Kap. 22 Ein weiteres Abenteuer

Percy pov

Viele Pärchen würden jetzt vielleicht Flitterwochen machen. Auf schöne Karibikinseln fliegen oder in die Berge fahren. Wir nicht. Uns beiden gefiel unser Leben so wie es war. Also abgesehen von den regelmäßigen Zwischenfällen, aber die wären in Flitterwochen nicht wahrscheinlicher und Störsender. Wir nahmen uns so viel Zeit für einander, wie wir nur wollten, denn mit der Kontrolle über die Zeit war das ohne weiteres möglich, und so war eigentlich jeder wichtige Teil davon unnötig.

Wir waren am Morgen irgendwann ins Camp zurückgekehrt, die Sonne war noch nicht wieder aufgegangen, aber lange konnte es nicht mehr gedauert haben. Wir hatten die Nacht in der Poseidonkabine verbracht, hatten diese gerade verlassen und waren auf dem Weg zur Arena. Ich meine, was würdet ihr denn an eurem ersten Tag als Ehepaar machen, außer euch gegenseitig zu erstechen?

Aber so weit kam es nicht. Noch auf halbem Weg fühlte ich mich irgendwie komisch. Obwohl ich ganz klar sah, dass alles um uns herum stabil war, schien es mir, als würde alles um mich herum wackeln. Der Boden, die Häuser, die Luft und der Raum an sich. Ich hatte nichtmal die Zeit, mich zu fragen, ob ich am Vorabend zu viel getrunken hatte, was nicht sein konnte, meine Hochzeit mit Annabeth konnte ich auch nüchtern aushalten, denn das Beben wurde immer stärker. Ich sah mich um. Niemand sonst schien etwas zu merken.

Als ich kurz davor war, zu Boden zu stürzen, hielt ich mich an Annabeths Schulter fest und sah dabei durch das Gewackel, dass auch bei ihr irgendetwas nicht normal war. Und dann stürzte ich. Es war einfach zu stark und riss mich von den Füßen. Im letzten Augenblick wirkte ich einen Schwebezauber, der mich stabil einige Zentimeter über dem Boden an Ort und Stelle anhielt. So dachte ich zumindest.

Ich sah zuerst, wie nun auch bei Annabeth das selbe passierte und auch sie sich auf diese Weise vor Schmerzen schützte. Dann stieß etwas gegen meinen Fuß und ich realisierte, dass es nicht irgendetwas war, sondern buchstäblich die ganze Welt. Und dann trat der Umkehreffekt ein. Die Erde neigte sich in die andere Richtung und schlug mir voll ins Gesicht.

Ich fluchte und sah, dass Annabeth auf irgendeine Weise mit der Erde mitschwankte. Nur teilweise, aber genug um keine blutige Nase zu bekommen. Ich bedeckte nun einfach mein Gesicht mit den Armen, reduzierte meine Empfindlichkeit maximal und wartete, bis ich mich wieder sicher mit der Welt fühlte.

Als es sich anfühlte, als wäre es endlich vorbei, sank ich erschöpft zu Boden. Ich hatte nicht wirklich keine Kraft mehr. Es war aber so unerwartet gekommen, dass es mich innerlich fertig machte. Annabeth, der es ja zumindest etwas besser ergangen war, zog mich wieder auf die Beine und schwer atmend sah ich mich um. Einige Leute blickten uns verwirrt an, aber Annabeth starrte sie solange in Grund und Boden, bis sie weitergingen und uns alleine ließen.

Als wir selbst mit unserem Wissen nicht weiter kamen, teleportieren wir uns einfach direkt in die Eingangshalle des Palastes auf Orbis Terrarum Chaos. „Chaos!", rief ich in den Raum und einen Wimpernschlag später stand er genau vor uns. „Zu Diensten, eure Hoheit!", verbeugte er sich spöttisch.

„Spar dir den Spott!", murrte Annabeth. „Wir wüssten gerne, was eben passiert ist." Er legte den Kopf schief und sah uns fragend an. „Ernsthaft?" Irgendwie erwartete ich immer automatisch, dass er wusste, wovon wir sprachen, und war daher gerade etwas ungehalten. Das schien auch ihm aufzufallen. „Ja, ernsthaft. Ich weiß nicht wovon du sprichst."

Ich übermittelte ihm meine Gedanken. Er beschwerte sich immer, dass die so unordentlich und mit schwachsinnigen Kommentaren gespickt waren, aber damit musste er heute klar kommen. Und außerdem hatte er wohl noch nie seine eigenen im Vergleich gesehen.

Für eine Weile war es still, während er sich durch mein Chaos kämpfte. Wortwitz beabsichtigt. Schließlich holte er tief Luft und erklärte: „Ich bin mir nicht sicher. Es hat Ähnlichkeiten zu einem Phänomen, welches ich zum Höhepunkt meiner Macht von Zeit zu Zeit gespürt habe. Aber das war nur schwach. Als Zeus Kronos zerstückelt hat, ist ein leichtes Zittern durch die Welt gelaufen. Etwa so wie ein Windhauch. Aber etwas vergleichbares ist mir noch nie untergekommen." Er schüttelte ungläubig den Kopf.

„Woher kommt es oder warum spüren nur wir das?", wollte Annabeth sofort wissen. Für eine Weile musste Chaos darüber nachdenken, wie er es erklären konnte, doch dann sagte er: „Wenn Mächte sich wandeln, lösen sie immer diese Wellen aus. Als du, Percy, die großartige Idee hattest, mit dem Accio-Netz zu experimentieren, habe ich zum Schluss die Vibrationen gespürt, doch mein Gespür ist mit der Zeit schwächer geworden. Würdest du heute neben jemandem stehen, der die gleiche Menge Energie aufnimmt, die du damals, würdest du vielleicht so viel spüren, wie Annabeth heute. Vielleicht mehr, vielleicht weniger, ich weiß es nicht genau." - „Und warum wir?"

Er biss die Zähne zusammen. „Es ist schwierig, das klar zu beantworten. Offen und ehrlich, ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich glaube aber, dass es so ist: Je mehr macht jemand gewinnt, desto unabhängiger wird er von Raum und in gewisser Hinsicht auch Zeit. Du merkst das jeden Tag. Normale Wesen leben einfach so in Raum und Zeit. Halbblute, vor allem die mit stärkeren Eltern können gewisse Ausschnitte des Raum, in deinem Fall zum Beispiel das Wasser, beeinflussen. Die Götter haben schon so viel Macht, dass sie bei Bedarf ihre Position im Raum neu wählen können. Auch sie sind aber allgemein an den Raum und dessen Gesetze gebunden. Manchmal können sie damit Unsinn anstellen, aber im allgemeinen ist das die Regel. Die ursprünglichen jedoch...", und hier ließ er eine lange Pause, in der er an die Decke starrte.

„Die ursprünglichen Gottheiten sind schon nicht mehr so an diesem Raum gebunden. Und hier muss ich euch gleich das dritte Wissensbündel an den Kopf werfen, mit dem ich euch erst später belästigen wollte. Sie können in verschiedene Universen reisen. Viele Filme und Bücher der Menschen sind bei zufälligen Blicken über die Grenzen hinaus entstanden, in denen sie Ausschnitte aus anderen Welten gesehen haben. Die Ursprünglichen können willentlich zwischen ihnen wechseln. Es ist nicht leicht, viele wissen garnicht davon, aber an sich haben sie die Fähigkeiten. Egal wo sie aber sind, solange sie nicht etwas bewusst dagegen tun, folgen sie dem, was die natürliche Ordnung vorgibt. Auch bei diesen Machtvibrationen vibrieren sie einfach mit der gesamten Umwelt mit.

Und dann gibt es da euch beide und mit inzwischen einer kleinen Einschränkung mich. Wir existieren völlig unabhängig vom Raum und weitestgehend unabhängig von der Zeit. Ersteres ist allerdings hier entscheidend. Wenn ihr auf der Erde einen Schritt vor den anderen setzt, dann geschieht gleichzeitig unsagbar viel in dem riesigen, unbewussten Teil von euch. Ihr habt eine physische Form geschaffen, doch auch wenn diese großteils aus den selben Materialien besteht, wie zum Beispiel ein menschlicher Körper, wirken Kräfte anders darauf. Ohne dass ihr es überhaupt merkt, gleicht ihr jede Bewegung jedes Planeten so ab, dass die Art, wie ihr einen Fuß vor den anderen setzt, genau so abläuft, als würde die Schwerkraft auf euch wirken, dabei bewegt ihr eigentlich nur die Materie eures Körpers mit Zehntausenden von Kilometern pro Stunde durch den Raum und habt dabei durch die Präzision dieser Rechnungen irgendein Verhältnis zum Boden.

Das gleiche passiert übrigens auch wenn ihr hinfallt oder ein Schwert ins Gesicht bekommt. Dieser Teil eures Denkens ist vollkommen unparteiisch gegenüber jeder Handlung in der realen Welt. Ihr könnt ja mal experimentieren, was passiert, wenn ihr euch ganz bewusst darauf konzentriert, absolut anzuhalten und jede Bewegung zu stoppen.

Jedenfalls, wenn nun auf einmal die Welt vibriert, dann ist das eben unberechenbar und vor allem nicht Teil der natürlichen Systeme. Das bringt diese Berechnungen durcheinander und während alle anderen um euch herum fröhlich mitvibrieren, werdet ihr aus der Bahn geworfen und fühlt euch wie bei einem starken Erdbeben. Wenn ich die Stärke dieses Bebens richtig einschätze, dann habt ihr noch Glück gehabt. Ihr hättet auch im Boden feststecken können", beendete er seinen minutenlangen Monolog.

Wir bekamen einen Moment Zeit, um das sacken zu lassen, bevor wir dann die Ruhe selbst für einen Sturm aus Fragen zerstörten, der sich letztendlich immer um die Frage nach der Ursache drehte. Er ließ uns uns austoben und erklärte dann schlicht: „Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Ich werde alle mir bekannten, bewohnten Universen absuchen, aber ich kann euch noch keine konkreten Informationen anbieten. Gebt mir etwas Zeit."

Und die gaben wir ihm. Während er nachdenklich aus dem Raum lief und sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer machte, verschwanden wir zurück auf die Erde. Irgendwann würden wir dieses Welten durchsuchen lernen, aber im Moment waren wir noch keine Hilfe.

Zurück auf den Wiesen von Long Island beschlossen wir, uns irgendwie für eine Weile abzulenken. Und wie taten wir das? Richtig, wir schlugen uns gegenseitig in der Arena die Köpfe ein. Wir kämpften wieder in unserer alten Form als Halbgötter, denn alles andere hätte so viel Lärm erzeugt, dass normale Gespräche im näheren Umfeld nicht möglich wären.

Die Ergebnisse waren die typischen. Ich gewann zwar in Summe ein paar mal öfter, aber nicht so eindeutig, wie gegen jeden anderen hier. Selbst ein Kampf gegen Clarisse, der Vorzeigetochter des Kriegsgottes, hatte ich leichteres Spiel. Gegen sie wäre allerdings auch eine Niederlage um ein Vielfaches schmerzhafter. Es war nämlich für gewöhnlich nicht ein einfaches Necken oder wenn ich Glück hatte ein Kuss, das wäre bei ihr sowieso ziemlich komisch, sondern eher ein Kratzer am Hals oder einen dröhnenden Schädel. Das beruhte natürlich auf Gegenseitigkeiten.

Und irgendwann, gerade als ich einen unvorsichtigen Schritt gemacht hatte, ertönte Chaos Stimme in unseren Köpfen. „Ich habe etwas gefunden!" Statt sich jedoch zu freuen, nachzufragen oder sich nach Orbis Terrarum Chaos zu teleportieren, schmiss Annabeth ihr Messer zu Boden und rief wütend in Gedanken: „Ich hätte ihn fast gehabt! Hättest du dir nicht noch ein paar Jahre mehr Zeit lassen können?"

Wir teleportierten uns natürlich trotzdem zurück in die Räume des Palastes und sofort kamen wir zum Thema. Nein, natürlich nicht, das ist nicht unsere Art. „Du hast doch offensichtlich die Zeit abgebremst. Wie bei Zeus viel zu selten getragener rosa Blümchenunterhose kann das so lange dauern?" Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Ach Percy, hast du irgendeine Vorstellung davon, wie viele verschiedene Universen es gibt, und obendrauf, wie unfassbar aufwendig es ist, ein solches Beben nachträglich zurückzuverfolgen?"

Mein schweigen war wohl Antwort genug. „Na eben", schmunzelte er. „Was ich jedenfalls gefunden habe ist Folgendes: Zu offensichtlich exakt dem selben Zeitpunkt, zu dem ihr diese Schwankungen gespürt habt, scheint eine lokale Waldgöttin mit dem Namen Rhunön eine absolut winzige Schwankung außerhalb des normalen Laufs der sie umgebenden Natur gespürt zu haben. Ihres Herrschaftsbereichs wegen hat sie wohl unverhältnismäßig empfindliche Antennen und ein sehr großes Gebiet, in dem sie etwas spüren kann.

Sie wusste nicht, worum es sich dabei gehandelt hatte, aber als ich schließlich ihre Welt überflogen habe, ist mir ihr Wissen aufgefallen. Ich habe mit ihr gesprochen und sie hat eben das erklärt, wovon ich gerade geredet habe. Sie war ganz schön überrascht, mich zu sehen. Vorher war sie mir in Jahrtausenden auf ihrer Welt nur ein paar Male über den Weg gelaufen und das eher zufällig.

Ich habe jedenfalls weiter nachgeforscht, die mächtigsten Götter der verschiedenen Religionen befragt und obwohl sie es in den meisten Fällen nicht bewusst gemerkt hatten, hat irgendetwas in ihnen doch die Veränderung gespürt. Auf diese Art konnte ich die Herkunft des Signals weitestgehend einschachteln und wie es scheint kam es von irgendwo aus der Hauptstadt des größten Reiches auf einem der Kontinente. Der Planet dort hat zwar auch noch andere Landmassen, aber diese sind entweder zu spärlich besiedelt für mächtige Götter, oder ihre Einwohner, wie die Elfen in Alalea zum Beispiel. Sie sind viele, sie sind mächtig, aber sie glauben nur an die Gesetze der Natur und so konnte ich von ihnen nicht viel gewinnen.

Jedenfalls herrscht in dieser Stadt seit langer Zeit ein König, der auf komplizierten Wegen, die ihr euch bei Bedarf selbst beibringen könnt, unglaublich viel Macht angescheffelt hat. Genug um für einen einzigen Kampf sogar mächtige Urgötter niederreissen zu können. Sie stapelt sich über die Zeit, wächst langsamer als sich Unsterbliche erholen, aber ich konnte nicht herausfinden, was dann mit einem Schlag diese gigantische Kraftschwankung ausgelöst hat, die sogar von normalen Göttern aufgefangen werden konnte."

Obwohl die ganze Angelegenheit sehr kompliziert war, hatte ich es tatsächlich geschafft, sie, noch während er sprach, zu verstehen. Ich spähte zu Annabeth und sie tat das gleiche. Wenn der Blick nicht schon reichte, dann spätestens das, was über unsere im Kampf gegen Tartarus gefundene Verbindung zu mir durch drang. „Wir kümmern uns darum!", legten wir als eine entschiedene Stimme fest.

Ja, es hieß, dass wir in eine neue Welt gehen würden. Ja, es hieß, dass wir das Camp für lange Zeit verlassen würden. Vielleicht würden wir zwischendurch zurückkehren, aber das hielt ich für unwahrscheinlich. Wir beendeten immer lieber ein Projekt, bevor wir eine Pause machten. Noch vor einem Jahr wäre das unvorstellbar gewesen, doch es gab einen riesigen Faktor, der sich verschoben hatte. Die Sicherheit!

Ich hätte das Camp, selbst wenn ich niemanden dort mehr kennen würde, nicht alleine lassen können, weil ich fürchten würde, es würde Monsterangriffe geben, die am Ende Leben kosten würden. Leben, die ich hätte retten können, selbst in der Gestalt des alten Percy, der noch überall nach Belieben eingreifen konnte. Ein Held darf herausfordern, wen er nur will, wenn er denn kühn und stark genug ist. Das hatte Chiron mir einst beigebracht.

Aber all diese Probleme bestanden eben nicht mehr. Seit diesem Winter waren Monsterangriffe zu einer unglaublichen Seltenheit geworden, wie unsere Freunde, die das Camp während Mathews Diktatur verlassen hatten, berichteten. Sie blieben immer auf der Hut, aber selbst die stärkeren von ihnen, Kinder von Ares, Athene, Hephaistos oder Apollo, hatten kaum eine Hand voll Angriffe von im Normalfall einzelnen Monstern abbekommen. Das war so wenig, dass man mit genug Training durchaus sagen konnte, jeder hatte durch sein Training sein Überleben in der eigenen Hand. Und unter diesen Bedingungen konnte sogar ich mit meiner Loyalität das Camp für eine Zeit verlassen.

Wir kündigten an, dass wir uns am späten Abend auf den Weg machen würden. Erst als wir uns schon verabschiedet hatten, kam mir ein zweites Problem in den Sinn. Mom. Mom, Estelle und Paul. Ich würde auch sie für vielleicht längere Zeit nicht sehen können.

Und so war unser erstes Ziel wieder ihre Wohnung. Es war schon nachmittags und so kam es, dass dieses Mal auch Paul zuhause war. Wir blieben zum Abendbrot und während Sally gerade am kochen war, mit leichter Hilfe von Paul und mir, denn wir hatten über die Zeit zumindest etwas von ihr gelernt, Annabeth gab sich auch Mühe, aber man merkte doch, dass sie erst, als Hera mich entführt hatte, angefangen hatte, hier öfter zu Besuch zu kommen und so von Mom zu lernen. Aber auch sie wurde besser. Es lief schon besser als ihr blauer Ziegelstein, mit dem sie und Tyson mir zu meinem sechzehnten Geburtstag trotz seines Aussehens eine riesige Freude gemacht hatten.

Wir waren noch nicht lange am werkeln, da sah ich zwei Schatten am Rande meines Blickfeldes vorbei huschen. Angewohnheit vom ADHS, Dinge am Rande des Blickfeldes sind immer viel wichtiger als solche im Zentrum. Also folgte ich den Schatten, sobald ich meine gegenwärtige Aufgabe zu Ende ausgeführt hatte, in mein altes Kinderzimmer und kam nicht um ein glückliches Lachen herum, als ich sah, dass in Estelles Kinderbett nun noch zwei katzenähnliche Tiere herumsprang und mit ihr spielen. Nala und Timmy hatten offenbar einen neuen Spielpartner gefunden.

Sie sahen mich und blickten mich fordernd mit großen Augen an. Ich nahm Kontakt mit ihnen auf und sofort war klar, die beiden waren nicht bereit, diesen Ort wieder dauerhaft zu verlassen. „Mom!", rief ich in die Küche. „Ich glaube Estelle bewirbt sich gerade um zwei Haustiere."

Nur Sekunden später stand sie neben mir im Türrahmen und sah sich das Herumgetobe an. „Deine?", wollte sie wissen. „Unsere!", erwiderte Annabeth, die nun auch hinter uns stand.

„Also ich bin dafür", äußerte Paul seine Meinung. „Die drei passen zusammen wie Pech und Schwefel und obendrein sind wir so vor einer Diskussion um Haustiere sicher." Wir mussten alle lachen. Er hatte wohl recht.

Plötzlich merkte ich, dass Annabeth nicht mehr neben mir stand. „Wo ist..." - „Ich bin in der Küche!", rief sie. „Irgendwer muss ja auf das Essen aufpassen, wenn ihr alle mit der Kleinkindshow beschäftigt seid. Außer ihr wollt gleich Holzkohle zum Abendbrot haben." Daraufhin lachten wir alle. Sie hatte vermutlich recht, wir wären hier noch deutlich länger stehen geblieben.

Als sie uns schließlich zum Essen rief, sah man zwar an einigen Kleinigkeiten, dass die für den letzten Teil der Zubereitung verantwortlich war, aber es sah trotzdem gut aus. Spaßeshalber bemerkte ich deshalb gespielt überrascht nach zwei Bissen: „Meine Zähne sind ja noch drin!"

Sie schubste mich zur Seite und erwiderte, dass sie das gleich ändern würde, wenn ich mich weiter über ihre Kochkünste lustig machen würde. Aber danach lächelte sie und das wäre der Verlust meiner Zähne mir wert.

Wir erklärten schließlich, dass wir bald wieder auf eine große Reise gehen würden, obwohl wir gerade erst für über ein halbes Jahr weg gewesen waren, und danach machte Mom ein etwas trauriges Gesicht.

„Ich wusste immer, dass du früher oder später nicht mehr das ganze Jahr bei uns sein könntest, aber ich hatte trotzdem gehofft, es würde noch etwas länger dauern", erklärte sie. Ich nickte. „Wir wollten auch, aber immer kommt etwas dazwischen."

Jetzt war es an ihr, unglücklich zu nicken. „Ja, ich weiß Percy. Das stand wohl seit deiner Geburt fest. Ich wünschte trotzdem, es wäre anders." - „Wir kommen zurück. Versprochen, Mom!" Und in diesem Moment wusste ich mit absoluter Sicherheit, ich würde mich an diesen Schwur halten. Koste es was es wolle.

Irgendwie schafften wir es dann trotzdem noch, den Abend auf einer positiven Note zu beenden. Wie genau uns das gelang, ich weiß es nicht, aber Paul leistete auf jeden Fall mit Witzen, die meiner würdig waren, einen wichtigen Beitrag dazu.

Als wir kurz nach Sonnenuntergang schließlich die Wohnung verließen, war ich nicht unbedingt glücklicher als davor, aber ich war entschlossen. Egal was dieses Weltenbeben ausgelöst hatte, und wenn es der Erschaffer des Erschaffer des Erschaffers von Chaos war, ich glaubte nicht, dass es soetwas gab, ich würde ihm so lange in die Nase zwacken, bis er sich aus unserer Sammlung aus Universen, unserem Multiversum, fern halten würde.

Unser nächster Halt war noch ein weiteres Mal das Camp. Das letzte mal für weiß ich nicht wie lange. Wir waren bereit, im Notfall auch alleine zu gehen, aber wir fragten unsere Freunde doch, ob sie ebenfalls mitkommen wollten.

„Hört mal her, Leute, es gibt ein Problem in einer anderen Welt, um das wir uns kümmern müssen. Wir verstehen vollkommen, wenn ihr erstmal wieder eure Ruhe haben wollt, aber wir würden jeden der möchte gerne mitnehmen", erklärte Annabeth. Vor dieser Gruppe war sie sowieso die höhere Autorität, das wussten wir alle. Ich war stärker, aber ich würde trotzdem immer auf sie hören.

„Ihr müsst echt mal aufhören immer so zu tun, als wäre es ein Privileg, dass wir euch begleiten", kommentierte Thalia. „Wir kommen natürlich mit, genau wie ihr haben auch wir Spaß an großen Abenteuern und Aufträgen, wenn wir von vornherein wissen, dass wir am Ende trotzdem überleben."

Ich biss die Zähne zusammen. „Nun ja, das ist Teil des Problems. Wir haben absolut keine Ahnung, worum es geht. Irgendetwas ist sehr mächtig und gefährlich. Irgendein König nutzt irgendeinen Trick in dieser Welt schamlos aus und ist damit vielleicht mächtiger als ihr. Das war's, mehr wissen wir nicht."

Jetzt sahen sie sich doch nochmal alle unter einander an, bis schließlich Leo das Wort ergriff. „Na dann rein ins Abenteuer. Sind wir eben bei diesem einen König vorsichtig und benutzen euch als lebendigen Schild." Ein typischer Leo Vorschlag, aber in diesem konnte er allerdings tatsächlich funktionieren.

„Also schön, wie ihr wollt. Dann geht ihr schonmal nach Orbis Terrarum Chaos und lasst euch von Chaos eine kurze Lehrstunde über verschiedene Welten geben. Wir halten hier noch einen kleinen Plausch mit Chiron und Clarisse", wies ich an. Jetzt sah Leo irgendwie nicht mehr so überzeugt aus. „Ich weiß nicht, der Typ ist irgendwie so gruselig, unberechenbar."

Für diese Bemerkung wurde er von Kalypso ausgelacht. „Erstens, du hast Angst vor unberechenbaren Leuten. Hast du mal in den Spiegel geguckt?" - „Ja, der Typ da ist auch voll gruselig!" Sein Einwand wurde geflissentlich ignoriert. „Zweitens, was erwartest du denn? Ein Wesen, das vermutlich Millionen von Jahren alt ist, alles weiß und alles kann, wie soll das denn bitte nicht zumindest ein bisschen gruselig und unberechenbar sein? Ich finde, dafür hat er sich noch ganz gut gehalten. Ich meine schau dir Zeus an. Der ist nur ein paar Jahrtausende alt. Stell dir mal vor, Chaos hätte sich auf Zeus Art weiterentwickelt."

Schön gesagt, Kalypso!", erklang eben dessen Stimme in all unseren Köpfen und Leo zog den Kopf ein. Ob jetzt wegen der Vorstellung oder weil er gemerkt hatte, dass Chaos ihn gehört hatte, wusste ich nicht genau.

„So, und jetzt komm mit!", befahl Kalypso, während sie ihn am Handgelenk hinter sich her schleifte. Sie lief nicht wirklich in die Richtung eines bestimmten Zieles aber es sah symbolisch gut aus. Der Sohn des Hephaistos kreischte dabei, als würde ihm die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen werden: „Nein! Hilfe! Er wird mich töten!"

Ich lächelte ihn zuckersüß an. „Wird er nicht, er kennt da viel bessere Arten, um mit Verrätern umzugehen", rief ich ihm hinterher. War natürlich gelogen, Chaos hatte es nie nötig gehabt, sich mit Verrat rumzuschlagen. Er erschien nur denen, die loyal oder vertrauenswürdig genug waren, um keine Probleme zu machen.

Als die anderen weg waren, ging Annabeth auf die Suche nach Clarisse, in der Arena, wo auch sonst, während ich Chiron gleich im Haupthaus fand. Wir trafen uns dort nur wenige Minuten später und während unser alter Mentor neugierig schien, setzte meine frühere Rivalin auf Genervtheit. „Was ist los, Fischfresse?"

Ich streckte abwehrend die Arme aus. „Hey, was soll das? Du warst doch diejenige, die wissen wollte, warum ich Mathews Zeitbombenstromschlag umlenken konnte und wie Annabeth keinen Stromschlag bekommen hat, als sie ihn ordnungsgemäß fertig gemacht hat. Aber gut, wenn du nicht willst, können wir natürlich auch einfach gehen und ohne weitere Erklärungen für ein paar Monate oder Jahre von der Bildfläche verschwinden", bot ich an.

Ich sah förmlich, wie sie eine bissige Bemerkung, ein ‚gerne auch länger', herunter schluckte und stattdessen seufzte und mir bedeutete, ich solle fortfahren. „Nun, alles fängt mal wieder mit einem Traum an. So wie unsere Suche nach Grover und dem goldenen Fließ. Verzeihung, deine Suche natürlich." Sie streckte mir nur die Zunge raus.

„In diesem Traum bin ich einem Mann begegnet, dessen Namen wir alle kennen, den aber kaum einer je gesehen hat. Ich spreche von Chaos. Schöpfer von so ungefähr allem." - „Was will der denn von dir?", fragte Clarisse zur Hälfte gespielt, zur Hälfte echt überrascht.

„Ein kleines aber feines Angebot machen", erwiderte ich. Und von da an erzählte zum größten Teil ich, aber auch teilweise Annabeth, denn irgendwann betraf es sie ja genauso sehr wie mich, wie sich das Ganze entfaltet hatte und was der Stand war.

„Und was ist das Ziel dieses Vortrags? Willst du nur angeben oder kommt da noch etwas?" - „Clarisse!", warnte Chiron. „Achte auf deinen Ton. Sonst möchte Percy vielleicht gleich noch einen Übungskampf mit dir machen." - „Pah, er hat keine Chance!", rief sie aus.

In einem Versuch, das ganze etwas zu entspannen, warf ich ein: „Natürlich nicht. Genauso wenig wie sonst. Ich wollte euch das eigentlich nur mitteilen, dir Chiron, damit das Camp in Sicherheit ist, auch wenn wieder jemand wie Mathew auftaucht. Ruft uns einfach, es gibt bestimmte Probleme, für die wir über die antiken Verhaltensvorschläge für Unsterbliche hinweg sehen. Und dir, Clarisse wollte ich eigentlich nochmal etwas anderes anbieten.

Du bist über fünf Jahre hinweg meine unfassbar nervige Rivalin gewesen und trotzdem würde ich auch dir nach diesen Kriegen die Unsterblichkeit anbieten, wenn du dafür von Ritualen wie der Toilettenbegrüßung für Neulinge absiehst." Jetzt hatte ich sie doch sprachlos gemacht.

Aber dann fing sie sich wieder, lachte und war ganz die alte. „Nix da Percy. Du hattest schon recht mit dem auf der Stelle stehen bleiben damals. Deine Freunde mögen nun alle unsterblich sein, aber meine sind hier unten. Ich sichere mir mit dem Verzicht auf Toilettentherapie ein Ticket ins Elysium und das reicht, aber eine Bitte habe ich doch..." Ich sah sie erwartungsvoll an. Ihre Reaktion überraschte mich nicht wirklich, aber ich war gespannt, was sie stattdessen wollen würde.

„Du hast meinen Elektrospeer kaputt gemacht. Den will ich wiederhaben!" Ich lachte und zog ihn aus der Hosentasche. Ein kleiner Taschenspielertrick. Ich warf ihn ihr zu, sodass die Spitze genau vor ihrem Gesicht war und sie meine eigens angefertigte Gravur darin lesen konnte. Natürlich auf Altgriechisch.

Einer selbstlosen Kriegerin, solange es nicht um einen fliegenden Streitwagen geht", las sie leise für sich vor und wir alle lachten. Auch sie nahm es mit Humor und akzeptierte schlichtweg, dass diese Geschichte ihr noch länger angehangen werden würde.

Als wir uns verabschiedeten, rief ich ihr sogar noch zu: „Wenn du welche von uns grillst, dann bitte auf niedriger Stufe. Ich will keine dauerhaften Schäden davon sehen." - „Das Teil hat mehrere Stufen?", brüllte sie begeistert zurück. „Guck mal auf die Unterseite!"

Chiron hatte sich zuvor bei uns für die angebotene Möglichkeit bedankt. Ich wusste, dieses Camp bedeutete ihm alles. Solange es Helden gibt, die ihn brauchen, wird er leben um sie zu trainieren. Er winkte uns lächelnd hinterher und wir winkten lächelnd zurück, bevor wir in einem dunklen Funkenwirbel verschwanden.

Chaos hatte die Zeit dieses Mal offenbar nicht oder nur ganz geringfügig verlangsamt, denn als wir zum dritten Mal an diesem Tag im Palast erschienen, war er immernoch mit den anderen beschäftigt, kam aber schon so weit, dass er gerade darüber zu sprechen begann, wie sie in ein anderes Universum kommen könnten.

Unauffällig gesellten wir uns zu ihnen und hörten zu, wie Chaos davon sprach, dass wir entweder eine grobe Vorstellung von der Welt haben mussten, oder einen Anker, wie zum Beispiel jemanden, der uns um Hilfe rief, brauchten. Da wir letzteren nicht hatten, bekamen wir für diese Mission einen kleinen Vortrag über die Welt.

Das lief ungefähr so ab: ‚bla bla bla ... Mittelalter ... bla bla bla ... Menschen, Elfen, Zwerge, Urgalls, Drachen, Tiere, andere Fabelwesen ... bla bla bla ... Magie auf altgriechisch ... bla bla bla ... Drachenreiter ... bla bla bla ... Krieg mit deren Sturz ... bla bla bla ... böser Tyrann.' Ich hatte natürlich zugehört, aber das ist so ungefähr die Essenz. Damals gab es jedenfalls noch keine blaue Lebensmittelfarbe, also war unsere Welt besser.

Natürlich verriet er uns vorher auch nicht, dass er die Schranken unseres Wissens danach vollends aufheben würde und wir deshalb garnicht hatten zuhören müssen. Das tat er erst danach und auch wenn ich keinen Unterschied merkte, wusste ich schon jetzt, bei einigen Fragen würden mir jetzt andere Antworten in den Sinn kommen.

„Bekommt ihr den Rest alleine hin?", fragte uns Chaos. Wir nickten alle und er erklärte: „Dann viel Erfolg und viel Spaß auf der Reise, ich mache mich mal wieder an die Arbeit. Wenn ihr etwas findet, was uns weiter hilft, gebt mir einfach Bescheid. Ihr kennt mich, ich bin rund um die Uhr, eure wie meine, verfügbar." Wir nickten erneut und nachdem er verschwunden war, fragte ich Leo: „Und, hast du überlebt?"

Er zog eine Grimasse und ging in Flammen auf. Das war wohl Antwort genug.

Wir versuchten dann, uns in diese neue Welt zu bringen. Annabeth und mir gelang es nicht nur auf den ersten Versuch, wir landeten obendrein noch auf der selben Waldlichtung. Während Annabeth ein kleines Feuer aus trockenem Holz entfachte, vorerst wollten wir nicht entdeckt werden und trockenes Holz verursachte weniger Rauch, reiste ich zurück auf Orbis Terrarum Chaos um zu sehen, wie es um die anderen stand. Thalia, Nico, Frank, Hazel, Kalypso und Leos linkes Bein hatten den Sprung geschafft, Will, Piper, Jason und der Rest von Leo nicht. Über unsere noch immer funktionierende Verbindung teilte ich Annabeth diesen Teil mit und sie gab Bescheid, dass sie die anderen zusammensammeln würde.

Ich übermittelte den übrig gebliebenen ein Bild von unserem Zielort, mitsamt allen Eindrücken und das half ihnen tatsächlich allen, den Weg dieses Mal richtig zu finden. Ich folgte ihnen und kaum war ich wieder unten im Wald, hörte ich auch schon, wie Annabeth Leo zusammenstauchte.

Ich drehte mich um und sah, dass dieser offenbar mit reichlich Schwung genau im Feuer gelandet war. Na schön, jeder wo er eben landet. Während er sich aus dem glühenden Holz hervor kämpfte, wuchs sein Bein einfach aus einem der Stämme nach. So gesehen war es tatsächlich ein guter Landeplatz gewesen.

Wir setzten uns im Kreis um das Feuer, da wir ja nun vollständig waren, und schließlich war Kalypso die erste, die ein Wort in dieser neuen Welt sprach. Abgesehen von Annabeths Fluchen, welches, so niedlich es auch war, für mich nicht als richtiges Sprechen zählte.

„Chaos hat uns ja einiges erzählt, aber das war zu allgemein. Was müssen wir wissen, damit wir uns hier zurecht finden können?", wollte sie wissen. „Das ist eine völlig andere Umgebung. Andere Verhaltensregeln, andere Sprachen, andere Kulturen." Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstanden hatte, und ließ mich dann auf einen Streifzug durch die Geschichte ein.

„Ursprünglich lebten in diesem Land nur die Drachen, die Zwerge und alle möglichen Arten von Tieren. Von entfernten Verwandten der Drachen bis hin zu Wühlmäusen und Insekten. Und dann gab es da noch eine Gruppe. Sie wird heute das graue Volk genannt, ihr damaliger Name ist mit all ihren Besonderheiten in Vergessenheit geraten.

Wir wissen, dass ihre Sprache unser Altgriechisch ist. Das liegt daran, dass sie alle von einer einst verstoßenen jungen Göttin abstammen, die ursprünglich aus unserer Welt kam. Rhunön. Über sie spreche ich später noch, aber sie ist der Anker, aus dem sich dieses Volk entwickelt hat.

Das graue Volk, wir werden bei diesem Namen bleiben, geriet bald in Vergessenheit. Grund dafür ist ein einziger Akt der Magie, der wahrlich an ein Wunder grenzt. Sie haben die früher noch freie, ungezähmte Magie mit ihren Worten und ihrem Willen verschmolzen.

Zum einen hieß das, das die Magie nicht nur von ihrem Willen ausgelöst wurde, sondern auch durch ihn gesteuert. Zum zweiten konnten sie nun mit ihrer Sprache ihre Gedanken und ihren Willen leichter lenken, sodass sie damit viel mehr hätten vollbringen können, wären sie nicht alle am Kraftaufwand gestorben. Der dritte Effekt fällt weniger klar ins Auge. Die Magie durchdrang damals alles und jeden. Das tut sie auch heute noch, aber inzwischen ist es anders. Ihr vereintes Werk sorgte dafür, dass es diesen einen Teil in jedem Lebewesen gab, der immer gleich war. Jeder hatte ihn. Und das blieb auch in neuen Generationen so.

Dadurch verstehen auf der einen Seite alle Wesen dieses Planeten die Bedeutung von Worten in Altgriechisch, was sie die alte Sprache nennen, denn die Bedeutungen sind Teil von ihnen, auf der anderen sorgt es aber auch dafür, dass man nicht lügen kann, solange man sie benutzt. Die alte Sprache ist mehr als nur ein Werkzeug. Sie ist ein Teil von dir, den du zerstörst, wenn du gegen ihn handelst. Und das tötet dich von innen nach außen, weshalb Versprechen oder Erklärungen in der alten Sprache hierzulande so bindend sind wie stygische Schwüre bei uns.

Irgendwann jedenfalls, vor ein paar Jahrtausenden sind aus einem fernen Land die Elfen angereist. Damals hatten sie noch viel mehr mit den Menschen, die weitere Jahrtausende später folgten, gemeinsam. Sie hatten einst eine andere Sprache, doch schnell übernahmen sie von Kind an die Sprache des alten Volkes. Keiner von ihnen kennt jede Facette davon, doch jeder spricht sie fließend. Die Elfen lebten zwar bald über das ganze Land verteilt, doch ihr Zentrum lag immer in den Wäldern im Norden. Und dort begann auch der größte Krieg in der Geschichte dieses Landes.

Elfen und Drachen konnten sich einfach nicht vertragen. Ein junger Elf tötete zum Spaß einen jungen Drachen, die Drachen töteten ihn und fielen dann über andere Elfen her. Die Elfen schufen die tödlichsten Waffen aus reinem Hass und richteten wahre Blutbäder an. Es hätte für immer so weiter gehen können, doch eines Tages fand ein Elfenjunge mit dem Namen Eragon ein Drachenei. Die meisten, vielleicht alle anderen in seinem Volk hätten es zerstört oder vorbeugend von außen abgetötet. Nicht so jedoch er.

Er nahm das Ei mit, versteckte es und zog den kleinen Drachen groß. Er wurde der erste Reiter und auch derjenige, der es schaffte, zwischen Drachen und Elfen zu vermitteln. Sie schlossen einen Pakt, der die Möglichkeit bot, dass frisch geschlüpfte Drachen sich einen Reiter auserkoren, mit dem sie sich Seele und Leben teilen wollten. Die Völker wurden einander ähnlichere, wie das immer mit Nähe und Bindung zu magischen Wesen ist, und so sprechen die Drachen heute auch mit Worten, anderes als früher, wo alles aus Emotionen und Eindrücken bestand.

Die Elfen ihrerseits haben die Stärke, Langlebigkeit und Affinität zur Magie von den Kindern des Himmels gewonnen. Drachen nutzen Magie zur Unterstützung ihrer Flüge und bei besonders starken Gefühlen kann es passieren, dass sie gezielte Magie einsetzen, deren Kraft alle Möglichkeiten der anderen Völker in den Schatten stellt.

Unter diese neuen Elfen mischte sich nun auch unsere besagte Göttin. Übermenschliche Kraft und Geschwindigkeit fielen dort nicht mehr so sehr auf und die Elfen lebten so naturverbunden, dass sie sich dort wohl fühlte. Aus unserer Welt wurde sie geworfen, weil sie zu wenig Interesse an Macht hatte. Zeus sah das nicht als göttlich an und entschied alleine und damit einstimmig, dass sie entweder sterblich werden oder unsere Welt verlassen musste. Sie entschied sich für letzteres und landete durch Zufall hier. Jetzt ist sie eine alte Schmiedin in der Hauptstadt der Elfen und hält sich dort aus allem raus.

Nach den Elfen kamen auch die Urgals übers Meer in dieses Land. Für die Menschen sind sie gehörnte Ungeheuer und optisch stimmt das auch. Die Kull, ihre größten Krieger, werden oft über zweieinhalb Meter groß. Sie haben riesige Pranken und Hörner. Ihre Kultur ist sehr auf Krieg und sich beweisen ausgelegt. In einigen Fällen ähnlich wie die Spartaner. Sie leben heute in Dörfern in den Bergen, auch wenn sie zur Zeit immer öfter hervor kommen, um sich im Imperium zu beweisen.

Und dann kamen irgendwann die Menschen. Einmal mit einem kleinen Erkundungsboot und dann Jahrhunderte später mit vielen Booten und sie begannen, sich auf dem Land breit zu machen und Städte zu gründen." Ich machte eine kurze Pause, nahm einen Stock und zeichnete eine Reihe von Formen in die Erde zu meinen Füßen.

Anschließend nutzte ich meine praktischen Fähigkeiten und rief etwas Leben in die Zeichnung. Kleine Pfützen bildeten sich dort, wo der Ozean und die Seen lagen. Steine wuchsen an den Stellen der Gebirge aus dem Boden und in Waldgebieten wurde das Gras grüner, in Steppen heller und kleiner und in der riesigen Wüste ging es ganz ein. Vor uns lag eine Miniatur des Landes.

Von da an erzählte Annabeth weiter, während ich ihre Erzählung auf der Karte darstellte. „Und was machen Menschen immer auch, wenn sie Städte gründen? Richtig, sie kämpfen um die Hoheitsgebiete dieser Städte. Auch wenn sie hier mittelalterlich leben, haben sie mit ihren Kriegen und mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Arsenal ganz schön viel Zerstörung angerichtet", und ich ließ den gesamten Teil zwischen der Wüste und dem Gebirge in vollständiger Nord-West-Ausdehnung in Flammen aufgehen.

„Als das Ganze schließlich zur Ruhe kam, genaue Details sind nicht wichtig, wurden die Menschen schließlich auch in den Pakt zwischen Drachen und Reitern eingebunden. Sie können nun ebenfalls von Drachen erwählt werden und ab und an kommt es vor, dass ein Mensch mit einer magischen Begabung geboren wird. Insgesamt aber weniger als jeder tausendste.

Über die Folgejahre bauten die Menschen ihr Reich um die Stadt Urû'baen, die damals noch Ilirea hieß, herum auf und für viele Jahre lebten die verschiedenen Völker zwar weitestgehend getrennt, jedoch für gewöhnlich in Frieden mit einander. Viel davon liegt an den Reitern, die mit ihrem für die meisten unerreichbaren Sitz auf der Insel Vroengard lebten und von dort aus den Frieden im Land wahrten. Sie waren nicht perfekt, die Lehrmethoden, mit denen Schüler in Doru Areaba, ihrer Stadt auf dieser Insel, unterrichtet wurden, waren sehr streng und forderten immer strickten Gehorsam, aber sie brachten vorerst Frieden." Sie ließ eine lange Pause, bis alle den Eindruck machten, sie könnten ihren Berichten weiter folgen.

„Um zu verstehen, wie es zu ihrem Ende kam müsst ihr vorher noch einige Dinge über die Magie dieses Landes lernen. Es gibt drei Stufen der magischen Begabung in diesem Land. Die erste besitzt jeder. Es ist die Fähigkeit, seinen eigenen Geist zu spüren und mit Training zu verteidigen. Die zweite Stufe ist die Möglichkeit, sein Bewusstsein auch über die Grenzen des eigenen Geistes hinaus auszudehnen und dort Kontakt aufzunehmen oder Einfluss auszuüben. Die dritte gibt es nicht ohne die zweite. Diese seltene Gabe ist das Anzapfen der jedem Wesen innewohnenden magischen Quelle im eigenen Geist. Wer diese Kraft besitzt, kann damit über seine Vorstellung oder für gewöhnlich mit Worten, um dieser auszuhelfen, Magie wirken und so seine Welt nach seiner eigenen Vorstellung beeinflussen.

Anders als bei den Zauberern in Hogwarts gibt es hier jedoch neben Konzentration und Vorstellungskraft noch einen dritten Faktor, der beeinflusst, wie gut ein Zauber funktioniert. Die eigene Stärke. Jeder Zauber braucht eben so viel Kraft wie der Nutzer bräuchte, um die selbe Handlung ohne Magie auszuführen, zuzüglich zu einem gewissen Widerstand, der bei jedem Wesen unterschiedlich, bei Elfen jedoch meist am geringsten ist. Man kann ihn trainieren, aber irgendwie ist er immer da. Wenn man keine Kraft mehr hat, stirbt man. Wenn man sich nicht mehr konzentriert, verliert der Magier die Kontrolle und kann den Zauber so nicht mehr aufhalten, bis er ihm die Lebensenergie vollständig entzogen hat. Deshalb und wegen Duellen im Geist ist Magie nämlich so gefährlich.

Ein Zauber kann binnen Sekunden töten, doch meist bleibt noch ein letzter Moment für einen vernichtenden Gegenschlag. Damit nicht jede Auseinandersetzung tödlich verläuft, gibt es den Kodex, dass Magie erst dann benutzt wird, wenn der Geist des anderen gebrochen ist. Dafür braucht man Konzentration, jeder kann diese aufbringen und so versuchen, sich vor Angriffen und Gedanken lesen zu schützen.

Und nun kommt es zu unserer Katastrophe. Ein junger Schüler, Galbatorix, hat hauptsächlich aus eigener Dummheit seinen Jungdrachen verloren. Die Bindung zwischen Drache und Reiter ist von Anfang an so tief, dass der Verlust des einen einen tiefen Schnitt in die Seele des anderen reißt, den viele nicht überleben und bei dem die meisten Überlebenden wahnsinnig werden.

Er kehrte zurück zum Orden der Reiter und forderte einen neuen Drachen. Nachdem ihm dieser verwehrt wurde, sammelte er Verbündete, griff allein Reisende Reiter und Drachen an und konnte so Macht und mentale Durchschlagskraft gewinnen. Der genaue Weg dazu geht tiefer in die dunkle Magie, als ich jetzt erklären möchte. Irgendwann jedenfalls griff er mit seinem Gefolge, welches heute die Abtrünnigen genannt wird, die Basis der Drachenreiter, Vroengard an. Sie waren zwölf, die Reiter hunderte. Von ihm sind zwei gefallen, von den Reitern hat keiner überlebt.

Im Anschluss hat er Ilirea angegriffen, auch dort die letzten Reiter ausgelöscht und die nächsten Monate Jagd auf alle Drachen gemacht, die zum Zeitpunkt der Angriffe an keinem dieser beiden Orte waren. Während seine Abtrünnigen Furcht und Schrecken im Königreich verbreiteten, zog er sich zurück in die Zitadelle der nun umbenannten Hauptstadt. Während dieser Abgeschiedenheit hat sich der südlichste Teil seines Imperiums abgespalten, der neue Staat Surda", ich ließ eine rote Linie an dessen Grenze erscheinen, „ist nun der einzige Ort, an dem viele Menschen leben, ohne unter den Gesetzen des Königs zu leiden. Die anderen Völker haben sich ebenfalls zurückgezogen und so war der Stand über den größten Teil der letzten hundert Jahre.

Es gab noch einen Zwischenfall, in dem es dem letzten bis vor kurzem überlebenden Drachenreiter aus der alten Zeit, Brom, und einem jungen Gelehrten, Jeod, gelang, über einen geheimen Tunnel ins Herz der schwarzen Zitadelle in Urû'baen einzudringen und eines der drei verbleibenden Dracheneier zu stehlen und nur wenig später den letzten abtrünnigen Reiter, Morzan, und seinen Drachen zur Strecke zu bringen, aber dieses Ei ist seit Jahrzehnten nicht geschlüpft und wird von den Varden, einer Widerstandsgruppe, immer zwischen dem Wald im Norden, wo die Elfen leben, und den Bergen im Süden, wo sie vermutlich irgendwo versteckt sind, immer hin und her getragen, in der Hoffnung, endlich den auserwählten Reiter zu finden, der dem Land in ihrer Hoffnung Frieden zurück bringen kann. Aber bis zu dem Stand, wo die Prioritäten noch klar sind, war Shruikan, Galbatorix Drache, der letzte seiner Art."

Als sie geendet hatte, blickte ich auf die Karte. Im Zentrum der Hadarac-Wüste lag ein dunkelblauer Saphir. „Morgen schauen wir uns irgendwo hier in der Gegend um und gucken, ob wir jemanden finden, der uns etwas über aktuelle Vorkommnisse erzählen kann. Es ist immer schwer, alleine aus Wissen heraus zu bewerten, was wichtig ist und was eigentlich keine Bedeutung hat. Bis dahin können wir euch noch ein paar allgemeine Sachen beibringen. Die Sprachen, die Verteidigung im Geist und die angemessene Nutzung von Magie."

So, Manfred, kriegst du deinen Job jetzt nochmal ordentlich hin oder muss ich mir selbst das in der Zeit Herumgespringe beibringen? Ich habe es immer hinbekommen. Ja, ich meine ob du es jetzt vernünftig machst, sodass wir nur dann springen, wenn auch wirklich gesprungen werden sollte. Und vor allem nur so weit, wie ich das sage. Ist ja gut. Man bist du nachtragend! Nachtragend? Du hast vor zwei Kapiteln einfach das halbe Buch übersprungen. Da habe ich jedes Recht, dir das für eine Weile nachzutragen. Ist ja gut, ist ja gut, ich mach ja schon.

Ich blinzelte und sah auf. Über mir stand Annabeth und klopfte sich erwartungsvoll auf den Oberschenkel. Ach richtig. Es war morgen und ich musste aufstehen. Ihr Pech, dass sie mich hier nicht einfach aus dem Bett werfen konnte.

Nach einem ausgiebigen Frühstück, drei Stapel Pancakes sind in einer Falle aus Sirup ertrunken, machten wir uns auf den Weg in Richtung Osten, da ich dort am ehesten ein Dorf vermute. Ich könnte euch jetzt lang und breit einen Vortrag über die Gründe für diese Vermutung halten, wie ich das schon bei den anderen gemacht habe, oder ich könnte einfach zugeben, was Annabeth schon längst wusste, ich hatte einfach nur geraten und dann behauptet, dass dieses raten eine zuverlässige Entscheidungsfindungsmethode war.

Wir stolperten eine Weile durchs Unterholz. Natürlich hätte es auch ungefähr fünfzig verschiedene Möglichkeiten gegeben, den Weg einfacher zu gestalten, eine vollständige Rodung des Waldes war nur eine davon, aber wo bliebe da der Spaß. Außerdem dachte ich nicht daran.

Aber offenbar meinte es mein Bauchgefühl heute gut mit mir. Das dunkle Grün des Waldes lichtete sich bald und wir waren in irgendeinem weiten, etwas hügeligen Grasland. Keine Meile entfernt lag eine kleine Stadt mit hohen Mauern. Eastcroft, sagte mir mein Gehirn. Danke Gehirn.

Es sagte mir auch, dass viel zu hohe Mauern hier total normal waren. Erst als ich die Mauern sah, fiel mir allerdings noch ein kleines Problem auf, bei dem ich mich wunderte, dass Annabeth es nicht schon längst bemerkt hatte. Unsere Kleidung war ein klein wenig untypisch für eine Welt mit Burgmauern und Schwert und Katapult als den modernsten Waffen, die hier verwendet wurden.

Ich sprach diese kleine, verräterische Auffälligkeiten an und wandelte im Anschluss mein gesamtes Outfit in schwarze Leinen um. Dazu gestattete ich mir den Luxus eines gleichfarbigen Umhang mit Kapuze. Das hatte einfach viel mehr Stil.

Da wir zum Glück durch Annabeth und mich etwas nötige Ortskenntnis besaßen, konnten wir uns noch als wir im Gehen die Wachen entdeckten, eine Geschichte erfinden, wie wir in die Stadt kamen, was wir hier wollten und so weiter. Wir waren nun offiziell eine Gruppe aus Händlern, die sich auf dem Markt der Stadt umschauen wollte, bevor sie am nächsten Tag weiterziehen würden.

Unsere durchweg einfarbige Kleidung zog zwar einen misstrauischen Blick der Wachen auf sich, aber sie ließen uns durch. Ich spürte, wie ihre Blicke uns folgen, aber was sollten sie schon tun. Sie konnten uns nicht wirklich hinterher rennen, ohne ihre Posten zu verlassen, und sie konnten sich auch nicht aufteilen, denn einer wäre sowohl als Wächter, als auch um uns zu verfolgen, zu wenig.

Wir folgten unserer Geschichte aber tatsächlich so weit, dass wir auf den Markt gingen und uns dort umschauten. Das taten wir in getrennten Gruppen für größere Effizienz und wir suchten nach möglichst bizarren Händlern, die im besten Fall von sehr weit her kämen. So war die Chance größer, dass sie auf ihrer Reise hierher oder hierdurch, je nachdem, irgendetwas aufgeschnappt hatten.

Wir machten bei einer brünetten Frau mit allen möglichen Pflanzen auf einem Tisch vor sich und einer riesigen Katze mit braunem, struppigem Fell halt. Ich wusste nicht genau wieso, aber sie hatte etwas an sich, was förmlich nach Geheimnissen und Gerüchten schrie.

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7519 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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