Kap. 49 Ich sterbe doch nicht, nur weil man mich umbringt!

Percy pov

Es hatte alles verhältnismäßig gut funktioniert. Eragon hatte Arya rechtzeitig erreicht und sie hatten zusammen so lange durchgehalten, bis unser Abriss-Kobold seine Arbeit erledigt hatte. Leo hatte dabei tatsächlich ganze Arbeit geleistet auch wenn ich fand, er hatte es etwas übertrieben. Mal ehrlich, es wäre weniger aufgefallen, wenn er einen der Riesen, gegen die wir in der zweiten besonders blöden Prophezeiung kämpfen mussten, an den Füßen gepackt hätte und mehrmals mit dem Gesicht voran auf die Stadtmauer geschlagen hätte. Nun gut, man soll ja positiv an sowas rangehen. Leo hatte als Abrissmeister hervorragende Arbeit geleistet.

Jedenfalls konnte jetzt auch Saphira zu ihrem Reiter. Eine Gelegenheit, die sie sofort nutzte. Da ich trotz der Sicherheit des Sieges dafür sorgen wollte, dass möglichst wenige Menschen starben, rief ich mit extra verstärkter Stimme: „Wer seine Waffen nieder legt und sich ergibt, hat nichts zu befürchten. Nicht ihr, sondern das Imperium seid unserer Feind." Leider spürte ich, dass nicht viele dieser Aufforderung nachkommen würden. Die meisten unserer Gegner schienen nicht dazu gezwungen worden zu sein, sondern eher aus eigenen Gründen.

Ich sah ein wenig tiefer in ihre Köpfe und erkannte, dass die Stadtherrin, Fürstin Lorana es geschafft hatte, durch faire Gesetze und Behandlung ihrer Untertanen, sich deren Respekt und Loyalität zu verdienen. An sich eine edle Sache, doch es machte unsere Aufgabe nicht leichter. Also rief ich Eragon zu: „Steig mit Arya auf Saphira und komm zur Burg in der Mitte. Von den Soldaten wird keiner aufgeben solange Fürstin Lorana nicht unserer Gnade ausgeliefert ist. Auch wenn wir ihr nichts tun wollen und werden, ist das die einzige Möglichkeit, die Dauer der Schlacht und damit die Opfer so gering wie möglich zu halten."

Ich musste nur wenige Sekunden auf eine Antwort warten. Diese bestand, völlig überraschenderweise, aus stummer Zustimmung. Mit einem Gedanken wusste auch Annabeth Bescheid, wir flogen in Richtung des Turms, welcher das Herz der Stadt bildete, und ich hörte, wie wenige Sekunden später Saphira hinter mir in den Himmel aufstieg. Es überraschte mich, wie schnell ihr das Einsammeln von Reiter und dessen Freundin, Gefährten waren sie eindeutig noch nicht, gelang, obwohl diese auf dem Boden waren.

Ich trug unseren Freunden auf, sich mit ihren Kräften zurückzuhalten und explizit Kalypso bat ich nochmal, Leo von allen Bauwerken außer der Mauer fernzuhalten. Von den meisten kam etwas Genervtheit. Es machte natürlich viel mehr Spaß, wenn man frei Schnauze mit seinen Kräften angeben kann, Kalypso war die einzige, die meine Bitte befürwortete. Sie hatte scheinbar schon Minuten vorher damit begonnen, Leo von der Destruktion weiterer Gebäude abzuhalten und bisher funktionierte das.

Wir landeten auf dem Dach des Gebäudes, In welchem sich im zweiten Stock unter dem Dach etwas befand, welches etwa die Funktion eines Thronsaals erfüllte. Dank Eragons Magie verfehlten die wenigen Pfeile, die noch auf uns abgeschlossen wurden, Saphira und so konnte auch sie einigermaßen stabil auf dem Dach landen. Durch ihr Gewicht wankte das Gebäude zwar ein wenig, ein widerliches Knirschen entstand und ihre Klauen gruben sich mehrere Zentimeter tief in die Dachschindeln, doch soweit Annabeth es mir übermittelte, sie war schließlich diejenige, die sich wirklich mit Architektur und allem, was damit zusammenhängt, auskannte, bestand keine Einsturzgefahr.

Arya und Eragon sprangen einigermaßen vorsichtig von ihrem Rücken und zumindest Arya landete auch sehr elegant. Der Reiter selbst hätte dies vermutlich auch getan, wäre er nicht im letzten Moment noch gestolpert. Arya hielt ihn an der Schulter fest, ehe er der Dachkante zu nahe kommen konnte, und feixte dabei ein klein wenig über dessen leichte Unbeholfenheit.

Augenblicklich kehrte jedoch der Ernst in ihre Augen wieder, schade eigentlich, und sie meinte: „Nun gut, dann wollen wir der Fürstin mal einen Besuch abstatten." Wir nickten zustimmend. Ich war mir noch nicht ganz sicher, was ich von ihr halten sollte. Einerseits schien sie ihre Untertanen gut genug zu behandeln, dass diese ihr scheinbar bedingungslos folgten doch andererseits hätte sie diese Macht doch nutzen können, um die Schlacht früher zu beenden. Sie muss doch schon von Anfang an gewusst haben, dass Feinster sich nicht gegen die Armee von drei Völkern und einen Drachenreiter, sowie uns, aber davon weiß sie ja nichts, behaupten könnte. Wollte sie uns einfach nur schaden oder gab es da einen tieferen Grund?

Ich hätte es natürlich herausfinden können, aber das Leben wurde schnell langweilig, wenn man durch seine Allwissenheit schon die Antwort auf jede Frage kannte und eigentlich nicht mehr zu überraschen ist. Aus diesem Grund nutzte ich diese Fähigkeit auch nur sehr selten und ins besondere nicht, um die Zukunft zu erfahren.

„Wollen wir anklopfen oder einfach hineinspazieren?", wollte Arya mit einem frechen Lächeln auf den Lippen wissen. Ich wollte gerade vorschlagen, erst zu klopfen und sich dann selbst Eintritt zu verschaffen, als Saphira diese beiden Möglichkeiten vereinte. Sie schlug mit der Pranke gegen den Dachfirst und brach ein fast zwei Meter großes Loch hinein. Etwas rabiat für ein einfaches Klopfen, aber so öffnete es direkt einen Eingang.

Trotz des von uns verursachten Lärms hörte ich keine Soldaten oder ähnliches zu der Öffnung rennen. Etwas ungewöhnlich, aber ich hoffte einfach, dass sie alle draußen auf den Straßen waren. Nach einem kurzen gedanklichen Wortgefecht zwischen Eragon und Saphira setzte letztere durch, dass sie ihr Maul hinter uns durch das Loch schieben würde. Der junge Reiter sprang voran und nachdem Arya hinterher war, folgten wir ihnen. Saphiras gefühlvolle Art des Eintritt verschaffens hatte einen großen Teil des Mobiliars dieses Raumes zerstört, aber das war mir eigentlich herzlich egal. Die Kunstwerke, Tische, Stühle und sonstwas, die hier vielleicht früher gestanden hatten, waren zu größten Teilen leicht zu ersetzen. Keine einmaligen Reichtümer aus Gold, nur schlichte Schönheit oder Praktisches.

Am Ende des Raumes war eine Tür und da ich keine Zauber entdecken konnte, die diese schützen würden, öffnete ich sie leise. Dahinter lag eine Wendeltreppe, die logischerweise, wir waren ja auf dem Dach gelandet, nur nach unten weiterführte. Erneut ging Eragon vor. Er begründete das damit, dass der König ihn lebend wollte und er so im Falle eines Hinterhaltes oder ähnlichem der kleinsten Gefahr ausgesetzt wäre. An sich war der Teil mit der Gefahr zwar falsch, doch ich akzeptierte das so. Falls er Soldaten in die Arme laufen würde, könnten wir ihn auch am schnellsten zurück holen. Ich ging dieses Mal als zweiter und stieß unten gegen Eragon, der wie angewurzelt stehen geblieben war.

Ich sah um die Ecke, hinter welcher er stand, und verstand zumindest seinen Impuls. In dem Raum saß eine schon etwas älter wirkende Frau auf einem kleinen Thron und sah mit Schweißtropfen auf der Stirn auf das Schauspiel vor ihr. In der Mitte des Raumes war ein Mann an den Stuhl unter ihm gefesselt, und zuckte. Drei kapuzenverhüllte Gestalten standen um ihn herum und murmelten leise irgendwelche Sätze, die halbwegs nach Altgriechisch klangen.

Ich spürte jedoch, dass das nicht das einzige war, was den Reiter zum Stoppen gebracht hatte. Ich fühlte, dass er gerade Eindrücke teilte, die Saphira über den Eldunarí von Glaedr übermittelt bekam. Es schien, als hätten die Elfen die Schlacht gegen Ceunon zur gleichen Zeit begonnen, wie wir unseren Angriff auf Feinster. Sie schienen kurz vor einem Luftkampf gegen Murtagh und Dorn zu stehen. Ich nahm mir vor, ein Auge darauf zu haben. Wegen Oromis Gebrechen, völlig unvorhersehbare Schmerzanfälle, die ihn vollständig Kampf und Handlungsunfähig machten, konnte man das Ergebnis dieses Kampfes nicht voraussehen, ohne unnatürliche Kräfte zu nutzen, die ich aus genannten Gründen lieber außen vor ließ.

Ich beobachte wieder das finstere Ritual, welches die drei Magier, zumindest sah es danach aus, durchführten. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass da nichts Gutes lauerte. Überraschung. Während diesen Überlegungen war ich scheinbar an Eragon vorbei in den Raum getreten, denn die Frau auf dem Thron blickte erstaunt zu uns herüber und fragte dann angespannt: „Wer seid ihr?"

Ich ließ mich in kleinster Weise davon anstecken und sagte deshalb ruhig: „Mein Name ist Percy Jackson." Sie sah mich erstaunt an. „Diesen Namen habe ich noch nie gehört..." - „Das liegt daran, dass wir uns lieber im Hintergrund halten", erwiderte Annabeth hinter mir schmunzelnd.

Nun traten auch die anderen neben mich, Eragon schien wieder anwesend zu sein, und stellten sich vor. Wir sahen darin kein Risiko, da die Fürstin zumindest Reiter und Elfe erkannt hätte und wir notfalls ihr Gedächtnis hätten löschen können.

Als Eragon nun endete, fragte er noch: „Und Ihr seid Fürstin Lorana, richtig?" Sie nickte schnell. „Ja, aber bitte, im Namen meiner Stadt, kümmert euch zuerst um diese Magier. Ich habe nicht vor euch zu behindern oder wegzulaufen, aber sie versuchen einen Schatten zu beschwören." Dies ließ uns misstrauisch werden. „Erstens, warum sollten sie das tun und zweitens, wenn ihr doch offenbar dagegen seid, warum befehlt ihr ihnen nicht, mit diesem Zauber aufzuhören?", wollte Arya wissen.

Die Antwort kam sofort: „Sie wissen, dass sie sterben werden und wollen noch so viel Schaden wie möglich anrichten. Und was eure zweite Frage betrifft, holde Elfe, sie wurden von dem Tyrannen persönlich geschickt und da sie dadurch zu seinen Stellvertretern geworden sind, darf ich ihnen wegen meinen Schwüren weder Befehle erteilen, noch in irgendeiner Weise gegen sie arbeiten. Aus dem selben Grund musste ich auch meinem Volk befehlen, sich zu verteidigen."

Das klang selbst in meinen misstrauischen Ohren einigermaßen einleuchtend, deshalb sagte ich: „Wie Ihr meint. Wenn sie tatsächlich einen Schatten beschwören wollen, hat das tatsächlich Priorität. Ich hasse diese Viecher..." Ehe ich weiterreden konnte, wurde ich aus drei Richtungen komisch dafür angeguckt. „Du klingst, als hättest du Erfahrung damit.", stellte Arya fest.

Ich erinnerte mich zurück an den schwarzen Wald der Arai. „Ich bin dem begegnet, was herauskommt, wenn die bösen Geister, die auch eure Schatten bilden, nicht von Lebewesen sondern von der Dunkelheit selbst Besitz ergreifen. Glaubt mir, genauer wollt ihr es nicht wissen. Und Fürstin, ihr scheint das ernst zu meinen, aber wenn ihr einen Fluchtversuch starten solltet, werden wir euch davon abhalten, notfalls mit Gewalt."

Sie wurde blasser, nickte aber. Ich hoffte tatsächlich, dass sie keine Dummheiten machen würde. Bisher hatte sie sich schließlich schnell und freiwillig zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Ich drehte mich zu dem blöden Ritual und hob mein Schwert. Bevor ich allerdings angriff, inspizierte ich die Schutzwälle der Magier. Auf geistiger Ebene waren sie durch ihre Konzentration schwer zu erreichen. Mir oder Annabeth würde es ohne Schwierigkeiten gelingen, doch das würde die üblichen Fragen aufwerfen und wieder zu dem Problem führen, was Rhunön mit Eragon besprochen hatte. Wer ewig lebt und alle Macht hat, muss etwas finden, mit dem er seine Zeit sinnvoll verbringen kann.

Auf realer Ebene hatten die Magier jedenfalls relativ starke Schutzschilde. Es würde einige Zeit dauern, ehe man diese zerstört hätte. „Achtung, seid vorsic..." Ich wollte gerade die anderen warnen, als Eragon bereits vorstürmte und nach einem der drei schlug. Da er gedacht hatte, er würde den Magier einfach enthaupten, flog ihm sein Schwert bei dem Auftreffen auf die Barriere des Magiers aus der Hand und blieb in der Wand stecken. „...seid vorsichtig, sie haben sich magisch verbarrikadiert, wollte ich sagen. Jetzt zählt es, so schnell wie möglich so viel Kraft wie möglich auf diese Wälle auszuüben. Ich denke, Saphira könnte dafür ganz hilfreich sein."

Ein lautes Krachen kam zur Antwort als die Drachendame die gesamte Vorderseite des Gebäudes einriss und ihr Maul, sowie ihre Vorderpranken durch die Öffnung streckte. So sah sie aus wie ein niedliches Kätzchen... ein sehr großes Kätzchen mit Flügeln, Schuppen so stabil wie Panzer und Klauen die länger und fast so scharf wie Schwerter waren. Diese Art Kätzchen schien der Fürstin auf jeden Fall unheimlich zu sein. Aber damit musste sie jetzt klar kommen.

So begannen wir jedenfalls, von allen Seiten auf den Schutzwall eines der Magier einzuschlagen. Trotz unserer geballten Kraft dauerte es fast zwei Minuten, bis dieser nachgab. Annabeth und ich reduzierten unsere Kräfte dafür auf das Niveau von Halbgöttern, sonst wäre es je ein Schlag und eine Druckwelle, die den umstehenden das Trommelfell zerstören würde.

Der Gnadenstoß kam von Saphira und zerquetschte den Magier vollständig. Das sah zwar nicht schön aus, erfüllte jedoch seinen Zweck. Zumindest zum Teil. Er konnte zwar nicht mehr weiter herumhexen doch die anderen beiden schienen dadurch höchstens in dem Maße betroffen zu sein, dass sie noch schneller sprachen.

Jetzt, da eine kurze Pause entstanden war, konzentrierte ich mich für einen kurzen Moment auf die beiden Drachen und Reiter, die über Ceunon flogen. Bisher schien ihr Kampf ausgewogen, wenn es auch so wirkte, als wären die Erfahrung und Kraft von Glaedr der Wendigkeit und den Eldunarí ihrer Widersacher um ein wenig überlegen. Ich teilte Eragon, Saphira, Arya und sicherheitshalber auch Annabeth meine Beobachtung mit und statt Nachfragen, nahmen diese meine Worte als weitere Motivation und begannen auf den Schutz der einzigen Magierin unter den dreien einzuschlagen. Ihr Schild hielt etwas länger doch nach drei Minuten zerbrach auch er und Arya enthauptete sie. Wieder schien der verbleibende Magier dadurch nur noch schneller zu sprechen.

Da kam mir eine Idee. Es wunderte mich, dass Annabeth sie nicht schon vor mir geäußert hatte doch dieses Mal machte ich es uns einfach. Diese Schutzzauber wehrten Druck ab und je mehr davon auf sie traf, desto mehr Kraft kostete es. Schläge hatten viel Kraft, aber das nur für einen kurzen Moment. Würden wir uns jedoch dagegen lehnen und fließend Druck ausüben, könnten selbst unsere halbgöttlichen Kräfte viel bewirken.

Genau das taten wir also und tatsächlich, nachdem wir unsere Füße beide so am Boden festgestemmt hatten, dass wir mit aller Kraft schieben konnten, dauerte es kaum eine halbe Minute, bis wir verstolperten und somit eindeutig den Schild gebrochen hatten.

Überrascht blicken unsere drei Begleiter auf den nun ungeschützten Magier. Dieses Mal kümmerte sich Eragon um das Ausschalten des Magiers. Genau in dem Moment, als sein Schwert in der Brust des Mannes versank, heulte der verbleibende Mann auf, der in der Mitte an den Stuhl gefesselt saß, und aus dem Boden schossen schwarze Lichtfäden, die manchmal von einem Giftgrün, Rot oder Weiß durchbrochen wurden.

Sie wanden sich zu einem Kokon um den Mann, der immer mehr zuckte, und ich konnte sehen, dass dabei scheinbar eine Druckwelle nach außen abgegeben wurde. Eragon, Arya und selbst Saphira ein wenig, wurden zurück geworfen und als ich mich umsah, erkannte ich, dass auch Fürstin Lorana an eine Wand geworfen worden war. Sie hatte glücklicherweise ihr Wort gehalten und keinen Fluchtversuch gestartet, aber jetzt hatte sie sich wohl ein Handgelenk verletzt, vielleicht gebrochen.

Die Dunkelheit breitete sich weiter aus und so sah ich einen Moment später nur noch schwarz. Auch wenn ich auf magischer Ebene in etwa ausmachen konnte, was um mich her passierte, machte dies die Orientierung deutlich schwerer. Ich machte den Fehler, meine Augen trotzdem offen zu halten und als vor mir ein weißer Blitz zuckte, stolperte ich instinktiv ein Stück zurück.

Eigentlich schon peinlich, dass der Herrscher des Universums, der bereits durch den Tartarus gelaufen ist und viele Urgottheiten in ihrer physischen Gestalt gesehen hat, vor einem kleinen Lichtblitz zurückstolpert. Um das ganze doppelt peinlich zu machen, lag hinter mir noch ein undefinierbarer Gegenstand auf dem Boden, über welchen ich nun stolperte.

Da es nicht schien, als würde sich die Dunkelheit schnell wieder verziehen und ich nicht nochmal stolpern wollte, blieb ich erstmal einfach liegen. Aufgrund meiner unendlichen Geduld hielt ich es fast zehn Sekunden aus und traf dann den Entschluss, erneut nach Oromis und Glaedr zu sehen, was sich als eine hervorragende Idee herausstellte.

Ich konnte förmlich spüren, dass Oromis in wenigen Sekunden einen weiteren Anfall erleiden würde, ich aber nicht wirklich vernünftig etwas dagegen tun konnte. So musste ich tatenlos zusehen, wie er mitten in einem Schlagabtausch mit Murtagh in einer sehr komischen Position verharrte, aufschrie, sich nicht mehr bewegte und so einen sehr großen und langen Riss quer über den Oberkörper bekam, kurz gefolgt von einem Aufwärtshieb, welcher Oromis gesamte rechte Seite blutüberströmt zurück ließ.

Ich fluchte gedanklich. Wenn ich den alten Elf jetzt heilen würde, würde Galbatorix vermutlich davon erfahren, schließlich war er gerade im Kopf von Dorns Reiter, und somit weitere langweilige Sicherheitsvorkehrungen treffen. Wenn er näher bei den Magiern seines Volkes wäre, könnte man es vielleicht als deren Werk verkaufen.

Während ich diesen Überlegungen nachging, merkte ich zu spät, dass auch der goldene Drache durch die tödliche Verletzung seines Reiters abgelenkt worden war. Noch immer tatenlos musste ich zusehen, wie der alte Riese vor Wut schnaubend auf Dorn zuflog, welcher unter ihm abtauchte und nach seinem Bein schnappte. Wegen seiner Ablenkung bemerkte Glaedr nicht, was dort passierte und so verlor er sein zweites Vorderbein. Das Brüllen, welches er daraufhin ausstieß, war so laut, dass auch die Elfen unten in der Stadt aufsahen und bei dem Anblick des blutroten Stumpfes, an welchem früher mal sein zweites Vorderbein gewesen war, begannen zu stöhnen und zu klagen.

Ein sehr trauriger Anblick doch ich rief Glaedr gedanklich zu: „Geh weiter runter, dann kann ich euch beiden besser helfen." Ich spürte, wie der alte Drache versuchte, einigermaßen sicher an Höhe zu verlieren, ohne sich dabei Dorn auszuliefern. Ich spürte, wie viel Anstrengung es ihn kostete, sich einigermaßen ruhig oder zumindest kontrolliert zu verhalten und nicht einfach mit allem, was er hatte, auf den roten Drachen samt Reiter loszugehen. Und ich spürte, wie sehr er darauf vertraute, dass ich ihm wirklich helfen könnte.

Ich sah wieder in meine eigentliche Umgebung und hörte plötzlich einen doppelten Aufschrei von Saphira und Eragon. Scheinbar war die Verletzung von Oromis aus irgendeinem Grund erst jetzt zu ihnen durchgedrungen. Die störende, wirbelnde Dunkelheit der Geister, die gerade den Schatten bildeten, schien langsam schwächer zu werden doch ich war mir nicht ganz sicher.

Also beschloss ich, erst Oromis am Leben zu halten und mich dann wieder mit dieser Gestalt zu beschäftigen. Als ich mich dann wieder auf den alten Drachen konzentrierte, stellte ich fest, dass er sehr effektiv darin gewesen war, meiner Anweisung folge zu leisten. Ich bat Annabeth noch schnell, Eragon wieder zurück in seine Umgebung zu holen, damit dieser nicht völlig hilflos war. Im Gegensatz zu mir war er schließlich nicht unsterblich.

Danach gab ich Glaedr eine letzte Anweisung. „Konzentriere dich auf das Ausweichen. Es wird schwieriger, seine Konzentration aufrecht zu erhalten, wenn ich deinen Reiter dabei noch vor Angriffen schützen muss. Ich weiß, dass das in dieser Situation mit einer weiteren eigenen Verletzung schwierig ist, aber wenn es noch Hoffnung geben soll, dann musst du dich genau auf die und das darauf hinarbeiten konzentrieren!"

Mit einem tiefen und unfassbar bösen Grollen, welches glücklicherweise nicht mir galt, gab er mir zu verstehen, dass er meine Worte zur Kenntnis genommen hatte. Und so setzte er seinen Sinkflug fort, während er jedem Angriff des Roten auswich. Ich wollte jedoch seine Ausdauer nicht unnötig auf die Probe stellen und so begann ich mit der Heilung. Die Kraft stellte wie immer kein Problem dar. Die Schwierigkeit hierbei lag darin, dass ich sehr genau sein musste und je größer die Entfernung, desto schwieriger wird es, diese Genauigkeit beizubehalten. Und Lebewesen sind wirklich der Gipfel der präzisen Komplexität.

Aus diesem Grund arbeitete ich vergleichsweise langsam, was in meinem Fall bedeutete, es dauerte mehr als eine halbe Sekunde. Schließlich hatte ich die beiden Schnitte aber doch so weit geschlossen, dass so gut wie kein Blut mehr heraus floss. Der alte Elf hatte jedoch schon sehr viel davon verloren und ein Großteil davon war hinunter auf den Boden gestürzt, was es mir schwierig machte, den Zustand von Oromis wieder zu stabilisieren. Ich konnte nicht einfach Wasser mit rotem Farbstoff in seinen Körper geben. Das wäre eher schädlich.

Da kam mir die Idee, das selbe zu machen, wie damals auf OTC, als ich mein erstes Lebewesen erschaffen hatte. Blut ist fast genauso kompliziert aufgebaut wie der Rest des Körpers doch ich hoffte, dass ich nicht aus der Übung war. Ich versuchte deshalb, die Fehlerbehebung so einfach und effektiv wie möglich zu machen. Aus den Stoffen, die ich in der Luft fand, bildete ich einen winzigen Tropfen Blut und als ich sicher war, dass dieser halbwegs dem Vorbild aus dem Körper des Elfen entsprach, wiederholte ich diesen Prozess einige tausend mal. Oromis hatte, ehe ich die Verletzungen geschlossen hatte, über zwei Liter verloren und es war alleine der Magie in seinem Körper zu verdanken, dass ich ihn heilen konnte, ohne die Gesetze des Todes zu brechen.

Durch die einzige Öffnung, die ich an seiner Seite gelassen hatte, flößte ich ihm meine synthetische Flüssigkeit ein und hoffte das beste. Nun musste ich kurz warten, ob meine Behandlung ausgereicht hatte. Dabei machte ich mir zum ersten Mal auch Sorgen um den Drachen selbst. Auch aus seiner schweren Wunde war sehr viel Blut geflossen und er spannte weiterhin seinen Körper an, während er Dorn auswich. Da war schon viel zu viel gewesen, aber zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass seine Ausweichmanöver so gut waren, dass keine neuen Wunden dazu kamen. Wenigstens einmal Glück im Unglück.

Nun konnte ich durch meine magische Sicht erkennen, dass Oromis sich wieder bewegte. Sofort begann er auch, wie Glaedr ihn nochmal extra ermahnte, sich gut festzuhalten. Der goldene Riese stieß ein unfassbar lautes Brüllen aus, welches vermutlich nicht besonders gut für die Ohren von all denen wäre, die sich in der Nähe dieses Drachen befanden. Die Feuersäule, die daraufhin aus seinem Maul schoss, reichte über hundertfünfzig Meter weit und verfehlte die Schergen des Königs nur knapp.

Selbst der König, der scheinbar zu dieser Zeit die Kontrolle über den jungen Widersacher von Oromis und Glaedr übernommen hatte schien ziemlich überrascht und rief mit seiner Stimme, die mich tatsächlich, so merkwürdig das klingt, an einen Sohn der Aphrodite erinnerte: „Was auch immer du gerade getan hast, Oromis, es hat dir vielleicht etwas Zeit erkauft doch am Ende wird das keinen Unterschied machen. Ihr könnt mich nicht besiegen. Ihr könnt euch mir anschließen und mir Treue schwören oder ihr könnt sterben." Mit noch etwas schwacher Stimme, kaum überraschend, schließlich war er vor wenigen Sekunden noch kurz davor, draufzugehen, rief Oromis seine Antwort. „Und wenn es so wäre, würde ich lieber sterben als dir zu dienen. Deine alten Schwächen zeigen sich wieder. Eitelkeit, Grausamkeit, ein übersteigertes Selbstwertgefühl und das Überschätzen der eigenen Fähigkeiten."

Galbatorix lachte durch Murtaghs Körper. „Das denkst du. Du hast keine Ahnung von der Kraft, die ich besitze. Sie hat alle meine Schwächen schon längst ausgeglichen." Noch während Oromis seinen Kopf schüttelte und leise flüsterte, „Nein, es macht sie nur noch fataler!", spürte ich wie Glaedr die Geduld verlor. Drachen sind uralte mächtige Wesen und entsprechend groß ist auch ihr Zorn. Er war zwar erleichtert, dass sein Reiter überlebt hatte, doch das änderte nichts an seiner Wut auf den Tyrannen. Ich spürte, wie in ihm sowohl Erinnerungen an die Vergangenheit, als auch der Hass gegenüber dem König, da dieser seinen Reiter fast getötet hatte, aufstiegen und er die geballte Kraft, die Drachen manchmal einsetzen konnten, frei ließ.

Er ließ eine magische Druckwelle auf Dorn los, welcher mit unfassbarer Geschwindigkeit nach hinten geschleudert wurde. Der rote Drachen wirbelte durch die Luft und selbst als er irgendwann, viele Meilen südwestlich, wieder seinen Flug unter Kontrolle hatte, flog er eilig weiter Richtung Süden. Auch wenn es nicht direkt ersichtlich war, bewirkte er damit auch eine zweite Sache.

Oromis' Verletzung war nur entstanden, da dieser sich wegen seinem Gebrechen nicht mehr bewegen konnte. Zumindest diese Langzeitfolge ihren Zusammenstoßes mit zwei der Abtrünnigen, wenn ich mich richtig erinnerte, löste er damit auf. Gegen den Schaden, den die Fähigkeit, Magie zu nutzen, genommen hatte, konnte er zwar nichts tun doch zumindest war er jetzt wieder konsistent leistungsfähig und nicht von einem schleichenden Toxinvergiftet, das ihm mit der Zeit die Kraft aussaugte. „Gute Arbeit, Großer. Jetzt entschuldige mich bitte, ich muss in Feinster aufpassen, dass ein neu erschaffener Schatten nicht unseren anderen Reiter erwischt. Richte Oromis gute Besserung aus und sag ihm, dass du ihm seine Anfälle genommen hast."

Im nächsten Moment spürte ich zwei Dinge gleichzeitig. Zum einen die fast grenzenlose Dankbarkeit von Glaedr, die meinen Geist durchdrang und zum anderen etwas deutlich unangenehmeres. Ein Schwert, welches sich in meinen Hals bohrte. Wenn man vom fast wortwörtlichen Teufel spricht.

Gerade hatte ich Glaedr von dem Schatten erzählt und nun stach er mir sein Schwert in den Hals. Irgendwie ironisch. Leider hatte ich doch noch keine vollständige Stichwundenimmunität erreicht. Andererseits gab mir das wieder die Möglichkeit für einen dramatischen Auftritt. Der Schmerz, den ich eigentlich fühlte, wurde durch meine Fähigkeit gedämpft und ganz ehrlich, ich hatte schon viel schlimmeres erlebt.

Zuerst hatte ich vor, einfach tot liegen zu bleiben und meinen Herzschlag, sowie meine Atmung auf null zu setzen doch das wollte ich lieber nicht. Ich bezweifelte sehr stark, dass ich danach noch einigermaßen normal von irgendwem außer meinen Freunden behandelt werden würde und entschloss mich, eine genauso dramatische Situation einzuleiten, ohne dass es wie das klischeehafte Auferstehen wirken würde.

Ich verwandelte mich selbst in eine schwarze Wolke mit silberigem Punkten darin, welche von kleinen Blitzen in den entsprechenden Farben durchzuckt wurde und den gesamten Teil des Turms, welcher oberhalb von uns lag, einhüllte. Ich hörte einen zweifachen Aufschrei von Eragon und Arya und sah Annabeth besorgte Miene. Ich spürte, dass sie nicht wirklich glaubte, dass ich tot wäre, aber weder fiel ihr auf, dass diese Wolke über ihnen einen Geist hatte, noch nutzte sie, vermutlich aus Schock, ihre Allwissenheit, um das herauszufinden.

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4177 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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