Kap. 53 Anders und doch genauso
Percy pov
Als die beiden Punkte am Horizont verschwunden waren, der von Kalypso natürlich deutlich eher, gingen wir ein weiteres Mal zurück ins Zelt. Ich beschwor aus der Luft eine Wasserscheibe, für den Fall, dass die Königin nicht alleine wäre, wollte ich nicht riskieren, eine IM oder irgendwas anderes, göttliches zu verwenden, und wirkte den Zauber für die Traumsicht. Natürlich ohne Worte, ein bisschen Stil muss ja auch noch bleiben.
Tatsächlich standen neben ihr auch noch einige Fürsten von höheren Rängen. „Mo..." Annabeth hieb mir mit dem Ellenbogen in die Seite, damit ich nicht den Hochadel mit ‚Moin' begrüßen würde. Ach ja, die nervtötende royale Höflichkeit. Mit einem stummen Seufzen begann ich den langweiligen und überflüssigen Gruß und sie, um ein Vielfaches verwunderter als ihre Berater, erwiderte zögerlich. Es ist eine etwas störende Angewohnheit von Oberhäuptern, dass sie immer denken, sie müssten sich an irgendwelche Verhaltensregeln uns gegenüber halten.
An sich ist das zwar nicht wirklich falsch, aber ich mochte es nicht, von einer Person, die trotz einiger Zeit auf OTC rund zehn mal älter als ich war, wie eine Respektsperson angesprochen zu werden. Respekt ist nichts, was im Umgang mit mir eine so große Rolle spielen sollte. Leider tat es das deutlich mehr als nötig. „Also, was ist euer Begehren? Wir sind hier gerade in einer recht wichtigen Besprechung." In der Stimme der Königin hörte ich eine gewisse Unsicherheit, ob sie das Richtige getan hatte. Mit einem flüchtigen, dankbaren Blick gab ich zu verstehen, dass sie sich korrekt entschieden hatte, indem sie eine überlegen klingende Formulierung gewählt hatte.
Sie seufzte kaum merklich erleichtert auf und so sagte ich: „Wir wissen, dass Oromis und Glaedr Elda über Ceunon schwer verletzt wurden und letzterer dauerhaften Schaden davongetragen hat..." Sie musterte mich eingehend und versuchte herauszufinden, ob ich nur einen Teil verriet. An sich tat ich das, davon, dass ich dafür verantwortlich war, dass er überhaupt noch lebte, erwähnte ich kein Wort.
Durch ein kleines Zucken des Mundwinkels gab ich ihr zumindest die Chance, selbst die Antwort zu finden, ehe ich ungerührt fortfuhr. „...Wir bezweifeln, dass eure Leute gegen einen Drachen mitsamt Reiter, die beide vom Imperator persönlich Star Wars! unterstützt werden, ohne allzu große Verluste zu erleiden, bestehen können. Aus diesem Grund haben wir zwei Freunde zu euch geschickt, die den beiden sicher ein wenig helfen können."
Als ich verstummte, spürte ich bereits förmlich, wie einer der Fürsten eine kritische Äußerung von sich geben wollte, die nicht weit von einer direkten Beleidigung entfernt wäre. Glücklicherweise erkannte das auch die Königin der Elfen und gab mit einem kleinen Handzeichen den Befehl, keine ungefragten Kommentare abzugeben. Zum Glück hörte dieser darauf und so konnte sie noch eine abschließende Frage stellen. „Woran würden sie uns denn auffallen? In unser Lager kommt niemand ohne Genehmigung und es wäre mir unangenehm, wenn wir auch ihnen den Zugang verwehren würden."
Annabeth und ich begannen synchron zu lachen. „Verzeihung, aber ich bezweifle, dass ihr sie aufhalten könntet, selbst wenn ihr wolltet. Haltet Euren Kommentar zurück, Fürst Däthedar, seid versichert, Eure Königin ist sich vollkommen im klaren darüber, was das bedeutet. Ansonsten wird sich zumindest einer der beiden so auffällig verhalten, dass ihr ihn auf mehr als 10 Meilen entdecken solltet." Ich hatte sowohl aus seinem Gesicht, als auch seinen Gedanke abgelesen, dass er mal wieder kurz vor einem Versuch, die Elfen als stärkste Wesen überhaupt darzustellen, gestanden hatte.
Ich verschwendete noch einen kurzen Moment mit einem Vergleich zwischen Kalypso und Leo. Im Gegensatz zu ihm könnte sie vermutlich auch unbemerkt im Lager auftauchen. Eine Taube ist deutlich unauffälliger als eine große flammende Vogelgestallt, die keiner in diesem Land bekannten Spezies zuzuordnen war.
Mit seiner kühlen, und bescheuerten, Arroganz fragte Däthedar: „Und was denkt Ihr, was Euer Freund tun könnte, wozu unsere Magier nicht im Stande wären?" Der Kerl lernt es echt nicht. Mit einem ebenso kühlen Ausdruck, nur dass er bei ihr eher wie gespielte Höflichkeit als Arroganz rüberkam, antwortete Annabeth: „Diese Liste ist länger als Euch lieb ist und im Namen Eures Selbstwertgefühls werde ich sie jetzt nicht aufzählen. Natürlich könnt Ihr Euch gerne selbst ein Bild davon machen, wenn die beiden in knapp zwei Tagen ankommen. Bis dahin solltet Ihr vielleicht einen Teil Eurer politischen Höflichkeit wieder aufbauen."
Mit einem Seitenblick wusste ich, dass sie auf Kalypsos Gabe der Gerechtigkeit anspielte. Sie war in annähernd dem selben Maß wie wir berechtigt, Strafen aufzuheben, aber auch zu verhängen und ich war mir ziemlich sicher, dass sie auf solche Abgehobenheit noch immer ziemlich allergisch reagierte.
Die Fürsten, die bisher geschwiegen hatten, schienen nicht sicher zu sein, wie sie auf die maßregelnden Worte Annabeths reagieren sollten. Zu ihrem Glück folgten sie Islanzadís Beispiel und hielten einfach den Mund.
Während dieser kurzen Gesprächspause informierte ich die Königin noch über die Ereignisse des vorigen Abends. „Nur ganz nebenher, Eure Tochter, sowie Nasuada und Eragon wissen nun auch einigermaßen über uns Bescheid. Wir dachten, das würde taktische Besprechungen für Euch etwas einfacher machen." Ich spürte eine Woge von Emotionen von ihr ausgehen. Zum einen war da Erleichterung, dass die Gefahr, mehr zu sagen als sie eigentlich wollte, deutlich gesunken war, aber auch Besorgnis, wie vor allem ihre Tochter dies aufgenommen hatte.
Als ich diesen Zweifel, selbstverständlich ohne jegliche Aufforderung, über eine mentale Kommunikation aufgeklärt hatte, erwiderte sie schlicht, auch wenn ich die Gefühle dahinter spürte: „Ich danke Euch, werdet Ihr noch jemanden einweihen?" Ich konnte deutlich spüren, dass es ihr schwer widerstrebte, einfach nur die Worte zu denken und zu hoffen, dass ich sie hörte. Normalerweise war sie eher in der umgekehrten Situation.
„Nein, ich denke nicht. Orik ist noch sehr jung und sollte sich zuerst bewähren. Alle anderen fallen aus verschiedensten Gründen raus. Von Unzulänglichkeiten bis mangelnder Achtung der Verschwiegenheit ist alles dabei." Kaum merklich nickte sie durch die Wasserscheibe und fuhr dann fort. „Ich werde mich um alles hier kümmern. Einen großen Empfang wollt ihr sicher nicht?!" Letzteres klang mehr wie eine zögerliche Frage als wie eine Aussage. Das war auch besser so, denn so konnten die anwesenden Adeligen es notfalls auch als einfachen Scherz abtun. „Nein, wollen wir nicht." Leise fügte ich noch, nur für Annabeth hörbar an, „Ich bin sicher, Leo würde jetzt um Trompeten und Feuerwerk bitten."
Angesprochene lächelte leicht, „Leo ist das Feuerwerk!", und fand einen schnellen Abschluss für das Gespräch, da wir sonst möglicherweise doch zu viel verraten würden. „Wenn wir Euch noch bei irgendetwas behilflich sein können, gebt uns gerne Bescheid. Ansonsten verabschieden wir uns jetzt wieder." Königin Islanzadí schüttelte den Kopf und erwiderte daraufhin den Abschied, was ihr einige komische Blicke ihrer Untergebenen einbrachte. Normalerweise beendete der König oder in diesem Fall die Königin das Gespräch und ich war mir sicher, dass sie nun einiges zu erklären hatte. Aber sie hatte auch die nötige Autorität, weitere Fragen von ihren Untergebenen zu unterbinden.
Nachdem Leo im letzten Kapitel mal wieder unnötig jegliche Aktionen, die ich jetzt machen wollte, überschattet hat, mache ich es jetzt ganz trocken. Knapp zwei Tage in die Zukunft. Was ist passiert? ... nichts.
Ich wurde von einem klopfenden Geräusch aus etwas geweckt, das nicht weit von schlafen entfernt war. Ich grummelte etwas Unverständliches und noch während ich mich dem Vorgang des Aufstehens näherte, rief Annabeth, die natürlich schon stand, mich aber ausnahmsweise nicht aus dem Bett warf, egal ob eins da ist oder nicht, unseren Besuch herein. Gerade noch rechtzeitig gelang mir zumindest dieser Schritt und nun scheiterte ich daran, nicht allzu verschlafen auszusehen. Bestimmt ein toller Anblick. Erbe des Universums am Morgen. Großartig. Die Zeltklappe öffnete sich und herein trat Arya.
Sie trug, wie so oft, vollständig schwarze Kleidung und so vermutete ich, dass sie sich durch die abendliche Dunkelheit zu uns geschlichen hatte. Jaaaa, ich ruhe mich auch abends aus. Was dagegen? Ja? Mir egal, ich habe sowieso nichts besseres zu tun. Ich streckte mich ausgiebig, gähnte einmal herzhaft und fragte dann: „So, was gibts?"
Etwas unsicher und irritiert sah sie mich an, begann dann aber zu sprechen. „Ihr sagtet, wenn wir etwas an eurer Behau... Geschichte nicht verstehen, sollen wir fragen..." Ich nickte. „Und...?" Sie holte tief Luft und stellte genau die Frage, die ich erwartet hatte. „Die Völker dieses Landes, hauptsächlich das der Elfen, die nicht gläubig sind, haben mehrere Gesetze, Regeln und Systeme beim Beobachten der Natur gefunden, die sich immer und immer wiederholen. Wir nennen sie die Naturgesetze und in vielen Jahrhunderten und Jahrtausenden gab es keinen einzigen Bericht aus nicht religiösen Quellen, der dagegen verstoßen hat. In einigen Fällen wurde Magie gewirkt, aber das ist etwas anderes. Wie vertragen sich eure angeblichen Götter mit diesen scheinbar vorhandenen Gesetzmäßigkeiten?"
Ich lächelte. „Schau mal, euch ist sicher aufgefallen, dass jeder Gegenstand und jedes Wesen und überhaupt alles nach unten gezogen wird. Das hat mit einem der genannten Gesetze zu tun. Du weißt inzwischen, wer wir wirklich sind, und trotzdem bleibt diese Kraft bestehen. Natürlich könnte jeder von uns und auch viele von euch das ändern, aber das passiert nur, wenn jemand aktiv etwas dagegen unternimmt. So ist es mit all diesen Gesetzen. Sie funktionieren solange, bis jemand mit Magie eingreift. Und letztendlich sind Götter auch nicht wirklich anders als die Wesen, die an sie glauben. Auch wir alle haben begrenzte Kräfte. Nur sitzen diese Grenzen eben viel höher. Fast jeder Gott und jede Göttin", ich sah Annabeth verheißungsvoll an, woraufhin sie lächelte und leise etwas von „Schleimer" murmelte. Mir war das allerdings egal. „...hat seine Fehler und Schwächen ... wobei Arroganz natürlich am verbreitetsten ist."
Entschlossen schüttelte Arya den Kopf. „Ihr verhaltet euch aber bisher nicht arrogant." Nachdem ich mir ein kleines Lächeln gestattet hatte, meinte ich: „Wir haben auch selbst erlebt, wie schlimm Arroganz ist und uns daraufhin vorgenommen, selbst nicht in dieses Muster zu fallen. Außerdem haben wir jeweils andere Schwächen... oder hatten. Die von Annabeth hat sich inzwischen mehr oder weniger erledigt." Das stimmte schließlich auch. Hybris bedeutet, dass man denkt, man könne alles besser und bei ihr war das ja tatsächlich der Fall. Skeptisch blickte die junge Elfe zwischen Annabeth und mir hin und her. „Das klingt als hätte jedes Wesen genau eine Schwäche", stellte sie fest.
„Das trifft es nur zum Teil. Jedes Wesen hat an sich mindestens eine fatale Schwäche, der man eigentlich nicht entkommen kann. Sie gehört zu unserem Charakter und ist eigentlich fast unüberwindbar. An manchen kann man feilen, aber viele, insbesondere dort wo wir herkommen, gehen daran zu Grunde. Natürlich hat eigentlich jeder noch andere Schwächen, aber gegen diese kann man etwas tun und sie wandeln sich mit der Zeit." Das Ende von Annabeths Ausführungen hinterließ ein nachdenkliches in die Ferne Starren bei Arya. Ich vermutete, sie dachte gerade über ihren eigenen fatalen Fehler nach.
Sie bestätigte meine Vermutung mit den Worten: „Was sind eure? ... Eure fatalen Schwächen?" Ich zögerte einen Moment. Eigentlich war das eine Themenfeld, über das man nur mit wirklich vertrauten Personen, denen man wirklich vertraute, sprach. Ich hatte nicht das Gefühl, als könne man Arya nicht vertrauen und das bestätigte mein, ausnahmsweise benutztes, allwissendes Gehirn mir auch, doch genau da lag das Problem, ich musste ausnahmsweise darauf zurückgreifen, da ich sie sonst nicht gut genug kannte. Annabeth schreckte mich aus meinen Gedanken indem sie sagte: „Hybris. Altgr... aus der alten Sprache für..." - „den Glauben, man könnte alles selbst besser machen. Hat Percy deshalb eben gesagt, fast jeder? Weil du es inzwischen wirklich besser könntest?"
Ich hob ergeben die Hände. „Ertappt." Glücklicherweise nahm mir Annabeth die Antwort ab indem sie sagte: „Percy hat Loyalität als Schwäche. An sich ist das eigentlich etwas Gutes, aber er übertreibt es. Er ist in die Hölle gesprungen um mit mir zusammen zu sein und das meine ich ganz wortwörtlich..." - „Bevor du weiter machst, kurz die Zusammenfassung: Ich würde das ganze Universum opfern um auch nur den Hauch einer Chance zu erhalten, einen Freund oder eine Freundin in Gefahr zu retten. Das kann gut sein, aber es gibt viele Situationen wo selbst eine eigentlich gute Eigenschaft schädlich wird."
Nach dieser dualen Erzählung sah uns Arya mit großen Augen an. Nach dem Maßstab der Elfen war sie immernoch mehr ein Kind als eine Erwachsene und das kam hier eindeutig zur Geltung. Als sie sich aus ihrer selbst auferlegten Starre löste, schien sie wieder ihre kühle Fassung zurück zu haben doch ich war nicht sicher, ob das wirklich der Fall war oder nur äußerlich so schien. Sie brauchte zumindest erstmal wieder Zeit für sich, denn sie erklärte: „Also funktionieren diese Gesetze, weil die Götter zu faul sind um sie zu stören? Das kommt mir ziemlich blasphemisch vor."
Annabeth und ich lachten. „Natürlich nicht, die meisten Geschichten beinhalten nur den Teil der Wahrheit, der den herrschenden Göttern unter den einzelnen Religionen am besten gefällt. In den Geschichten werden diese Könige meist wie freundliche Großväter dargestellt, aber wenn man ihnen begegnet, benehmen sie sich eher wie der fünfzehn Jahre jüngere Bruder des Königs, der allen um sich herum befielt, nach seiner Pfeife zu tanzen, und seine Hose nicht anbehalten kann. Anderes Thema. Das gilt zumindest auf der Ebene der normalen Götter. Die meisten Götter der höheren Ebenen sind genauso schlimm wie in den Geschichten und Chaos persönlich ist dann wieder deutlich besser als in den Mythen... Alles persönliche Erfahrungen, es gibt da keine allgemeinen Gesetze, nur Tendenzen. Ich denke, mit diesem Wissen wirst du erstmal lange genug beschäftigt sein."
Ihr Blick verschwamm ein wenig, als hätte sie nicht wirklich zugehört. Sie widerlegte diese Vermutung allerdings, indem sie murmelte: „Vermutlich. Es scheint mir immernoch so unwirklich. Alles um mich herum fühlt sich zu real an, als dass es in dieser Welt Götter geben könnte. Versteht... verstehst du, was ich meine?" Ich hatte aufmerksam zugehört und versuchte nun, mich an die Zeit zu erinnern, ehe ich erfahren hatte, dass Poseidon mein Vater war. Es fiel mir erstaunlich schwer. Ich hatte mich inzwischen so sehr an diese ganzen komischen Typen gewöhnt, dass ich eher das Gefühl hatte, als wäre es schon immer selbstverständlich gewesen.
Als mir dann doch zumindest teilweise eine Rekonstruktion gelungen war, antwortete ich: „Ja, ich denke, ich weiß was du meinst. Götter kennt man nur aus irgendwelchen komischen Schriften und es ist schwer diese auf Pergament geschriebenen Worte mit der Realität zu verknüpfen. Es kommt dir, von dem Inhalt einmal abgesehen, zu unwirklich vor, als dass es tatsächlich um dich herum sein könnte. Alles um dich rum entspricht nicht dem, wie du dir eine Welt vorstellen würdest, in der übernatürliche Wesen herrschen oder auch nur existieren." Die Augen der Schwarzhaarigen weiteten sich vor Überraschung. „Das hätte ich nicht besser sagen können, aber es trifft genau zu."
Ich lächelte und sagte kurz angebunden: „Ich hatte anfangs das selbe Gefühl, nur dass ich nie die Zeit hatte, darüber nachzudenken. Wir waren zu beschäftigt, nicht von diesen neuen Erkenntnissen umgebracht zu werden. Glaub mir, das einzige, was dagegen hilft ist nicht darüber nachzudenken und Stück für Stück wirst du dich von selbst damit abfinden. Zeit ist sehr oft das beste Heilmittel." Ihre Augen wurden wieder trüb und ich vermutete, dass sie sich an die Zeit erinnerte, die sie eine Gefangene im Imperium war. Dass sie das durchgestanden hatte und bei Verstand geblieben war, grenzte an ein Wunder. Naja, der Tartarus wäre nochmal ein anderes Level, aber sie hatte alleine durchgehalten, während nicht nur jemand, sondern Durza persönlich gezielt versucht hatte, ihr Informationen zu entlocken.
Es war mal wieder einer der Momente, in denen deutlich wurde, dass sie nur nach außen so hart tat um ihre innere Verletzlichkeit zu überspielen. Jetzt galt es, ihr zu zeigen, dass sie damit nicht alleine sein musste. Seit dem Beginn ihrer Gefangenschaft hatte sie sich fast so weit wie nur irgend möglich in sich selbst zurückgezogen. Ja, ich benutzte meine Allwissenheit, aber es ging darum jemanden zu helfen und dabei habe ich fast keine Hemmung, diese zu benutzen.
Annabeth war mal wieder schneller als ich. Sie legte Arya vorsichtig einen Arm um die Schulter und meinte: „Du musst mit diesen Erinnerungen nicht alleine sein. Wenn du darüber reden möchtest, stehen wir dir dafür bereitwillig zur Verfügung. Auch wir haben Schreckliches erlebt und wissen, wie schwer und langwierig es ist, damit halbwegs vernünftig klarzukommen. Das ist nur ein Angebot." Einen Moment lang blieb Arya nur schweigend so stehen. Ich war mir nicht sicher, ob sie bereit wäre so viel über sich selbst zu verraten.
„Wenn ich nicht reden wollen würde, könntet ihr trotzdem alles herausfinden, ohne dass ich etwas davon erfahre, oder?" Ich lächelte gütig. „Wir könnten, aber das würden wir niemals tun, solange es nicht wirklich große Schäden anrichten würde, wenn wir uns raushalten würden. Jedes Lebewesen hat seine Geheimnisse und Ängste, weshalb ich finde, dass absolut niemand außer dem Individuum selbst darüber entscheiden sollte, wer darüber Bescheid weiß. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber wir vermeiden soetwas nach Möglichkeit."
Sie schien abzuwägen. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Sie wand sich vorsichtig aus Annabeth Arm und setzte sich ein wenig gebeugt ins Gras, uns gegenüber. „Jede Nacht ...", sie stockte kurz, „... Jede Nacht erinnere ich mich wieder an die Hoffnungslosigkeit, die mich damals in Gil'ead erfasst hat. Teilweise habe ich sogar das Gefühl, all das würde erneut passieren oder anders ausgehen...", erneut machte sie eine Pause und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „...Statt dass sie mich befreien, bleibt Eragon in der Zelle und Murtagh geht zurück nach Urû'baen, während ich in meiner Zelle schwächer werde und irgendwann zusammenbreche oder zum König gebracht werde, muss ich auch noch zusehen, wie sie mit ihm das selbe machen. Ich habe schon fast alles mir mögliche versucht, aber wenn überhaupt wird es schlimmer. Ich versuche es zu verstecken, aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch schaffe."
Nach diesem Redeschwall sah sie betroffen zu Boden. Nach einem Blick zu Annabeth wusste ich zwei Dinge. Nicht insgesamt, nur diesbezüglich. Erstens, dass wir Arya definitiv helfen wollten, würden und mussten, und zweitens, dass es tatsächlich etwa die Folgen zu sein schienen, die Tartarus bei uns ausgelöst hatte. Dementsprechend vermutete ich auch die, möglicherweise einzige, Lösung.
„Uns geht geht es, trotz all unserer Macht, eigentlich genauso. Bei uns sind sogar manchmal die körperlichen Folgen wiedergekommen. Wir haben jedoch eine Möglichkeit gefunden, uns davor zu schützen." Ich entschied mich, Annabeth den Rest erklären zu lassen, hielt meinen Blick jedoch auf Arya gerichtet, welche uns teils wissbegierig, teils verzweifelt ansah. „Alleine wird man die Schrecken der Vergangenheit nicht los. Die Wahrheit ist, dass ich schon zig Male an einem Albtraum gestorben wäre, wenn Percy nicht da wäre."
„Und umgekehrt!", warf ich ein. Ich wollte nicht, dass Annabeth mich wieder als einen größeren Held dastehen ließ, als ich wirklich war. Vergiss es, nichtmal ich kann mit dir mithalten und dabei habe ich bereits... na guuuuut, nichts geleistet aber sieh es ein, du bist der größte Halbgott, Held, Urgott oder sonstwas, den es je gegeben hat. Hand hoch, wer meiner Meinung ist! Hier! Na bitte, geht doch! Einstimmig angenommen!
„Wie dem auch sei, ich vermute, dass das auch für dich die beste, möglicherweise sogar einzige Lösung wäre. Alleine kann niemand mit solchen Erfahrungen fertig werden, möge er oder sie noch so stark sein. Denk darüber nach. Dadurch, dass du dich vollkommen verschließt und in dich selbst zurückziehst, wird es auf keinen Fall besser. Das tust du bisher nicht, aber du bist nicht weit davon entfernt." Der Blick der Elfe war starr auf den Boden gerichtet, ehe sie mehr zu sich selbst als zu uns fragte: „... Aber wer? ..." Ich hob skeptisch eine Augenbraue und ignorierte dabei die Tatsache, dass sie es nicht sehen konnte, da sie ja schließlich auf den Boden guckte.
„Meinst du das ernst? Wenn ja, solltest du vielleicht kurz nachdenken. Es ist nicht so schwer und es ist nicht schlimm." „Aber..." Annabeth unterbrach sie sofort. Sanft, aber bestimmt. „Was soll das Problem sein? Du siehst dich selbst nicht als Prinzessin oder irgendetwas in der Art. Du weißt, dass er mehr als jeder menschliche Reiter bisher einem Elfen gleicht. Und selbst wenn das nicht so wäre, müsstest du dir keine Sorgen um die Reaktion von irgendwem machen.
Deine Mutter möchte dich schützen, aber sie würde damit klar kommen. Alle anderen können dir im Prinzip egal sein, wenn du damit zufrieden bist. Du bist nicht dazu verpflichtet, den Befehlen von irgendjemandem zu gehorchen. Auch ich habe diese Lektion mehrfach lernen müssen, ehe ich sie verstanden habe und hinnehmen konnte. Manchmal muss man auf sein Herz hören und sich nicht davon abhalten lassen, nur weil man fürchtet, dass irgendjemand damit nicht einverstanden ist. Percys Vater und meine Mutter können sich auf den Tod nicht ausstehen und haben mehrfach versucht uns auseinanderzubringen. Wir haben das ignoriert und dabei mehrfach die Ungnade unserer Eltern zu spüren bekommen. Vor allem meiner Mutter, aber das ist nicht der Punkt.
Trotzdem haben wir nicht nachgegeben und am Ende hat es sich doch gelohnt. Lange Rede kurzer Sinn, ich bin mir sehr sicher, dass du, wenn du es zulässt, durch Eragon von diesen Träumen weg kommst. Das heißt nicht, dass du sofort alles über Herz über Kopf wegwerfen sollst und dein Leben darauf ausrichten, aber glaub mir, solange du daran glaubst wird es sich am Ende für euch beide lohnen. Gib ihm die Chance, die er braucht. Und selbst wenn es nicht klappt, dann öffnest du dich damit zumindest wieder den schönen Seiten der Welt und wirst einen Weg finden, der dich aus der Dunkelheit führt. Vielleicht sogar einen, den wir noch nicht kennen."
---------------------------
3541 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top