Kap. 37 Schreiten wir zur Wahl, buchstäblich

Percy pov

Wir trafen nicht viel später bei der Festung ein und setzten unsere kleinen Wegleiter ab, die daraufhin sofort lachend wieder verschwanden, ohne dass wir uns bedanken konnten. Wir wurden sofort von den Wachen zu Orik geführt, der scheinbar nur auf uns gewartet hatte. Ich vermutete, die Zwergin an seiner Seite war seine Frau, Vedra, die er wenige Tage zuvor geheiratet hatte.

Der Zwerg selbst begrüßte Eragon mit einer kräftigen Umarmung und sah uns dann misstrauisch an. „Warum seid ihr mitgekommen? Wäret ihr nicht im Lager der Varden dringender gebraucht?" Ich grinste und Annabeth antwortete: „Vielleicht, aber das übernehmen unsere Freunde dort. Wir sind so eine Art Leibgarde für Eragon. Es wäre nicht sonderlich praktisch, wenn ihm auf dem Weg hierher oder auch hier etwas passieren würde. Auch wenn wir wissen, dass er bei euch als Gast gilt und ein Gast nicht angegriffen werden darf oder ähnliches, ist es besser, wenn man sicher geht. Die Worte, ‚Er hätte doch garnicht angegriffen werden dürfen', nützen uns danach auch nichts mehr. Bitte fasst dies nicht als Kritik auf sondern als eine im Krieg erforderliche Maßnahme."

Der Zwerg nickte verstehend, wirkte aber noch etwas skeptisch. „Wenn ihr meint und Eragon euch vertraut... Seid euch allerdings bewusst, dass man noch stärker auf euer Verhalten achten wird als bei Eragon. Wenn ihr euch für irgendjemanden, und sei es nur einer unserer böswilligen Gegner, die euch nur loswerden wollen, verdächtig verhaltet, wird man nicht lange zögern, ehe man euch verurteilt und einsperrt oder sogar schlimmeres. Das ist keine Drohung sondern eine Erfahrung, die ich bei meinem Volk gemacht habe.

Ich glaube euch, dass ihr auf unserer Seite seid. Unser junger Reiter hier ist sicher nicht so blöd, jemandem ohne triftigen Grund so weit zu vertrauen, dass er ihn oder sie als private Wachen einstellt." Annabeth und ich grinsten in uns hinein. An sich war Eragons einziger Anhaltspunkt der, dass wir ihn ein paar mal geschützt oder gelehrt hatten, nicht dass er etwas mit Sicherheit wusste. Außerdem wäre der Versuch, wie die Zwerge uns einsperren wollten, ziemlich komisch.

Danach folgten wir den dreien in die Festung. Da Orik und Eragon ein Gespräch über ihre Pläne und Taktiken in der kommenden Wahl diskutierten und sich auch Vedra, Oriks Frau, daran beteiligte, hatten wir nicht viel zu tun. Da weder Annie, bitte sagt ihr nicht, dass ich sie so genannt habe, sonst bin ich tot, Unsterblichkeit und Allmacht hin oder her, noch ich ein sinnvolles Gesprächsthema fanden, lehnte sie sich liebevoll an meine Schulter und ich legte meine Kopf auf ihren.

Die nächsten Minuten genossen wir einfach die Möglichkeit, hier zusammen zu sitzen, nicht wie in den Phantasien von irgendwelchen Leuten, die uns unbedingt tot oder getrennt sehen wollen. Mal ehrlich, keiner von uns würde nach unseren Erlebnissen auch nur auf die Idee kommen, sich zu trennen. Und noch einen Schritt weiter, wäre Annabeth gestorben, wäre ich zu Hades gegangen und hätte so lange alles kurz und klein gehauen, bis er mich entweder sterben lässt, so also wieder mit ihr zusammen bringt, oder er keine Wahl hat, außer uns beide zusammen wieder gehen zu lassen. Bei meinen Methoden vermutlich letzteres. Und sie hätte für mich das selbe getan. Okay, etwas Frust musste rausgelassen werden! Ich halte mich wieder etwas zurück. Wirklich, manchmal braucht man wirklich einen Filter für diese Allwissenheit.

Wir genossen still die gegenseitige Anwesenheit und sahen uns nebenbei die Spiele in der Arena an. Ich war froh, dass ich dieses Mal auf der Tribünen saß und nicht, wie in Rom, selber zur Belustigung eines Gottes gegen zwei von Gaia's ver-DAMM-ten Söhnen kämpfen musste. Obwohl letzteres inzwischen vermutlich sogar Spaß machen konnte.

Eragon hatte eindeutig bemerkt, dass wir nicht ansatzweise versuchten, ihrem Gespräch zu folgen und fragte mich schließlich nach dem Grund. „Ganz einfach. Erstens wissen wir das alles sowieso schon und zweitens gehören wir, anders als du, nicht zu einem eurer Clans. Bei dieser Reise sind wir eigentlich nur deine Leibgarde." Orik grunzte und sagte dann: „Richtige Einstellung. Als Wachen kommt ihr vielleicht mit, würdet ihr aber versuchen euch einzumischen, wären die Folgen fatal. Auch bei Eragon werden die anderen Vertreter nur sehr widerwillig auf Beiträge reagieren. Eine solche Einmische wird bei uns nicht geduldet."

Danach sprachen die beiden weiter und Annabeth und ich blieben so aneinander geschmiegt sitzen während wir darauf warteten, dass die beiden zum Ende kommen würden. Leider dauerte es recht lange. In den Zwergenclans gab es gefühlt mehr Intrigen als Korruption in unserer Welt zwischen Politik und Wirtschaft. Es schien mir fast, als wären in den meisten Fällen die Ziele völlig irrelevant, das einzig wichtige waren Macht, Wohlstand und Bündnisse, selbst wenn dafür die Welt verloren gehen und dieses Glück nur von kurzer Dauer wäre. Erinnert mich an unsere Welt.

Nach etwa einer Stunde und über zwanzig Schaukämpfen klangen die beiden so als kämen sie langsam zum Ende. Ich atmete erleichtert auf, setzte mich unwillig aufrecht hin und fragte dann: „Werden wir heute schon in Richtung des hohlen Berges weiterreisen?" - „Oeí, die Varden brauchen unsere Unterstützung so bald wie möglich und es gibt hier sowieso nicht mehr viel zu tun. Außerdem sieht noch keiner von euch so aus als würde er dringend eine Pause brauchen. Müsst ihr noch eure Vorräte auffüllen oder etwas anderes neues einpacken?"

Annabeth und ich feixten und sie antwortete in einem sehr auffälligen Tonfall: „Nein, nein, alles was wir brauchen, können wir uns selbst besorgen. Ich schlage vor, wir brechen in einer Stunde auf. Bis dahin solltest Ihr es schaffen, falls Ihr es für sinnvoll haltet, Eure Begleitung auszuwählen und Eure Sachen zusammenzusammeln. Was haltet Ihr davon, Orik?" - „Eine gute Idee, aber solange wir nicht in offiziellen Angelegenheiten feststecken, könnt ihr mich meinetwegen auch normal anreden. Wartet bitte hier, wir holen euch ab. Ich würde euch jedoch empfehlen, von nun an auf unseren Feldûnost zu reiten. Unsere Gebirgspfade sind weder für Menschen, noch für Elfen und selbst für uns Zwerge kaum begehbar."

Erneut wechselten Annabeth und ich einen belustigten Blick aus. Wir hatten mit vierzehn an einer senkrechten Wand mit Lava und losen Steinen klettern können und seit dem hatten sich Kondition und Training bei uns noch gebessert und verhundertfacht.

Nachdem Eragon sein Einverständnis gegeben hatte, sprach ich den Zwerg an. „Danke für das Angebot, Orik, aber wir haben in unserem Leben bereits sehr viel Erfahrung im Klettern und Laufen, auch unter den widrigsten Bedingungen. Wir werden weiterhin auf Reittiere verzichten. Macht euch keine Sorgen darum. Wie gesagt, wir haben genug Übung darin. Außerdem können wir zu Fuß schneller auf Angriffe und ähnliches reagieren. Letzten Endes ist das ja der Grund, aus dem wir hier sind."

Der Zwerg musterte uns skeptisch, wie auch jeder andere bisher, dem wir erklärt hatten, wir würden keine Hilfsmittel benötigen, zuckte dann aber mit den Schultern und sagte: „Wenn ihr meint. Das wisst ihr wohl besser als ich. Aber die Aufwände für euer Begräbnis, nachdem ihr abgestützt seid, werden nicht meinem Clan in Rechnung gestellt!" - „Damit hat er auf jeden Fall recht.", bemerkte ich gedanklich zu Annabeth. „Quatschkopf!", murmelte sie, lächelte aber.

Als der Zwerg mit seiner Frau verschwunden war, setzten Annabeth und ich uns wieder so hin, wie wir es bei Oriks politischer Einweisung getan hatten. Eragon setzte sich neben uns und wir sahen uns die nächsten gut sechzig Minuten lang die Spiele an.

Irgendwann kam dann ein Bote zu uns und teilte uns mit, er solle uns zu einem der Tore der Burg bringen, wo Orik uns mit fünf weiteren Zwergen erwartete. Wir wurden durch die Eingeweide der Festung Bregan geführt und kamen schließlich bei einem Tor an, welches etwas kleiner als das war, durch welches wir den Sitz des Durgrimst Ingietum betreten hatten. Vermutlich handelte es sich dabei um eine Art zweiten Ein- beziehungsweise Ausgang.

Auf meine Nachfrage hin antwortete der Zwerg, sehr erfreut, da ich in seiner Sprache gefragt hatte, es handele sich dabei um ein Handelstor. Die Festung Bregan war in den Berg eingearbeitet worden und durchdrang den Berg vollständig. Dieses Tor ersparte es Handelskaravanen, den Berg erst zu umrunden, ehe sie die Festung betreten würden.

Als wir aus dem Tor traten, lief unser Führer schon wieder in die Festung und ließ uns alleine... dachte ich zumindest für einen Augenblick. Als ich wirklich nach draußen trat, sah ich, dass Orik bereits mit fünf Zwergen da war. Sie alle saßen im Sattel und einer hielt die Zügel eines weiteren Feldûnost, eine übergroße Bergziege im Prinzip, welcher vermutlich für Eragon gedacht war, denn das Tier war noch etwas größer als die anderen. Orik nickte uns zu und sagte dann: „Seid ihr so weit?"

Wir drei sahen uns an und während Eragon zu seinem Reittier ging, antwortete Annabeth: „Ich denke schon. Kann losgehen." Daraufhin sah der Clansführer zu Eragon, welcher inzwischen im Sattel saß, und als dieser zustimmend nickte, gab er den Befehl zum Aufbruch.

Der Zwerg hatte recht behalten. Der Weg war wirklich sehr schwer. Es ließ sich etwa mit dem Abstieg zum Phlegethon vergleichen, als wir flüssiges Feuer trinken mussten um zu überleben. Damals mussten wir an einer fast senkrechten Wand mit kleinen scharfen Vorsprüngen herunter klettern. Hier hatte die Wand zwar ‚nur' eine Steigung von ca. 70°, dafür war der Boden noch um einiges unebener und an vielen Stellen mit Rollkies bedeckt.

Wir ließen uns davon jedoch nicht beirren und liefen trotzdem an der Spitze. Meine freundliche Allwissenheit, in diesem Fall bedeutete das meine Freundin, hatte die Reiseroute in Erfahrung gebracht und so kletterten wir nun voraus. Wir hatten beide einen Zauber gegen Schnitte an den Fingern gewirkt, sonst hätte man unsere Hände danach als Hackfleisch verkaufen können, und waren so deutlich schneller als selbst die Ziegen der Zwerge. Dafür hatten sie uns in den ersten Minuten auch entsprechend verwirrt und überrascht angesehen.

Die Reise verlief recht ruhig... Bis auf einen kleinen Zwischenfall. Annabeth und ich waren etwa fünfzig Meter voraus geklettert und als wir dort um eine Ecke bogen, lag dort ein riesiger Haufen Fell. Bei genauerer Betrachtung erkannten wir, dass es sich um einen der Höhlenbären handelte, die in diesem Gebirge heimisch waren. Er war ungefähr so groß Saphira, über fünfzehn Meter, das deutsche Fanwiki ist falsch, auch wenn sich das nicht gut schätzen ließ, er lag ja schließlich zusammengerollt da, und blockierte unseren Weg.

Schnell kletterten wir den Weg zurück und gaben Orik ein Zeichen anzuhalten. „Was ist denn?", rief der Zwerg. Ich legte einen Finger an die Lippen und sagte sehr leise: „Hinter dieser Ecke liegt einer eurer Uzhardn", der Name, den die Zwerge ihnen gegeben hatten, „Ich würde vorschlagen, wir nehmen einen Umweg und versuchen, diesem Vieh aus dem Weg zu gehen." Während meiner Worte war Orik langsam blass geworden. „Eine sehr gute Idee. So ein aufeinandertreffen würde vermutlich keiner von uns überleben. Diese Monster haben ein fast undurchdringliches Fell und rasiermesserscharfe Klauen. Sie sind der wichtigste Grund, aus dem unsere Festungen so hohe Mauern haben."

Während er seinen Leuten einige Zeichen gab und einige schnell und dennoch leise Befehle gab, unterdrückte ich ein Lachen. Höchstwahrscheinlich hätte ich den Bär auch einfach hochheben und den Hang hinunter werfen können, aber das hätte unliebsame Fragen aufgeworfen und obendrein sah das silbrige Fell doch so schön kuschelig aus. Am Ende würde er sich noch wehtun.

Wir fanden eine alternative Route, wir heißt Annabeth und ich, und der Rest der Reise kam ohne große und gefährliche Zwischenfälle aus. Orik zeigte Eragon einen Wald, in dem die Bäume erst verschüttet und vollends in Stein eingeschlossen worden waren, bevor ihr Holz dann durch irgendwelche magische Einflüsse zu Granit geworden waren, und wir sahen von weitem einen Shrrg, einen ebenfalls viel zu großen Wolf, aber der war viel weiter unten im Tal und schien uns nicht als so wertvoll anzusehen, dass er unseretwegen tausende Meter fast senkrechte Wände hochklettern würde. Aber er könnte, das sah ich seinen Klauen an.

Wir kamen irgendwann zu einem Tor in einem Felshang und erst nach mehreren Sekunden bemerkte ich, dass dieses Tor eigentlich mit Magie so stark versteckt war, dass niemand es von weitem erkennen könnte. Meine Augen ignorierten allerdings diese Tarnung und zeigten mir sofort die normale Form des Tores. Ich ging also direkt zu dem Tor und einer von den Zwergen fragte: „Woher weißt du von diesem Tor?" Dabei gab ich leider etwas mehr Preis, als ich wollte. „Ich kann Magie durchblicken." Sie sahen mich erstaunt an, Annabeth schlug sich vor die Stirn und ich fluchte leise auf Latein. Aber die Zwerge gingen nicht weiter darauf ein.

Für uns wurde das Tor geöffnet, sobald Orik irgendwo am Rand scheinbar mit einem Wächter sprach. Dahinter erstreckte sich ewige Finsternis. Nein, natürlich war es nur ein langer Gang ohne Fackeln. Da der Tunnel recht niedrig war, mussten die Zwerge und natürlich Eragon absteigen. Das bremste uns enorm aus. Die Zwerge waren viel langsamer als Elfen oder wir.

Ich mochte diese Gänge nicht. Man hatte ständig dieses Gefühl von Bedrängnis aus allen Richtungen und es erinnerte mich sehr stark an das Labyrinth des Dädalus und den unterirdischen Teil des Haus des Hades. Nur dass es dort meistens wenigstens Fackellicht gegeben hatte. Ich schickte eine Reihe von Werlichtern, kleine leuchtende Kugeln, die uns durch die Luft folgten, durch den Gang über uns, sodass man zumindest etwas mehr Weg sah, aber leider konnten wir nicht mehr tun, ohne uns zu verraten, und so fügten wir uns einmal mehr unserem Schicksal.

Immerhin lauerten in diesen Gängen keine griechischen Monster, auch wenn meine Gedanken mir immer wieder versuchten, genau das einzubläuen. Gefahr! Aber da war nichts und so war dieser Teil der Reise ebenfalls recht ereignislos. Leider dauerte sie auch drei weitere Tage und Nächte.

Schließlich erreichten wir Tronjheim. Wir kamen, nicht wie Eragon an seinem ersten Tag hier, im wirklichen hohlen Berg an, stattdessen erreichten wir irgendwo hunderte Meter tiefer einen Höhlenkomplex, über dem in der zwergischen Keilschrift die Worte „Durgrimst Ingietum" eingemeißelt waren.

Die davor positionierten Wachen erkannten Orik und so bekamen wir schnell freien Durchgang. Uns wurde ein Zimmer zugeteilt, direkt neben dem von Eragon, und abgesehen davon, dass es keine Fenster oder irgendeinen Blick nach draußen gab, war es eigentlich ganz schön. Die einzige Lichtquelle war eine magische Laterne, deren Herstellung die Zwerge von den Elfen gelernt hatten und mit deren Hilfe sie inzwischen fast alle ihre Tunnel erleuchteten.

Die Lage unseres Zimmers war dadurch begründet, dass wir als Leibwächter ja im Notfall rechtzeitig zu unserem Schützling kommen mussten, falls es einen Anschlag geben sollte. Natürlich war die Wahrscheinlichkeit, dass ihn jemand angreifen würde, den er nicht selbst besiegen könnte, extrem gering, aber es ging großteils um die Ausstrahlung von Sicherheit.

Als wir an diesem Abend mit Eragon und Orik zusammen zu Abend aßen, leider keine ertrinkenden Pfannkuchen, teilte letzterer uns mit, dass morgen in aller Frühe eine erste Clanversammlung stattfinden würde und dass wir uns überlegen sollten, wie wir unsere Anwesenheit bei den anderen Clanführern erklären würden. Wir stimmten zu und gingen nach dem Essen wieder in unsere Räume. Auch wenn wir nicht vorhatten, über derartige Dinge nachzudenken. Ich wusste, dass Annabeth sich einfach und schnell eine Begründung ausdenken würde.

Wir waren erst einen Tag hier und mussten uns schon selbst Gedanken über solche Dinge machen. Immerhin waren wir für den Abend entschuldigt. Orik hatte entschieden, dass Eragon unbedingt noch weitere Stunden über die Zwergenclans und Politik lernen musste... Danke, kein Interesse! Wir waren als Wachen hier und würden uns auch meistens entsprechend verhalten.

Als wir in unserem Zimmer zurück waren, saßen wir zuerst für eine Weile auf der Bettkante und starrten ins Leere. Ich wusste, dass es Annabeth genauso ging, als ich mich plötzlich fast eingesperrt fühlte. Aus einem Gefängnis konnte man ausbrechen, doch hier waren wir in einem kleinen, steinernen, von der Welt abgeschnittenen Raum und über uns ein paar billionen Tonnen Stein. Ach was man nicht alles in Physik lernen kann.

Bevor wir allerdings in einer Höhlendepression oder etwas ähnlichem versinken konnten, hatte ich eine Idee. Ich deutete mit dem Finger auf eine Wand und dort bildete sich ein Loch. Nicht wirklich, aber es sah so aus. Es wurde immer tiefer und dann sah man ein blaues Leuchten in der Ferne. Es kam immer näher und schließlich sahen wir durch dieses magische Fenster einen kleinen Bergsee irgendwo auf halber Höhe eines Hanges. Er war nicht wirklich so nah, aber alleine ihn zu sehen gab mir ein Gefühl von mehr Freiheit.

Annabeth sah, was ich getan hatte, und ihr Gesicht hellte sich auf. Sie wischte einmal vor sich mit dem Arm durch die Luft und ein silbernes Funkeln verdeckte den Teil der Wand, auf den sie deutete. Es wanderte die Wand entlang und je weiter es kam, desto mehr von der ursprünglich verdeckten Fläche wurde wieder frei. Dahinter kam ein gigantisches Tal von weit oben zum Vorschein. Zu unserer linken lag ein riesiger See, hinter dem sich die Berge wieder erhoben. Direkt geradeaus lag der Eingang zu einem weiten Tal und als ich mich umdrehte, schien es, als läge nur ein paar Dutzend Meter hinter uns der Gipfel eines der Berge. Zu meinen Füßen war immernoch fester Steinboden, aber die gesamte Umgebung verkündete, dass wir ewig weit oben in der Luft schweben müssten.

Annabeth hatte ihren Teil zum angeben geleistet. Jetzt war es an mir, das noch zu toppen. Ein Fingerschnipsen und schon wurden Annabeths Haare ihr aus dem Gesicht geweht. Wir hörten das Rauschen eines Bergbaches und die Sonne wärmte uns von oben. Wir waren immernoch in einem Raum unter der Erde, aber so konnten wir uns zumindest einbilden, wir wären draußen im Freien.

Die Magie war tatsächlich komplizierter, als man es sich im ersten Moment vorstellen würde. Es war nicht nur eine große Traumsicht, sie zeigte den Ort in fünfzig Meilen Umkreis, an dem man in diesem Augenblick am liebsten wäre. Ein Konzept, was wir so oder soähnlich auch an verschiedenen anderen Orten verwendeten. Darunter unser eigenes Zelt im Vardenlager. Eben noch unter Stein gefangen, jetzt hoch in der Luft und in Freiheit. Die Zwerge mochten Steine verehren, aber für mich war das nichts. Und so ließen wir uns zufrieden und etwas leichter im Herz zurück in unser Bett sinken.

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2963 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.


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