Kap. 30 Heute lernen wir, warum man keine Fremden angreift

Eragon pov

Am nächsten Morgen stand ich früh auf und ging zuerst zu Arya's Zelt. Sie war bereits wach und schien nicht besonders überrascht, als ich anklopfte. Als sie wenige Sekunden später heraus kam, erklärte ich ihr die Situation.

Sie reagiert zuerst ablehnend, also übermittelte ich ihr kurzerhand in Gefühlen, was mir das Unterfangen bedeutete. Nach einer kurzen Denkpause wurde ihr Blick etwas weicher. Auch sie hatte einige Dinge, die ihr besonders wichtig waren, und bei mir war es nun mal der Wunsch, meinem Bruder zu helfen. Außerdem wusste ich, dass Roran auch gehen würde, wenn ich nicht mitkäme.

Also seufzte sie, „Ich halte es nicht für besonders sinnvoll, aber ich weiß, dass ich dich sowieso nicht umstimmen kann, weil sich solche Dinge nicht durch logisches Denken entscheiden. Ich werde dir helfen, Nasuada zu überzeugen."

Mit meinem Herzen eine Spur leichter, machten wir uns zusammen auf den Weg zu dem Pavillon in der Mitte des Lagers. Nach wenigen Schritten tauchten Percy und Annabeth scheinbar aus dem Nichts neben uns auf. „Was habt ihr heute vor?", wollte ersterer wissen. Sie hatten gefragt, also erzählte ich es ihnen, auch wenn es mich nicht gewundert hätte, wenn sie es eigentlich bereits wussten.

Als ich fertig war, murmelte Percy etwas das wie „deja wü" klang. Ich hatte diese Worte noch nie gehört und sah ihn fragend an. Natürlich hast du diese Worte noch nie gehört. Französisch gibt es in eurer Welt nicht! Er bemerkte meinen Blick und erklärt: „Das kommt mir bekannt vor. Als ich vierzehn war, wurde Annabeth entführt und ich musste sie mit einigen Freunden da herausholen." Angesprochene stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen und flüsterte: „Was hatten wir dazu besprochen? Keine Bemerkungen mehr dazu, dass du mich retten musstest!" Arya und ich grinsten. Die beiden passten wirklich perfekt zusammen.

„Und jetzt wollt ihr Nasuada überzeugen, diesen kleinen Einsatz zu genehmigen?", kam Percy zum Thema zurück. Ich nickte und er sprach weiter. „Also schön. Auch wenn es eigentlich nicht besonders sinnvoll ist, wir werden euch beim Überzeugen helfen. Das wenige, dass ich von deinem Cousin bisher gesehen habe reicht aus um zu erkennen, dass er sowieso losziehen wird. Ich bezweifle, dass deine Motivation und dein Lebenswille es besonders gut verkraften würden, wenn er dabei umkommt."

„Für mich ist er inzwischen nicht mehr mein Cousin sondern mein Bruder und du hast recht, seinen Verlust würde ich wohl kaum verkraften, vor allem wenn ich weiß, dass ich es womöglich hätte ändern können." Er sah mir in die Augen und ich konnte sehen, dass er das Gefühl in mir genau kannte. Der Schwarzhaarige schien solche Erfahrungen schon gemacht zu haben. „Also los. Je eher wir das ganze hinter uns gebracht haben, desto besser. Vielleicht ist Galbatorix jetzt nach der Schlacht noch mit anderen Sachen beschäftigt und wir können das ganze unter seinem Radar abziehen." Der nächste Begriff, den ich noch nie gehört hatte. „Ohne dass er etwas davon mitbekommt", erläuterte Annabeth mit einem scharfen Seitenblick.

Wir gingen weiter und als wir ankamen, erwartete uns das selbe Prozedere wie letztes Mal. Schließlich standen wir drinnen und ich begann die Situation zu erklären. Als ich damit fertig war, wollte mir Nasuada das Ganze zu allererst verbieten. Meine Vermutung, ihre Haltung dazu betreffend, waren genau getroffen, wenn nicht sogar untertrieben. Sie benutzte unter anderem die Formulierung, die mir am letzten Abend in den Sinn gekommen war: Undurchdachte Torheit.

Wir brauchten über eine halbe Stunde um sie zu überzeugen. In dieser Zeit trug ich meinen Teil als Cousin beziehungsweise Bruder von Roran vor, Arya den Aspekt, dass Katrina und durch sie Roran zu Druckmitteln gegen Eragon werden könnten, Saphira, die verstanden hatte, wie wichtig es mir war, deutete charmant an, sie werde Roran so oder so begleiten, und Percy mit Erfahrung und dem Hinweis, dass es nur in Streit ausarten würde, wenn sie es verböte. Schließlich gab sie zu, dass es vielleicht nicht weise schien, die Alternativen aber nicht viel besser waren und gestattete es.

Als wir gerade gehen wollten, ergänzte sie noch: „Dann mach es am besten so schnell wie möglich. Wir haben gerade eine große Armee besiegt und Murtagh und Dorn in die Flucht geschlagen. Jetzt ist der am wenigsten ungünstige Zeitpunkt." Zufrieden verließen wir vier das Zelt.

Ich wollte mich gerade auf den Weg machen, Roran Bescheid zu geben, da brummte Percy noch: „Bau keinen Mist. Das ist eine Art Familienausflug und wir werden nicht mitkommen." Ich nickte. Soetwas hatte ich bereits erwartet. „Ich werde mein bestes geben. Könnt ihr hier solange aufpassen und möglichst verschleiern, dass ich weg bin?" Er nickte. „Lässt sich einrichten. Das ist aber die kleinere Sorge. Wenn du dabei umkommen solltest oder gefangen genommen werden, würde das diesen Angriff auf das Imperium beenden, ehe er richtig begonnen hat. Deshalb werde ich dir zwei Zauber mit auf den Weg geben. Normale Schutzzauber hast du selbst. Ich würde einen vorschlagen, der Treffer, die tödlich enden würden, ablenkt und einen, der mir Bescheid gibt, wenn du drei mal meinen Namen rufst. Dies solltest du nur dann nutzen, wenn eine direkte Gefahr durch eine Gefangennahme besteht." Zur Bestätigung nickte ich einmal und fragte: „Und was soll den ersten von meinen Schutzwällen unterscheiden?"

Jetzt lächelte er listig. „Er hält unendlich lang und ist so stabil wie dein Schwert. Wenn ich soetwas auch für normale Verletzungen tun würde, wäre das zu auffällig und würde den König bereits ahnen lassen, dass er es mit größeren Kräften zu tun hat, als ihm bewusst ist." Sollte ich mich überhaupt noch wundern? Ein permanenter Schutz vor tödlichen Treffern? „Wenn es für dich möglich ist, sehr gerne. Ich werde keinen der beiden Zauber missbrauchen." Er nickte. „Das hoffe ich für dich. Sonst muss ich sie dir leider wieder wegnehmen. Was die ‚für mich möglich'-Komponente angeht, denkst du ich hätte sowas angeboten, wenn ich es nicht leisten könnte?"

„Nein, vermutlich nicht", musste ich gestehen. Er schmunzelte und bemerkte kurz: „Gib mir Bescheid, wenn ihr losfliegt. Ich tarne euren Start." Ich war gespannt, was er vorhatte, fragte aber nicht nach. Ich wollte gerade losgehen, da rief er mir nochmal hinterher: „Mach keine Dummheiten!" Ich nickte das schnell ab und lief schleunigst zu Rorans Zelt.

Die Dorfbewohner hatten bereits eine eigene Zeltgruppe errichtet, die meisten Zelte dafür hatten sie noch von ihrer Reise, und ich musste mich einige Minuten durchfragen, welches der Zelte meinem Bruder gehörte. Als ich es gefunden hatte, klopfte ich an einen der Pfosten, die das Zelt stützten, und wartete darauf, dass er antwortete. Ich musste nicht lange warten. Als Roran mich aus dem Eingang heraus anblickte, sagte ich: „Nasuada hat nach einiger Überzeugungsarbeit ihre Erlaubnis gegeben. Wir können aufbrechen. Pack einige Sachen und komm dann in mein Zelt!" Er nickte und verschwand augenblicklich wieder im Inneren.

Ich ging zurück zu meinem und dort angekommen fragte ich Percy in Gedanken: „Wir fliegen in einigen Minuten los. Wie lautet deine Tarnung?" Ich musste einige Sekunden warten doch schließlich antwortete er: „Ich werde euch für alle anderen unsichtbar machen und ein Trugbild von euch erschaffen, dass sich ganz normal verhält. Wenn ihr zurück kommt, wird es einfach wieder verschwinden." - „Müssen wir noch etwas beachten?" - „Nicht laut rumschreien. Ich werde nicht jegliche Geräusche von euch verschwinden lassen, das hätte nämlich andere Nachteile. Ansonsten ist der Plan Idiotensicher."

Okay. Danke für deine Hilfe, Percy." - „Kein Problem. Ich habe es dir doch schon einmal erklärt. Wer helfen kann, sollte das auch tun", erinnerte er mich an einen früheren Wortwechsel. „Stimmt. Wir sehen uns in ein paar Tagen wieder." Mit diesen Worten kappte ich die Verbindung, da ich hörte, wie Roran sich dem Zelt näherte.

Ich brauchte mehrere Minuten um Roran davon zu überzeugen, dass Saphira, für ihn, ungefährlich war. Schließlich saßen wir jedoch beide auf ihrem Rücken und flogen los. Ich hörte keine verwunderten Ausrufe oder ähnliches und somit ging ich davon aus, dass Percys Teil des Plans funktionierte.

Schließlich fragte Roran mich genau danach. „Fallen wir niemandem auf oder sind wir ihnen egal?" - „Percy war so freundlich, unseren Abflug für alle anderen zu tarnen. Keiner von ihnen sieht uns." Er gab ein Geräusch von sich, dass vermutlich ‚zur Kenntnis genommen' bedeutete und wir schwiegen wieder.

Mad Manni is back! Ihr werdet mehr als eine Woche nach vorne katapultiert. Und da mehrere Leser mich behalten wollen, kann ich mich jetzt wieder gemein verhalten. Ich verrate euch nichts über die Geschehnisse dieser Zeit! Möge meine dämonische Lache euch in Angst und Schrecken versetzen! Kann ich leider nichts gegen machen. Gegen die LESER kann ich mich nicht wehren. Was ich allerdings tun kann, ist, euch den Hinweis zu geben, dass ihr auf den ersten hundert Seiten des Buches von Eragon Teil drei die Inhalte aufholen und Mannis Bosheit entkommen könnt. Gemeinheit! So ist das Leben, ne, du bist gemein, also kommen Gemeinheiten zu dir zurück.

Percy pov

Ich spürte Saphiras Geist einige Minuten ehe sie in Sicht kam. Als sie zum Landeanflug ansetzte, hatte ich bereits den anderen, Annabeth, Arya und Nasuada Bescheid gesagt. Letztere hatte einige Boten an die wichtigsten Anführer geschickt. Ich vermute, sie meint damit Orrin, Orik, Hrothgars adoptierten Sohn und gegenwärtiger Ersatz, und Jörmundur. Wir standen am Rand des Lagers während die blaue Drachendame langsam auf den Boden sank.

Ich konnte bereits sehr früh erkennen, dass auf ihrem Rücken nur zwei Menschen saßen und ahnte bereits das schlimmste. Als sie näher kamen, erkannte ich, dass die beiden auf ihrem Rücken Roran und ein Mädchen, vermutlich Katrina, mit zerrissenem Kleid und einem Stoffstreifen vor den Augen. Nun ahnte ich noch schlimmeres. Als die beiden nach der Landung von Saphira herunter stiegen, wurden sie sofort von Nasuada begrüßt.

Nachdem dieser Teil vorüber war, stellten die beiden sich neben uns. Roran führte Katrina an der Hand, da diese anscheinend zur Zeit schlecht sehen konnte. Will fragte als besorgter Arzt sofort, ob es ihr gut gehe und sie antwortete ehrlich: „Eigentlich schon. Nur meine Augen versagen mir den Dienst. Sobald ich ins Licht getreten bin, habe ich nur noch leuchtende Flecken gesehen." Er nickte, denn ganz in seinem Element wusste er natürlich, was sie da beschrieb: „Deine Augen haben sich noch nicht ans Licht gewöhnt. Wenn du willst kann ich das etwas beschleunigen, damit du deinen Liebsten wieder normal sehen kannst." Bei diesem Satz musste ich schmunzeln. Auch in ihr Gesicht schien ein leichtes Lächeln zurückzukehren, als sie erwiderte: „Wenn es keine zu großen Umstände macht, ja, dass wäre wunderbar."

Will berührte einmal leicht ihre Stirn und summte eine kurze Melodie. Katrinas Augen hinter dem Lichtschutz glühten einmal leicht auf und das Tuch, welches sie davor gebunden hatte, fiel zu Boden. Zuerst schossen ihre Augen von einem Punkt zum nächsten, als versuchten sie, dass alles auf einmal aufzunehmen, und blieben schließlich an Rorans Gesicht hängen. Sie fiel ihm um den Hals und bedankte sich danach bei Will. Roran erwiderte ihre Umarmung zärtlich und lächelte Will dann ebenfalls dankbar zu.

Ich wandte mich wieder Saphira zu. „Wo ist Eragon?" Sie knurrte laut und eine Flut an Bildern und Erinnerungen, größtenteils ungeordnet, schoss auf meinen Geist zu. Es gelang mir gerade noch rechtzeitig, meinen allgegenwärtigen Schutz zu senken und die Erinnerungen in meinen Kopf zu lassen.

Als ich das Ganze verarbeitet hatte, seufzte ich. „Was hat er jetzt schon wieder vor? Ich habe ihm doch gesagt, er soll keine Dummheiten machen." - „ Tja, so ist das, wenn gewisse Leute immer genau das machen, von dem man ihnen sagt, sie sollen es sein lassen", bemerkte Annabeth spitz und erklärte danach an den Drachen gewandt: „Wir kümmern uns darum. Wir gehen in mein Zelt und sprechen mit ihm. Du wirst sofort über alles, was ich herausfinden kann, informiert." Sie brummte dankbar, aber besorgt.

Der, inzwischen anwesende, König von Surda, Orrin, fragte mich in einem herausfordernden Ton: „Wie wollt Ihr das anstellen? Eragon hat garantiert mehrere Zauber gewirkt, die verhindern, dass man ihn mit der Traumsicht beobachtet." - „Ich habe da meine Wege." antwortete ich schlicht. Er setzte jedoch nochmals nach indem er zu erfahren forderte: „Und werdet Ihr sie uns mitteilen? Sie könnten für uns alle nützlich sein." Jetzt wurde ich doch leicht wütend. Mein Tonfall war eigentlich klar gewesen. „Damit Ihr jeden ausspionieren könnt, den Ihr wollt? Nein, tausend Dank. Außerdem könnte keiner eurer Magier diese Methode anwenden, daher macht es keinen Unterschied für euch."

Orrin funkelte mich böse an, ließ es aber zum Glück, zu seinem Glück, darauf beruhen. Ich winkte Kalypso zu und wir gingen zurück zu unseren Zelten. Auf dem Weg ertönte Chaos Stimme in meinem Kopf. „Er weiß nichts von uns, auch wenn er König ist. Ich denke, du verstehst, warum ich mich bei ihm dagegen entschieden habe." Im Geiste stimmte ich ihm zu, ohne auch nur innezuhalten. Bei unseren Zelten angekommen, gingen Annabeth, Kalypso und ich in eines. Ich hatte das Gefühl, als währe ihr Urteil gleich vonnöten.

Ich erschuf einen Regenbogen und warf eine Drachme hinein. „Oh Iris, nimm mein Opfer an und zeige mir Eragon!" Ich wusste, dass das auch in dieser Welt funktionierte. Anderenfalls wären die meisten Kräfte von meinen Freunden ebenfalls nicht nutzbar gewesen. Sie waren eigentlich Urgötter aus einer anderen Welt, aber auch ihre Macht funktionierte hier.

In dem Regenbogen erschien Eragons Gesicht. Er schien gerade am laufen zu sein und bemerkt uns erst als ich mich räusperte. Er blieb stehen und wandte sich uns zu. Ehe er etwas sagen konnte, meinte ich: „Saphira ist vor einigen Minuten mit Roran und Katrina angekommen. Und rate mal, wer nicht im Sattel saß. Als ich dir gesagt habe, du sollst keine Dummheiten machen, da war ich davon ausgegangen, im Imperium zu bleiben und zurück zu laufen würde in diese Kategorie fallen. Deine Ausrede, dass du den Helgrind untersuchen willst, kaufe ich dir nicht ab. Was ist die ganze Wahrheit?", forderte ich kurz angebunden zu wissen.

Er seufzte und begann von der Geschichte des Metzgers, Sloan, zu erzählen. Er war Katrinas Vater, verurteilte die Beziehung seiner Tochter zu Roran aber aufs schärfste. In Carvahall hatte er versucht, ihn in die Hände der Ra'zac zu schleusen und dafür einen der Bewohner ermordet. Nun hatte Eragon festgestellt, dass der Metzger in der Zelle neben seiner Tochter gesessen hatte und noch am Leben war.

Eragon meinte, er hätte ihn nicht zurück lassen können und er hätte ihn auch nicht töten können, beides war falsch, wozu Kalypso nickte, also musste er sich selbst eine andere Möglichkeit überlegen. Er war mit Sloan auf dem Rücken entkommen und hatte ihm, als sie gebührenden Abstand zum Helgrind, dem riesigen, dreigipfligen, schwarzen Felsen in der Nähe von Dras-Leona, hinter sich gebracht hatten, einen Fluch auferlegt, der ihn nach Norden laufen ließ, bis er bei den Elfen ankäme. Diese würden auf ihn aufpassen, jedoch seine Strafe, die in seiner Welt noch schlimmer als der Tod war, für ihn durchsetzen. Ihn auf Lebenszeit von seiner Tochter trennen.

Als er mit der eigentlichen Beschreibung geendet hatte, setzte er hinterher: „Er stellte keine Bedrohung mehr da und ich wollte ihn nicht töten. Ihn zu den Varden bringen wäre dem Töten gleichgekommen, da ihn die Dorfbewohner für seine Taten an den Galgen gebracht hätten oder schlimmeres. Ich konnte ihn nicht dort zurück lassen, denn dann hätte er dem Imperium vielleicht von unserem Besuch erzählt, also habe ich ihn mitgenommen."

Ich sah Kalypso fragend an. Sie schien noch nachzudenken und deshalb sagte ich: „Ich verstehe, warum du geblieben bist. Ich bin froh, dass du dich nicht zum Henker erklärt hast, denn das wäre definitiv die falsche Wahl gewesen. Das Problem ist die Frage, wie wir dich schnell und sicher wieder ins Lager bekommen."

In diesem Moment schien Kalypso zu ihrem Urteil gekommen zu sein. Gespannt hörte ich ihr zu. Inhaltlich entsprach ihre Erklärungen etwa folgendem Satz: „Du hast dir den schlechtesten Zeitpunkt dafür ausgesucht, deine Entscheidung war aber gerecht."

Auf Eragons fragenden Blick hin erklärte ich kurz: „Kalypso kennt sich von uns allen am besten mit Gesetzen und richtigem, sowie falschem Handeln aus. Was sie sagt, ist endgültig. Sich dagegen zu beschweren nützt nichts. Ich habe es schon einige Male versucht, aber jedes Mal hat sie recht behalten." Er nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte und ich fuhr mit meiner Erklärung für unsere weitere Vorgehensweise fort. „Ich würde vorschlagen, Eragon läuft einfach weiter wie bisher und wir werden ihn in einem der Dörfer, die auf seinem Weg liegen, abpassen. So können wir zumindest für den letzten Teil der Reise Sicherheit gewährleisten."

Er stimmte zu und begann wieder weiterzulaufen. Wir verabschiedeten uns, auch wenn er dazu nicht mehr stehen blieb, und ich ging danach zu Saphira um ihr zu erklären, was ich mit Eragon besprochen hatte.

Sie war froh, dass es ihm gut ging, meine Vermutung war jedoch, dass er sich, sobald er wieder da ist, eine längere Standpauke anhören muss. Ich teilte Nasuada mit, dass wir uns auf die Suche nach ihm machen würden, und ging danach mit den anderen zum Rand des Lagers.

Arya wollte ursprünglich mitkommen, sah allerdings widerwillig ein, dass es besser wäre, wenn sie als Vertreterin ihrer Mutter da bliebe. Sie war zwar mit ihrer elfischen Geschwindigkeit die beste Begleitung, die wir hätten bekommen können, aber Annabeth und ich waren ohne sie trotzdem schneller.

Da auf Eragons Weg zwei Dörfer auf etwa gleicher Entfernung zu Eragon und dem direkten Weg zum Lager der Varden lagen, entschieden wir, dass zwei von uns loslaufen und ihn in einem der beiden erwischen würden. Sicherheitshalber waren diese zwei Annabeth und ich.

Eragon würde voraussichtlich am Abend zwei Tage nach unserem Gespräch in einem dieser Orte vorbei kommen und in einem von ihnen Halt machen. Er konnte auch im Freien übernachten, aber in der Nähe von Ortschaften war das riskant und ich hoffte, er würde das wissen. Wir würden zwar kaum 24 Stunden bis dorthin brauchen und könnten ihm so theoretisch auch noch weiter entgegen kommen, aber dann bestände das Risiko, dass wir ihn verpassen würden.

Trotzdem entschieden Annabeth und ich uns, bereits jetzt gleich loszulaufen. Auch wenn wir lieber zusammen in Ruhe im Lager geblieben wären, wussten wir beide, dass es nicht für lange war und außerdem der schnellste und sicherste Weg. So konnten wir die Orte nämlich ein wenig im Voraus erkunden, etwas, was unser allwissendes Gedächtnis nur schwer konnte. Wie gesagt, das Filtern der Informationen war nahezu unmöglich.

Also packten wir unsere Rucksäcke und liefen einfach los. Wirklich ein großartiges Gefühl, das einfach tun zu können und keine Folgen fürchten zu müssen. Arya wusste Bescheid, wenn jemand fragen sollte, wüsste zumindest sie Bescheid. Und hoffentlich würde ihre Autorität ausreichen.

Solange wir noch nicht in Sichtweite der beiden Dörfer waren, konnten wir in vollem Tempo nebeneinander her laufen. Irgendwann, genau in der Mitte zwischen den beiden Orten, mussten wir uns dann aber doch trennen und langsamer weitergehen. Annabeth gab mir zum temporären Abschied einen Kuss und ich umarmte sie. Dieses Mal würde ich nicht erst einen Vulkan in die Luft jagen und für Monate verschwinden, bis wir uns wiedersehen würden.

Wir wussten beide, dass es vermutlich keine 50 Stunden dauern würde, ehe wir uns wiedersahen, aber wir hatten auch einmal gedacht, wir würden uns am nächsten Morgen wiedersehen und dann war ich für sechs Monate fast ohne Erinnerungen im Camp Jupiter gewesen und hatte sie kein einziges Mal gesehen. Sowas hinterlässt traumatische Erinnerungen.

Als wir uns gebührend verabschiedet hatten, gingen wir jeder in seine Richtung los. Ich lief nach Petrøvya und sie nach Eastcroft. An sich kannten wir Eastcroft ja schon, aber damals waren wir nur auf dem Markt gewesen. Der wäre jetzt eher weniger von Interesse für uns.

Pov Gerald

Warum erinnere ich mich an den nicht? Weil er im Buch nie erwähnt wurde. Den kennt man nur mit meinem Hintergrund- und Insiderwissen.

Das Haus der Reisenden war schon seit meiner Ankunft überfüllt. Ich war jetzt seit zwei Tagen hier um mich auszuruhen und würde morgen weiterreisen. Im Schankraum war es, wie schon an den voran gegangenen Abenden, laut und fast jeder schien sturzbetrunken zu sein. Ich trank nicht gerne, das Gefühl, mich nicht beherrschen zu können und nie wirklich aufmerksam zu sein, war mir zu tiefst zu wider.

Ich sah mich um und erkannte, dass ich die meisten zum ersten Mal sah. Logisch, nicht viele blieben länger als einen Abend in solch einer Absteige. Die meisten hatten sowieso nicht genug Geld dafür. Meine Reise war jedoch zu lang, um jeden Tag von morgens bis abends auf einem Pferd zu sitzen. Also machte ich die Pausen zwischen den einzelnen Ritten länger. Dafür würde ich, wenn ich am nächsten Tag weiter reisen würde, vermutlich die nächste Nacht im Freien schlafen müssen. Der Süden des Imperiums war eigentlich dicht besiedelt, aber nichts davon lag ansatzweise auf meinem Weg.

Eine Gestalt fing meinen Blick sofort ein. Den meisten schien sie nicht aufzufallen, aber das war eindeutig ein weiterer Effekt von der Menge, die sie schon getrunken hatten. An einem Tisch weiter hinten in der Ecke saß eine Gestalt in einem pechschwarzen Umhang. Eine Kapuze verdeckte ihr Gesicht und so konnte ich nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Ich konnte nicht erkennen, wie alt sie war, ich konnte nicht erkennen, wo sie vielleicht her kam, ich konnte nichtmal erkennen, ob sie überhaupt menschlich war. Von dem wenigen, was ich erkannte, hätte sich unter dieser Verschleierung noch jeder verstecken können. Von den monsterhaften Schergen des Königs bis hin zu einer jungen Schönheit aus dem Volk der Elfen. Auch wenn letzteres sowohl geografisch, als auch ihres anscheinenden Rückzugs aus unseren Ländern wegen sehr unwahrscheinlich war.

Auf einmal ging die Tür auf und ein klarer Luftzug strömte durch den Raum. Dabei verrutschte ihre Kapuze etwas und ich konnte kleine Ausschnitte des Gesichts sehen. Sie hatte scheinbar fast leuchtende, sturmgraue Augen und lockige blonde Haare. Letzteres war mein einziger Hinweis auf ihr Geschlecht.

Nachdem ich sie weiter eingehend beobachtet hatte, ich hatte mich natürlich nicht erwischen lassen, bemerkte ich, dass sie nicht, wie die meisten Frauen, ein Kleid, sondern ein sonderbar besticktes Wams trug. Soetwas sah man selten. Ich hatte Gerüchte gehört, dass es bei den Elfen so typisch für beide Geschlechter war, aber in einer weiteren kleinen Bewegung schien es, als seien ihre Ohren ganz normal rund. Daran, so hatte ich gelesen, konnte man Elfen eindeutig von Menschen unterscheiden. Auch die Verzierungen waren komisch. Normalerweise übernachteten Menschen, die sich sowas leisten können, nicht in einem Gasthaus für Gesindel wie diesem.

Sie schien nicht akribisch bemüht, ihr Wams unter dem Umhang zu verstecken und so hatte ich die Zeit, die Verzierungen genauer zu mustern. Sie waren unglaublich fein ausgearbeitet, soweit ich das aus der Entfernung einschätzen konnte, aber ich hatte noch nie sowas gesehen. Das Muster schien sich zu bewegen, auch wenn sie reglos sitzen blieb. Es war nicht unglaublich auffällig, aber wenn mich meine Sinne nicht betrogen, schoben sich ganz langsam wolkenartige Formen über den Stoff.

Ihre Haltung blieb die ganze Zeit aufrecht und ruhig. Wenn ich so genauer hin sah, fiel mir auf, dass ich an der Schnittweise des Wamses auch schon früher hätte erkennen können, dass sie mit ziemlicher Sicherheit eine Frau war.

Wenn ich das Ganze, was ich bisher gesehen hatte, bedachte, konnte sie gut und gerne die Tochter eines reichen Fürsten oder Herzogs sein. Vielleicht waren die Verzierungen sogar verzaubert, sodass sie noch mehr Eindruck schinden würden. Aber warum war sie dann in dieser Unterkunft und nicht in einer besseren Herberge? Und vor allem, sie versteckte ja nicht gerade stark, dass sie nicht besonders arm war. Warum reiste sie dann alleine ohne Wachen oder ähnliches?

Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und deshalb wandte ich mich irgendwann einfach wieder dem Bier vor mir zu. Es war das am schwächsten sinnesbenebelnde Getränk, das es im Haus der Reisenden gab.

Einige Minuten später öffnete wieder jemand die Tür. Ich sah zur Tür und dort stand Borg. Etwas über dreißig, braune Haare und sehr muskulös. Mir lief ein Schauder über den Rücken. Er war bereits da gewesen, als ich in Eastcroft angekommen war. An meinem ersten Tag hier hatte er drei Reisende bestohlen und am zweiten eine Schlägerei angefangen und gewonnen.

Die meisten, die bereits gestern da gewesen waren, verließen sehr eilig die Gaststube und einige der Klügeren, die neu waren, erkannten dies und gingen ebenfalls. Nicht dass es draußen besonders viel geben würde, aber garnichts war immernoch besser als in einem Raum mit ihm zu sein. Ich hätte es ihnen gleich tun sollen, aber ich wollte zeitnah schlafen gehen und dazu müsste ich sowieso wieder durch die Schankstube. Ich hoffte einfach, er würde mich nicht bemerken.

Borg stampfte zum Tresen und alle versuchten so schnell wie möglich aus seinem Weg zu kommen. Er holte sich einen vollen Krug mit Wein, lehnte sich damit an eine Wand und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Schließlich blieb sein Blick an der Frau hängen, die mir vorhin bereits aufgefallen war.

Er rief durch den Raum: „Soso, wir haben mal etwas wohlhabenderen Besuch!" Sie sah in seine Richtung und seufzte, sagte aber nichts. Er hingegen schien sich darin bestätigt zu sehen und sagte: „Zeigt doch mal, was ihr so habt!" Dabei knackte er bedrohlich mit den Fingern. Die Geste war eindeutig. Wenn sie nicht tat, was er sagte, würde er sie verprügeln.

Sie schien das auch bemerkt zu haben, dass es besser wäre, zu tun, was er sagte und griff in eine Tasche ihres Wamses. Der Beutel, den sie aus der Tasche zog, war so prall, wie ich es noch nie gesehen hatte. Sie musste wirklich viel Gold haben. Borgs Augen blitzten gierig und er stampfte zu ihr herüber und nahm sich den Beutel. Er ging zurück zu der Wand, an der er eben gestanden hatte, und warf den Beutel in die Luft.

Daraufhin sagte sie mit gefährlich ruhiger Stimme: „Würdet Ihr mir bitte mein Geld zurückgeben?" Es war das erste Mal, dass ich sie sprechen hörte und ihre Stimme klang irgendwie fremd. Sie hatte einen Akzent darin, den ich noch nirgendwo gehört hatte. Borg lachte und fragte spöttisch: „Sonst? Was willst du tun?"

Ihre nächste Bewegung war so schnell, dass ich ihr nicht folgen konnte. Ich hörte nur ein scharfes sirren und sah dann, dass plötzlich ein Dolch wenige Millimeter neben seinem Hals in der steinernen Wand steckte und sein Leinenhemd daran fest nagelte. Die wenigen, die nicht bereits gegangen waren, starrten sie entgeistert an und Borg knurrte: „Das wirst du bereuen. Das war nicht mehr als ein Glückstreffer. Nochmal schaffst du das nicht!"

Er irrte sich. Sie hielt plötzlich vier Messer in der Hand, zwischen jedem Finger eins und warf sie alle gleichzeitig. Eins verfehlte Borgs Hals nur um Millimeter und bohrte sich links daneben ins Holz. Das zweite säbelte ihn die Haare vom Kopf und blieb direkt darüber stecken. Das dritte und vierte trafen über seiner rechten und linken Armbeuge und zerrissen dort seine Kleidung, ohne das irgendeine Verletzung zu sehen war.

Ihre Stimme war so ruhig wie schon beim ersten Mal. „Und das waren auch Glückstreffer? Wenn du mir nicht augenblicklich das Geld zurückgibst und dich entschuldigst, trifft der nächste dein Auge." Borgs Gesicht wurde weiß und er zitterte. Ob vor Angst oder vor Wut konnte ich nicht sagen.

Er stieg vorsichtig von den Dolchen herunter und ich sah, dass er einen der Dolche von der Wand zog und in seiner Pranke versteckt hielt. Wenn ich seine Mine richtig deutete, würde es gleich ein Blutbad geben. Die Fremde schien nichts davon bemerkt zu haben. Ich wollte sie eigentlich warnen, hatte aber zu große Angst vor Borg. Stolz war ich darauf nicht, aber was sollte ich tun?

Als er vor ihr stand, sah ich weg. Ich wollte mir das nicht ansehen. Es ertönten zwei Aufschreie, keiner davon in einer weiblichen Stimme, die kurz aufeinander folgten. Es war Borg gewesen. Ich drehte mich um und sah, dass sie Borgs Arm gepackt hielt und ihn umdrehte. Der Dolch befand sich nun in ihrer Hand und den Geldbeutel hatte Borg fallen gelassen.

Dann sah ich, wieso er geschrien hatte. Ein langer blutiger Schnitt zog sich über seine linke Wange und ein weiterer über seinen rechten Arm. Beide schien nicht lebensbedrohlich, jedoch sehr schmerzhaft und würden ihn garantiert bei vielen Tätigkeiten behindern. „Und jetzt verschwinde. Sei froh, dass ich keine Lust habe, erklären zu müssen, warum deine Leiche vor meinem Tisch liegt. Wenn du mir nochmal über den Weg läufst, überlege ich mir vielleicht doch noch, ob es das nicht wert ist."

Nach einigen Sekunden schien auch Borgs langsames Gehirn realisiert zu haben, was sie gesagt hatte und dass sie es ernst meinte. Sie ließ ihn los und er lief mit schneeweißem Gesicht zur Tür und verschwand in der Nacht. Die Fremde rief durch den Schankraum: „Und euch würde ich raten, die Geschehnisse dieses Abends für euch zu behalten. Glaubt mir, es ist besser für alle Beteiligten." Die unterschwellig mitschwingende Drohung war klar: Wer das weitererzählt, wird es bereuen.

Ein Blick durch den Raum verriet mir, dass alle diese Warnung verstanden hatten. Ich für meinen Teil hatte nicht vor, dieses Risiko einzugehen. Nein, es war besser, wenn ich so schnell wie möglich vergaß, was ich eben gesehen hatte.

Pov Melina

Wir haben hier ein etwa zwanzig jähriges Mädchen, ihr Vater ist kürzlich gestorben und jetzt reist sie von Furnost nach Feinster, weil dort ihr Onkel lebt. Ihre Vater war Gelehrter und dementsprechend war sie nicht besonders arm, ist aber nicht adelig. Angenehmer Charakter, recht schön, kennt die Welt außerhalb des Hauses ihres Vaters eigentlich nur aus Geschichten. Und warum erzählst du das? Ist es nicht eigentlich das Prinzip eines Buches, dass man die Charaktere durch ihre Handlungen und vielleicht Gedanken kennenlernt? Schon, aber es gibt auch Leute, die sind nett und hilfsbereit und machen ab und an mal eine Ausnahme.

Warum musste er sterben? Diese Frage stellte ich mir schon seit Tagen. Warum musste ihn dieser dreimal verfluchte Husten erwischen? Nur deshalb musste ich jetzt seit fast einer Woche ununterbrochen durch die Ebenen wandern, und das alleine, um irgendwann bei meinem Onkel ankommen zu können und zu hoffen, dass er mich aufnehmen würde.

Ich saß in einer Ecke in einem billigen Schankhaus und hoffte, dass mich niemand stören würde, dass mich am besten niemand auch nur ansprechen würde. Ich hätte mir vielleicht auch eine etwas bessere Unterkunft leisten können, wollte die letzten Ersparnisse meines Vaters aber nicht zum Fenster rauswerfen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Vielleicht würde ich sie noch brauchen, wenn mein Onkel mir nicht helfen würde.

Leider hatte ich Pech. Kaum fünf Minuten nachdem ich mich zum Essen in die Ecke gesetzt hatte, kamen drei grobschlächtig wirkende Kerle in den Raum. Offensichtlich waren sie in diesem Dorf keine Unbekannten, denn als sie zur Tür herein kamen sah ich, wie mehrere Gäste sich hastig verabschiedeten und gingen.

Die meisten bemerkten dies und folgten rasch. Da ich nicht alleine mit solchen Leuten in einem Raum bleiben wollte, versuchte ich so schnell wie möglich aufzuessen um ebenfalls zu verschwinden. Leider war ich nicht schnell genug und nach etwa zwei Minuten waren ich, die drei Schläger und eine in einen Umhang gehüllte Gestalt, die in der Ecke lehnte, alleine in dem Raum. So schlimm war offenbar ihr Ruf. Den Wirt hatte ich bereits seit einer halben Stunde nicht mehr gesehen.

Leider geschah genau das, was ich befürchtet hatte, auch wenn ich bisher nur davon gelesen habe. Die drei kamen zu mir herüber und der Vorderste, der zufällig auch am schlimmsten aussah, sagte: „Soso, was haben wir den hier? Ziemlich unklug, so alleine und ohne Schutz in öffentlichen Räumen zu sitzen, oder?" Dabei entblößte er ein fieses Grinsen, in dem bereits einige Zähne fehlten. „Wäre doch schade, wenn was passiert, weil du nicht vorsichtig genug gewesen bist!"

Ich versuchte ruhig zu antworten, wusste jedoch, dass meine Stimme besten Falls nur zitterte. „Was wollt ihr von mir?" Die drei lachten und der Anführer sagte: „Tust du nur so, oder bist du wirklich so blöd? Wir wollen Geld und es ist uns egal, wo wir es herbekommen." Ich fluchte innerlich. Wenn sie mir das bisschen Geld abnehmen, was sich noch hatte, müsste ich in Zukunft auf der Straße leben und mir mein Essen zusammenklauen.

Ich versuchte mit fester Stimme zu antworten: „Ich habe kein Geld." Meine Befürchtung war jedoch, dass es sich eher nach einem Piepsen angehört hatte. Leider hatte ich damit einen Fehler gemacht. Der Anführer kam auf mich zu, griff mir an den Hals und hob mich daran hoch. Während ich so da hang und röchelte, trug er einem seiner Kumpanen auf: „Durchsucht sie. Wehe, sie hat mich angelogen!"

Sie fuhren mit der Hand in meine Taschen und unter mein Kleid, wobei sie sich herzlich wenig um meine Privatsphäre kümmerten. Nach einigen Sekunden hatten sie den Lederbeutel, in dem ich mein Geld aufbewahrte, gefunden. Er lächelte triumphierend als er hinein sah und der Anführer, der mich noch immer am Hals in der Luft hielt, knurrte: „Du hast uns angelogen. Auch wenn wir jetzt das haben, was wir wollten, dafür gehörst du bestraft!" Und mit diesen Worten schlug er mir ins Gesicht. Es tat höllisch weh und ich hörte ein widerliches Knacken. Vermutlich meine Nase.

Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, hier noch ohne lebendig heraus zu kommen, geschweigedenn mit der Fähigkeit, mich selbstständig zu bewegen als hinter mir eine raue, wütende Stimme ertönte. „Jetzt reicht es aber. Diebstahl habe ich schon oft genug gesehen, aber jemand zu schlagen, der euch nichts getan hat geht zu weit." Mein Hals und mein Gesicht schmerzten zwar enorm, ich konnte jedoch erkennen, dass die Stimme von der vermummten Gestalt in der Ecke kam. Der, wie ich nun erkannte, junge Mann kam zu uns herüber und sagte dann: „Lass sie los. Hat sie dir irgendetwas getan?"

Er trug ein teuer aussehendes Wams mit Verzierungen, die mit jeder Sekunde zu wechseln schienen. Letzteres konnte allerdings auch daran liegen, dass mein Kopf dröhnte und blasse Punkte vor meinen Augen tanzten.

Tatsächlich ließ der Anführer mich fallen und drehte sich zu dem Fremden. Irgendwie fiel ich nicht so, wie ich erwartet hatte, es schien fast, als habe irgendeine Polsterung mich aufgefangen und abgebremst. „Wer bist du und mit welchem Recht störst du uns?" Er ballte dabei, soweit ich es erkennen konnte, seine Fäuste.

Die Gestalt in dem Umhang sah ihn aus Augen an, die wie ein Sturm auf dem Meer aussahen. Nicht, dass ich das besonders gut erkennen könnte in meinem jetzigen Zustand oder jemals einen wirklichen Sturm gesehen hatte, ich hatte jedoch Abbildungen davon in den Büchern meines Vaters gesehen. Die beiden starrten sich solange an bis mein Peiniger schließlich schnaubte und wegsah.

Jetzt erst antwortete der Fremde auf seine Frage. „Wer ich bin, kann dir vollkommen egal sein und ich störe dich, weil ich es unmöglich finde, wenn Leute andere Leute terrorisieren, nur weil sie sich für stärker halten. Wenn ihr sofort das Geld zurückgebt, euch entschuldigt und dann verschwindet, lasse ich euch nochmal so davonkommen." Seine Stimme blieb ruhig, ich konnte jedoch sehen, dass er diese Drohung ernst meinte. Doch wie wollte er alleine gegen drei gewinnen? Oder bluffte er einfach?

Wenn das sein Plan war, so scheiterte er kläglich. Die drei sahen sich an und brachen dann in schallendes Gelächter aus. „Warum sollten wir? Wir hatten eigentlich vor, uns ihr Geld zu nehmen und dann wieder zu verschwinden, aber jetzt, wo du es anbietest, nehmen wir deines auch mit. Und wenn du es nicht freiwillig hergibst, bringen wir dich um und nehmen es dann. Du siehst wohlhabend aus. Das wird sich lohnen." Mit diesen Worten, zogen sie Schwerter, die an ihren Seiten baumelten, aus den entsprechenden Scheiden.

Wenn nicht schon vorher, dann bekam ich es spätestens jetzt mit der Angst zu tun. Dieser junge Mann hatte mir helfen wollen und nun starb er deshalb. Ich vergaß sogar für einen Moment meine Schmerzen.

Zu meiner Überraschung schien der Fremde weder verängstigt, noch zeigte er irgendeine Regung, die verraten hätte, ob ihn diese Situation irgendwie beeindruckte. Er sah die drei einen Moment lang an und schließlich seufzte er. „Immer die gleichen Idioten. Ich hatte gehofft, ich könnte diese Situation friedlich lösen können. Ich sollte es inzwischen besser wissen", und dann zu dem Trio gewandt: „Ihr habt es so gewollt."

Mit diesen Worten berührte er eine kleine Perle, die auf ein um seinen Hals hängendes Band aufgefädelt war. Entweder hatte der Schlag meine Wahrnehmung noch stärker verwirrt, als ich dachte, oder ich wurde langsam verrückt. In dem Moment, als seine Finger die Perle berührte, hielt er plötzlich ein fast einen Meter langes Schwert in der Hand. Es glänzte, ja fast leuchtete, in irgendetwas zwischen bronze und silbern und war von schwarzen Streifen durchzogen.

Wo war das hergekommen? Es konnte ja unmöglich erst jetzt erschienen sein. Während ich so darüber nachgrübelte, rief der Anführer der drei: „Nur weil du ein Schwert hast, bedeutet das nicht, dass du uns drei besiegen kannst." Er sah sie finster an und sagte dann: „Du hast recht, um euch zu besiegen brauche ich nicht einmal ein Schwert. Aber so geht es schneller." Diese Antwort hatten sie nicht erwartet und der Anführer brauchte einige Sekunden, um sich wieder zu fangen.

Schließlich brüllte er, „Angriff!", und sie stürmten auf den Fremden zu. Ich wollte es eigentlich nicht sehen, irgendetwas hielt mich jedoch davon ab, wegzusehen.

Die drei schlugen alle gleichzeitig zu und er blockte alle Hiebe gleichzeitig. Und dabei hatte er nur eine Hand am Griff seines Schwertes. Danach holte er einmal voll aus und schlug zu. Zwei der Schwerter zerbrachen und das dritte landete auf dem Boden. Der Fremde trat einem seiner Gegner in den Bauch und den zweiten packte er am Hals und schleuderte ihn durch den Raum. Beide blieben bewusstlos liegen und er ging mit festen Schritten auf den Anführer zu.

Statt ihm irgendetwas grausames mit dem Schwert anzutun, schlug er ihm mit dem Knauf auf den Kopf. Sein Gegenüber sackte in sich zusammen und bewegte sich nicht mehr. Er wischte einmal durch die Luft und alle drei flogen wie von Geisterhand in eine Ecke des Raumes. Wie hatte er das gemacht?

Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn er kam zu mir herüber und hielt mir die Hand hin. „Percy" Ich ergriff sie und er zog mich vorsichtig hoch. „Melina." Stellte ich mich vor. Er nickte. „Schön dich kennenzulernen, auch wenn die Umstände nicht besonders rosig waren. Tut mir leid, dass ich nicht früher eingegriffen habe. Ich sollte inzwischen wissen, dass solche Leute", er deutete in die Ecke, „selten friedlich verschwinden."

Ich hob die Augenbraue und fragte: „Du rettest mir das Leben und entschuldigst dich danach dafür, dass du erst sehen wolltest, wie sich die Sache entwickelt?" Er grinste schief und erwiderte dann: „Das sagt mir meine Verlobte auch immer. Ich helfe Leuten und ärgere mich dann über mich, dass ich nicht schneller reagiert habe. Geht es dir soweit gut?" Ich wollte gerade nicken, als er sagte: „Warum frage ich eigentlich? Du hast eine gebrochene Nase. Lass mich raten, du hättest gerade trotzdem behauptet, es würde dir gut gehen?" Bei dem letzten Satz schmunzelte er.

„Ja, vermutlich. Woher weißt du das?" Jetzt lachte er humorlos. „Weil ich das auch jedes Mal mache. Die meisten Leute passen in zwei Gruppen. Entweder sie beschweren sich bei einem Schnupfen über die Grausamkeit des Schicksals oder lächeln, während der Arzt ihnen den nicht mehr zu rettenden Arm amputiert, weil sie niemandem mit ihren Problemen zur Last fallen wollen. Ich kann drei gebrochene Knochen, eine Stichwunde auf Brusthöhe und ein Gemisch aus fünf tödlichen Giften in Blut haben und würde immernoch behaupten, mir würde es gut gehen. Und ich nehme jetzt die Rolle ein, die sonst immer andere bei mir übernehmen, und erkläre dir, dass eben nicht alles gut ist." Ich sah ihn fragend an. „Das waren zu viele Details, als dass das völlig fiktiv und erfunden ist"

Er grummelte etwas, das klang wie: „Mehrmals." Da ich es nicht genug verstanden hatte, hakte ich nicht weiter nach. Einige Sekunden schwiegen wir beide und schließlich sagte er: „Möchtest du den Bruch lieber auf natürliche Weise heilen lassen, oder wäre es dir lieber, wenn er etwas schneller verschwände?"

Ich sah ihn schräg an und entschloss mich, mitzuspielen. Offenbar halluzinierte ich seit dem Schlag ins Gesicht, also konnte ich das auch gleich versuchen, für den Moment zu nutzen, um wenigstens diesn Fiebertraum angenehmer zu gestalten. „Ich verstehe nicht, wie das gehen soll, aber es ist echt nicht angenehm. Lieber den schnellen Weg." Er nickte und sagte dann: „Entspann dich. Wenn du dabei verspannte bist, ist es manchmal unangenehm und macht mehr Aufwand."

Ich versuchte seinem Rat zu folgen und mich locker zu machen. Nach einigen Sekunden gelang mir das halbwegs und ich gab ihm ein Zeichen, dass ich jetzt so locker war, wie für mich in dieser Situation nur irgend möglich. Er murmelte einen kurzen Satz in einer fremd klingenden Sprache und ich spürte ein Kribbeln in der Nase.

Als das Kribbeln wieder verschwunden war, hatte mein Gesicht aufgehört zu schmerzen. Ich tastete nach meiner Nase und stellte fest, dass sie auch beim Berühren weder weh tat noch sich komisch anfühlte. „Das ist Magie!" flüsterte ich.

Er lächelte verschwörerisch und sagte: „Da liegst du garnicht so weit daneben. Wäre aber freundlich, wenn du es nicht gleich überall rausposaunst. Ich möchte nicht morgen früh schon wieder Soldaten umbringen müssen."

Ich hatte schon davon gehört, dass der König jeden Magier zwang, ihm die Treue zu schwören, aber er sprach mit einer Selbstverständlichkeit von Soldaten und töten, die mir unheimlich war. Aber was sollte ich tun? „Du hast mir geholfen. Wenn du es nicht willst, verrate ich auch nichts. Aber nur so aus Interesse, wieso morgen? Ziehen in solchen Häusern nicht alle am nächsten Tag weiter?" Er sah mich skeptisch an und sagte: „Dieses Wissen würde dich in Gefahr bringen. Sicher, dass du das möchtest?" Ich sah ihn überrascht an und antwortete: „Es würde mich schon interessieren. Außerdem ist es auch so schon gefährlich für mich, ich reise als Frau alleine durchs Land."

Er schien zu überlegen. Schließlich begann er mit einem Schulternzucken langsam wieder zu sprechen. „Ich glaube nicht, dass du mich an das Imperium verraten würdest und du wirkst auch nicht wie jemand, der zufällig von Soldaten ausgefragt wird... Also schön, ich verrate es dir, wenn du versprichst, dass du es niemandem, absolut niemandem verrätst." Jetzt war ich dran mit skeptisch gucken. „Ich verstehe zwar nicht, warum dir das so wichtig ist, aber du hast mich zu neugierig gemacht, als dass ich es jetzt schaffen würde, abzulehnen.

Also, ich verspreche, dass ich niemandem etwas von dem, was du mir hoffentlich gleich erzählst, irgendjemandem erzähle." Er nickte und sagte dann: „Also gut, ich gehöre mehr oder weniger direkt zu den Varden und erwarte hier jemanden, den ich zu ihnen zurück eskortieren soll." Jetzt war ich überrascht. Er sah nicht so aus, wie die Leute des Königs die Varden immer beschrieben, wild und aggressiv. Seine Augen hatten etwas wildes an sich, aber seine Gesamtausstrahlung war eher hilfsbereit und locker. „Ich sehe keinen Grund, dass du mich anlügen solltest, aber warum hier und..." bei meinem letzten Satz brach ich ab.

Er hob die Augenbraue. „Und was?" Ich zögerte und sagte dann vorsichtig: „Nun ja, die Leute des Königs berichten immer, dass die Varden ein Haufen brutaler Umstürzler seien. Du siehst aber absolut nicht so aus", fügte ich schnell hinzu. Er sah mich schief an und begann dann zu lachen.

„Ist dir vielleicht schon einmal der Gedanke gekommen, dass Galbatorix jeden seiner Leute, der erzählen würde, dass die Varden für ein besseres Land kämpfen, sehr schnell aus dem Verkehr ziehen würden?" Ich schaute etwas peinlich berührt. Warum hatte ich nicht daran gedacht? Natürlich wollte der König, dass alle Leute die Varden für böse hielten.

Er hatte mir meine Gedanken schon angesehen und lächelte. „Nicht schlimm. Behalte es einfach im Hinterkopf. Aber komm bloß nicht auf die Idee, allen Leuten zu erzählen, dass die Varden eigentlich normale Menschen sind, die in Freiheit leben wollen. Vor dem Galgen kann ich dich nicht so einfach retten." Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also schwieg ich.

„Was deine erste Frage betrifft, wie gesagt, ich erwarte einen Freund und ich weiß, dass er hier oder im Nachbarort vorbei kommen wird." Aha. „Und wegen einem Mann schickt ihr zwei weitere um ihn zurückzuholen?" Er grinste etwas schief und antworte: „Für einen einfachen Soldaten vielleicht nicht, für den wäre das auch garnicht nötig, aber der, auf den ich warte, ist etwas wichtiger." Ich dachte über das nach, was er gesagt hatte. Mir fielen einige Gespräche ein, die die Soldaten am Tor geführt hatten. Über einen Eragon, der anscheinend quer durchs Imperium lief. Ich erinnerte mich daran, seinen Namen auf einem Infobrett bereits gelesen zu haben.

Dann fiel es mir ein. Er war derjenige gewesen, auf den die höchste Belohnung ausgesetzt war. Ein ganzes Herzogtum. Einem Gespräch von einer Gruppe Soldaten, die mich auf dem Weg in dieses Dorf überholt hatten, hatte ich entnommen, dass es anscheinend bei den Varden einen neuen Drachenreiter gab.

Ich setzte diese Bruchstücke im Kopf zusammen und erhielt ein beängstigendes Bild. „Kann es sein, dass dieser jemand, den du suchen sollst oder willst, Era...", er hielt mir den Mund zu. Nicht gewaltsam, ich hätte noch immer sprechen können, aber die Geste erfüllte ihren Zweck. „Nicht so laut!" Er sah mich warnend an und ich fuhr im Flüsterton fort. „...Eragon heißt? Der auf den ein ganzes Herzogtum als Belohnung ausgesetzt ist? Der Drachenreiter? Ist er aus irgendwelchen Gründen im Imperium ohne seinen Drachen und jetzt sollst du ihn hier abholen und die letzten Tage zurück begleiten?"

Percy fluchte leise und sagte: „Ich habe wohl zu viel verraten. Also schön, ja, genau der und auch deine Vermutung zu unserer Situation ist fast richtig. Ich denke, jetzt verstehst du, warum ich dir lieber nichts erzählt hätte." Ich nickte und er fuhr fort. „Jetzt wieder zu aktuellen Problemen. Ich bezweifle, dass diese drei Kerle vorhin soetwas auf sich sitzen lassen. Heute Abend kann ich verhindern, dass sie auf dumme Gedanken kommen. Ich kann sie lange genug schlafen und erst morgen Mittag im Schweinetrog aufwachen lassen. Es wäre aber trotzdem ratsam, wenn du dann nicht mehr in dieser Stadt bist." Ich wusste was er meinte. Die drei waren gedemütigt worden und würden wahrscheinlich Rache wollen. Dass sie vor dem Gebrauch von Waffen nicht zurück schreckten, hatte ich ja schon gesehen.

„Du hast sicher recht. Ich denke, ich werde morgen weiterreisen." Er nickte. „Damit dir sowas nicht nochmal passiert, habe ich noch etwas kleines zum Abschied. Erstens..." Er zog etwas kleines silbern glitzerndes aus seiner Hosentasche. Eine Pistole! Einen kleinen Dolch. „Lässt sich gut in den Falten eines Kleides verstecken und ist gut um jemanden klar zu machen, dass du der Mühe nicht wert bist. Man munkelt, die Klinge ist bei Treffern sehr wohlwollend ihrem Besitzer gegenüber." Er zwinkerte und hielt mir den Griff hin. Vorsichtig und ehrfürchtig ergriff ich die Waffe.

Der Griff passte perfekt in meine Hand und am Ende war eine kleine Schlaufe, mit der man ihn gut am Gürtel oder im Ärmel befestigen konnte. „Danke!", murmelte ich. Er lächelte und ich befestigte ihn an der Innenseite meines Kleides. Es dauerte fast eine Minute aber als ich fertig war, konnte ich ihn ohne Probleme herausziehen, man konnte ihn von außen nicht sehen und der Dolch störte mich nicht bei meinen Bewegungen. Gerade ließ ich das Metall des Griffs los, da hörte ich ein leises Schleifen. Ich sah nach unten und dort hing nur noch ein Metallzylinder. Ich griff ihn und wollte gerade nachschauen, was da passiert war, doch in dem Moment, in dem meine Fingerspitze das kalte Metall berührte, schoss die Klinge wieder hervor.

Ich probierte es zum Test einige Male und es funktionierte wieder. Percy nickte. „Geschenk zwei und drei sind magischer Natur. Das zweite wäre ein allgemeiner Zauber, der dir Glück bringen sollte. Klingt nach Aberglaube, ist es aber nicht." Ich sah ihn etwas, na gut, total, ungläubig an. Wie sollte das denn bitte gehen? Dass Magier Wunden heilen können und so, okay, verrückt aber irgendwie ist es vorstellbar... aber Glück bringen? Ehe ich weiter nachhaken konnte, sagte er bereits: „Und zu guter letzt wieder etwas, dass sich direkt bemerkbar macht. Hauptsächlich für den Fall, dass der Glückszauber nicht ausreichen sollte. Wenn du von jetzt an drei mal in Folge das Wort: ‚frethya' aussprichst, wirst du unsichtbar werden. Wenn du wieder sichtbar werden möchtest, sage: ‚frethya letta'."

Auch dabei konnte ich mir nicht vorstellen, dass das möglich sein sollte. Er konnte mir doch unmöglich selbst magische Fähigkeiten geben. „Sollte etwas von diesen Sachen dir, aus welchem Grund auch immer, nicht gefallen, sag es mir jetzt. Sonst müsste ich den Zauber nachträglich wieder lösen und das ist etwas aufwändiger."

Ich schüttelte schnell den Kopf. Wenn einem schon jemand soein Angebot macht, sollte man es auch nutzen. Er lachte leicht und murmelte dann einige Sätze. Als er fertig war, erklärte er: „Der Unsichtbarkeitszauber hat zwei Nachteile. Erstens, er verdeckt zwar deine Gestalt, du machst aber trotzdem Geräusche, hinterlässt Fußabdrücke und einen Schatten. Der zweite ist, dass der Zauber sich von deiner Energie ernährt. Es ist nicht all zu viel, aber es bedeutet, du wirst schneller müde. Unter keinen Umständen solltest du schlafen, während der Zauber aktiv ist. Sonst wachst du vielleicht niemals wieder auf. Probiere es am besten hier einmal aus. Dann kann ich im Notfall noch helfen." Ich nickte, als Zeichen des Verständnis, auch wenn der Zauber mir nur begrenzt vertrauenserweckend schien.

In der Hoffnung, keinen Fehler zu machen, sprach ich dennoch: „Frethya, frethya, frethya!" Ich fühlte mich nicht besonders und wollte mich gerade bei Percy für diesen Scherz beschweren, als ich an mir herunter sah... oder es zumindest versuchte. Mein kompletter Körper war verschwunden. Ich sah einen leichten Schatten auf dem Boden, es war schon recht dunkel, aber in einer Ecke des Raumes hing eine Laterne, und vermutete, dass es meiner war.

Interessanterweise beeinträchtigte dieses neue Fehlen meines Körpers sehr stark meinen Gleichgewichtssinn. Auch wenn ich es nicht sah, spürte ich, dass ich ziemlich stark schwankte, und fühlte mich nicht sicher auf den Beinen. Ich wollte gerade den Zauber lösen, als ich merkte, dass der Boden unangenehm schnell näher kam. Percy fing mich gerade noch sanft auf, ehe ich auf den Boden aufschlug. Ich rief schnell und vielleicht etwas zu laut: „Frethya letta!", und wurde wieder sichtbar.

Er stellte mich wieder auf die Beine und ich murmelte vor mich hin: „Wow, das funktioniert ja wirklich!" - „Du hast Glück, dass ich solche Zauber durchblicken kann." Jetzt sah ich ihn fragend an. „Wenn du durch den Zauber sehen kannst, können es dann andere auch?" Er schüttelte den Kopf. „Es hat einen Grund, dass ich losgeschickt wurde, um Eragon Geleitschutz zu geben. Also, nein, fast niemanden sonst kann das. Die meisten Magier können deine Anwesenheit spüren, aber sehen kann dich niemand. Das mit dem Gleichgewicht kannst du üben, wenn du alleine bist." Ich nickte Mal wieder, nur so ne Anmerkung... Wenn es dich stört, mach mir bessere Vorschläge! und wollte dann wissen, „Wieso ist eigentlich niemand mehr in diesen Raum gekommen, seit diese Schlägerbande verschwunden ist?"

Jetzt lächelte er etwas frech: „Jedem, der in die Nähe gekommen ist, ist plötzlich aufgefallen, dass er noch etwas wichtiges in der Stadt zu erledigen hat." - „So spät Abends, nach Sonnenuntergang?" - „Nach Sonnenuntergang!", bestätigte er. Ich versuchte mir zu sagen, dass Percy an diesem Abend schon genug andere komische Dinge getan hatte.

Es funktionierte halbwegs. Wir saßen noch etwas mehr als eine Minute still da und schließlich sagte ich: „Also schön, freut mich, dich kennengelernt zu haben. Hat sich für mich wohl in jeder Hinsicht gelohnt. Du hast mir den Hals gerettet, mir mehrere Möglichkeiten gegeben, solchen Situationen in Zukunft aus dem Weg zu gehen, und es war aufschlussreich und interessant, mit dir zu sprechen. Ich werde allerdings langsam müde. Ich möchte nicht, dass ich mein Zimmer umsonst bezahlt habe und ich werde morgen einen anstrengenden Tag haben." Er nickte verstehend, sagte dann aber: „Zumindest an dem letzten Punkt können wir vielleicht etwas schrauben."

Er hob meinen Lederbeutel mit den Münzen auf und öffnete ihn, griff in seine Tasche und zog einen zweiten hervor. Nur nahm er meinen und entleerte ihn in seinem. Ich war schon am überlegen, ob ich etwas dagegen sagen konnte, da reichte er mir den nun Leeren rüber und bat: „Halt den mal auf!"

Überrascht und bevor ich darüber nachdenken konnte, tat ich wie geheißen und was machte er? Er zog sein eigenes schwarzes Säckchen zu, ließ es in mein braunes fallen und zog die Schnur daran zu. „Kauf dir davon morgen ein Pferd, dann kommst du schneller und einfacher voran."

Ich blickte ihn noch verwirrter an. „Warum hilfst du mir eigentlich so viel?" Er schenkte mir ein warmes Lächeln und erwiderte: „Erstens, ich bin der Ansicht, wer helfen kann, sollte das auch tun, solange es ihm nicht selber schadet. Zweitens, ich beherrsche einige Magie, und habe genug Geld. Drittens kann ich solche Leute wie die drei da in der Ecke nicht leiden und viertens, ich finde dich recht nett und möchte nicht, dass dein Leben nach deinem Verlust den Bach runtergeht." Ich starrte ihn verständnislos und geschockt an. „Woher weißt du..?"

„Wenn ich will kann ich Gedanken lesen. Hätte ich nicht gewusst, dass du freundlich und ehrlich bist, hätte ich dir weder so viel erzählt, noch so viel gegeben. Die drei dahinten hätte ich trotzdem verscheucht, aber den Rest verdankst du der Tatsache, dass du ein guter Mensch bist und ein gutes Leben verdient hast."

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8845 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.



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