzen, zukommen lassen doch er hatte unmissverständlich klargestellt, dass für ihn die Stadt Priorität hatte. Mit seinen Worten: „Feiern können wir, sobald wir überlebt haben!"
Ich verstand diese Einstellung nur zu gut. Lieber noch einige Wochen oder Monate warten und dann feiern und das Leben genießen, statt sich jetzt eine Woche über die neue Eheschließung zu freuen und danach tot und vergraben zu sein. Nicht wirklich optimistisch, aber realistisch und sollte er doch vorher umkommen, so glaubte er wie die meisten, dass er im Nachleben für seine Taten belohnt werden würde... was, wie ich inzwischen wusste, garnicht so weit von der Wahrheit entfernt war, aber das war jetzt nebensächlich.
Als unsere Leute nur noch wenige Dutzend Meter vom Tor entfernt waren, explodierte dieses ohne nach außen hin ersichtlichen Grund. Ich wusste es natürlich besser, es war die göttliche Magie, die das zu verantworten hatte. Vermutlich Leo, der meiner Kenntnis nach enorm viel Spaß daran hatte, Dinge in die Luft zu jagen und zu zerstören. Dieser neu geschaffene Eingang wurde mit Jubel auf unserer und entmutigtem Stöhnen auf Seiten unserer Feinde quittiert, welches sich noch verstärkte, als hinter mir Eragon und Saphira in den Himmel aufstiegen. Ich sah sie nicht, spürte aber wie Saphiras Flügelschläge die Luft vibrieren ließen.
Ein riesiger Schatten glitt über mich hinweg und die blaue Drachendame flog auf den Platz hinter den Toren. Belatona war von der Bauweise einzigartig unter den Städten der Menschen. Hinter dem Stadttor gab es im Prinzip nur einige wenige freie Plätze, denn ein riesiger Gebäudekomplex füllte fast den gesamten Bereich hinter den Mauern. Man konnte von jedem Haus in jedes Haus und sogar in die Burg kommen, ohne die Straßen überhaupt zu betreten. Für uns hatte das Vor- und Nachteile. Sobald wir eine Tür gestürmt hätten, hätten wir quasi Zugang zum gesamten Innenleben der Stadt. Der größte Nachteil, jede Straße war von mehreren Bögen überbaut, aus denen zum einen Soldaten schießen konnten, aber vor allem, die Saphira daran hinderten, weiter vorzudringen. Sie könnte sich kaum bewegen, nicht unter den Bögen durchkriechen und sie nicht einreißen, da dies den Durchgang für jeden Krieger mit menschlichen Fähigkeiten blockieren würde.
Ihrer Haltung zufolge hatte sie das auch bemerkt. Sie hatte wie ein blau schimmernder Hügel den halben Marktplatz, welcher direkt am Eingang lag, besetzt und schlug nun mit Schwanz und Pranken einen Soldat nach dem anderen nieder, machte jedoch keine Anstalten, weiter vorzudringen. Hinter ihr stürmten bereits die ersten Reihen an Kriegern auf den Platz und mischten sich ebenfalls in das Getümmel ein. Außer den Körperteilen, die sie zum Kämpfen brauchte, waren alle Richtungen von Percys Freunden geschützt. Ich sah zwei Paare, die sich Rücken an Rücken durch die feindlichen Reihen schlugen. Zum einen waren das Percy und Annabeth, die tatsächliche fast wie eine vierarmige Einheit kämpften und wortwörtlich alles vor sich nieder mähten. Das andere waren Eragon und Arya. Da ich sie als zweites sah, war ich zuerst nicht allzu beeindruckt doch sobald ich das Gemetzel neben ihnen ignorierte, war auch ihre Zusammenarbeit faszinierend und auch sie wurden schnell mit vielen Feinden fertig.
Die zwei Pärchen kämpften sich immer weiter auf das vergitterte Tor des Burgturms zu. Saphira musste zwar in der Mitte bleiben doch das lodernde Inferno, welches aus ihrem Maul kam, kostete noch mehr Soldaten das Leben als das Schwert ihres Reiters. Wir hätten natürlich auch versuchen können, den Turm von innen einzunehmen, indem wir eines der nahestehenden Gebäude betraten und uns von dort durch die Wachen ins Herz der sogenannten Festung schlugen. Das Problem wäre dabei, dass die Gänge eng waren und somit durch ihre Unvorhersehbarkeit deutlich mehr Gefahren bargen.
Besagte Festung war jedoch eindeutig nicht auf Belagerungen ausgelegt sondern sollte so aussehen. Es gab Mauern und alles, aber sobald man es genauer inspizierte, war das Gebiet weder schlau angeordnet, noch gab es irgendwelche besonders gefährlichen Waffen. Auch deshalb hatten wir uns gegen die Einnahme von innen entschieden. Von außen drohten außer den Bogenschützen auf den Wehrgängen keine Gefahr, aber innen wären eben die besagten Gänge.
Wir, beziehungsweise in diesem Fall ich, da es am Ende meine Entscheidung war, die unser Vorgehen bestimmte, waren nicht bereit, die Opfer solcher Blutbäder auf engstem Raum in Kauf zu nehmen, insbesondere wenn die Burg auch von außen vergleichsweise erbärmlich geschützt war, und so war ein frontaler Ansturm hier tatsächlich das Prinzip unseres Vorgehens.
Ich war noch immer recht weit hinten in unseren Reihen und konnte so nur grob den Vorgang beobachten, aber es sah erstmal vielversprechend aus. Man hörte viele Schreie, aber den größten Teil hatte dabei Kampfgebrüll. Hin und wieder flogen zusätzlich zu den Pfeilen beider Seiten einzelne Lanzen oder Speere zu den auf den Wachgängen stehenden Soldaten. Einige wenige davon, nämlich die, die von Percys und seinen Freunden kamen, explodierten auch in bunten Flammen. Blau, grün, seltsamerweise grau und lila, alles war vertreten. Ich glaubte zu erkennen, dass diese untypischen Projektile gefallenen Soldaten, priorisiert von den imperialen Truppen, gehört hatten und nun verwendet wurden, da sie sonst auf dem Boden liegen würden und so nützlicher wären. Das war aber wirklich nur Spekulation, mehr als das Bücken und danach Werfen von ihnen sah ich nicht.
Wie auch bei den Speeren kamen nicht alle Pfeile, die in Richtung unseres Feindes flogen, von unseren Bogenschützen hinter den Mauern. Einige kamen auch aus der Nähe von Saphira. Einige von Percys Freunden hatten entweder keine andere hochwertige Waffe oder zogen den Fernkampf den anderen Techniken vor. Was auch immer davon der Wahrheit entsprach, es war eindeutig, dass sie die beste Trefferquote hatten. Natürlich war ich noch immer nicht nah genug um sicher zu sein, aber ich hatte von ihnen bisher keine fünf Pfeile daneben fliegen sehen, und diese wenigen waren der Tatsache verschuldet, dass einer der anderen schneller gewesen war und der Soldat bereits tot umkippte. Wirklich, ich wollte mir nicht vorstellen, wie das Ganze aussehen würde, wären sie auf den Zinnen und würden auf uns schießen. Ich wäre wohl ihr erstes Ziel und hätte damit quasi keine Überlebenschance.
Auf einmal hörte ich ein schepperndes Geräusch. Zuerst wunderte ich mich, dass ich es über den Lärm der Schlacht hinweg hören konnte, aber dann sah ich, dass es von dem vergitterten Tor am Fuße des Burgturms kam, welches langsam hochgezogen wurde. Innerlich wünschte ich mir natürlich, dass es ein Bote wäre, der eine Kapitulation vorlegen würde, aber ich wusste, dass das nicht der Fall war.
Fürst Bradburn war meinen Informanten nach nicht die Art Herrscher, der in irgendeiner Weise Zugeständnisse machen würde oder das Leben seiner Männer über den Tod einiger weniger unserer Verbündeten stellen würde. Des Weiteren sollte es ihm verboten sein, da jeder im Imperium auf einer Führungsposition einen Treueid leisten musste und dieser garantiert eine solche Kapitulation unterband.
Fürstin Lorana war der beste Beweis gewesen. Sie hatte klar gemacht, dass sie uns helfen wollte, und das inzwischen auch betätigt und bewiesen, doch ehe Percy und Annabeth sie von dem Schwur befreit hatten, war sie nicht in der Lage gewesen, uns unsere Arbeit irgendwie einfacher zu machen. Wenn unser Feind nun wirklich unser Feind war und nicht dazu gezwungen wurde, konnten wir uns sicher sein, dass diese Öffnung alles bedeuten konnte, aber ganz sicher keine Kapitulation.
Ich sah mich um und stellte fest, dass in diesem Moment niemand von uns in der Nähe des Tores war. Percy, Eragon, Annabeth und Arya waren mehre Dutzend Fuß und fast ebenso viele Soldaten davon entfernt und trieben diese gerade Stück für Stück zurück in die Straßen. Sie waren so in diese Aufgabe vertieft, dass scheinbar niemand von ihnen etwas davon mitbekam. Zumindest bei Percy und Annabeth bestand die Chance, dass sie das nur imitierten, aber wenn das so sein sollte, wäre es schleunigst an der Zeit zu handeln.
Das Gitter war nun auf gut acht Fuß hochgezogen und das sich dahinter befindliche Portal, durch welches man normalerweise eintreten würde, sofern man ein willkommener Gast war, wurde nach innen geöffnet. In vollem Galopp preschte dahinter ein Pferd samt Reiter hervor und trampelte alles nieder, was sich in seinem Weg befand, und seien es die eigenen Leute. In der Hand hielt der Reiter eine grüne Lanze, die merkwürdig matt leuchtete und an einigen Stellen funkelte. Man konnte sofort erkennen, dass diese Waffe nicht normal war und vermutlich ein riesiges Arsenal an Magie darauf lagerte, aber ich hatte noch nie etwas vergleichbares gesehen.
Das Pferd rannte fast ungehindert weiter in Richtung Saphira und dabei trat der aufsitzende Mann ihm immer schneller und fester in die Flanken. Unnötige Tierquälerei, es war deutlich, dass der schwarze Rappen bereits so schnell galoppierte, wie er konnte. Nicht dass es sinnvolle Beispiele davon gäbe, aber das war besonders eindrucksvoll. Gibt es wohl! Pinke Kröten in pinken Kleidern, pinken Röcken, pinken Schuhen, pinken Kniestrümpfen, grundsätzlich zu viel Pink und zu wenig Menschlichkeit, die trotz Kinderhass in einer Schule als Lehrerin tätig war, sind eines der wenigen Beispiele, in denen Tierquälerei eine hervorragende Sache ist. Das mag richtig sein aber war dieser Kommentar wirklich notwendig? ...Nein ... Aber es war die Wahrheit! Das leugne ich auch nicht, aber es wissen alle und ist nur eine Unterbrechung.
Während ich so stark konzentriert auf den Reiter starrte, bemerkte ich noch etwas anderes in der Luft. Ein schwaches, rotes Glühen, welches scheinbar überall in der Luft schwebte. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, aber gerade als ich es auf die geheimnisvolle Lanze schieben wollte, versuchte ich Anhand der Verteilung dieser Aura auszumachen, von wo sie kam. Eine simple Methode, aber erst sobald man darauf kommt. Tatsächlich schien es, als würde sie sich um Jason herum verdicken, dem einzigen von Percys Freunden, von dem ich seit ihrer Ankunft nicht mehr gesehen oder gehört hatte außer in den einzelnen Schlachten. Die meisten hatten bereits in der einen oder anderen Situation bei Dingen geholfen, die wir nicht gekonnt hätten oder anderweitige direkte Hilfe geleistet. Das musste nichts heißen, aber ich fragte mich, ob es zusammenhing.
Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, wobei ich möglicherweise doch noch Unstimmigkeiten gefunden hätte, sah ich nochmal scharf hin. Das rote Feld war kein Feld sondern eine riesige Sammlung an Linien. Je näher sie an ihm waren, desto stärker liefen sie durcheinander und so kam um ihn herum der Eindruck einer durchgehenden Strahlung auf. Jede davon lief scheinbar, aber das war wirklich nicht mehr weit von Raten entfernt, von ihm aus zu dem Kopf eines unserer Leute.
Der Situation nach vermutete ich, dass es die Kämpfe in irgendeiner Weise beeinflussen würde, aber ich hatte keine Idee, was genau das sein sollte, und für genaueres müsste ich Percy fragen, falls diese Strahlen überhaupt da waren, denn niemand um mich herum schien dies zu bemerken. Vielleicht bildete ich sie mir auch nur ein oder irgendetwas sorgte dafür, dass ich es sah und andere nicht ... oder ich werde gerade komplett verrückt.
Ich ging stark von der zweiten Möglichkeit aus, da ich nie Probleme mit meinen Augen gehabt hatte und auch nicht das Gefühl hatte, verrückt oder schlicht besonders anders zu sein. Konnte die Tatsache, dass ich von diesen wirklich übernatürlichen Dingen erfahren hatte, dafür verantwortlich sein? Vielleicht löste das eine Art magischen Tarnschirm um mich oder so ähnlich. Wenn ich nicht gesehen hätte, was Percy und seine Freunde so alles möglich machten, hätte ich diesen Gedanken sofort wieder verworfen ... hatte ich aber.
Ich schüttelte mich einmal schnell um diese Gedanken zumindest für den Moment loszuwerden und blinzelte einige Male um meine Augen an die inzwischen aufgekommene Helligkeit zu gewöhnen. Die Sonne stand uns zwar im Rücken, aber sowohl die Verzierungen im Hof, als auch einige helle Steine und dergleichen mehr reflektierten das Licht in einem gewissen Maße, was, wenn es plötzlich kam, durchaus einen blendenden Effekt haben konnte. Jetzt sah ich diese vermeintlichen Fäden doch nicht mehr.
Wie auch immer, der Reiter näherte sich ungehindert Saphira und den umstehenden Göttern, war das die Bezeichnung, die Annabeth damals verwendet hatte? Die Lanze hatte etwas unheilverheißendes an sich, ich wusste nicht wieso, aber an ihr schien etwas Böses zu haften. Klar, sie sah alt und irgendwie speziell aus, aber an sich hieß speziell ja nicht immer zwangsläufig gefährlich. War das wieder soetwas mit der Ausstrahlung? Auf jeden Fall machte ich mir plötzlich Sorgen, dass sie sowohl die magischen Schilde von Eragon, als auch den eigentlichen Schuppenpanzer der Drachendame durchschlagen können würde, selbst wenn beide schon deutlich schwereren Angriffen getrotzt hatten. Ich wusste nicht was es war, aber alles in mir schien diese Waffe für gefährlich zu halten. Gefährlicher noch als sie aussah.
Ich war jedoch zu weit weg um etwas zu unternehmen und ehrlich gesagt hatte ich auch keine Idee, was ich getan hätte, wenn die Distanz nicht ohnehin alles verhindert hätte ... beeindruckend, binnen weniger Sekunden doppelt vom Thema abgekommen. Wenn ich so weiter mache, bin ich bald nicht mehr Anführerin der Varden-Nasuada sondern tot-Nasuada.
Wie in Zeitlupe beobachtete ich, wie sich die Entfernung zwischen Pferd und Drachen immer weiter verringerte. Selbst von meinem Standpunkt aus konnte ich sehen, dass das Tier sich sträubte und nur weiter rannte, weil der Krieger auf seinem Rücken ihn erneut viel zu stark die Sporen gab.
Auf beiden Seiten Saphiras vier von Percys Freunden. Will und Calypso hatten sich weiter hinten bei den Bogenschützen positioniert. Und trotz ihrer Zahl schienen sie alle gerade nicht in die richtige Richtung geschaut zu haben. Nachdem sich das Tor geöffnet hatte, hatten sie noch die Gegner, die sie gerade auseinander nahmen, erledigt und so war Thalia die einzige, die in dem Moment, als der Reiter warf, aufmerksam in die richtige Richtung sah ... und Saphira natürlich, aber sie schien ja auch Ziel des Angriffs zu sein.
Dann warf der Soldat. Statt vor schlimmer Befürchtungen zu erstarren sah ich mir den Wurf an. Der Bogen, den die Waffe beschrieb, war etwas zu hoch, als dass sie Saphira im Herz hätte treffen können, was sicher zu einem schnellen und kaum zu verhindernden Tod geführt hätte. Aber so war es eben nicht. Stattdessen flog das Wurfgeschoss nun in Richtung knapp oberhalb ihrer Schnauze. Als ich mir ihren Schädel von vorne vorstellte, ging mir auf, dass das Herz garnicht das Ziel des Angreifers war. Schnell reichte nicht, er versuchte sie direkt zu töten indem er auf ihr Auge gezielt hatte. Wenn meine intuitiven Befürchtungen bezüglich der Schärfe und Durchschlagskraft der Lanze stimmten, würde sie selbst durch das gepanzerte Augenlid, welches alle Drachen besaßen, hindurchfliegen können.
Ehe ich diese Gefahr wirklich verarbeiten konnte, was ohnehin zu spät wäre, nahm ich verschwommen am Rand eine sehr schnelle Bewegung war. Da diese bereits vollständig durchgeführt war, als ich in die richtige Richtung gesehen hatte, fiel mir der Unterschied nur auf, weil ich vorher recht genau auf dieses Ziel gesehen und es mir damit eingeprägt hatte. Es war Thalia, deren Schwert nun verschwunden war und einem Bogen mit Pfeil an der Sehne gewichen war. Es war kein normales Projektil sondern ein Pfeil mit scheinbar sehr schwerer Spitze, wenn man nach der Größe ging. In diesen Moment war ich, unter anderem, dankbar für meine doch recht scharfen Augen. Es hätte zwar nichts geändert, aber ich wollte den Hergang dieser Schlacht lieber mit eigenen Augen sehen, als ihn aus Berichten erschließen zu müssen.
Sie zog die Sehne mit der gleichen Geschwindigkeit nach hinten, mit der sie ihr Schwert auch durch den Bogen ersetzt hatte und schoss. Sie traf perfekt die Spitze der Lanze doch da Pfeile, selbst diese speziellen, nicht dazu geeignet waren, massive Gegenstände zu bewegen, konnte er die Flugbahn nur minimal zur Seite ablenken. Der Pfeil splitterte zwar zu meiner Überraschung nicht, aber das war auch alles. Er fiel stumpf zu Boden während die Lanze ganz knapp an Saphiras Lefzen vorbei zischte und sich dann zu mehr als ihrer halben Länge durch die blauen Schuppen und in die Schulter bohrte.
Sie quittierte das mit einem lauten Brüllen, welches jeden im Umkreis von vielen hundert Fuß zusammenfahren ließ, und dabei stellte sie sich auf die Hinterbeine, was eine extrem schlechte Idee gewesen war, da sie sich mit der Verletzung wohl kaum vernünftig abfangen könnte. Irgendwie gelang es ihr trotzdem indem sie ihre Flügel ausbreitete und so unsanft, aber ohne weitere große Schäden aufkam. Während Eragons Seelengefährtin so lautstark auf diese Verletzung aufmerksam gemacht hatte, hatte Thalia bereits mindestens einen weiteren Pfeil abgeschlossen, welcher genau in die Augenschlitze des Helms des Soldaten, der die Lanze geworfen hatte, getroffen hatte und dort noch steckte, während dieser wie in Zeitlupe zur Seite vom Pferd kippte.
Die Kämpfe um diese Gruppe kamen langsam zum Erliegen, da Percy und Annabeth jeden Soldaten binnen Sekundenbruchteilen töteten, der sich auch nur in diese Richtung begab und Thalia jeden, der aus dem Wehrgang hervorlugte oder schoss augenblicklich mit der selben Präzision ausschaltete, wie sie es bereits mit dem Angreifer getan hatte. Somit blieb nur noch herauszufinden, wie schlimm die Verletzung wirklich war. Ich kannte mich kaum, eigentlich garnicht, mit der detaillierten Anatomie von Drachen aus, all mein Wissen kam von Dingen, die so trivial waren, dass man sie in einem normalen Buch in Tronjheim fand, und so waren die einzigen Dinge die ich sicher sagen konnte, dass diese komische Lanze einerseits sehr weit durch die Schuppen und in das Fleisch von Saphira eingedrungen war, aber zum anderen scheinbar nichts direkt Lebenswichtiges getroffen hatte. Ich gab Donnerkeil leicht die Sporen und ritt durch unsere Reihen auf die inzwischen liegende Saphira und den daneben stehenden Reiter.
Als uns nur noch wenige Meter trennten, rief ich: „Ich habe es von hinten beobachtet. Wie schlimm ist diese Verletzung?" Auch wenn mein Pferd dabei nervös wurde, ritt ich noch weiter vor, sodass ich selbst das recht unregelmäßige Heben und Senken von Saphiras Brustkorb ohne weiteres sehen konnte. Kein gutes Zeichen.
Eragon verzog das Gesicht. „Ziemlich übel. Die Spitze ist zum einen mit Widerhaken besetzt, was das Ganze deutlich unangenehmer macht, und zum anderen hat sie ihren einen Lungenflügel angeschlagen. Wenn wir Pech haben, bleiben uns keine 30 Minuten mehr und für so extreme Situationen hat mich mein Meister nicht vorbereiten können. Ich könnte etwas improvisieren, aber sicher wäre das nicht." Man sah deutlich, dass er alles gab um ruhig zu bleiben, aber in den letzten Worten hörte man mit, wie viel Sorge er, verständlicherweise, um Saphira hatte.
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3559 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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