Kap. 40 Verschiedene Arten von Besuchern
Annabeth pov
Luke lernte schnell. Bereits nach fünf Jahren war Percys Kampfunterricht nahezu überflüssig. Percy war zwar besser, aber selbst er brauchte häufig mehrere Minuten, um zu gewinnen. Trotzdem kämpften die beiden auch die zweite Hälfte unserer Zeit in Isolierung jeden Tag gegen einander. Sie sahen es fast als Ritual und die Kämpfe waren meist so knapp, dass Luke nicht die Motivation verlor.
Seine speziellen Fähigkeiten waren nicht so umfangreich wie die der anderen und so ging ein großer Teil des Unterrichts mit seinen allgemeinen Fähigkeiten, die jeder unserer Freunde hatte, drauf.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Unterrichts war es, ihn an seinem Charakter und seinen Zielen arbeiten zu lassen, um zu verhindern, dass er nicht wieder in Versuchungen kommen würde wie bei Kronos. Ich hielt das zwar schon so für extrem unwahrscheinlich, er hatte seine Lektion eigentlich gelernt, aber bei seiner Macht sollte man trotzdem sicher gehen. Auch er selbst sprach sich dafür aus. Verständlich.
Eine Woche ehe wir wieder nach Alagaësia zurück gingen, übermittelten wir ihm dann auch das Wissen über dieses Land. Die letzten Tage gingen mit dem gewöhnen an Umgangsformen und der Taktik für geistige Schutzwälle drauf. Zum einen war er darin schon sehr fortgeschritten und zum anderen waren die Anforderungen weit unter unseren Standards. Es war ihm bereits gelungen Kronos Kontrolle abzuschütteln und das war im Grunde das selbe Konzept, nur das selbst Eragon, Arya, Saphira, Glaedr und Oromis zusammen im geistigen Kampf nicht stärker als der ehemalige König der Titanen war.
Als wir dann abreisen wollten fragte er uns: „Ihr habt erzählt, Thalia ist gerade mit... Frank irgendwo auf einem Einsatz. Wäre es möglich, dass ihr mich in der Nähe von dem Lager ihres Trupps absetzt? Ich kann ja vielleicht der Reihe nach Bekanntschaften abarbeiten." Percys Augen funkelten und auch ich freute mich. Es war im Prinzip genau das, was wir gehofft hatten. Algenhirn nickte mir zu und ich antworte: „Natürlich, und... sei nett zu ihr." Er zog eine Grimasse und ich wusste, dass wir ins Schwarze getroffen hatten. „Ich glaube um sie müsst ihr euch weniger Sorgen machen als um mich."
Wir traten durch das Portal, welches dieses Mal wieder pechschwarz war und Funken sprühte, und kamen auf der anderen Seite auf einer weiten Ebene raus. „Siehst du Percy, so zielt man" und dann zu Luke: „Als wir dich holen waren, hat Percy uns über dem Vesuv ausgespuckt." Dann lachten wir im Zweiklang und Percy zog einen Schmollmund. „Wer sagt denn, dass du uns wirklich hier landen lassen wolltest?" - „Ich!" Nach diesem Ausruf streckte ich ihm die Zunge raus. Würde ist vollkommen überbewertet, selbst wenn man König und Königin oder so ist.
„Na dann, viel Glück kleiner Cousin!", rief ich noch und ergriff dann Percys Hand. „Ich bin älter als du!", empörte er sich. „Nicht mehr!"
Ich blinzelte einmal und plötzlich waren wir nicht mehr auf der Ebene sondern von Stein umgeben. Zurück in Farthen Dûr, bevor ich meinen Streit mit Luke zu Ende führen konnte. „Da wären wir wieder, Madame." „Madame? Dein Ernst?" wollte ich mit hochgezogener Augenbraue wissen.
Er ignorierte mich und bettelte: „Können wir los? Ich habe Hunger und wir waren so lange bei Luke, dass Eragon ziemlich sicher in den nächsten Minuten aufstehen wird. Los komm." - „Ich vermute mal, der Teil, dass du Hunger hast, ist der Ausschlag gebende Punkt?", murmelte ich. Er gab mir einen Kuss, ehe ich ihm noch weitere derartige, wohlgemerkt berechtigte, Vorwürfe machen konnte, und flüsterte dann: „Du kennst mich zu gut, weises Mädchen, natürlich ist Hunger dafür verantwortlich, wenn ich mich nicht direkt wieder ins Bett schmeiße."
Thalia pov
Ich saß am Lagerfeuer neben Frank und starrte stur in die Flammen. Wenn mich jemand ansprach, was schon nicht oft geschah, gab ich kurze Antworten, hob aber nichtmal den Blick.
Luke. Du warst der einzige der mich wirklich verstanden hat. Natürlich waren die Götter alle unverantwortliche Idioten, aber Kronos ist der falsche Ausweg gewesen. Und warum musst du dann, gerade wenn du dich besinnst, den Heldentod wählen? Ich seufzte. Die Antwort war eigentlich klar. ‚Weil die Moiren uns gerne das Leben zur Hölle machen'.
Inzwischen konnten sie mir zwar nichts mehr anhaben, aber das machte es auch nicht wirklich einfacher und brachte ihn auch nicht zurück. Ich hatte ihm seine Untaten längst vergeben und wusste einfach nicht, warum ich nicht fähig war, ihn einfach als ‚tot' abzustempeln. Er war genau Thalia, er war tot und ich wusste nicht, warum ich das nicht akzeptieren konnte und mir noch immer Hoffnungen machte. Weil Hoffnung nie dann verschwindet, wenn wir sie entweder am meisten oder am wenigsten brauchten. Danke, liebe Stimme im Kopf, das hilft mir auch nicht weiter. Gerne!
Vielleicht weil ich mich an irgendetwas klammern musste um nicht vollkommen durchzudrehen, vielleicht weil ich gelernt hatte, dass selbst die unwahrscheinlichsten Hoffnungen wahr werden können und ich mir einfach wünschte, dass es hier auch so sein würde. Warum sind Percy und Annabeth aus dem Tartarus entkommen und ich muss mich mit den wenigen Erinnerungen an Luke, die ich noch habe, festhalten?
Es ist nicht so, dass ich es den beiden nicht gönne, aber ich hatte schon immer Probleme damit zu akzeptieren, dass andere es besser hatten als ich oder auf eine Weise glücklich wurden, die mir verwehrt blieb. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die unser Traumpaar auseinander bringen wollen, nur weil sie vor meinen Augen glücklich sind. Es war viel mehr so, dass ich einfach das selbe Glück haben wollte und ein Teil von mir sich weigerte, irgendetwas anderes hinzunehmen. Es mag jetzt egoistisch klingen, aber ich will einfach auch mal wirklich glücklich sein.
Bei den Jägerinnen hatte ich zwar ganz gut und zufrieden leben können, ich hatte nichtmal wirklich über solche Dinge nachgedacht, aber es hatte sich immer wie eine Art Übergang angefüllt. Noch davor, als ich mich mit ... Luke und der kleinen Annabeth durchs Land geschlagen hatte, waren wir zwar eine Art Familie gewesen aber mussten ständig Angst vor Monsterangriffen und ähnlichem haben.
Während ich so in Gedanken versunken war, hatte ich garnicht bemerkt, dass sich die meisten Menschen und Urgals bereits zum Schlafen hingelegt hatten. Inzwischen war es fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden, dass ich die Nachtwache übernahm. Auch stellte niemand mehr Fragen wie: „Wie kannst du zwei Wochen ohne Schlaf auskommen?" Natürlich hatte niemand von ihnen eine Antwort auf solche Fragen bekommen.
Manchmal leistete Frank mir Gesellschaft, aber meistens wollte er lieber schlafen, auch wenn ich vermutete, dass er mich einfach nicht stören wollte. Ich fand das auch nicht schlimm. Auch er merkte wohl, dass ich gerade sehr viel Zeit für mich selbst brauche.
Als ich schon über eine Stunde so dagesessen hatte und in die Ferne gestarrt hatte, spürte ich plötzlich etwas. Irgendjemand versuchte leicht in meinen Geist einzudringen. Auch wenn es bei mir nicht so gut funktioniert wie bei zum Beispiel Percy, wurde der Geist des Angreifers sofort vollständig von seinem Körper und seiner Umgebung isoliert und eingesperrt. Statt allerdings in seinem Gefängnis zu bleiben, drückte er mit aller Gewalt gegen die Wände und es gelang ihm tatsächlich, sich zu befreien.
Ich war mir sicher, dass ich noch nie auf diese Weise mit ihm verbunden gewesen war doch etwas daran kam mir seltsam vertraut vor. Plötzlich ertönte eine Stimme in meinem Kopf. Auch sie kam mir sehr bekannt vor doch aus irgendeinem Grund wusste ich nicht wieso. „Tut mir leid, dass ich es so machen musste, aber du hättest mich sonst nicht bemerkt, so tief wie du in Gedanken versunken warst. Komm in den Graben eine Meile nördlich von euch."
Wer war das? Ich blickte über die Ebene, konnte aber nichts besonderes erkennen. Nicht mal auffällige Fußspuren. Es konnte natürlich eine Falle sein, aber es gab in dieser Welt kaum etwas, dass wirklich eine Gefahr für uns darstellen würde. Außerdem hätte es auch dafür Hinweise geben müssen, die mich darauf aufmerksam hätten machen sollen.
Letzten Endes siegte natürlich meine Neugier. Ich überzeugte mich, dass auch wirklich jeder im Lager schlief und schlich mich dann in die Richtung, die die Stimme mir genannt hatte. Auf dem Weg verfolgte ich allerdings die Luftströmungen in diesem Graben und stellte fest, dass sie sich an einer Stelle so verwirbelten, wie das bei menschlichen Gestalten üblich war.
Das war auch der einzige Grund, aus dem ich mich für schleichen entschied. Wir bewegten uns eigentlich immer fast lautlos, aber vielleicht würde dieses bisschen Mühe geben den Unterschied machen, sodass menschliche Ohren mich nicht bemerken würden.
Ich blieb auch wachsam doch ich entdeckte weiterhin nichts besonders. Ich wusste nicht ob mir das Sicherheit schenkte oder ob es mich noch misstrauischer machte. Fehlen von Gefahr war zu oft ein Zeichen von noch größeren Übeln gewesen. Als ich bei dem Graben ankam, sah ich hinein. Auch dort war nichts besonderes zu sehen. Der Graben war nicht tief und die Wände waren auch nicht steil, also hätte man auch ohne Probleme wieder heraus klettern können.
Auch hier siegte wieder meine Neugierde und ich schlitterte die paar Meter bis zur Mitte des Grabens hinunter. Als ich unten ankommen war, wollte ich mich nochmals umsehen um sicherzugehen, dass hier wirklich nichts war, kam aber garnicht so weit. Ich spürte einen leisen Luftzug hinter mir, so als würde sich etwas recht schnell auf mich zubewegen. Ich griff instinktiv über meine Schulter und bekam dort etwas zu fassen. Ich spürte, dass es sich um einen Arm handelte und zog ihn mit voller Wucht über meine Schulter und auf den Boden vor mir. Zumindest versuchte ich es. Ohne Erfolg. Er hatte es nämlich geschafft sich so weit in der Luft zu drehen, dass er oder sie wieder auf den Füßen landete.
Die Gestalt, die nun vor mir stand, trug einen schwarzen Umhang, der sehr nach einem von denen aussah, welche wir bei unserer Ankunft in dieser Welt getragen hatten. Ich griff blitzschnell an meinen Gürtel und zog ein Jagdmesser, welches ich aus alter Gewohnheit immer bei mir trug, hervor und wollte es ihm, es handelte sich ziemlich sicher um einen Mann, an den Hals halten.
Er griff jedoch danach und erwischte meine Hand am Griff des Messers. Sanft, aber doch bestimmt genug, um meinen Arm aufzuhalten. „Aber, aber, Thals, du willst mich doch nicht schon wieder zurück schicken, oder?" Diese Stimme... war das... „Luke?", flüsterte ich. Er drehte sich um und schüttelte den Kopf sodass seine Kapuze fiel. „Allerdings, Tantchen."
Ich konnte es nicht fassen. Tantchen? Ich hielt ihn Jahre lang für tot, denke seit Wochen fast nur noch über ihn nach und dann taucht er plötzlich vor mir auf und das beste, das ihm einfällt ist mich Tantchen zu nennen? Mir egal ob es theoretisch richtig ist oder nicht, fällt ihm nichts besseres ein? Dafür bekam er zuallererst mal eine gewischt. „Tantchen? Sag das nochmal und du bist von nun an Neffilein!" Statt sich zu entschuldigen oder zu beschweren, dass ich ihm eine gepfeffert hatte, grinste er. Offenbar war er in diesem Punkt kein Stück erwachsener geworden, genau wie Fischfresse. In dieser Hinsicht ist es wirklich ein Glück, dass die beiden Feinde geworden sind. Als Freunde hätten sie mehr angerichtet als die gesamte Hermeshütte zusammen.
Ich wollte ihm nicht noch eine verpassen, doch, aber ich hielt es nicht für sinnvoll, und wechselte deshalb auf den verbalen Weg. „Erstens, woher soll ich wissen, dass du wirklich Luke bist und zweitens, WIE ZUM TARTARUS UND ZUR DREI MAL VERFLUCHTEN HERA KOMMST DU HIER HER?" Ich war gegen Ende so laut geworden, dass selbst die Meile Abstand sicher nicht alles davon hatte zerstreuen können.
Sein Grinsen wurde breiter und er kommentierte: „Du magst Hera ja noch weniger als es alle anderen Kinder des Zeus tun." - „Inzwischen tun das alle Halbgötter. Vor allem die, die ebenfalls hier sind. Und du beantwortest jetzt meine Frage sonst landest du wirklich wieder da wo du hergekommen bist." Diese Arschruhe, mit der er hier auftauchte, machte mich wütend. Merkt man garnicht... Klappe, das ist jetzt nicht der Moment für freche Bemerkungen, Manni grmpf...
„Reicht es dir für den ersten Teil, wenn du mir drei Fragen stellst, die nur ich wissen kann, und wenn die Antworten für dich zufriedenstellend sind, können wir zum zweiten Part weitergehen?" Ich musterte ihn. „Also schön, wie ist Percy bei eurer ersten Begegnung als Kronos-Luke aus deinem Bann frei gekommen?"
Er zog eine Grimasse. „Du musst auch immer mit den Sachen anfangen, die mich blöd dastehen lassen. Rachel hat mir eine blaue Plastikhaarbürste ins Auge geworfen. Dadurch konnte ich kurz die Kontrolle übernehmen und Kronos Zeitbann ist verflogen." Ich nickte. Das stimmte mit dem überein, was Percy mir mal erzählt hat.
„Frage zwei: Als wir Annabeth das erste mal getroffen haben, wie alt war sie, wie hat sie sich verteidigt und was hat sie von dir als bessere Alternative bekommen? Ist mir egal, dass das eigentlich drei Fragen sind." Nach einer weiteren Grimasse antwortete er: „Du fängst nicht nur damit an, du ziehst die blöden Fragen durch. Sie war sieben, sie hat mit einem Hammer meinen Schädel bearbeitet und hätte mich platt gehauen, hättest du sie nicht festgehalten. Dafür hat sie dann ihren Dolch von mir bekommen. ‚Des Heros Seele wird von verfluchter Klinge gefällt'" Alles richtig und das letzte Zitat war aus der großen Weissagung. Ich war mir ziemlich sicher, dass das nur er und vielleicht Percy und Annabeth gewusst hätten, wollte aber meine letzte Frage noch ausschöpfen.
„Was war deine verletzliche Stelle nach dem Fluch des Achilles?" Dieses mal verzichtete er auf eine Grimasse und begnügte sich mit einem Augenrollen. „Die Achselhöhle. Wenn wir jetzt fertig mit Fragen über Geschehnisse, bei denen ich dumm oder peinlich erwischt werde, sind, hoffe ich, es hat gereicht um dich davon zu überzeugen, dass ich nicht irgendein blödes Monster sondern ein ganz bestimmter blöder Sohn des Hermes bin."
Okay, das klang ganz nach ihm. „Meinetwegen. Und jetzt hast du die Wahl. Gegrillt werden oder mir endlich meine zweite Frage beantworten. Wie zur fünfmal verfluchten Hera bist du aus der Unterwelt raus und hier her gekommen?" - „Wenn die Dame mit den ach so exquisiten Flüchen erlaubt, würde ich ihr einen Teil meiner Erinnerungen an die letzten zehn Jahre und etwa zwanzig Stunden übermitteln." Zehn Jahre? Wieso dass den? Und wieso nur einen Teil? Als ich die letzte Frage laut stellte, meinte er: „Erstens bezweifele ich, dass es dich interessiert wann ich wo auf die Toilette gegangen bin und zweitens habe auch ich noch Gedanken und Gefühle von denen ich nicht unbedingt möchte, dass jemand sie erfährt. Ich denke, du verstehst, was ich meine."
Ich vermute, ich wurde etwas rot. Natürlich hatte er recht. Wir kannten uns zwar lange aber das bedeutet nicht, dass er verpflichtet war, mir sein gesamtes Leben zu erzählen und umgekehrt. Und seinen ersten Punkt würde ich gerne sehr schnell sehr weit unter den Teppich kehren. „Na schön. Hast ja recht." und dann konnte ich mir einen bösen Kommentar nicht verkneifen. „Es ist Zeit..." Guuuut... vielleicht ist ein Witz über seine Vergangenheit mit Kronos nicht der beste Weg, mit ihm klarzukommen, aber er schien es nicht persönlich zu nehmen. Nur einen Ernsthaft-Blick konnte oder eher wollte er sich nicht verkneifen.
„Scherzkeks. Also, bist du so weit?" Ich nickte und löste den Schutz um meinen Geist so weit, dass Luke keine Probleme damit hätte. Nicht dass an verschiedensten Stellen dahinter nicht noch Dolche warteten, die jeden Eindringling nicht besonders herzlich willkommen heißen würden, aber die würden ihm nur Probleme machen, wenn er Probleme machte.
Er übermittelte mir seine Erinnerungen, zum Glück ohne Ausrutscher, und ich merke sofort, dass er große Teile der Zeit, die er alleine war, offensichtlich mit Gedanken beschäftigt war, die er mir nicht zeigen wollte. Ganz zu Anfang musste ich darüber lachen, wie überzeugt er gewesen war, dass Percy und Annabeth ihn nicht überrascht bekommen. Natürlich war diese Überzeugung sehr schnell in sich zusammen gefallen.
Ich sah mir seine Erinnerungen vollständig durch und hatte Glück. Entweder war es Absicht oder er hatte versehentlich einige Teile, in denen es um seine Gedanken ging, nicht ausgelassen. Zu meiner Freude fand ich darin einige Überlegungen, die meinen in gewisser Weise ähnlich waren. ‚Warum musste ich vor Thalia sterben? Warum habe ich mich Kronos angeschlossen und so meine Freundschaft mit ihr zerstört? Was habe ich mir dabei gedacht? Hat sie mir verziehen? Will sie mir überhaupt verzeihen? Sehe ich sie wirklich nur als eine Freundin? Spielt das überhaupt eine Rolle, sie hat sich Artemis angeschlossen? Würde sie mich überhaupt noch mögen, selbst wenn sie keine Jägerin gewesen wäre?', und einige weitere derartige Fragen.
Die meisten davon waren auch über die anderen dabei, aber es wirkte schon so, als gäbe es bei denen über mich einen leichten Akzent. Auch ich hatte mir diese Frage gestellt. Sowohl über mich selbst als auch über ihn. War ich für ihn mehr als eine Freundin oder wollte er das zumindest?
Darüber konnte ich später nachdenken. „Willst du mit zum Lager kommen? In dieser Welt kennt sich niemand außer unseren Freunden und ich denke, Frank wird damit klarkommen. Notfalls rede ich mit ihm." Ein hämisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Und was willst du dann sagen, wo ich herkomme? Nur weil sie nichts von Kronos wissen, bedeutet das nicht, dass sie einen völlig Fremden, der über Nacht aufgetaucht ist, einfach akzeptieren, geschweige denn aufnehmen und mit ihnen reisen lassen. Auch wenn es natürlich möglich wäre, bezweifle ich, dass Percy und Annabeth es gutheißen würden, wenn wir Rorans Trupp auf unsere Weise überreden würden, mich mitzunehmen."
Da hatte er natürlich recht. „Wir gehen einfach hin und hoffen dass sie es nicht bemerken", schlug ich vor. Ich ließ diesen Satz so klingen als meinte ich ihn ernst und er sah mich komisch an. Leider konnte ich nicht standhalten und begann loszuprusten. Nachdem er erkannt hatte, dass ich das nicht ernst meinte, setzte er mit ein. Wir brauchten fast eine Minute um uns zu beruhigen. Nur gelegentlich rutschten uns noch einige humorlose Lacher raus. Ja, es kann sein, dass wir albern sind, aber warum nicht? Auch als Demigott, wo man eigentlich ein kurzes Leben mit einem schmerzvollen Tod haben sollte, ist Albernheit nicht verboten. Genauer gesagt hilft sie einem sogar häufig nicht zu verzweifeln.
„Also schön, jetzt noch einmal ernst, du kommst jetzt einfach mit und wir hoffen, dass niemand nachfragt. Falls doch überlegen wir uns dann was. Vielleicht dass du uns hinterhergereist bist oder so." Er sah nachdenklich drein. Schließlich antwortete er: „Du hast recht, Thals, wirklich was passieren kann uns ja auch nicht. Ich weiß, sowas sollte man nicht sagen, weil es Unglück herauf beschwört, aber es ist so. Wenn ich Percy richtig verstanden habe, ist jeder von uns ungefähr so mächtig, wie der König persönlich, Annabeth und Percy aber noch tausende Male mehr.
Wir sind zu zweit, zu dritt wenn wir Frank überzeugen, ich denke nicht, dass wir uns so doll Sorgen machen müssen... Solange ich mich nicht entscheide, dass Kronos doch besser wäre." - „Stimmt, dann musst du dir Sorgen machen. Sowohl um deine geistige Gesundheit, als auch um deine körperliche weil ich dir dann eine verpasse... und ganz sicher nicht so leicht wie ich es vorhin getan habe. Habe ich mich klar ausgedrückt?" Er seufzte und nickte. „In dieser Gesellschaft hat man ja garkeine Freiheiten mehr."
Hätte ich nicht gewusst, dass er das beides nur als Provokation und Scherz sagte, wäre an dieser Stelle vermutlich ein ähnlich heftiger Kampf, wie auf dem Mount Tam als wir Artemis gerettet haben, ausgebrochen. Mit dem einen Unterschied, dass es keine Klippe gab, die Luke hinab stürzen könnte und ich ihn deshalb Vorort einen Kopf kürzer machen müsste. Kennt ihr den Spruch: „Was sich liebt, das neckt sich"?
Er stand auf und reichte mir seine Hand. Ich ergriff sie und er zog mich hoch. Als wir uns so berührten, zuckte auf der einen Seite er zusammen, offenbar verursachte meine Berührung manchmal immernoch einen kleinen Schlag, auf der anderen hatte ich ebenfalls das Gefühl, einen kleinen Funken zu spüren.
Als ich dann stand, machte er jedoch keine Anstalten, meine Hand wieder loszulassen. Und ich war mit meinen Gedanken zumindest so weit, dass ich sie nicht aktiv loslassen würde.
Eragon pov
Als ich aufwachte, rieb ich mir verschlafen die Augen und streckte aus Gewohnheit meinen Geist nach Saphira aus. Als ich statt ihr nur Leere spürte, begann Panik in mir aufzusteigen... wie jeden Morgen. Es dauerte immer einige Sekunden bis mir einfiel, dass sie im Lager der Varden und ich ein Dutzend Meilen tief im Fels bei den Zwergen war, um ihren langweiligen Diskussionen über Handelswege, die meiner Meinung nach nichts mit der Wahl ihres neuen Königs zu tun hatten, beizuwohnen.
Nachdem ich einige Flüche, für die mir Oromis und Brom die Ohren lang gezogen hätten, ausgestoßen hatte, stieg ich aus dem Bett und zog mich an. Mit aufgesetzt freundlicher Miene öffnete ich meine Tür und ging den Flur lang. Als ich an ihrer Tür vorbei ging, traten Percy und Annabeth aus ebenjener hervor. Ich wusste nicht wie sie das machten. Seit wir hier angekommen waren, hatten sie scheinbar jedes Mal gewusst, wann ich aufstehen würde und waren genau dann aus ihrem Zimmer gekommen. Vielleicht hatten sie irgendwelche Magie gewirkt die sie warnen würde, sollte ich die Tür meines Schlafzimmers öffnen. Das klang tatsächlich garnicht so unwahrscheinlich.
Wir liefen in die Haupthalle der Ingietum, wo uns mein Tunnelführer erwartete. Hundfast führte uns wieder zu der Ratskammer und setzte sich dann schweigend neben uns. Die Versammlung begann und es gab eine sehr langweile Begrüßung, gefolgt von den altbekannten Diskussionen.
Annabeth übersetzte mit monotoner Stimme und gleichgültigem Gesicht die Gespräche der Vertreter der Clans und ich war mir recht sicher, dass es sie genauso wenig interessierte wie mich, ob der Durgrimst Knurlcarathen seine Steine durch die Tunnel der Durgrimst Feldûnost transportieren durfte und welche Preise und Gegenleistungen sie dafür erbringen mussten. Percy saß einfach neben mir, sagte nichts, tat nicht so als würde er zuhören und starrte Löcher in die Luft. Wir waren scheinbar alle gleich motiviert.
Ich atmete erleichtert auf, als die Mittagspause begann. Orik hatte zwar gesagt, ich solle geduldig sein und nicht so offensichtlich Desinteresse ausstrahlen, aber so eine kleine Geste konnte ich mir nicht verkneifen. Annabeth wirkte zwar auch erleichtert, dass jetzt Pause war, aber das zeigte sich nur sehr schwach in ihren Gesichtszügen. Percy dagegen machte keinen Hehl daraus, gähnte einmal ausgiebig und streckte sich. Dann ging es zum Essen.
Wir waren recht schnell fertig und da wir noch fast eine Stunde Zeit hatten, ehe die Clanversammlung fortgeführt werden würde, bat ich Hundfast, mich noch etwas durch Tronjheim zu führen. Da ich die letzten Tage eher die oberen Etagen des hohlen Berges erkundet hatte, ließ ich mich deshalb dieses Mal auf die unteren Ebenen führen, die häufig noch einige hundert Meter tiefer lagen.
„Dieser Tunnel wurde von unserem Stammvater Korgan persönlich ausgegraben.", erklärte er an irgendeinem von den anderen kaum zu unterscheidenden Gängen und ich blickte geradeaus. Er war, wie jeder andere, in regelmäßigen Abständen mit den magischen Laternen, die für die Zwerge typisch waren, behängt und ansonsten schnurgerade und mit fast glatten Wänden. Ich vermute, die besonderen Tunnel kennzeichneten sich nicht durch das äußere sondern durch den Erbauer und man musste auswendig lernen, welcher jetzt von jemand Wichtigem gegraben worden war.
Auf einmal hörte ich einen leisen Ausruf hinter mir, welcher vermutlich ein Fluchen sein sollte, jedoch nicht vollständig einer Sprache zuzuordnen war. Ein Teil war die alte Sprache doch da waren noch andere Wörter, die ich noch nie gehört hatte. Ich bezweifelte, dass es sich dabei um die Sprache der Zwerge oder der Urgalls handelte und dass es nicht die der Menschen war, hörte ich eindeutig.
Ich wollte mich gerade fragen was los war, als ich mich umdrehte.
Eine Gruppe vermummter Gestalten rannte den Gang entlang auf uns zu und hielten in ihren Händen seltsam schimmernde Schwerter. Ob das an irgendwelcher Magie lag, ob es spezielles Metall war oder ob sie mit etwas eingerieben waren, konnte ich auf die Schnelle nicht sagen. Ich wollte gerade mein Schwert ziehen, als vor mir etwas aufblitzte und mich zwang, die Augen zu schließen. Es gab ein lautes Klirren, welches mich dazu veranlasste, meine Augen wegen der plötzlichen Lautstärke zusammen zu kneifen, und als ich die Augen wieder öffnete, steckten die Schwerter in verschiedenen Richtungen in den Wänden. Eins von ihnen flog noch durch den Gang und traf etwa zwanzig Meter weiter, Percy hatte scheinbar sehr fest zugeschlagen, eine der Laternen. Sie explodierte und eine Druckwelle warf uns alle um. Nein, nicht alle, Percy und Annabeth schien völlig unberührt von der Explosion.
Ich nutze die Ablenkung um zwei Dinge zu tun. Zum einen musterte ich die Neuankömmlinge. Es waren, der Größe nach, Zwerge aber sie waren viel schneller als normale Vertreter ihres Volkes. Zum anderen, statt mich zu fragen, wie Percy so schnell reagiert hatte, nutzte ich die Gelegenheit um zu versuchen in den Geist der Zwerge einzudringen.
Zu meinem Pech waren sie so fest auf ihre Aufgabe fokussiert, die eindeutig lautete, mich zu töten, dass ich absolut keine Chance hatte in ihren Geist einzudringen. Ich versuchte es noch einige weitere Sekunden und gerade als ich aufgeben wollte, zerbrach der Schild um ihren Geist plötzlich vollends. Annabeth lächelte mir ermutigend zu und daraus schloss ich, dass sie es gewesen war, die mir den Weg frei gemacht hatte.
Unglücklicherweise waren diese Angreifer nicht dumm und als sie meinen Versuch bemerkten, schrieen einer von ihnen, der offenbar ein Magier war, einen Zauber. Ich wollte bereits etwas rufen um ihn abzuwehren, als die Zwerge vor mir umkippten. Scheinbar war der Zauber dazu gedacht gewesen zu verhindern, dass wir mehr über sie, ihre Pläne und ihre eventuellen Auftraggeber erfuhren.
„Fass unter keinen Umständen die Klingen an. Sonst könnte es etwas schwierig werden dich wieder zusammen zu flicken!", befahl Annabeth sofort mit selten erlebter Deutlichkeit.
Ich nickte und deutete auf die Zwerge. „Können die uns noch in irgendeiner Weise helfen?" Percy verneinte mit der Begründung: „Wir können ihrem Geist keine Informationen mehr entnehmen und sie werden ganz sicher keinen schriftlichen Befehl bei sich haben." Das klang logisch.
Da es hier nichts mehr gab, bat ich unseren Führer zögerlich, uns zurück in die Hallen des Ingietum zu führen. Ich musste dringend mit Orik sprechen. Es war schnell gegangen, zu schnell für mich zum Verarbeiten, aber das änderte nichts daran, dass es im Kern ein Angriff war.
Moin, es geht zwar nur um zehn Minuten aber ich habe gerade nichts besseres zu tun und Lust mir einen kleinen Spaß zu machen. Deshalb schmeiße ich euch jetzt ganz entspannt und ohne jeglichen Grund zehn Minuten nach vorne.
Wir hatten soeben die Hallen meines Clans betreten, eigentlich war die Tür zu gewesen, aber das störte weder Percy noch Annabeth, und waren nun auf dem Weg zu Orik. Einer der Zwerge am Eingang hatte uns den Weg zu dessen Arbeitszimmer gezeigt, wo sich der Grimstborith, ebenfalls nach der Aussage des Zwergs, angeblich aufhielt.
Als wir bei dem Raum ankamen und klopften, rief uns eine Stimme, die sehr wahrscheinlich zu ihm gehörte, herein und wir folgten der Aufforderung. „Ah, ihr seid's. Sehr gut, die Versammlung geht in fünf Minuten weiter und wir müssen uns beeilen." - „Davon würde ich vorerst abraten!", kommentierte Percy den Ersatz einer Begrüßung von Orik. „Wieso das denn?"
Der Zwerg starrte ihn misstrauisch an. Ehe daraus ein überflüssiger Streit oder etwas ähnliches werden konnte, antwortete ich schnell: „Percy hat recht. Wir waren gerade auf dem Weg hierher als wir von einer Gruppe maskierter Zwerge angegriffen wurden. Auf irgendeine Weise hat Percy alle blitzschnell entwaffnet und Annabeth hat es mir ermöglicht, in ihren Geist einzudringen. Auch dabei habe ich keine Ahnung, wie das geht. Ehe ich mehr über sie in Erfahrung bringen konnte, als dass sie mich umbringen sollten, haben sie Selbstmord begangen. Wo genau kann Hundfast dir sicher besser erklären."
Oriks Kopf fuhr senkrecht von den Schriftrollen auf, die er zuvor noch studiert hatte. „Barzûl! Dann ist es wirklich besser, du verlässt die Räume des Ingietum vorerst nicht mehr. Keine Sorge, um den Rest werde ich mich kümmern." Ich nickte.
Völlig unbeteiligt tuend erwähnte Annabeth, nicht auf unseren letzten Wortwechsel eingehend: „Etwas sagt mir, im dreizehnten Stock von Tronjheim in einer alten Lagerhalle wäre eine Suche mit einem kleinen Kriegertrupp sehr zielführend." Sie erntete dafür zwei verwirrte Blicke, ratet mal von wem, machte sich aber nicht die Mühe, weitere Erklärungen abzugeben.
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4680 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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