Kap. 46 Geschichtsstunde
Eragon pov
„Allerdings, Meister ... Ihr habt bei unserer Abreise angedeutet, dass ihr wüsstet, wo Galbatorix' abnormale Macht herkommt. Damals meintet ihr, wir wären noch nicht bereit." Ehe ich weitersprechen konnte, hob Oromis seine Hand. Eine Geste die schon Nasuada genutzt hatte um mich zu unterbrechen und der ich aus mir unbekannten Gründen immer folge leistete.
„Mir ist klar, was ich gesagt habe, Eragon Finiarel. Damals hattest du noch nicht die nötige charakterliche Reife. Normalerweise wird das Geheimnis, von dem wir hier sprechen, jungen Reitern erst nach mindestens fünf Jahren Ausbildung anvertraut. Die Gefahr, dass sie es missbrauchen ist, wie Galbatorix' abstoßendes Beispiel zeigt, zu groß." Mein Meister musterte mich eingehend ehe er fortfuhr.
„Wie dem auch sei, du hast seit deiner Abreise mehrfach gezeigt, dass du verantwortungsbewusst geworden bist und nicht mehr ganz so vorschnell handelst wie früher." Ich kämpfte mühsam den Impuls, eine Diskussion darüber anzufangen, wann ich wirklich leichtsinnig gewesen war, nieder. Das hätte diesen Eindruck eher noch verstärkt. „Nach einigen längeren Überlegungen und Auslegungen sind Glaedr und ich zu dem Schluss gekommen, dass du genug Reife bewiesen hast, um davon zu erfahren."
Ich blickte ihn erwartungsvoll an, aber er schwieg. Gerade als ich nachhaken wollte, beantworte er meine noch stumme Frage. „Es steht mir nicht zu, dir darüber zu berichten." - „Aber Meister, wem denn dann?" Bevor ich weiter drängen konnte, spürte ich ein altbekanntes Gewitter in meinem Kopf. Die Gedanken des alten Drachen gaben mir jedes Mal wieder das Gefühl, winzig und hilflos zu sein. Ihm gegenüber vermutlich sehr zutreffend.
„Mir steht es zu, Küken! Es war immer die Aufgabe des ältesten meines Volkes, unseren Nachkommen davon zu berichten. Somit hängt auch die Auswahl derer, die davon wissen, von uns ab. Wenn du dich umhören würdest, würdest du feststellen, dass selbst im Volk der spitze-Ohren-zwei-Beine so gut wie niemand diese Quelle der Kraft kennt. Meines Wissens nach sind sogar Königin Islanzadí und aus mir nicht vollends bekannten Gründen Rhunön die einzigen Lebewesen, den König, seinen jungen Sklaven und Oromis ausgeschlossen, die eine konkrete Vorstellung davon haben."
Vor dem Fenster erschien ein riesiges goldenes Auge. Der Blick des Giganten verriet mir, dass ein falscher Satz in diesem Zusammenhang wahrscheinlich dafür sorgen würde, dass ich erst in vielen Jahren von diesem großen Mysterium der Drachen erfahren würde. So beängstigend die Ausführungen meiner beiden Meister auch waren, ich konnte nicht verhindern, dass ich trotzdem neugierig wurde.
Ein tiefes Beben ließ die Luft vibrieren als der alte Drache mit einem Knurren erklärte: „Bevor ich irgendein weiteres Wort verlauten lasse, müsst ihr beide in der alten Sprache schwören, nichts davon ohne meine Erlaubnis oder die meines Nachfolgers, sofern ich nicht mehr bin, an irgendjemanden weiterzugeben." Ich zögerte nicht lange. Sein Tonfall hatte klar gemacht, dass er nicht verhandeln würde. Entweder akzeptierte ich seine Bedingung oder er würde schweigen. Ein gängiger Prozess im Umgang mit dem Titanen.
Ich antwortete kurz, dass ich einverstanden war, leistete den Eid in der alten Sprache und draußen tat Saphira das selbe. Es wunderte mich etwas, dass er nichts derartiges von Percy oder Annabeth verlangte doch ich wollte jetzt nicht ablenken indem ich in diese Richtung nachhaken würde. Irgendwie muss man ja schließlich Prioritäten setzen. Glaedr schien zufrieden und begann so zu erklären:
„Das Geheimnis, von dem wir hier die ganze Zeit sprechen, nennt sich Eldunarí. Auch Seelenhort in eurer Sprache. Er wird häufig auch als Herz der Herzen bezeichnet, was eigentlich sehr zutreffend ist. Normalerweise bleibt dieser das ganze Leben im Körper des Drachen und stirbt am Ende mit seinem Körper, doch es kann passieren, dass der Drache sich bei seinem Tod entscheidet, seine Seele in ihn hinein zu leiten. Dann bleibt ein kristallähnlicher Gegenstand über, in dem nun das vollkommene Bewusstsein des Drachen enthalten ist.
Wenn wir wollen, können wir unseren Eldunarí auch zu Lebzeiten ausspeien. Wer immer diesen Stein dann in der Hand hält, kann ungeachtet der Entfernung mit dem eigentlichen Besitzer des Herzes der Herzen kommunizieren und bei Bedarf dessen Kraft anzapfen. Dabei gibt es jedoch einige Probleme. Genau das sind auch die Ursprünge der Gründe, wegen denen junge Drachen und Reiter erst so spät davon erfahren.
Wurde die Entscheidung einmal getroffen, kann die nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sobald der Seelenhort von seinem Drachen getrennt ist, kann er sich nicht mehr aus eigener Kraft bewegen und auch Magie nur dann wirken, wenn der Wunsch stark genug ist. Wird er einmal ausgespien, kann er nicht mehr weiter wachsen, wie er es sonst zusammen mit dem Drachen tun würde, was sowohl für die Kraft, als auch in einem gewissen Umfang den Geist und die Gedanken des Skulblaka in seinem gegenwärtigen Zustand festhält.
Die Entscheidung, seinen Eldunarí aufzugeben, darf niemals leichtfertig oder aus Jugendlichem Übermut getroffen werden. Es gab schon Fälle, in denen ein junger Drache seinen Eldunarí nur ausgespien hat, um seinem Reiter eine Freude zu machen. Fatale Folgen für den Geist dieses Drachen. Er war noch nicht wirklich erwachsen und so sind das auch seine Gedanken nie vollends geworden. Sein Zustand hat sich gebessert, aber selbst hundert Jahre später war er nicht so weit, wie es ein normaler Drache nach der Ausbildung sein sollte.
Jetzt kennt ihr die Grundlage. Was nun vor hundert Jahren geschehen ist, war Folgendes: Nachdem wir ihm einen neuen Drachen verwehrt hatten, begann Galbatorix mithilfe seiner Anhänger gezielt wilde Drachen oder alleine reisende Drachen mit Reiter anzugreifen. Sie zwangen diese entweder mit Magie oder durch das Foltern ihres Reiters, ihren Seelenstein auszuspeien. Danach tötete er beide und unterwarf Stück für Stück die einzelnen Eldunarí. Bis heute ist dieser Prozess sein vielleicht größtes Verbrechen.
Doch damit nicht genug, als er Dorú Areaba angriff, fielen ihm auch die Jahrhunderte alten Seelenhorte von bereits verstorbenen Drachen zu, die schon alt waren als Vrael noch nicht geboren war. Nachdem er unseren Orden nahezu gänzlich ausgelöscht hatte, zog er sich in die schwarze Zitadelle zurück und widmete sich fast einzig und allein dem grausamen Ziel, alle Eldunarí zu kontrollieren. Dafür hat er über neunzig Jahre gebraucht denn jeder einzelne hat ihm mit aller Kraft Widerstand geleistet doch am Ende hat das nichts geändert."
Die tiefe Trauer, die in den Worten des goldenen Riesen steckte, griff auf mich über. Wieviel Unheil hatte dieser eine Mann anrichten können. Schließlich beendete Glaedr seinen Vortrag mit den Worten: „Die Kraft, die einem Eldunarí innewohnt, steigt je nach Größe jahrelang an bis sie irgendwann einen Höchstwert erreicht, welcher tatsächlich enorm ist. Das ist der Grund, warum der Drachenei-Räuber-Galbatorix seit hundert Jahren immer stärker wird. Er versklavt eine Seele nach der anderen für seine dunklen Zwecke!" Nach diesem Schluss folgte ein langes Schweigen.
Als ich nach einigen Augenblicken die ganze Erzählung einigermaßen verarbeitet hatte, begann ich nachzudenken. Wie konnte ich hoffen, einer solch gewaltigen Macht etwas entgegenzusetzen? „Meister, gibt es außer denen in Galbatorix Knechtschaft noch irgendwelche Eldunarí in Alagaësia?" Oromis schüttelte stumm den Kopf. „Meines Wissens nach nicht, auch wenn wir Jahre danach gesucht haben. Früher wurden alle auf Vroengard gelagert doch von dort hat der Tyrann alle mitgenommen. Ich wüsste nicht, wo es sonst noch welche geben sollte." Das nahm mir jegliche Motivation und Sicherheit. Wie sollten wir gegen solch eine Macht ankommen?
Man hatte mir meine Verzweiflung offenbar angesehen denn Annabeth legte mir ihre Hand auf die Schulter und sagte in ruhigem, verstehenden Ton: „Eragon, erstens offenbaren sich die Lösungen selten so früh. Ich habe schon Schlachten gesehen, in denen sich die Lösung zum guten erst am Ende des letzten Gefechts offenbart haben. Es kann noch so hoffnungslos aussehen, verloren hat man erst wenn die Schlacht vorbei ist und man den Kampf aufgibt. Zweitens bist du nicht alleine. Du hast Freunde, die zu dir halten und dich unterstützen. Verliere nicht den Mut nur weil es im Augenblick nicht so rosig aussieht, wie wir das immer gerne hätten."
Ich schloss meine Augen und versuchte meine Atmung zu beruhigen. Ich hatte gelernt, dass man dadurch auch insgesamt runter kommt. Langsam einatmen, vier Sekunden warten, langsam ausatmen, vier Sekunden warten. Es dauerte einige Zeit, aber schließlich öffnete ich meine Augen wieder und zumindest etwas Hoffnung war zurückgekehrt. Annabeth nickte zufrieden und lehnte sich wieder an Percy. „Durch aufgeben wird es nicht besser." Sie hatte natürlich recht. Wenn ich es nicht versuchen würde, könnte ich mich auch gleich selbst umbringen oder dem König ergeben.
Ich schaffte es, wieder etwas Hoffnung und Entschlossenheit in meinen Blick zu bekommen, was Oromis dazu brachte zu fragen: „Die beiden sprechen weise Worte. Nun denn, auch wenn ich es mir schon denken kann, was ist der persönliche Grund, aus dem du her gekommen bist?" Spätestens das brachte mich von Weltuntergangsgedanken ab und so stellte ich die Frage.
„Habt ihr es gewusst? Habt ihr gewusst, wer mein Vater ist?" Er lächelte traurig. „Ja! ..." Ehe er weiterreden konnte, beschwert ich mich und wurde dabei immer lauter. „Warum habt ihr mir dann nicht gesagt, dass Murtagh mein Bruder und Morzan mein Vater ist? Habt Ihr und Brom mich nur zu einer Waffe gegen Galbatorix ausgebildet? Dachtet ihr, ich würde wie mein Vater werden wollen... oder habt ihr es einfach für nicht wichtig gehalten? Warum habt ihr mir nichts gesagt?" Den letzten Teil schrie ich schon fast.
Bevor ich jedoch meine Tirade fortführen konnte, ertönte Glaedrs gewaltige Stimme in meinem Kopf. „Küken! Solange du uns Vorwürfe an den Kopf wirfst, ohne uns darauf antworten zu lassen, nützt das niemandem etwas. Du hast dich vorerst laut genug beschwert. Jetzt ist es an der Zeit, uns erklären zu lassen. Wenn du danach noch ein Problem hast, kannst du weiter schimpfen."
Die strengen Worte meines alten Meisters beschämten mich natürlich etwas. Ich hatte wieder erst gesprochen und dann gedacht. Davon und von meinen Vorwürfen inhaltlich schien sich Oromis allerdings nicht sonderlich stören zu lassen. Er starrte einfach traurig an die Wand hinter mir, als er zu sprechen begann: „Ja, wir haben von deinem Vater gewusst. Davon haben wir dir allerdings nichts erzählt, weil er uns darum gebeten hatte."
Er hob seine Hand um meinem Protest zuvor zu kommen und fuhr dann fort. „Was ich eben sagen wollte, ist, dass Murtagh nicht dein Bruder sondern dein Halbbruder ist. Die Zwillinge haben entdeckt, dass ihr die selbe Mutter habt. Was sie nicht wissen, ist, dass Morzan nicht dein Vater ist." - „Aber, wer..." Der alte Elf unterbrach mich dieses Mal direkt. „Frag dein Herz, Eragon, tief in deinem inneren musst du doch wissen, wer es ist." Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Vielleicht hätte ich es gekonnt, hätte ich einen klaren Kopf gehabt, aber das hatte ich nicht. Mein Kopf war in dem Moment mehr ein Watteknäul. Ungefähr so geordnet und ungefähr so agil.
„Ist das nicht offensichtlich?", seufzte Glaedr in meinen Gedanken. „BROM ist dein Vater!" Ich brauche erneut einige Sekunden bis ich realisierte, was er da sagte. Brom? Wie konnte das sein? Ich fragte überflüssigerweise nochmal nach. Ich war mir sicher, dass ich mich nicht verhört hatte. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich das für einen Scherz gehalten doch Glaedr machte so gut wie niemals Scherze und schon garnicht bei solch wichtigen Angelegenheiten. „Brom?" Oromis holte tief Luft und begann dann mir die Ereignisse zu erklären.
„Ich habe dir bereits erzählt, dass er ebenfalls ein Reiter war. Was ich nicht erzählt habe, sind die genauen Details. Ich hatte zwar das Glück, niemals Lehrer für Galbatorix gewesen zu sein, sonst würde ich jetzt nicht mehr leben, aber dafür war ich der Meister für zuerst Morzan und im Anschluss Brom.
Die Dinge haben sich ungünstig ergeben. Normalerweise unterrichtet ein Meister für den größten Teil der Zeit nicht mehr als einen Schüler, um wirklich Erfolg im Unterricht aufzuweisen. Ich wurde jedoch mit Brom betraut, während ich eigentlich noch einen langen Weg mit Morzans Ausbildung vor mir hatte. Ich musste meine Konzentration auf die beiden in gewisser Weise ausbalancieren und dabei geschah eben der unvermeidliche Fehler. Alle Zeit, die ich mit den beiden einzeln verbrachte, war auf Unterricht konzentriert, alle, die ich nicht mit Unterricht beschäftigt war, war auf Planung konzentriert.
So kam es jedenfalls, dass ich nicht nur übersah, wie viele offensichtliche Charakterschwächen ich bei Morzan unangetastet gelassen hatte, sondern obendrein, dass der spätere Abtrünnige schon damals eine Persönlichkeit ausgebildet hatte, die es ihm ohne Gewissensbisse erlaubte, Brom mit allen Mitteln der Kunst auszunutzen.
Brom war zu dieser Zeit ungefähr so neugierig wie du und hatte obendrein einen Narren an seinem älteren Mitschüler gefressen. So kam es, dass er fast wie ein Diener lebte und in seiner Freizeit Morzans Drecksarbeit erledigte. Das hat ihm als Schüler sicher viele Fähigkeiten unnatürlich früh gegeben und ihn so zu einem der fähigsten Reiter seines Alters herantrainiert, aber es war nicht gut für seine mentale Gesundheit und für seine Selbstständigkeit.
Und dann, einige Zeit nach dem Ende ihrer beiden Ausbildungen kam das Desaster, was die ganze Geschichte ins Rollen brachte. Wenige Tage vor der letzten Schlacht um Dorú Areaba wurden Brom und sein Drache, Saphira, ein interessanter Zufall übrigens, von dem nunmehr abtrünnigen Mitschüler angegriffen, den er einst so bewundert hatte.
Noch während Brom schlief hatte Morzans Drache Saphira angefallen und schlussendlich getötet. Dies weckte deinen Vater jedoch auf und mit einer Mischung aus purem Hass und unglaublichem Geschick gelang es ihm, Reiter und Drache zu vertreiben, obwohl diese beiden mindestens zwei weitere Eldunarí bei sich hatten.
Von diesem Tag an war Brom der gefürchtetste Feind des sich nur wenig später erhebenden Imperiums. Wie Galbatorix es sich auf die Flagge geschrieben hatte, alle seine ehemaligen Lehrmeister zu töten, so hatte Brom sein restliches Leben der Bekämpfung des Imperiums und allen voran Morzan gewidmet. Der neu lodernde Hass gegen den ersten Abtrünnigen nach dem Tod von Saphira stand der brennenden Bewunderung zur Zeit ihrer Ausbildung gegenüber wie ein Waldbrand einer Kerze.
Und das zog sich durch die nächsten Jahre. Über die Hälfte der Tode der Verräter war schlussendlich auf ihn zurückzuführen. Er war es, der die Varden ursprünglich gegründet hatte und zusammen mit einem Gelehrten aus Teirm war er es, der das Ei unserer Saphira aus dem Herzen von Galbatorix Macht entwendete.
Und jetzt kommen wir langsam in die letzten fünfundzwanzig Jahre. Morzan ist der letzte lebende Abtrünnige und seine neue Gehilfin, nur bekannt als die schwarze Hand, bereitet dem damaligen Anführer der Varden Kopfschmerzen. Brom sah dieses Problem und hat es sich zum Ziel gemacht, sie unschädlich zu machen. Ihr Name war, wie du dir wohl schon denken kannst, Selena und über verschiedene Spitzel und Informanten fand er heraus, dass sie schlussendlich immer wieder in Morzans Burg zurückkehrte.
Nach vielen weiteren Versuchen, Bespitzelungen und Planungen fand er schließlich einen Weg, sich als Gärtner in dieses Anwesen einzuschleichen, ohne dabei als Brom wiedererkannt zu werden. Er war ohne seinen Drachen nicht mehr der stärkste, aber seine Gerissenheit suchte ihresgleichen."
Ich guckte betreten zu Boden. „Und dann hat er sie wohl bei der nächsten Gelegenheit verführt", vermutete ich. Oromis lächelte. „Das hatte er zunächst vielleicht vor, aber dann geschah etwas, was keiner der beiden voraussehen konnte. Die beiden verliebten sich wirklich ineinander.
Knapp ein Jahr später ging Selena alleine auf eine Reise in den Norden, von der sie erst viele Wochen später stark geschwächt und schwerkrank zurückkehrte. Als Brom davon erfuhr, wollte er so schnell wie möglich zu ihr, wohl wissend, was der Grund für ihre Schwäche war, doch auf dem Weg gab es einen Zusammenstoß mit Morzan, der scheinbar ebenfalls über den Zustand seiner Frau gehört hatte.
Es dauerte nicht lange, bis ein wilder Kampf zwischen den beiden entbrannte, Morzan vermutete Brom, teils ja sogar zurecht, als verantwortlichen für ihren Zustand und Broms Hass gegenüber dem Abtrünnigen war in den vergangenen achtzig Jahren kein Stück geschrumpft.
In diesem Duell bewies er erneut seine Geschicktheit und seinen Willen, als ihm das unvorstellbare gelang. Er schlug den Verräter, den er einmal angebetet hatte, zusammen mit seinem Drachen und sorgte somit auf der einen Seite dafür, dass Galbatorix und Shruikan wieder ohne Lakaien dastanden, auf der anderen Seite zog er damit jedoch allen Hass auf sich, den sich beim König im vergangenen Jahrhundert auf ihn angesammelt hatte.
Er kam zu spät, um Selena noch einmal zu sehen und floh dann alleine und ohne irgendjemandem Bescheid zu geben in den Norden. Er kam ein letztes Mal in unserem heiligen Wald, wo er mir diese gesamte Geschichte erzählte, und schließlich ließ er sich als alter, griesgrämiger Geschichtenerzähler in Carvahall nieder, denn er wusste, dass Selena dort eine Schwester hatte und dass diese Schwester der einzige Ort war, wo seine Frau dich, ihren gemeinsamen Sohn, hingebracht haben konnte."
„Und es gibt wirklich keinen Zweifel, dass es Brom war?" Die Geschichte klang plausibel... zumindest so plausibel wie, dass es Drachen und Magie gibt, aber ich wollte wirkliche Gewissheit. Der alte Elf schüttelte den Kopf. „Kein Zweifel." Ich atmete erleichtert auf. Zumindest eine gute Nachricht, nachdem wir erfahren hatten, dass Galbatorix viele hundert mal stärker war als es ein einziger Menschen oder Reiter sein dürfte.
Eine letzte Frage wollte ich dazu noch stellen. Im Nachhinein kam es mir dumm vor, dass das das erste war, an das ich dachte, nachdem ich erfahren hatte, wer mein Vater war. „Waren die beiden eigentlich verheiratet?" Wie gesagt, eigentlich gab es genug andere Dinge, über die ich mir im Moment Sorgen machen müsste, aber das kam dabei raus.
Er sah mich forschend an und antwortete dann: „Ich weiß, dass sie in ihren Augen Mann und Frau waren, aber es gab niemanden, der sie hätte verheiraten können." Ehe er noch etwas ergänzen konnte, hörte ich ein leichtes Kichern aus Percys Richtung, für das er einen strengen Blick von seiner Freundin erntete, unter welchem ich vermutlich zusammengeschrumpft wäre.
Trotzdem kam es mir etwas komisch vor und so fragte ich nach dem Grund. Unter erneutem Kichern brachte er heraus: „Mach dir darum mal keine Sorgen, mein Vater und Annabeth' Mutter haben beide deutlich mehr Kinder, kaum eins davon hat den selben anderen Elternteil wie ein anderer und mein Vater ist streng genommen Annabeths Onkel. Im Vergleich dazu ist dein Familienverhältnis noch recht gewöhnlich."
Ich sah ihn überrascht und verwirrt an. Nur wenige würden so frei darüber reden und es auch noch komisch finden. Die meisten mir bekannten Menschen hätten alles gegeben, um das zu vertuschen doch Percy und Annabeth schienen fast stolz darauf zu sein.
Als sich Percy schließlich beruhigt hatte, wozu Annabeth' Ellenbogen einen guten Teil beigetragen hatte, wiederholte Oromis nochmal, dass ich mit niemandem über die Eldunarí reden dürfe, sofern es sich vermeiden ließe. Was meinen Vater betraf, durfte ich es erzählen wem Ich wollte doch ich hatte nicht vor, es jedem zu verkünden. Mit dieser Information könnte ich Murtagh vielleicht in einem unserer wahrscheinlich bald kommenden Kämpfe aus dem Gleichgewicht bringen, so wie er es mit mir gemacht hatte, als er mir von seinem Wissen über unsere gemeinsame Mutter erzählte.
Als soweit alles geklärt war, meinte Oromis: „Den restlichen Nachmittag kannst du tun, was du willst. Sowohl du als auch Saphira brauchen Erholung. Ich bitte euch nur, kommt morgen vor eurer Abreise nochmal her." Ich nickte stumm. Auch wenn ich es niemals offen zugeben würde, war ich verdammt müde. Ein bisschen Ruhe würde mir sicher gut tun.
Während wir die Hütte verließen, dachte ich noch kurz darüber nach, ob es etwas gab, dass ich noch machen konnte oder wollte. Ich musste Königin Islanzadí keinen Höflichkeitsbesuch abstatten, da diese gerade kurz vor Ceunon ihre Armee anführte und Arya war auch leider nicht da, um mir noch mehr von den Wundern dieser Stadt zu zeigen. Ich hatte bereits bei meinem ersten Aufenthalt viel gesehen, wusste jedoch, dass das noch lange nicht alles war. Vermutlich könnte man nie alle Wunder dieses Waldes entdecken. Und selbst wenn ich schon alles gesehen gehabt hätte, hätte ich mich doch liebend gerne von ihr durch die Stadt führen lassen. Immer wenn ich.... Aufhören! Rief ich mich selbst zur Ordnung. Wenn ich weiter über sie nachdachte, würde ich entweder verrückt, traurig oder beides gleichzeitig werden, da ich sie so lange nicht gesehen hatte.
Stattdessen lief ich alleine ein Stück bis ich die altbekannte Schmiede wiederfand. Rhunön stand wie immer und hämmerte auf ihren Amboss ein. Dadurch, dass Arya die einzige Elfe war, mit der sie freiwillig gesprochen hatte, waren wir öfters dort gewesen und inzwischen verstanden auch wir uns ganz gut. Ohne aufzusehen, rief sie zu mir herüber: „Schattentöter, was machst du hier?" Ich schmunzelte. Ihre direkte Art war ein wunderbarer Kontrast zu den typischen Formalien, die in ihrem Volk Gang und Gebe waren. Eine der vielen, merkwürdigen Dinge an ihr. Etwa so wie der Umstand, dass sie bei scheinbar jedem großen Geheimnis eingeweiht zu sein schien.
Ich schmunzelte. „Ich wollte einfach mal vorbei schauen." Sie sah kurz auf. „Erzähl keinen Unsinn. Du weißt genau, was ich von Unterhaltungen zum Zeitvertreib halte. Was willst du wirklich?" Ich lachte leise. „Na gut, ertappt. Ich wollte dich um einen kleinen Gefallen bitten", der mir, auch wenn ich das nicht laut sagte, erst eben eingefallen war.
Die Schmiedin musterte mich kurz und während sie sich wieder ihrem Amboss zuwandte, erklärte sie: „Lass mich raten, deine Hände sind minimal zu klein und so drückt der Knauf von Zar'roc unangenehm an deiner Hand, wenn du dort anfasst? Außerdem gefällt es dir nicht, dass es eine andere Farbe hat als die Schuppen deiner Skulblaka! Du brauchst garnicht so überrascht gucken, Schattentöter, ich führe mein Handwerk schon etwas länger durch und kann sehr wohl erkennen, welche Waffe zu wem passt." Und ich hatte geglaubt, Percy und Annabeth hätten beeindruckende Fähigkeiten im Gedanken lesen, ohne dass man es merken würde.
Ich hob ergeben die Hände und meinte dann: „Ertappt. Ich möchte lieber mit einer perfekten als mit einer guten Waffe das letzte Gefecht bestreiten. Du wärst die einzige, die solche Umarbeiten durchführen könnte, ohne dass die Waffe dadurch schaden nimmt. LÜGE! Leo könnte es noch besser! Klappe Manni, das weiß er doch nicht. Selber Klappe, trotzdem könnte Leo es besser! TEAM LEO! Kriegst du dich wieder ein? Niemals! Aber wenn es sein muss, halte ich erstmal meine Klappe. Na zumindest etwas. Und da brauchst du mir garnicht die Zunge rausstrecken! Dein Schwur bezieht sich meines Wissens nach nur auf das neu fertigen der Waffen, nicht auf die Umarbeitung."
Sie blickte nachdenklich drein. „Also schön, Herr der schönen Reden. Mit dem Schwur hast du recht und ich habe keine wichtigeren Projekte zur Zeit. Möchtest du noch irgendwelche eigenen Änderungen? ... Wenn du mich jetzt um Details bittest, weil es besser aussähe, kannst du das ganze sehr gerne alleine machen. Andernfalls kannst du dir dein Schwert morgen früh abholen." Ich nahm mir diese Warnung zu Herzen und schüttelte schnell den Kopf. „Nein, danke, das sind alle Änderungen." Sie grinste mich zufrieden an und sah dabei eher aus wie ein freches kleines Kind... nur halt mit einem älteren Gesicht und Körper. „Na bitte, geht doch!"
Ich nickte zufrieden und meinte dann: „Danke Rhunön." Mit einem Wedeln ihrer Hand brachte sie mich zum Verstummen. „Keine Ursache, Schattentöter, ich habe dir schon mal erklären, dass ich mein Handwerk gerne tue. Nur bitte, erspare mir überflüssiges bedanken." Das hätte ich eigentlich erwarten müssen. Also zuckte ich mit den Schultern.
Sie wedelte mit der Hand in meine Richtung, wie um mich zu verscheuchen. Es war offenkundig, dass sie heute nicht mehr mit mir reden würde, also lief ich zurück zu dem Baumhaus, in dem ich bereits bei meinem ersten Aufenthalt hier geschlafen hatte und stieg die Stufen hoch. Oben angekommen sagte ich Saphira gute Nacht und ließ mich aufs Bett fallen. Noch im Fallen schlief ich ein. Es war ein merkwürdiges Gefühl, gleichzeitig die Welt der Wachträume und die körperlichen Empfindungen des auf dem Bett aufschlagens zu spüren.
Luke pov
Als wir das Lager der Varden erreichten, wurde ich etwas nervös. Thalia hatte mir zwar einige Tage zuvor etwas Mut gemacht doch es fiel mir noch immer schwer, mich selbst nicht dafür verantwortlich zu machen. Ob ich nun Herr meiner Sinne war oder nicht, ich hatte aus einer Mischung aus Frust und Fehlleitung Kronos Aufstieg ermöglicht und so dutzenden Halbbluten den Tod gebracht.
Fast genauso viele Sorgen machte ich mir um die Reaktion der anderen. Will war der einzige, der schon im Camp war, als ich es verließ. Nico war zwar vor meinem Tod dort angekommen doch da war ich bereits mehr oder weniger Kronos Wirt. Alle anderen waren entweder erst nach meinem Tod gefunden worden oder Römer oder beides, soweit ich das Percys und Annabeths Erzählungen entnehmen konnte. Ich fragte mich jedoch auch, ob das überhaupt einen Unterschied machen würde. Würde Will mich als alten Freund aufnehmen oder mir als Diener des Kronos einen Pfeil zwischen die Augen jagen?
Ein bisschen verließ ich mich in diesem Punkt auf Nico und Thalia. Thalia kannte mich am besten und so würden sie ihr wahrscheinlich am ehesten glauben. Mit Nico hatte ich direkt nach dem Totengericht beziehungsweise Hades Eingriff in das Totengericht gesprochen. Er hatte zumindest mein Handeln verstanden und mir gesagt, dass er es mir nicht übel nehmen würde. Den kleinen Nachsatz, dass die Götter Arschlöcher waren, hatte er sich auch nicht nehmen lassen. Hoffentlich hatte er sich das gemerkt. Nicht ansatzweise heilige Hera, mit jeder Minute nahm meine Nervosität zu.
Es schien, als hätte Thalia mich die ganze Zeit beobachtet und meine Gedanken gelesen. Auch wenn ich mir sicher war, dass sie zumindest letzteres nicht getan hatte, hatte sie offenbar erraten, worüber ich gegrübelt hatte. Sie legte mir die Hand auf die Schulter und erklärte ruhig: „Luke, sie werden dich nicht direkt angreifen. Außer Leo hat keiner von ihnen ein so großes Temperament, dass er oder sie handeln würde ehe sie nachdenken. Und Leo wird von Kalypso davon abgehalten werden."
Mit einem schelmischen Grinsen fügte sie noch an: „Und wenn das nicht klappt, bekommt er meine Pfeile zu spüren." Dafür, unter anderem, liebte ich sie. Sie fand immer den Richtigen Mittelweg zwischen ernst und Humor. Ich nickte einfach nur. Es wäre sinnlos, mit ihr darüber zu diskutieren, was alles passieren könnte, und eigentlich wollte ich auch lieber den Funken an Vertrauen und Motivation, den sie mir gegeben hatte, ausnutzen.
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4305 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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