Kap. 54 Arroganz

Percy pov

Arya's Blick blieb weiterhin auf den Boden gerichtet doch ich hatte nicht mehr das Gefühl, als würde sie das aus Verzweiflung oder Angst tun. Es wirkte eher als wisse sie einfach nicht, wo sie sonst hinsehen sollte. Von ihrem sonst so starken Selbstbewusstsein war in diesem Moment nur noch sehr wenig übrig. Noch immer etwas unsicher murmelte sie dann: „Meint ihr wirklich?" Ich nickte augenblicklich und vergaß dabei, dass sie mich garnicht ansah. „Klang das eben wie ein Scherz für dich?" Sie schüttelte zögerlich den Kopf, blieb aber stumm. Ich und soweit ich das sah auch Annabeth hatten damit kein Problem. Sollte sie lieber nochmal gründlich darüber nachdenken und ihre Zweifel hier äußern, als dann alleine in Grübeleien zu verfallen.

Sie schwieg inzwischen über zwei Minuten und ich hatte ein wenig an Konzentration verloren, was sich darin zeigte, dass ich fast so gedankenverloren, wie Arya es in Richtung Boden tat, in die Ferne sah. Schließlich wurde ich dann doch noch von ihrer Stimme aufgeschreckt, als sie sagte: „Ich... ich werde versuchen, es zu versuchen. So blöd das klingt, mehr kann ich noch nicht sagen."

Das alles klang ziemlich gepresst doch ich hatte das Gefühl, dass das eher an ihrer grundsätzlichen Hemmung, oder eigentlich der ihres Volkes, beim Sprechen über Gefühle zur Last zu legen war, als dem spezifisch Inhalt des Gesagten. Das offene über Gefühle sprechen war definitiv nicht sehr verbreitet unter den Spitzohrigen... während es bei uns eher daran lag, dass wir blind waren, wie ich als eindrucksvolles Beispiel vorgeführt hatte.

„Das ist vollkommen okay. Es geht nur darum, dass du ihm und damit letzten Endes auch dir eine Chance gibst. Es nützt außer vielleicht dem König persönlich niemandem etwas, wenn du über diese Träume wahnsinnig wirst. Wie gesagt, wir wollen dir nicht etwas aufzwingen, dass nicht in deinem Sinne ist, sondern dir helfen, freiwillig, ein wenig aus dir herauszukommen. Mögest du Frieden im Herzen finden, Arya. Zeige deinem Leben, dass du nicht wegen einem solchen Abschnitt aufgibst und es den Bach runtergehen lässt. Verlieren kannst du nur, wenn du es nicht versuchst und aufgibst."

Sie nickte und etwas von ihrer Entschlossenheit kam wieder zurück. Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Niemand verlangt von dir, dich von einem Tag auf den anderen zu ändern, aber es reicht schon, wenn du versuchst allgemein etwas offener zu sein. Ich denke, dass schon das dir helfen wird... gegen das Gefühl allein zu sein und damit auch gegen die Träume." Auch das schien ihr zu helfen, denn sie sah nun fast wieder normal aus. Es war tatsächlich beeindruckend, wie schnell sie äußerlich von einem verletzten Mädchen wieder zu der stahlharten Kriegerin wurde.

Ich beobachtete sie eingehend, während sie sich hochstemmte. Wenn man nicht ganz genau hinsah, konnte man denken, dass wirklich nichts passiert war, seit sie unser Zelt betreten hatte. Ihre eiserne Disziplin hatte sich wieder soweit durchgesetzt. Mir entging jedoch nicht, dass ihre Augen jetzt nicht mehr melancholisch wirkten sonder wirklich entschlossen und sogar eine verhaltene Spur Optimismus war möglicherweise zu sehen. Ich war mir jedenfalls sicher, dass wir ihr bestmöglich geholfen hatten. So tiefe Narben ließen sich nicht an einem Abend vollkommen ausradieren.

Überraschenderweise gab sie das sogar zu indem sie, gerade als sie nach dem Schleier, der uns von der Außenwelt trennte, angekommen war, leise und halb zu sich selbst murmelte: „Danke. Wie kann ich mich nur revanchieren..." Auch wenn ich wusste, dass sie nicht wirklich mit mir geredet hatte, antwortete ich schlicht: „Mach was daraus und zeig damit, dass dieses Gespräch einen Sinn hatte. Mehr erwarten, wollen und brauchen wir nicht außer das Wissen, dass du das gesagte ernst genommen hast." Ihr war scheinbar nicht aufgefallen, dass sie das nicht nur gedacht, sondern auch gesagt hatte, denn sie machte ein überraschtes Gesicht.

Dieser Ausdruck verschwand allerdings so schnell, wie er gekommen war, und sie zuckte nur mit den Schultern. „Damit hätte ich wohl rechnen müssen. Wie dem auch sei, ich möchte mich trotzdem bedanken. Die meisten der von euch angesprochenen Punkte waren genau die, die mir die größten Probleme bereitet haben."

Ich seufzte. „Erfahrung... wie gesagt" Ich versuchte die Melancholie der schlimmsten Erinnerungen aus meinen Augen fernzuhalten, aber ich hatte das sichere Gefühl, dass das nicht funktionierte. Aus diesem Grund versuchte ich irgendwie davon abzulenken und da sie eigentlich sowieso schon gehen wollte, meinte ich einfach: „Wie auch immer, es freut uns, dass wir dir helfen konnten. Viel Glück und einen schönen Abend noch. Du bist kein Kind mehr, aber es ist inzwischen wirklich spät."

Sie nickte, atmete einmal tief ein und trat dann durch den Schleier. Ich blickte ihr nach, wie sie in der Nacht verschwand und hoffte mal wieder, dass ich keinen Fehler gemacht hatte. Diese Befürchtung hatte ich selbst durch die Krönung nicht verloren... und das war vermutlich letztendlich auch gut so.

Kalypso pov

Das Lager der Elfen war schon von Weitem zu sehen. Wir flogen sehr hoch, damit Leo nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog, wovon er sich einfach nicht abbringen lassen wollte, und trotzdem konnte man die riesige, mit Zelten bedeckte Fläche schon sehen, selbst wenn wir noch mehr als ein Dutzend Meilen entfernt waren.

Wir gingen in einen leichten Sinkflug über und ich hoffte inständig, dass Leo nicht für eine Sternschnuppe gehalten werden würde. Ich konnte mir zumindest sehr gut vorstellen, dass es für menschliche und vermutlich sogar elfische Augen sehr danach aussehen könnte. Obwohl, vielleicht wäre das doch die bessere Option. In meinem Kopf bildete sich nämlich gerade die Vorstellung, was die Elfen denken müssten, wenn sie ein brennendes Objekt auf sich zufliegen sehen würden. Hoffentlich würden sie nicht versuchen, uns oder explizit Leo mit Magie zu bremsen. Das würde noch mehr zu erklären geben.

Solche Gedanken und Wünsche darf man nicht stellen, sonst werden sie wahr. Genau aus diesem Grund spürte ich, je näher wir den Zelten kamen, desto stärker, wie teils einzelne, teils Gruppen von Elfen versuchten, uns mit Magie zu bremsen. Natürlich hatte es keinerlei Auswirkungen auf uns, aber es waren so viele und ihre Kraft für sterbliche Wesen so stark, dass wir ihre Bemühungen zumindest spürten.

Wie dem auch sei, wir steuerten den Platz direkt vor dem Kommandozelt der Elfenstreitmacht an. Es war relativ leicht zu erkennen, da erstens der Platz davor nach dem, auf dem Glaedr lag, der größte im gesamten Lager war, zweitens ein weißer Rabe auf der Spitze saß, den zumindest wir sofort sahen, es drittens das größte außer dem Waffenlager war und viertens es mit Abstand die meisten Verzierungen und Ähnlichkeiten zu dem von Nasuada aufwies.

Ich landete sanft im Gras, drehte mich um und... legte schnell einen Flügel vor die Augen. Auch wenn er meistens sehr süß ist, weiß er einfach nicht, wann es genug ist. Als gleißender Feuerball schlug er auf der Wiese auf und es gelang mir gerade noch, ihn am Kragen zu packen, ehe er das gesamte Zelt eingerissen hätte. Dafür hatte ich bereits wieder menschliche Gestalt angenommen.

Ich starrte ihn böse an und er schien den Vorwurf darin deutlich genug zu sehen. Es sollte in etwa bedeuten, dass er mal wieder um ein Haar ein Unheil angerichtet hatte und glücklicherweise gehörte ich zu den wenigen Personen, bei denen er darauf hörte. Er sah ein wenig ängstlich zu mir herüber und ich signalisierte ihm, dass er nochmal Glück gehabt hatte, sich jedoch eine Standpauke anhören müssen würde, sollte er nochmal mit solchem Unsinn anfangen. Er atmete eine Mischung aus erleichtert und enttäuscht aus. Ist das zu fassen? Ich erlasse ihm die Strafe für seinen Unsinn und er guckt mich an als hätte er erwartet, ich würde gleich mitmachen. Vermutlich einer der Gründe, aus denen ich ihn liebte, aber manchmal konnte es schon echt nervig sein.

Ich schob diese Überlegungen zur Seite, da inzwischen selbst der Haufen Fürsten und die Königin selbst von unserer Landung mitbekommen hatten... Von Leos Landung, um ganz genau zu sein. Das hätte man selbst in den Schmieden von Hephaestos persönlich nicht übersehen können. Auch wenn er inzwischen nur noch an kleinen Stellen brannte, stach sein leicht schmutziges Mechaniker-Outfit zwischen meinem weißen Gewand und den Rüstungen oder vornehmen Kleidungsstücken der Elfen doch ziemlich deutlich hervor. Blieb nur zu hoffen, dass sich auch die arroganteren der Fürsten ihre Kommentare sparen würden.

Zur Begrüßung nickte Islanzadí uns zu. Wir erwiderten diesen Gruß. Die sogenannten Adligen hielten sich leider noch immer für etwas besseres und hielten ihren däml... kalten Ausdruck aufrecht. Traurig. Solche Arroganz ist eines von sehr wenigen Dingen, mit denen ich absolut nicht klar komme. In diesem Moment musste ich mich schon sehr bemühen um nicht einfach meinen Frust handeln zu lassen und ihnen einen saftigen Arschtritt oder ähnliches zu verpassen. Ruhig bleiben, Kalypso, du kannst noch so oft der Gerechtigkeit verpflichtet sein, wenn du wütend bist, ist auch dein Verhalten nicht neutral. Wir würden ihnen wohl einfach durch mehr oder weniger unterschwellige Gesten zeigen, dass ihre Arroganz und Eitelkeit ihnen mehr schadete als nützte.

Aus diesem Grund setzte ich ein freundliches Lächeln auf und ließ es so wirken, als würde mir garnicht auffallen, wie sich diese vermeintlichen ... Adligen verhielten. Danach vergab ich noch einen gedanklichen Arschtritt an Leo, damit er zumindest sein Koboldgrinsen aufsetzte. Als er dies getan hatte, überlegte ich, wie wir jetzt fortfahren sollten. Ich würde, Unauffälligkeit in allen Ehren, den Elfen niemals ihre Überlegenheit vorgaukeln, indem ich die offizielle Begrüßung beginnen würde. Meiner Meinung nach reichte das bereits durchgeführte gegenseitige Zunicken vollauf aus. Sie wissen nicht von unserer wahren Identität, Islanzadí haben wir ausdrücklich darum gebeten, uns normal zu behandeln, und wir standen eigentlich über ihnen, hatten also keine direkten Pflichten ihnen gegenüber.

Etwas unsicher klingend fragte die Königin dann: „Ihr seid also gekommen, um Oromis und Glaedr bei irgendetwas zu helfen?" Ich nickte ruhig und begann: „Ja, wir..." weiter kam ich nicht, da Leo mal wieder vergaß, dass Percy und Annabeth ihm eingeschärft und teilweise beigebracht hatten, sich zu beherrschen. „Ein Drachen, der sich im Kampf gegen den mächtigsten Feind dieses Landes einsetzt und noch dazu der einzige lebende seiner Art ist, der annähernd alle Geheimnisse seines Volkes kennt, sollte dies nicht ohne Vorderbeine tun. Vor allem nicht, wenn er die nächste Schlacht überleben will." Beeindruckend, weniger politisch hätte man das wirklich nicht ausdrücken können. Als ich ihn dafür böse anstarrte, sah er mich unverstehend an und fragte: „Was denn? Ist doch so!" - „Aber man hätte es auch weniger direkt machen können", brummte ich, während ich mir vor die Stirn schlug.

Die Elfen sahen uns allesamt verstört an, kamen aber nicht zu weiteren Nachfragen, denn Leo schien immer noch nicht genug zu haben. „Also, lasst uns keine Zeit verlieren und zeigt uns, wo die beiden sind." Er wusste es natürlich bereits, aber wenn schon kein höfliches Bitte oder Ähnliches, dann hatte er zumindest gelernt, dass fragen meistens freundlicher ist. Er lernt... laaaangsam.

Königin Islanzadí setzte bereits zu einer Antwort an, als einer der meines Wissens nach wichtigeren Fürsten, Däthedar, ihr zuvor kam: „Woher wissen wir, dass sie wirklich wohl gesonnen sind? Vielleicht ist das auch nur eine Falle um den Trauernden Weisen und seinen Gefährten loszuwerden." Da diese Worte an die Königin gerichtet waren, ließ ich sie antworten, auch wenn mein Abscheu vor diesem Fürsten von Sekunde zu Sekunde wuchs.

Islanzadí tat mit Worten ungefähr das, was ich gerne physisch mit ihm gemacht hätte, egal wie sanftmütig ich sonst war. „Haltet Eure Anschuldigungen zurück. Sie haben nichts getan, was diese rechtfertigen würde. Genau genommen haben sie öfter als Ihr selbst gezeigt, dass sie uns, unserem Volk, den Reitern und diesem Widerstand wohl gesonnen sind. Außerdem wisst Ihr nicht genug über sie, um Euch ein derartiges Urteil zu erlauben. In diesem Fall könnt Ihr dem Urteil Eurer Königin vertrauen, denn sie weiß möglicherweise mehr als Ihr. Weder ... Leo noch Kalypso, richtig? ... sind hier um zu schaden. ...Und wäre es anders, würde das auch keinen Unterschied machen!" Ich fand, sie hatte das eigentlich recht gut gesagt, aber der letzte Satz ließ Sorgen in mir aufkeimen. Sorgen, sie könnte Leo auf schlechte Ideen gebracht haben.

Nach dieser Ansprache, in der sie Däthedar berechtigterweise wie ein kleines, ungezogenes Kind behandelt hatte, schickte sie die Adligen weg. „Bitte verzeiht..." Ich hob die Hand um sie zu unterbrechen, auf was sie etwas überrascht reagierte, jedoch trotzdem schwieg. „Däthedar mag zu Eurem Volk gehören, aber sein persönliches Verhalten ist nicht Eure Verantwortung. Wir haben bereits sehr früh festgestellt, dass er nicht mit dem Gedanken klar kommt, dass er nicht der Stärkste ist und darüber auch seine politische Maske verliert. Wir haben unsere Erfahrung damit und solange es nur Worte sind, werden wir ihn ignorieren."

Sie atmete erleichtert aus und sagte dann: „Es freut mich, das zu hören. Wenn ihr mir dann folgen wollt..." Ich sah kurz zur Seite zu Leo und stellte zu meinem Entsetzen fest, dass Leo mal wieder wie ein verrückter Gartenzwerg grinste. Ihm war wohl der Teil, dass ihn hier eigentlich niemand aufhalten könnte, in Erinnerung geblieben. Das bedeutet, meine Aufgabe wird noch schwerer als ohnehin schon.

Mit einem Nicken signalisierte ich, dass wir bereit waren, ihr zu folgen, also drehte sie sich um und lief in das Gewirr aus Zelten. Wir gingen ihr hinterher und ich wunderte mich bereits nach einigen Sekunden. Irgendetwas war hier anders als bei den Varden. Es war so offensichtlich, dass es mir erst gut eine Minute später auffiel.

Dieses Lager war zwar ebenfalls für eine große Armee gebaut und dementsprechend nicht sonderlich luxuriös, aber es war nicht so eintönig. Einige der Zelte wiesen teilweise abweichende Farben auf. Außerdem waren diese grundsätzlich größer als die der Menschen, vermutlich weil die Elfen mehr tragen konnten, und unterschieden sich in Form und Bauweise sowohl von diesen, als auch unter einander. Somit hatte es mehr den Ausdruck von Individualität und weniger von einem Massenlager. Eine Sache, die für mich persönlich eher einen positiven Eindruck hinterließ.

Wir bekamen nicht so viele Elfen zu sehen, wie ich erwartet hatte. Vermutlich waren alle auf den Übungsplätzen oder in den Zelten. Die wenigen, denen wir begegneten, sahen uns misstrauisch an, vermutlich teils weil ihre Königin uns führte, teils weil wir eindeutig keine Angehörigen ihres Volkes waren. Wahrscheinlich hatte letzteres das Misstrauen ausgelöst und ersteres dieses Gefühl verstärkt. Trotzdem gab es keine Zwischenfälle wie mit Däthedar und wir erreichten ungehindert eine große, unbebaute Fläche mit einem etwas mehr verzierten Zelt.

Auf der Freifläche lag ein riesiger goldener Hügel, welcher sich langsam hob und senkte und aus dem Zelt meinte ich leise Geräusche zu hören. Das war zwar eigentlich nichts besonderes, aber von nirgendwo sonst in der Nähe konnte ich etwas hören. Das Klirren von den Schwertern der Elfen, die auf einem der Übungsplätze trainierten, war allgegenwärtig, aber außer den Geräuschen aus diesem Zelt und dem, welches jedes Mal erklang, wenn sich der Berg hob und senkte, kam keines aus der Nähe.

Es war natürlich klar, dass es sich bei dem Hügel nur um Glaedr handeln konnte und daraus schloss ich, dass die Geräusche in dem Zelt von Oromis kamen. Er schien gerade irgendeinen Zauber zu sprechen, aber ich machte mir nicht die Mühe, dessen Zweck zu ermitteln. Es schien jedoch eine längere Beschwörung zu sein, die sich gerade dem Ende zuneigte. „Kann ich noch etwas für euch tun?", schreckte Islanzadí mich aus meinen Gedanken auf. Ich schüttelte den Kopf. „Danke für das Angebot, aber den Rest können wir auch alleine mit Drache und Reiter persönlich regeln. Außerdem habt Ihr denke ich noch andere Pflichten."

Sie seufzte. „Wohl wahr. Däthedar wird nachher wissen wollen, warum ich euch, so komisch es klingen mag, in Schutz genommen habe. Habt ihr eine Idee, was ich ihm sagen kann, ohne zu viel zu verraten?" Leo lachte neben mir. „Garnichts. Ihr könnt ihm einfach sagen, dass es Dinge gibt, die ihn nichts angehen und solange Ihr Königin seid, liegt es an Euch, über solche Angelegenheiten zu entscheiden. Ich interessiere mich ungefähr in dem Ausmaß für Politik, in dem es Euer weißer Rabe tut, aber meines Wissens nach sollte er nicht in der Lage sein, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Ihr seid eine Königin und ich bezweifle, dass er Euch so wenig vertraut, dass er hinter dieser Zurückweisung mehr vermutet. Ihr seid nicht verpflichtet, jedem Fürsten alles Wissen zugänglich zu machen, welches Ihr besitzt."

Beeindruckend, Leo hat eine relativ vernünftige Argumentation hingelegt. Tatsächlich hätte ich der Königin genau das selbe vorgeschlagen. Genannte schien derartige Lösungen wohl nicht so sehr gewohnt zu sein, weshalb sie erstmal nachdachte.

Wir warteten mehr oder weniger geduldig. Leo tippte zwar permanent mit dem Fuß auf dem Boden, aber davon abgesehen blieb er auch ruhig. Angenehm. Ich liebe diesen Jungen und bin auch fast immer bereit, mit seinen dummen Witzen zu leben, aber ab und zu mal Ruhe ist auch eine schöne Abwechslung uuuuuuund ich schweife wieder ab.

Nach ein paar Minuten sagte die Königin dann überrascht: „Ihr habt recht, er kann nichts dagegen sagen, ohne sich selbst am meisten zu schaden. Danke!" - „Gern doch.", antworteten Leo und ich synchron. Die Königin zögerte noch kurz, nicht sicher, ob sie noch eine ausführlichere Verabschiedung benötigen würde, kam dann aber glücklicherweise zu dem Schluss, dass das nicht nötig sei und drehte sich um. Während sie in die selbe Richtung davon lief, aus der wir gekommen war, blickte ich wieder zur Luke von Oromis Zelt, welche sich just in dem Moment öffnete.

Der weißhaarige Mann verließ sein Zelt und sah sich um. Sein Blick blieb bei uns hängen. Er kam zu uns herüber und begann die klassische, dreiteilige Grußformel. Welche ich jetzt nicht voll ausschreiben möchte Faulpelz! Was dagegen? ... Sehr schön! Faulheit ist das beste was der Welt passieren konnte. Ernsthaft? Natürlich denkst du, jemand hätte das Rad erfunden, wenn es ihm oder ihr so viel Spaß gemacht hätte, die Sachen selbst zu tragen? ... Denkst du, es würde Kriege geben, wenn beide beziehungsweise alle Parteien zu faul zum streiten wären? ... Und denkst du, dass es noch Anschläge und Terror gäbe, wäre jeder Terrorist morgens zu müde zum aufstehen? IS JA GUT, ICH HABS VERSTANDEN! Und ich bin eigentlich auch gerne faul. Ich wollte nur auch mal in der Rolle sein, in der man sich beschweren kann. Es war eine lästige Formalität, die ich für überflüssig befand, aber da er angefangen hatte, wäre es unhöflich gewesen, nicht zu antworten.

„Was führt euch her? ... Kalypso und ...Leo, richtig?" Ich nickte. Unser herrschendes Pärchen hatte die beiden scheinbar nicht informiert. Das kam mir irgendwie nicht allzu sinnvoll vor, aber na gut. „Kurz gesagt, Percy und Annabeth meinten, dass es gut wäre, wenn ihr diesen Krieg überleben würdet, was allerdings schwer zu garantieren ist, wenn Glaedrs Vorderseite nur von seinem Kopf geschützt wird." Ich wählte meine Worte mit bedacht und wandte mich dann an den goldenen Riesen, welcher sich zu uns umgedreht hatte, während Oromis zu uns gelaufen war. „Wir bezweifeln nicht, dass du kämpfen kannst, aber unser Feind ist stark und eine solche Verletzung schwächt dich. Unsere Hilfe ist nur ein Angebot, aber ich glaube, Heldenmut hilft hier nicht so viel weiter."

Die Luft vibrierte, als er ein tiefes Brummen ausstieß. „Ihr habt vermutlich recht. Die Kinder des Feuers und des Himmels sind nur sehr selten bereit, Schwäche zu zeigen. Es gibt jedoch eine Grenze zwischen Stärke und Torheit. Ich würde gerne mehr darüber erfahren." Er übertrug seine Gedanken auf alle anderen und ich spürte den Widerwillen, der darin mitschwang. Für eine stolze Art, wie die Drachen es in dieser Welt waren, ist das Eingestehen von Schwächen nochmals schwerer, als ohnehin schon.

Nachdem sein Drache gesprochen hatte, sagte auch Oromis: „Wenn es Glaedrs Willen ist, so unterstütze ich das ebenfalls aus vollem Herzen. Klärt uns bitte über Einzelheiten auf." Leos Augen begannen zu funkeln. „Nachwachsen lassen ist nicht unsere Stärke. Deshalb habe ich mir überlegt, man könnte eine größere Menge Metallplatten durch synthetische Muskeln..." - „Komm zum Punkt. Du weißt, dass die wenigsten Wesen hier auch nur den geringsten, Schimmer von solcher Technik haben und das, wovon du da erzählst, ist die höchste Stufe davon. Also nochmal, aber dieses Mal ohne technische Details."

„Ist ja gut, Süße, also... Wir haben geplant, die beiden Vorderbeine durch Prothesen aus verschiedenen Metallen zu ersetzen. Diese sollen dann durch Magie so mit Eurem Geist verbunden werden, sodass ihr sie wie früher gebrauchen könnt und sich solche Handlungen auch normal anfühlen. Vorteile: Ihr habt neue Beine, sie sind stabil und robust. Außerdem nicht schwerer als Eure früheren es gewesen waren. Nachteile: Ihr müsstet damit Leben, einmal in Eurem Leben auf Dauer Hilfe angenommen zu haben. Also, was sagt Ihr?"

Die Augen von Reiter und Drache weiteten sich vor Überraschung. Gerade bei Glaedr sah das sehr komisch aus. „Zu fragen, ob, warum und wie das möglich ist, wäre vermutlich Zeitverschwendung. So schwer es mir fällt, aber wenn ihr diese Hilfe anbietet, würde ich sehr gerne annehmen." Ich sah noch Oromis an doch dieser sagte: „Es ist Glaedrs Entscheidung, aber ich freue mich, dass er diese getroffen hat."

Leo war nun in seinem Element und begann sehr schnell sehr viel zu reden: „Wenn ihr nichts dagegen habt, würden wir sofort anfangen. Rechnet in etwa drei Tagen mit dem Resultat. Wenn ihr nichts gegen ein wenig Rauch habt, würden wir am Rand dieser Fläche arbeiten. Um den Schallschutz kümmern wir uns." Etwas überrumpelt antwortete Oromis für die beiden: „Wenn ihr das so schnell schafft, ist das großartig. Natürlich könnt ihr euch solange hier am Rand niederlassen. Benötigt ihr noch... Warum frage ich eigentlich, die Antwort ist immer nein." Ich warf Leo einen scharfen Blick zu, damit er keinen weiteren Kommentar abgab. Ich hätte ihn die Ohren langgezogen, wenn er, wie er vorgehabt hatte, den alten Elf mit ‚Opi' angesprochen hätte.

Nach diesem doch recht schnell zum Ziel kommenden Gespräch suchten wir uns eine Ecke aus und Leo ließ den Boden grummeln. Nach wenigen Sekunden lag ein großer Haufen Schrott, sowie ein ein-Zentner-Amboss auf dem Boden. Während Leo daraus eine behelfsmäßige Unterkunft baute, schuf ich kleine Mengen an weiteren Materialien, aus denen ich Arbeitsflächen zusammenzimmerte. Natürlich hätten wir beide jeden Bestandteil aus dem Nichts erschaffen können, aber es machte mehr Spaß, alles einzeln zusammenzubauen. Ich musste sagen, ich freute mich auf die körperliche Arbeit. Und Leo schaffte es immer, mich dabei bei Laune zu halten. Dabei sind sein Humor und seine Witze dann nämlich wieder sehr angenehm.

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3689 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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