Kap. 2 Nicht schon wieder!
Percy pov
Als ich die letzten Meter bis zum Strand runter lief, stellte ich fest, dass mein üblicher Platz dort bereits besetzt war. Das wäre ungewöhnlich gewesen, hätte ich nicht sofort gesehen, wer den Platz besetzt hatte. Ihre blonden Locken hätte ich überall wieder erkannt. Ich ging langsam auf sie zu, da sie völlig in Gedanken versunken schien. Wenn normalerweise jemand von hinten auf sie zugekommen wäre, ohne sich anzukündigen, hätte diese Person schneller ein Messer an der Kehle gehabt als sie blinzeln könnte. Nur jedoch schien Annabeth mich nichteinmal zu bemerken und starte vermutlich auf den Horizont.
Leise, da ich nicht ganz sicher war ob es eine gute Idee war, sagte ich: „Guten Abend" In diesem Moment trat dann auch das ein, was ich erwartet hatte. Ein Messer lag an meinem Hals und Annabeth starrte mich aus ihren sturmgrauen Augen an. „Du warst eine Woche bewusstlos und das erste was dir einfällt ist ‚guten Abend'? Wenn du nicht ab sofort doppelt Algenhirn sein willst, überlegst du dir jetzt ganz schnell was besseres." Eine Woche? Wie konnte das denn so lange gewesen sein? Naja, dann hatte sie vermutlich recht. Nach einer Woche war das wirklich ein klein wenig unangemessen , selbst für meine Verhältnisse. Leider war das einzige, was ich in dem Moment sagte: „Äh..." sofort unterbrach sie mich. „Okay, das bedeutet dann dreifach Algenhirn." Ließ dann jedoch ihr Messer sinken und fiel mir um dem Hals. „Man Percy, als du abgestürzt bist, konnte nichtmal Apollo uns sagen ob du überleben wirst. Ich habe mir Sorgen gemacht!"
Ich drückte sie an mich und wischte ihr eine Träne aus dem Auge. „Es tut mir leid!" Sie fluchte etwas, aus dem ich nur Schnipsel wie „hätte es wissen müssen" raus hörte. Sie löste sich von mir und schlug mir dann gespielt gegen die Brust. „Du weißt genau, dass ich es jetzt nicht mehr schaffe, dir böse zu sein." Ich lachte leise. „Ja, weiß ich. Wäre das anders, hättest du mich schon an die fünfzig Male umgebracht." Es war beeindruckend, wie schnell ihre Stimmung umschlagen konnte. Mit einem frechen Unterton erklärte sie nämlich jetzt: „nicht umbringen, dich mit den nötigen Mitteln eines besseren belehren." Ich verdrehte die Augen und ließ mich in den Sand fallen. Meine schmerzenden Muskeln waren vergessen. Wir lebten, wir waren zusammen, nur das zählte. Es gab mir den einen oder anderen Flashback, so im Sand zu liegen. Fast genauso hatten wir viele der Tage nach dem Kampf gegen Kronos verbracht.
Wir lagen vermutlich fast eine Stunde friedlich, Arm in Arm so da und genossen die Wärme, die Ruhe und unsere gegenseitige Anwesenheit, als ich eine altbekannte Stimme vernahm. Genau genommen eine der ersten die ich in Camp Halfblood gehört hatte. Leider handelte es sich weder um Annabeths noch um die von Grover oder Chiron. Nein, es war Clarisse. „Hey Seetangfresse, Chiron will dich sprechen" Ich grummelte zuerst etwas unverständliches und rief dann: „Was ist denn jetzt schon wieder? Ich bin noch keine zwei Stunden wach. Ich habe keine Hütten zerstört, ich habe keine Regeln gebrochen außer die Götter zu beleidigen, aber das ist ja auch nichts Neues, was kann er denn noch wollen?"
Sie zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber er meinte, es wäre dringend." Vor weiteren Nachfragen drückte sie sich indem sie einfach davon lief. Ich knurrte nochmal etwas und stand dann widerwillig auf. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Annabeth es mir gleich tat und so liefen wir Hand in Hand zurück zum Haupthaus.
Ich blickte mich auf der Veranda um. Nichts deutete darauf hin, dass etwas besonderes passiert war. Keine Rauch kotzende Rachel, kein besorgter Zentaur und kein gleichgültiger Weinheini. AH, NEIN! Mr. D, lassen sie das! Ne Spaß, nichts passiert. Der Weinfredie weiß sowieso, dass ich genauso viele Bezeichnungen für ihn habe wie er für mich. Wie auch immer, da scheinbar niemand draußen war, gingen wir beide, immernoch Hand in Hand, hinein. Chiron saß in seinem Rollstuhl da und selbst daran konnte man sehen, dass die Schlacht ihre Spuren hinterlassen hatte. Eins der Räder war nicht mehr rund sondern verbogen. Von diesen Schönheitsfehlern einmal abgesehen schien es ihm allerdings gut zu gehen. Zumindest auf den ersten Blick.
Auf den zweiten Blick konnte ich seinem Gesicht ablesen, dass ihn etwas bedrückte. Das war ungewöhnlich. Selbst wenn er uns einen Auftrag erteilte, der von vorne herein wie ein Himmelfahrtskommando klang, konnte man es ihm vorher nur selten ansehen. Das er sowohl während er uns sowas mitteilte, als auch beim Abschied durchaus zeigte, dass er sich sorgen um uns machte, war ein anderer Punkt aber prinzipiell immer erst wenn er uns unseren baldigen Tod bereits in Aussicht gestellt hatte.
Es musste also entweder etwas wirklich schreckliches sein oder eine vollkommen neue Situation. Ich war mir nicht sicher, was davon mir lieber wäre. Vermutlich beides eher nicht. Mr. D war nicht zu sehen...zumindest eine gute Nachricht.
„Ah... da seid ihr ja", sagte Chiron. Wir nickten, sahen ihn aber nur misstrauisch an. An sich könnte ich das nur von mir wissen, da sich Anni - Oh Götter, oder wer auch immer die Macht dazu hat, ich! verhindert, dass sie jemals erfährt, dass ich ihr diesen Spitznamen gegeben habe - gerade nicht in meinem Sichtfeld befand, aber die Spannung in ihrer Hand und mein Wissen, wie sie normalerweise reagierte, deuteten beide darauf hin, dass sie das selbe tat.
Der alte Zentaur und Mentor schien kurz den Faden verloren zu haben, was auch selten passierte, fasste sich dann aber wieder und sagte fast zögerlich: „Also... ich weiß, dass es nichts bringt um den heißen Brei herumzureden. Es ist mir unangenehm, dir beziehungsweise euch das sagen zu müssen aber Mr. D hat mir befohlen euch das zu sagen und sich dann verdünnisiert." Leiser werdend fügte er an: „Wie Götter das nunmal machen, wenn sie unangenehme Nachrichten überbringen sollen."
„Nicht nur dann. Verdünnisieren und meckern sind ihre klarsten Verhaltensweisen", brummte ich und ignorierte den Fakt, dass diese Aussage meine Lebenserwartung vermutlich drastisch gesenkt hatte. Chirons düstere Miene zeigte mir, dass er mir prinzipiell zustimmte, aber klüger als ich war und es nicht laut aussprach.
Jedenfalls fuhr er nun fort: „Also, kurz gesagt: Wir oder eher ihr haben gegen Gaia gewonnen, aber von ihren Truppen sind noch viel zu viele an einem Ort versammelt. Noch sind sie weit weg, aber die Vermutung liegt nahe, dass sie auf dem vormarsch sind. Bitte unterbrecht mich jetzt nicht, ich weiß, dass ihr das beide genauso scheiße findet wie ich, aber leider ist es ein direkter Befehl von oben." Nach dieser Aussage schloss er kurz die Augen und holte tief Luft.
„Die Götter haben, von Donnerho...Zeus persönlich ausgehend, beschlossen, dass diese Monster vernichtet werden müssen ehe sie Camp half-blood oder, die genaue Formulierung war dem Olymp, zu nahe kämen." Wenn sogar Chiron fast Donnerhose gesagt hatte, dann waren die Befehle wirklich außerordentlich bescheuert, noch bescheuerter als sonst. „Um diese Aufgabe zu bewältigen haben sie gesagt, soll ich dich schicken, Percy. Nur dich, wie sie beto..." Weiter kam er nicht denn Annabeth und ich unterbrachen ihn synchron. „Soll das ein Witz sein? Wir haben denen ihren ver-DAMM-ten Hintern gerettet und statt uns endlich mal eine Weile in Frieden zu lassen gibt es eine Woche später schon wieder eine Aufgabe, die wir übernehmen sollen, obwohl sie es auch in einem Bruchteil der Zeit selbst tun können und erwarten dann auch noch, dass wir nicht zusammen los ziehen?"
Ich und mit ziemlicher Sicherheit auch meine Freundin wollten gerade weiterreden, als die Tür aufschwang und eine triefnasse Clarisse die Tür aufriss und rief: „Chiron, was ist denn jetzt los? Draußen hat es binnen Sekunden von Sonnenschein auf Regen und Sturm umgeschlagen. Das Wasser steigt, die Wellen sind bereits fast fünf Meter hoch und sie werden immer größer. Wie hast du es geschafft die Fischfresse so wütend zu bekommen?"
Wir, insbesondere ich, waren zu überrascht um direkt zu antworten. Ich hatte nichtmal mitbekommen, dass ich gerade einen Sturm von monumentalen Ausmaßen entfesselt hatte. „Ist eigentlich auch egal was es ist, wenn wir nicht alle ertrinken oder von umherfliegenden Bäumen erschlagen werden wollen, solltest du dafür sorgen, dass er sich schnellstmöglich wieder beruhigt!" Und mit diesen Worten drehte sie sich um und lief wieder nach draußen. Während ich mich wieder zu Chiron drehte, konnte ich gerade noch sehen, wie sie einen jüngeren Camper aus dem Weg zog als vor ihm ein mehrere Meter großer Ast vorbei flog. Selbst die Tochter des Ares konnte inzwischen auch anderen helfen.
Ein Ellenbogen von der Seite holte mich zurück zu mir selbst und mit Schrecken ging mir auf, dass ich das zu verantworten hatte. Schnell konzentrierte ich mich und versuchte alle von mir verursachten Katastrophen auf einmal zu beheben. Es gelang mir und während ich auf die Knie sank, weil der Kraftaufwand vom Rufen und Stoppen dieses Unwetters so groß gewesen war, fragte ich mich, warum ich überhaupt Winde kontrollieren konnte. Das war doch eher die Aufgabe von Jason, aber der war dieses Mal zu einhundert Prozent nicht dafür verantwortlich. Ich wusste, dass Poseidon darüber auch manchmal Einfluss hatte. Vielleicht war Long Island ja so nah am Meer, dass ich hier ähnlich wie mein Vater Stürme verursachen konnte. Ich war mir jedenfalls ziemlich sicher, dass solche Stürme die einzige Art waren, wie ich direkt den Wind kontrollieren konnte.
Annabeth zog mich wieder hoch und sah mich überraschenderweise nicht streng an. Normalerweise fand sie es nicht so gut, wenn ich die Kontrolle über meine Kräfte verlor... wie sie ... da unten eindrucksvoll bewiesen hatte. Dieses Mal schien sie sich aber keine Gedanken darüber zu machen und das wollte schon was heißen, wenn sie es Angesicht zu Angesicht gegenüber Achllys schaffte, aber jetzt nicht. Ehrlich gesagt ging es mir allerdings genauso.
Schließlich, also nach etwa fünf Minuten in denen ich mich ausschließlich auf meine Atmung konzentrierte, fragte ich: „Erstens, darf ich dieser ver-DAMM-ten Dramaqueen bitte die Fresse polieren, zweitens, wann muss ich los, mir egal ob wegen den Monstern oder um Donnerdödel die Meinung zu geigen, und drittens, wie lange dauert die scheiße? Auch dabei kannst du dir aussuchen für welches der beiden Vorhaben die Frage gilt." Nach dieser Tirade schaute unser Trainingskoordinator fast ängstlich in den Himmel und antworte danach:
„Es wäre vorerst besser, wenn du dich nicht freiwillig als Grillspieß anbietest. Los musst du, bitte keine neuen Fluten, bereits morgen früh um 10, ebenfalls in diesen unsäglichen Befehlen enthalten, von der Dauer war nichts konkretes angegeben, aber ich schätze mal so um die sechs bis acht Tage." Ich konnte spüren, dass ich erneut kurz davor war, einen Sturm zu entfesseln, aber dieses Mal merkte ich es rechtzeitig und stoppte die sich aufbauende Kraft. „Ich habe wohl keine Wahl. Würdest du diesem Trottel von einem Herrscher bitte einmal etwas von mir ausrichten? Mir egal ob wortwörtlich oder inhaltlich... ein eindeutiges ‚fuck you' wäre gut."
Chiron sah nachdenklich drein. „Ich würde es ihm nur ungerne so direkt sagen, wie du weißt hat dein Onkel die Angewohnheit auf eine Beleidigung zu reagieren indem er alles in seiner Umgebung mit Blitzen bewirft, egal ob diese Umgebung was dafür kann oder nicht. Aber inhaltlich sollte sich das einrichten lassen." Ich nickte ihm dankbar zu und sagte dann: „Also schön, da ich eh keine Wahl habe, tue ich jetzt mal so als wäre ich damit einverstanden und mache mir jetzt noch einen schönen Abschlussabend. Ich habe definitiv keine Lust, mehr als nötig über diese scheiße nachzudenken. Wenn du uns nun entschuldigen würdest..." Er nickte verstehend und mit Annabeth an der Hand stürmte ich schon fast aus dem Haus.
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1910 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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