Kap. 125 Von einem Desaster zum nächsten

Roran pov

Roran?" Es war nur dieses eine Wort und doch erkannte ich sofort, wem die Stimme gehörte. Obwohl ich noch eine Sekunde zuvor vollkommen entkräftet und nicht einmal in der Lage gewesen war, einen Finger zu heben, hob ich nun meinen Kopf und suchte hastig meine Umgebung ab. Dann bemerkte ich, dass es sehr unwahrscheinlich war, dass ich sie wirklich gehört hatte.

„Katrina?", flüsterte ich. Eine Antwort erwartete ich nicht. In diesem Moment glaubte ich, ich hätte mir die Stimme einfach nur eingebildet. Es würde zu meiner Situation passen.

Als dann aber doch etwas zurück kam, spürte ich eindeutig, dass das keine von der Erschöpfung ausgelöste Halluzinationen war, sondern dieses merkwürdige über Gedanken sprechen, was Eragon damals auf den brennenden Steppen das erste Mal mit mir gemacht hatte. Aber seit wann konnte sie das? Meine Gedanken waren in diesem Moment zu langsam, um zu erkennen, dass es vermutlich an dem Anhänger lag, den wir am Vorabend angelegt hatten. Schließlich war er der einzige grundlegende Unterschied zu all den anderen Einsätzen, auf denen ich gewesen war.

Geht es dir gut? Roran?" Ich wollte nicht, dass sie sich jetzt Sorgen um mich machte. Nicht jetzt, wo es sowieso keine Hoffnung mehr gab. Ich bejahte also beide Teile ihrer Frage, zögerte jedoch beim zweiten Mal ein klein wenig. Genug offenbar, um sie meine Lüge erkennen zu lassen. „Roran Garrowson, lügst du mich gerade an?"

Ich seufzte. Offenbar würde ich aus dieser Befragung nicht so leicht rauskommen. Dass das etwas Gutes war, zeigte sich wohl erst im Nachhinein. Ein weiteres Mal fuhr der Schild auf mein Gesicht nieder und ich stöhnte auf wegen dem Kraftverlust. „Nein, kein bisschen", gestand ich also. „Ich bin umzingelt und habe keine Kraft mehr, mich zu bewegen."

Ich spürte zuerst ihr Entsetzen, dann eine andere Präsenz, die ich so noch nie gespürt hatte, in meinen Gedanken. So komisch das Gefühl auch war, ich wusste sofort, dass es Katrina war. Es fühlte sich genau so an, wie ich es mir vorgestellt hätte. Und noch etwas anderes spürte ich. Mein Hammer erschien wieder an meiner Hüfte. Offenbar war er jetzt so lange verloren gewesen, dass die Rückholmagie einsetzte. Praktisch, half mir aber in dem Augenblick nicht weiter. Ich hatte nämlich noch immer keine Kraft, mit der ich ihn heben könnte.

Du... du stirbst mir hier nicht so alleine irgendwo an der Mauer. Wo ist der unaufhaltsame Krieger? Der der nie aufgibt?", fragte sie. Auch wenn ihre Worte fast gemein und vorwurfsvoll klangen, erkannte ich, dass der einzige Vorwurf der war, dass ich immer und immer wieder in die Gefahr rannte. Der Rest war ebenfalls nicht böse gemeint, das spürte ich durch unsere neu geschaffene Verbindung, sondern sollte mich antreiben, nochmal aufzustehen und sich zu widersetzen. Leider musste ich sie dieses eine Mal enttäuschen.

Ich habe es versucht. Wirklich! Aber ich habe nichtmal mehr die Stärke, meinen kleinen Zeh zu bewegen. Es tut mir leid!" Ich spürte, wie es in ihr für einen Moment hin und her ging. Dann aber auch, wie sie sich scheinbar meine Gedanken nochmal ansah und schließlich erklärte: „Enttäuschen kannst du mich nur, wenn du wegläufst, nachdem du dich dieser Aufgabe und all den Gefahren verschrieben hast. Enttäuscht wäre ich, wenn du stirbst, aber nicht enttäuscht von dir, sondern von der Welt. Dass es immer die Besten erwischt. Aber du wirst hier nicht sterben. Du hast immer Stärke und du kannst dich aus jeder hoffnungslosen Situation heraus ziehen. Verstanden?"

Ich zögerte wieder. Ich spürte, dass ihre Worte auch einen Effekt hatten, aber keinen, der so stark war, dass ich damit einen Kampf gewinnen könnte. Wegkriechen wäre vielleicht eine Option, aber auch wenn das eine klare Verbesserung war, würde es mir nichts helfen. „Ich... ich habe keine Kraft mehr. Ich kann nicht...", stotterte ich. Ich hasste es, diese Worte zu sprechen, aber leider waren sie die erdrückende Wahrheit. Und ein weiterer Schlag saugte mir die Kraft aus.

Dann auf einmal durchströmte mich langsam wieder Energie. „Wenn du keine mehr hast, dann helfe ich dir. Steh auf und mach etwas aus dem, was ich dir geben kann. Du kommst gefälligst lebend zu mir zurück." Während sie sprach, spürte ich, wie immer mehr Stärke meine Glieder wieder belebte. „Wie machst du das?", wollte ich wissen. „Ich weiß nicht, es fühlt sich einfach richtig an, ich habe keine Ahnung, was genau ich tue. Aber lange geht das nicht mehr, mach lieber was daraus." - „Ich... ver... versprochen! Was immer passieren wird, ich liebe dich.", erwiderte ich und atmete einmal tief durch.

Ich ließ meinen Arm an meiner Seite hinab rutschen, damit von außen nicht so klar ersichtlich werden würde, dass ich gerade meinen Gegenangriff vorbereitete, und ich somit den Überraschungseffekt nutzen könnte, um mich in eine zum Kampf geeignete Position zu bringen. Und dann spürte ich den Griff meines Hammers in meiner Hand. Der Soldat, der mich am Anfang erkannt hatte, machte wieder einen Schritt auf mich zu und holte aus.

Ich organisierte meine eigene Rettung direkt mit einer Verzweiflungstechnik, die in einem normalen Kampf kaum vorkommen würde, aber ich hatte mein Versprechen gegeben, etwas aus meiner Situation zu machen, und dafür musste ich jedes Mittel nutzen, das mir zur Verfügung stand. Aus dem Liegen trat ich ihm mit der Stiefelspitze zwischen die Beine. Er schrie auf und fluchte laut. Diese Ablenkung reichte mir. Ich sprang auf und verschwendete keine Zeit, meinen Hammer auf seinen Schädel nieder sausen zu lassen. Dieser eine Schlag erlöste ihn von seinem Schmerz.

Während er zusammenbrach, versuchten seine Verbündeten hektisch, sich wieder in Kampfstellung zu bringen. Sie hatten sich schon so sehr für siegreich gehalten, dass sie ihre Schwerter zurück in die Scheiden geschoben hatten und die Schilde seitlich auf Hüfthöhe baumeln ließen. Vier von ihnen fielen meinem Hammer zum Opfer, ehe sie überhaupt Gegenwehr leisten konnten. Genauso viele weitere konnten zwar ihre Ausrüstung zurück in die Hände bekommen, waren aber noch nicht in einer Bereitschaftshaltung und fielen so spätestens meinem dritten Schlag zum Opfer. Die letzten drei waren schlau und stellten sich so auf, dass immer einer in meinem Rücken wäre. Aber es war jetzt eine andere Ausgangssituation. Drei gegen einen konnte man mit Glück sogar unter diesen Umständen noch gewinnen.

Genau dafür hatte ich auch eine Idee, mit der sich hier vielleicht helfen ließ. Sie trugen alle Schwerter, was zwar leichte Treffer schmerzhaft machen konnte, aber einen entscheidenden Nachteil hatte. Einen Nachteil, den ich nun demonstrierte, indem ich schnellstmöglich gegen die flache Seite der Klinge des einen schlug. Die Waffe vibrierte und glitt ihm dabei aus der Hand. Statt jedoch nachzusetzen und zu versuchen, ihm den Gnadenstoß zu verpassen, drehte ich mich um und sprang schräg zur Seite, zwischen den beiden anderen durch, um den Stichen dieser beiden zu entkommen. Sie wollten nämlich meinen Angriff auf den ersten ausnutzen, hatten aber zu sehr darauf vertraut, dass ich ihm nicht mehr ausweichen könnte.

Genau das war mir aber gerade noch so gelungen und so hatte zumindest der eine sein Gleichgewicht teilweise verloren. Bevor er sich wieder ausbalancieren konnte, zertrümmerte ich ihm erst das Handgelenk und anschließend das Genick. Der, den ich eben noch notgedrungen temporär verschonen musste, hatte zwar sein Schwert wieder aufgehoben, aber jetzt stand es zwei zu eins. Und das war wirklich nicht mehr unmöglich. Er stach nach meiner Hüfte und ein metallisches Klirren ertönte. Kein einziges Kettenglied war zerrissen, aber sein Schwert war in einer für ihn äußerst ungünstigen Position. Ich spürte zwar den Druck und Schwung, der in seinem Angriff lag, und vermutlich würde daraus eine Prellung werden, aber Prellungen waren wirklich nicht das Problem in einer solchen Schlacht. Wer keine davon trug, hatte für gewöhnlich nicht wirklich teilgenommen.

Da er aber nun nicht mehr geschützt war, konnte ich auch ihn mit einem Schlag auf die Schulter kampfunfähig machen. Er konnte einen letzten lauten Fluch ausstoßen, bevor von seinem Schädel nur noch Bruchstücke übrig blieben.

Ich wollte mir gerade selbst auf die Schulter klopfen, doch da fiel mir ein, dass ich drei Gegner gehabt hatte und nur zwei nun am Boden lagen. Und dann rammte mich ein Güterzug! Ochse um. Zumindest fühlte es sich so an. Als ich hinsah, hatte mir nur der andere seinen Schild mit aller Kraft gegen die Seite gerammt.

Ich stürzte zu Boden und mein Hammer glitt mir im Fallen aus der Hand. Zehn Fuß mindestens, eine unüberbrückbare Distanz in dieser Situation. Er trat langsam, noch immer auf alles vorbereitet, auf mich zu und ich merkte, dass er sich seitlich näherte. Offenbar ließ mein Tritt von zuvor gegen seinen Kameraden ihn lieber vorsichtig sein wollen.

Er hob sein Schwert und schien damit auf mich niederstechen zu wollen. Auch wenn die Erfolgschancen denkbar gering waren, holte ich mit meinem linken Arm aus und als ich sah, wie sich die Schwertspitze zu bewegen begann, zog ich meinen Arm so schwungvoll wie möglich über meine Brust.

Zum millionsten Mal war das Glück mir gewogen und ich traf mit dieser Verzweiflungstat die flache Seite des Schwertes. Gerade so konnte ich es damit rechts an meinem Oberkörper vorbei schlagen und so ging seine gesamte eingesetzte Kraft ins Leere. Er stolperte und fiel über mich rüber.

Leider konnte er sich abrollen und so stand er im nächsten Augenblick wieder. Und so war die Situation unverändert schlecht. Besser als zuvor, aber doch schlecht. Da kam mir noch ein Rat in den Kopf, den ich zu meinen vielen Geschenken der letzten Monate bekommen hatte. In diesem Fall ging es um meinen Anhänger. Ich wusste nicht mehr von wem dieser Hinweis ursprünglich gekommen sein sollte, aber eine Stimme in meinem Kopf behauptete, dass der Anhänger, der mich vermutlich mit Katrina verband, beim Abziehen zu einer Klinge werden würde.

Diese Stimme hatte schon so oft Recht behalten, warum also nicht auch heute. Es war einen Versuch wert. Einen Notfallplan für den Notfallplan für den Notfallplan nach der Katastrophe mit dem Notfall konnte ich mir dann auch noch machen. Ich hob also meine Hand wie als Geste des Abschieds auf meine Brust, aber statt sie ruhig dort liegen zu lassen, griff ich fest um das kleine Metallstück.

Als sich mein Gegner wieder in einem zweiten Versuch des Gnadenstoßes über mich beugte, spannte ich den Nacken an, riss meine Faust ein weiteres Mal zur Seite und stach damit vor in richtig seiner Brust. Noch in der Bewegung spürte ich, wie meine Faust scheinbar schwerer wurde, aber ich drückte trotzdem weiter.

Und dann erklang das widerliche Geräusch von einer Klinge, die tief in menschliches Fleisch fuhr. Und ich spürte dabei keinen Schmerz. Das konnte also nur eines heißen. Ich rollte zur Seite, kam tatsächlich ungehindert auf die Beine und bekam meinen Hammer zu greifen.

Eine schnelle Drehung und ich sah, dass tatsächlich etwas bis zum Schaft in der Brust meines letzten Widersachers steckte. Um wirklich sicherzugehen sprang ich noch einmal vor und erlöste auch ihn von den Leiden dieser Verletzung. Ich hatte sie ihm zugefügt, aber ich hatte ein Ziel, für das ich alles tun würde. Trotzdem sollte er nicht unnötig leiden und das konnte man mit einem schnellen Ende am besten noch retten.

Ich wandte mich ab. Das Massaker war unvermeidlich und vermutlich auch nur eines von vielen an diesem Tag gewesen, aber es fühlte sich immer nochmal anders an, wenn es nicht in einem großen Kampf mit hunderten Beteiligten geschah, sondern ich der einzige war, der einer ganzen Gruppe das Leben nahm.

Zum Teil auch um vor diesem Bild zu fliehen, lief ich nun in die Richtung, in der von meinem Gefühl und den paar Hinweisen, die ich in meinem Sichtfeld finden konnte, her der große Platz sein müsste. Meine letzte kleine Tat davor war, mir meine Rettungswaffe zurückzuholen. Vielleicht hätte ich das nicht immer getan, aber hier war es meine Verbindung zu Katrina. Die würde ich unter nahezu keinen Umständen freiwillig aufgeben.

Als ich es in die Hand nahm, löste es sich auf einmal auf und in meiner Hand lag nur noch die Kette von zuvor. Ich brachte sie wieder um meinen Hals an und von da an war mein Ziel vorerst nur noch, wieder auf mein Bataillon stoßen. Möglicherweise eben auf dem Hauptplatz.

So weit kam ich aber nicht ohne Unterbrechung. Schon nach ein paar Schritten rief wieder jemand meinen Namen. Ebenfalls eine weibliche Stimme, aber dieses Mal ganz sicher nicht in meinem Kopf. Und dann sah ich sie an der Ecke stehen. Angela. Sie stand da, seelenruhig, als ob sie hier leben würde und das Ganze ein vollkommen normaler Morgen wäre. Und das machte mich mehr als nur ein wenig wütend. Ich war schließlich gerade um ein Haar gelötet worden.

Trotzdem lief ich zu ihr hinüber und fragte, mühsam meine Stimme beherrschend, „Wie lange stehst du schon da?" Dafür erntete ich einen überraschten Blick. Etwas, dass man bei der Kräuterhexe nur sehr selten zu sehen bekam. „Lange genug um zu sehen, dass du dich gut als Kämpfer schlägst, nicht lange genug, als dass ich dir rechtzeitig zur Hilfe hätte kommen können." Ich war wohl einfach nicht in der Stimmung für Rätsel, auch wenn dieses mit Sicherheit keines war, dessen Lösung irgendeine Form von Herausforderung darstellen würde, denn ich gab noch immer ziemlich wütend zurück: „Drück dich klarer aus, ich hätte gerade zweimal sterben müssen, da sind eindeutige Aussagen besser zu verstehen."

Spätestens jetzt hatte sie wohl verstanden, dass ich gerade nicht besonders gut drauf war. Während sie ihre zuvor gegebene Antwort nochmal in einfachere Worte fasste, hob sie deshalb abwehrend die Arme. „Ich habe dich am Ende der Straße gesehen, wie du dem einen armen Schwein zwischen die Beine getreten hast. Übrigens ein ausgezeichneter Treffer. Erstaunlich wie gut es funktioniert und wie wenige von euch skrupellos genug sind, um diese Taktik zu benutzen. Als ich jedenfalls hier stand, hast du keine Hilfe mehr gebraucht." Sie legte eine kurze Pause ein, bevor sie anmerkte: „Ganz schönes Chaos, nur so nebenbei. Gute Arbeit."

Ich nahm das Kompliment mit einem Nicken zur Kenntnis und fragte dann: „Und wie kommst du überhaupt hier her? Der eigentliche Schauplatz liegt doch ganz woanders." Sie zuckte mit den Schultern. „Da sind mir zu viele Leute auf einem Haufen. Da können zu viele Unfälle passieren und man muss aufpassen, dass man nicht aus Versehen verbündete niedermäht. Außerdem finden bemerkenswerte Dinge oft auch außerhalb des Zentrums statt. Wie einen Bauernjunge, der anscheinend ein Dutzend bewaffneter Soldaten nur mit einem Hammer in deren Heimat besiegt. Möchtest du mir vielleicht erklären, wie es dazu gekommen ist?"

Nun war es an mir, mit den Schulter zu zucken. „Ich möchte nicht, aber wenn du es unbedingt wissen möchtest, ich bin unglücklich gestürzt und damit aus unserem Rückzug zurückgeblieben. Die meisten sind weitergezogen, aber einige haben mich umzingelt. Einer hat mich erkannt, ich habe ihm die Nase gebrochen und sie haben mich dann überwältigt, weil Eragons Schutzzauber mir die Kraft zum Widerstand genommen haben. Sie wollten mich offenbar nicht sofort töten, sondern nochmal leiden lassen, also haben sie mich da vorne", ich deutete auf die Stelle, an der ich zuvor gelegen hatte, „hingeschleppt und mich immer der Reihe nach geschlagen, bis die Schutzzauber mir das Leben rauben würden. Das hätte auch funktioniert, aber auf irgendeine Weise habe ich vorher Katrinas Stimme gehört, sie hat mir Kraft gegeben und den Rest hast du ja gesehen." Sie hob eine Augenbraue und fragte nach: „Ihre Stimme hat dir Kraft gegeben? Ich dachte das gibt es nur in Märchen. Und ich muss es schließlich wissen, denn ein beträchtlicher Teil der Märchen in diesem Land wurde von mir erfunden."

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, also schon, aber nicht die entscheidende Menge. Sie selbst hat mir diese Kraft gegeben. Ich weiß auch nicht wie das geht, aber es hat mir das Leben gerettet, also hinterfrage ich es nicht." Jetzt entdeckte ich Neugier in ihrem Blick. „Eine interessante Einstellung. Ich hinterfrage für gewöhnlich alles, was mir das Leben rettet, damit ich es verstehe und nochmal zum Leben retten verwenden kann, aber davon einmal abgesehen, deine Liebe ist keine Magierin, oder?" Ich schüttelte den Kopf. Zumindest nicht auf die Weise, wie Angela es in diesem Fall vermutlich meinte.

Ich hörte sie etwas vor sich hin murmeln, von einem großen Helden, hinter dem immer eine starke Frau stehen würde, bevor sie meinte: „Dann gibt es wohl eine gewisse Verbindung, die vorher jemand eingeleitet haben muss. Wenn du möchtest, ich habe recht zuverlässige Informationsquellen, bei denen ich dir sogar die Ehre zu Teil werden lassen würde, Informationen daraus zu beziehen. Dazu muss aber erstmal diese Stadt hier ein bisschen aufgeräumt werden. Insbesondere der Platz, auf dem sie jetzt alle rumstehen. Da wird gerade einiges an Hilfe gebraucht. Leute, die alleine zwölf Feinde besiegen, wären bestimmt sehr erwünscht." Sie warf mir einen fragenden Blick zu. Offenbar hatte sie beschlossen, mich für den Moment tatsächlich ernst zu nehmen. Normalerweise nicht ihr Stil.

Als ich nickte, fragte sie sogar noch: „Hat die Energie deiner Liebe dich denn so weit hochgezogen, dass du wieder normal kämpfen kannst?" Ich blickte sie verwirrt an, also fragte sie gleich hinterher: „Hab ich irgendwas im Gesicht?" Noch immer verwirrt schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich hätte nur eher erwartet, dass du mir erklären würdest, wie blöd man denn sein müsse, in eine solche Situation zu kommen." Sie lächelte mich nun charmant an und erklärte: „Das mache ich meistens erst, wenn ich sicher bin, dass wieder alles sicher ist. Aber ansonsten eine sehr treffende Zusammenfassung meines Verhaltens."

Die Wahrheit war, ich hatte einfach nie während einem Kampf mit ihr gesprochen. Nur zum Beispiel nach meiner Auspeitschung. Ich nahm mir vor, mir dieses Wissen über sie hinter die Ohren zu schreiben. Viel erfuhr man ja nicht. „Um deine ursprüngliche Frage zu beantworten, Ich kann laufen, ich kann größere Schäden in Helmen und Knochen von Soldaten verursachen, aber einen längeren Kampf wohl eher nicht."

Die Kräuterhexe kratze sich am Kinn, bevor sie mit einem Grinsen erwiderte: „Na dann ändern wir den letzten Teil doch noch ein bisschen." Ich wusste nicht genau, was sie damit meinte, aber dann spürte ich ein Klopfen an meinen inzwischen instinktiv errichteten geistigen Wällen. Es war kein Angriff, ein freundliches Klopfen. Ich öffnete meine Verteidigung vorsichtig und plötzlich wirkte es so, als würde die Sonne, die auch auf der realen Ebene geraden auf uns nieder schien, durch diese Öffnung strahlen. Fast sofort spürte ich, wie meine Kraft zurückkehrte und ich mich wieder mindestes so wach fühlte, wie ich zum Beginn der Schlacht gewesen war.

„Was war das?", wollte ich verwirrt wissen. Sie gab mir ein geheimnisvolles Lächeln und sagte nur: „Eine kleine Spezialität von mir. Ein Geheimnis, von dem selbst die Elfen keine Ahnung haben und glaub mir, dafür muss nichtmal jemand sterben." Ich hatte das Gefühl, dass sie dabei auf mindestens einen, vermutlich mehrere Umstände anspielte, von denen ich keine Ahnung hatte. Es war mir aber auch egal. Danach konnte ich sie auch noch fragen, wenn diese Schlacht vorüber war. Erstmal hatte es mir geholfen, also wurde es nicht hinterfragt. Meine bereits erwähnte Lebenshaltung. Ich bedankte mich also, bevor wir beide uns wieder in die Richtung drehten, aus der der Lärm der Kämpfe bis zu unserem Standort im Abseits zu hören war. Und ohne weitere Absprache setzten wir uns dorthin in Bewegung.

Unser erster Versuch verlief eher nicht so gut. Wir trafen auf eine große Gruppe von Soldaten des Imperiums. Zu viele, um sie besiegen zu können, also machten wir uns den Umstand zu nutze, dass sie alle in die falsche, oder für uns eben richtige Richtung blickten. Wir liefen schnell zwei Straßen weiter und dort standen tatsächlich unsere Verbündeten. Nicht nur das, ich glaubte sogar mehrere von ihnen wiederzuerkennen. Einer von ihnen war beispielsweise der junge Elf, der tatsächlich Enthusiasmus gezeigt hatte, als ich eine der Aufgaben an die Elfen vergeben hatte. Manche Gesichter prägen sich eben auf diese Art ein. Besonders positive genauso wie besonders negative.

Ich wusste nicht, wer mich als erstes entdeckt hatte, aber es dauerte nicht lange, bis ich Getuschel hörte, in dem auch mein Name, Hammerfaust und nicht Roran in diesem Fall, enthalten war. Als ich näher trat, bildete sich eine Gasse, um mich durchzulassen. Ich folgte dieser indirekten Aufforderung und nach einigen Metern öffnete sich das ganze zu einem weiträumig freien Raum. Das Bild, welches sich in der Mitte bot war grauenhaft. Ein einzelner breitschultriger Mann mit braunen, blutverklebten Haaren und einem auf Bauchhöhe weit ausgebeulten Panzer, sowie umfangreicher weiterer Rüstung, stand dort in einem Feld aus Leichen jedes Volkes und hatte seine Waffe über die Schulter gelegt. Eine riesige, brutal aussehenden Keule mit Nägeln daran. Sie sah so aus, als ob selbst die meisten Kull Probleme hätten, sie zu schwingen. Auf irgendeine Art konnte er sie jedoch mit einer Hand dort halten.

Ich wollte schon fragen, wieso er dort so alleine und unbehelligt stehen konnte, aber diese Frage wurde sogleich von selbst beantwortet. Drei Kull und zwei Zwerge schienen sich zusammengetan zu haben und stürmten vor. Dieser Mann, der allen Beschreibungen und seiner Position nach nur Graf Barst sein konnte, der Adelige, den Galbatorix mit der Führung seiner Armee betraut hatte, nahm seine Waffe nun wieder in beide Hände. Er schwang sie mit einer Geschwindigkeit, auf die jeder Kriegsheld der Urgals stolz wäre, und traf bereits zwei der Gehörnten tödlich an der Schläfe, bevor sie auch nur selbst in Angriffsreichweite waren. Der Dritte holte aus und sprang ebenfalls auf ihn zu.

Als die Faust des Angreifers nur noch etwa einen halben Fuß von Barsts Gesicht entfernt war, brach sie irgendwie ab und verkrümmte sich merkwürdig. Der Kull brüllte auf und stürzte dabei zu Boden. Dadurch wurde scheinbar auch sein Gegner auf ihn aufmerksam, wirbelte herum und im nächsten Moment flog der acht Fuß große Urgal tot durch die Luft.

Die etwas langsameren Zwerge waren inzwischen auch auf Angriffsreichweite heran gekommen und holten nun beide mit ihren Streitäxten aus. Den einen trat Barst mit dem Fuß aus dem Weg, sodass dieser mehrere Meter nach hinten geschleudert wurde und seine Waffe verlor. Der andere konnte noch angreifen, aber der Schaft seiner Axt zersplitterte auf dem selben Abstand, der auch das Ende für die Faust des Kull bedeutet hatte. Den zerstörten Waffen auf dem Boden nach zu urteilen war es nicht die erste, die diesem unsichtbare Schutzwall oder der grausamen Keule zum Opfer gefallen war. Barst hob nun seine Keule über den Kopf und ließ sie auf den Zwerg nieder rasen. Ich sah sogar noch, wie dieser zur Seite sprang, doch irgendwie gelang es dem Grafen, seine Keule noch in der Luft so gut zu kontrollieren, dass sie den Zwerg dennoch genau im Rücken traf und am Boden zermalmte.

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Diese Gegner hatte weit übermenschliche Kräfte, übermenschliche Ausdauer und anscheinend einen Schutzzauber, der jeden Angriff scheinbar ohne den Verlust von Kraft ablenkte. Ich musterte ihn so genau ich konnte. Irgendeine Schwäche musste er haben. Seine Stärke schien gegen alles zu widersprechen, was ich bisher über Magie und Menschen wusste. Noch dazu sah er nichtmal so besonders trainiert aus, mit dem Panzer, der offenbar auf Bauchhöhe extra dick angefertigt worden war. Das geschah für gewöhnlich nur dann, wenn ein Mann selbst zu voluminös war, um in eine gewöhnliche Rüstung zu passen.

Während er nach seinem Sieg über die Angreifer ein Siegesgeheul ausstieß, dachte ich fieberhaft darüber nach, was ich verpasst hatte. So stark konnte niemand sein, nichtmal die Elfen. Irgendetwas musste ich übersehen haben und wenn wir dieses etwas nicht finden würden, wäre es gut möglich, dass das unser Ende wäre.

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3871 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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