Kap. 124 Auf zum Ende

Eragon pov

Es war wirklich, wirklich beunruhigend, dass Galbatorix im Eingangsbereich seiner Residenz tödliche Fallen verwendete. Abgesehen davon, dass es mich noch viel weniger sein Besucher sein wollen ließ, stand es im Widerspruch zu all dem, was ich über ihn zu wissen geglaubt hatte. Oromis hatte gesagt, dass Galbatorix es sich zum Ziel gesetzt hatte, mich zu fangen, und dass er seine Ziele niemals aufgab, nur weil der Weg dorthin schwierig war. Den gesamten Krieg über hatte alles danach geschrieen, dass er mich nicht töten wollte. Aus den Geistern der Soldaten hatte ich sogar gehört, dass ihnen mit schlimmerem als der Todesstrafe gedroht worden war, sollte einer von ihnen es wagen, mich zu töten. Und jetzt kamen auf einmal diese Fallen, von denen schon die ersten beiden hätten tödlich sein können.

Jede Einschätzung, die wir im Voraus zu einem möglichen Plan gemacht hatten, war damit mehr als nur hinfällig. Ein gewisses Stück Nervosität kehrte wieder zurück, dass mich zuvor wenigstens einige Minuten in Ruhe gelassen hatte, da ich auf andere Dinge konzentriert gewesen war.

Als dann auch noch das Brüllen hinter uns ertönte, drehte ich mich hastig um und sah gerade noch so, wie ein roter Schuppenberg in den Eingang hinein flog. Als ich die Szene später noch einmal vor meinem inneren Auge vorbei ziehen ließ, hatte ich festgestellt, dass Dorns Landung alles andere als sanft und kontrolliert gewesen war. Das hätte eigentlich mein Hinweis sein müssen. So jedoch war ich zu sehr im Tunnelblick auf potentielle Gefahren konzentriert, um das festzustellen.

Stattdessen listete ich mögliche Szenarien vor meinem inneren Auge auf. Alle drehten sich in irgendeiner Form darum, dass Glaedr und Oromis Leichen nun den Hügelkamm zierten. Sofort fuhr Angst durch mich und all die Unsicherheiten wurden noch stärker. Das lief alles ganz und garnicht wie erwartet. „Natürlich läuft es nicht nach Plan. Aber wann war das das letzte Mal so?", erinnerte mich Saphira in meinen Gedanken. Noch waren wir nicht in einem Kampf, deshalb waren unsere Gedanken verbunden. Ich konnte in dem Moment nicht verstehen, wie sie eine so optimistische Sichtweise behalten konnte, aber es war schon oft so gewesen, dass sie nachdachte, wenn ich von meinen Gefühlen übermannt wurde. Umgekehrt natürlich genauso, damit hatte schließlich alles angefangen. Mit ihrer Flucht vor den Ra'zac.

Sicherlich, meine Entscheidung hätte uns vermutlich das Leben gekostet, aber ich hatte nachgedacht, bevor ich versucht hatte, das Falsche zu tun. So glich sich das immer wieder aus. Vielleicht würde es dieses Mal ja auch die richtige Entscheidung sein.

Trotz dieser etwas später einsetzenden kalten Logik, die nahezu jedes Gefühl verbannte, weil Gefühle nicht zu ertragen waren, war ich verwirrt und verärgert zugleich, als ich ein Lachen neben mir hörte. Ein Lachen von Percy. Und wie schon zuvor sah ich nur die Gefahren, nichts anderes. Mein erster Gedanke war tatsächlich, ob sie uns vielleicht all die Zeit doch nur etwas vorgegaukelt hatten. Ein vollkommen surrealer Gedanke, mehr noch als bei Murtagh damals auf der Reise, aber ich blickte nur noch auf die Gefahren, nicht auf das, was dagegen sprechen konnte. Es war mir im Nachhinein etwas peinlich.

Bevor ich jedoch nachfragen und damit auch das letzte Stück von meinen Gedanken weggeben konnte, erklärte Annabeth glücklicherweise, worüber Percy gelacht hatte. „Magie und Macht mögen an diesem Ort gestört sein, aber körperlich überlegen sind wir trotzdem noch allen. Glaedr und Oromis sind am Leben und noch in der Lage zu fliegen." Ich verstand kein Wort. Weder den Zusammenhang, noch in irgendeiner Form, woher diese Annahme kam.

Man konnte mir die Fragen wohl vom Gesicht ablesen, denn Annabeth erklärte weiter: „In Dorns Schuppen reflektieren sich zum Teil die Gestalten eines goldenen Drachens, der sich noch beweget, und er scheint jemanden auf seinem Rücken zu tragen. Mehr Details sind nicht zu erkennen, weil die Schuppen nicht so sauber sind wie Saphiras, aber es reicht um davon ausgehen zu können, dass sie am Leben sind." Ich sah sie vermutlich immernoch verwirrt an, aber dieses Mal nicht, weil ich den Inhalt nicht verstand, sondern weil ich vergessen hatte, dass nicht nur ihre magischen Fähigkeiten und Kräfte, sondern auch all ihre körperlichen Grenzen auf einer Ebene lagen, die nicht mehr vorstellbar war.

Aus eben diesem Grund war es natürlich garnicht so abwegig, dass sie soetwas sahen, aber sich vorzustellen, wie sich das anfühlen würde, gelang mir irgendwie nicht so recht. Daher eben auch mein Gesichtsausdruck. Dieses Mal wurde aber nichts weiter erklärt, ich hätte schließlich auch nicht gewusst was.

„Wir können später herausfinden, was da draußen passiert ist. Wenn Togira Ikonoka noch am Leben ist, dann müssen wir auf jeden Fall unseren Teil beenden. Was auch immer da passiert ist, wir können es nicht ändern!", legte Arya fest und ich war ein wenig erstaunt von ihrer Ausdrucksweise. Zielstrebig war sie immer gewesen, aber ich hätte nicht gedacht, dass es ausreichen würde, um dafür Sorgen um Oromis und Glaedr in den Schatten zu stellen. Recht hatte sie natürlich trotzdem.

Wir liefen also weiter, Percy und Annabeth voraus, die anscheinend weiter versuchten, mögliche Fallen zu identifizieren. Und dann hatten wir Glück auf eine sehr merkwürdige Art. Etwas, was normalerweise nicht als Glück angesehen wurde. Wir wurden von einer Gruppe Magier angegriffen, die aus einer der unzähligen Türen hervorgestürmt kamen. Dabei hatten sie bereits einen Sprechgesang in der alten Sprache, die absolut stümperhaft ausgesprochen wurde, angestimmt, mit dem sie anscheinend planten, uns in einen riesigen Feuersturm zu Hüllen. Zumindest klangen ihre Worte danach.

Und dann sah ich von der Seite, wie ein Grinsen über Percys Mund huschte. „Ich glaube, ich habe eine Idee, wie wir uns die restliche Fallensuche sparen können." In seinen Augen funkelte es, als ob er eine Idee hatte, die zumindest ihm sehr gut gefiel. Er streckte seinen rechten Zeigefinger aus, deutete damit auf unsere Gegner und ich spürte einen leichten Luftstrom. Zumindest auf unserer Seite war es nur das. Der weiter vorne aufgewirbelte Staub jedoch ließ mich vermuten, dass dort wahrscheinlich deutlich mehr Wind herrschte.

Und dann offenbarte sich, welchen genialen Plan Percy verfolgte. Die Magier rutschten langsam zurück, aber sie wurden schneller. Sie glitten und stolperten durch den gesamten restlichen Tunnel, bis plötzlich etwas geschah. Schätzungsweise etwas mehr als hundert Fuß vor dem riesigen Tor, welches das Ende des Ganges bildete, blitzte es einmal auf und alles, was man danach noch sah, war ein blutrotes Horrorbild, dass ich zwar schon oft während großen Schlachten gesehen hatte, aber durch all die Fallen war ich nicht mehr in dem Modus, in dem sich jede im Kampf hinderliche Gefühlsregung abschaltete. Hier dachte ich noch über jede einzelne Handlung nach. Für solche Geschehnisse war das ein Fehler.

Ich schloss die Augen und wandte mich angewidert etwas ab. Ich wollte die blutigen Leichen nicht sehen, aber genau das war der Plan von Percy gewesen. Mit ihnen als menschliche Testkörper konnten wir den Gang auf Gefahren überprüfen, ohne dabei selbst in diese zu geraten. Es war vorher schon abzusehen gewesen, dass die Magier diesen Prozess kaum unbeschadet und vermutlich nichtmal lebend durchlaufen würden, aber dieses Bild rief mir wieder in Erinnerung, wie entsetzlich all diese Dinge waren, die in einem Krieg und unter Galbatorix Herrschaft gleichermaßen geschahen. „Wir arbeiten daran, diesem Gemetzel ein Ende zu bereiten. Es wird eines geben, das ist unser Ziel, und wir werden es gemeinsam schaffen!" Saphira spielte erneut die Rolle, die mich daran erinnerte, warum all das nötig war. Den Grund hatte ich damals selbst gefunden, aber sich in den entscheidenden Momenten an ihn zu erinnern, war eine mindestens genauso schwierige Aufgabe.

Das einzig Gute an diesem Massaker war, dass die Falle sehr weit hinten lag. Mit etwas Glück bestand also Tatsächlichkeit Chance, dass es die letzte vor den Türen waren. Den Türen, die hoffentlich in den Thronsaal führen würden. Außerdem war bis dahin nichts geschehen, wir waren also vermutlich für ein langes Stück sicher.

Nachdem sich der Schreck also gelegt hatte, liefen wir vorsichtig weiter. Ohne weitere Probleme kamen wir tatsächlich bis einige Meter vor die Toten. So unschön der Anblick auch war, ich sah sie mir genauer an und stellte fest, dass sie scheinbar mehr oder weniger vertikal in zwei Hälften geschnitten worden waren. Nun wandte ich meinen Blick doch lieber wieder ab.

„Wie konnte das passieren? Ich habe nicht gesehen, was sie so zugerichtet hat", fragte Arya, ebenfalls nicht zu den Körpern schauen wollend. „Schwer zu sagen, es ging schnell. Es sah aus wie eine Art metallner Vorhang, der sich aus und wieder eingefahren hatte, aber selbst für mich war es zu schnell. Ich müsste es nochmal sehen, um genaueres sagen zu können", antwortete ihr Annabeth sachlich, auch wenn man selbst ihr ansah, dass sogar sie diesen Anblick lieber wieder aus ihrem Kopf verbannt hätte.

Sie rümpfte die Nase, als sie einem der gefallenen Magier mit dem Fuß einen Stoß gab, sodass dieser nochmals durch die selbe Stelle glitt. Keine schöne Art des Testens, aber vermutlich die beste, die uns gerade zur Hand gegeben war.

Ich versuchte, so genau wie nur möglich hinzuschauen, um selbst zu sehen, was dort geschah, aber es war wirklich einfach viel zu schnell. Einmal alles grau und rot und im nächsten Moment lag wieder der teilweise rot bespritzte Gang vor uns.

„Hervorschießende Klingen aus gehärtetem Stahl, gerade dick genug, um nicht zu zerbrechen und Unsterbliche zu treffen, aber nicht so dick, dass man sie einfach sehen würde." Hast du die Grundlagen dieser Welt vergessen? Stahl kann nur Menschen verletzen, keine Götter. Tja, ich habe da eine andere Theorie. Ach ja, und die lautet? Du würdest mir doch zustimmen, dass Götter wie Ares auch zum Beispiel einen Baseballschläger aus Metall verwenden könnten, oder? Ja, na und? Nun, wenn sie sie berühren können, dann können sie auch davon verletzt werden, oder nicht? Und? Ein Baseballschläger verletzt ja nicht durch die Schneide, sondern durch die Kraft. Korrekt, und genau darauf basiert meine Theorie. Der Nebel wurde mehrfach als eine Verzerrung der Welten beschrieben. Sterbliche sehen eine verzerrte Version der Realität, in der die Götter leben. Quasi so, als wäre die Wirklichkeit für sie unscharf. Was ist, wenn das Ganze auch für Metalle aus den unterschiedlichen Welten gilt? Ein Schwert hat eine so dünne Klinge, dass sie quasi verschwindet, wenn sie durch diesen Schleier verschwimmt. Wenn aber ein massiver Gegenstand wie der Baseballschläger auf diese Art verzerrt wird, dann reicht das nicht aus, um das gesamte Material verschwinden zu lassen, und somit kann er selbst in seiner verzerrten Version in der anderen Welt noch den nötigen Schaden anrichten. Das waren ganz schön viele Informationen und Annahmen, aber ich glaube ich verstehe den Punkt. Es ist aber trotzdem eine merkwürdige Erklärung. Hast du eine bessere dafür, dass Götter nicht durch jeden Gegenstand aus Metall hindurch fassen? Nein, so genau denke ich nicht über Fantasy Welten nach. Obwohl du selbst einer entstammst? Was soll denn das jetzt heißen? Die griechische Mythologie und damit dein Vater sind so gesehen auch aus einer Fantasy Welt. Und trotzdem bin ich hier. Verrückt, oder?

Leo schien eine sehr genaue Vorstellung davon zu haben, wovon er sprach, aber mir wurde es nicht ganz klar. Musste es aber vermutlich auch nicht. Für mich reichte vermutlich die erste Satzhälfte. Klingen aus Stahl, die anscheinend schnell und stabil genug waren, um Knochen zu zertrümmern, ohne dabei gesehen oder beschädigt zu werden.

„Aber wisst ihr was härter ist, als jede noch so dicke Stahlklinge, selbst wenn die Magie des Königs sie stabilisiert?", fragte Leo, auch wenn er eindeutige schon eine Antwort hatte. „Richtig, ein hauchdünnes Blech aus Chaosstahl. Das mit zwei zahnstocherdünnen Stangen aus dem gleichen Material wird ausreichen, um uns Durchgang zu verschaffen." Er streckte einen Arm aus und machte mit einer Hand eine Geste, mit der er genauso gut jemanden hätte erwürgen können. In der Mitte zwischen seinen Fingern bildete sich ein orangenes Leuchten, das immer mehr zu Flackern begann, bis es am Ende wie die Glut in den Essen der Schmieden aussah.

Er hielt seine andere Hand darunter und aus der Glut lief eine Flüssigkeit hervor, vermutlich irgendein geschmolzenes Metall, die er damit auffing. Früher hätte ich mich vielleicht gefragt, wie er etwas so heißes berühren konnte, aber ich hatte irgendwann gelernt, dass die Antworten auf diese Art von Fragen für gewöhnlich nicht hilfreich waren.

Als er eine geschöpfte Hand voll davon hatte, erlosch die Glut und stattdessen begann er auf die träge Flüssigkeit einzudrücken. Ich konnte seinen Bewegungen nicht mehr folgen, denn mein Blick wanderte immer und immer wieder den Gang zurück, denn ich verspürte immer den Drang, sicherzustellen, dass Murtagh und Dorn nicht auf einmal hinter uns auftauchen würden. Dieses eine Mal waren meine Impulse schneller als mein Denken und als ich sie wieder nicht sah und mich dementsprechend wieder zurück drehte, hielt Leo keine unförmige und noch halb flüssige Masse mehr in der Hand, sondern eine Art Rahmen, der etwa zehn mal größer als er selbst war, und dessen Kanten je ein wenig unterschiedlich geformt waren. Ob Magie oder handwerkliche Fähigkeiten dafür verantwortlich waren, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich wusste nur, dass das Ergebnis zwar groß war, aber nicht besonders herzumachen schien. Hätte ich nicht gewusst, wer es hergestellt hatte und was selbiger nur wenige Sekunden zuvor gesagt hatte, hätte ich vermutlich geglaubt, ich könne die einzelnen Streben mit zwei Fingern zerbrechen oder verbiegen.

Er wirkte mal wieder sehr hibbelig und sah aus, als wollte er diesen Rahmen unbedingt austesten, aber im letzten Moment fiel ihm scheinbar etwas ein. Er drehte sich um und hielt es in die Richtung von Percy und Annabeth. Zuerst wusste ich nicht, was da geschehen sein sollte, aber dann berührte Annabeth einen der Metalfäden sanft und das ganze Ding leuchtete auf. Vielleicht irgendwelche Magie, die ähnlich wie Rhunöns Tricks beim Schmieden die Härte verbesserten. Nun hielt er seine Konstruktion in den Bereich, wo die Magier gestorben waren. Ich an seiner Stelle hätte Angst gehabt, meine Finger zu verlieren, aber ihm schien diese Idee garnicht in den Sinn gekommen zu sein. Noch dazu wäre es nach meinem Kenntnisstand nichtmal mehr als ein bisschen schmerzhaft für ihn.

Er löste die Falle jedoch nicht vorzeitig aus. Erst als sein Gerüst an der entsprechenden Stelle saß, streckte er auch seinen Fuß zwischen den Streben entlang, sodass dieser ebenfalls im Bereich der Schneiden wäre, und ein lautes Knirschen ertönte. Zuerst glaubte ich, dass irgendeine Art Mechanismus ausgelöst wurde, der das Zuschnappen regelte, aber dann verarbeitete mein Gehirn die Informationen, die ihm gegeben wurden, und ich stellte fest, dass dieses Geräusch von dem Auftreffen der zwei Komponenten kam. Der Metallrahmen hatte sich kein bisschen verändert, aber links und rechts von ihm war nun das rotgrau, dass wir schon zuvor gesehen hatten, bewegungslos verhakt.

Nun sah all das aus wie ein fertig installiertes Konstrukt, aber ich wollte mir nicht vorstellen, wie viel Druck gerade auf diese dünnen Metallstücke ausgeübt wurde. Mehr als irgendein Lebewesen vermutlich jemals würde aushalten können.

Leo machte eine vollkommen übertriebene Verbeugung und sagte: „Leo und Kalypsos Werkstatt, Reperatur und Eintopf, treten Sie ein." Ich vermutete, dass das irgendeine Form von Anspielung auf etwas war, wo ich nicht dabei gewesen war, aber ich fragte nicht weiter nach. Wie um zu demonstrieren, dass seine Konstruktion stabil und sicher war, setzte er nun noch einen Fuß durch die Gefahrenzone hindurch. Fast so, als würde er eine Tür offen halten, und wollte somit klar machen, dass er sie nicht zu fallen lassen würde, während wir hindurch gingen.

Und so setzte Piper als erste einen Schritt hindurch. Ganz sicher war ich mir nicht, aber es kam mir vor, als wäre sie vielleicht einfach diejenige, die das meiste Vertrauen in Leos Werke hatte, denn noch sahen nicht alle so ganz überzeugt von der Idee aus. Aber es war nunmal die beste, die wir hatten. Sobald sie den ersten Schritt gemacht hatte, schien eine Art Widerstand gefallen zu sein, und die anderen Freunde traten ebenfalls hindurch. Übrig blieben nur noch Saphira, Arya und ich. In einer Klischeehaften Geschichte würde jetzt etwas schlimmes passieren, die Falle würde reaktiviert werden und die drei schwächsten wären von den Anderen und damit ihrer Absicherung abgeschnitten.

Ich warf Arya einen fragenden Blick zu und als sie mir zunickte, legten wir unsere Hände zusammen und liefen hindurch. Jetzt war nur noch Saphira übrig. Ihr schien das ganze nicht so richtig geheuer zu sein. „Metall-Faden-dünn-und-zerbrechlich gefällt mir nicht. Etwas so dünnes kann unmöglich zuverlässig solche Gewalt aufhalten", hörte ich sie in meinem Kopf, aber eigentlich halb zu sich selbst sprechen. „Seit wann achten wir denn auf Größe?", gab ich zurück. Es war nicht so, dass ich nicht verstehen würde, warum ihr dieser Weg nicht gefiel, aber wir hatte nicht wirklich eine Alternative und inzwischen hatten wir ja gelernt, dass man spätestens bei allem, was mit Percy und seinen Freunden zusammenhing, alles vergessen musste, was man über möglich und unmöglich zu wissen glaubte. „Zumindest wenn es um solche Sachen geht, die hauptsächlich von Magie abhängen", ergänzte ich deshalb noch meine ursprüngliche Frage.

Ich spürte, dass sie eigentlich wusste, dass es funktionieren würde, aber ich konnte ihr nicht verübeln, dass sie dennoch zögerte. Schon aus unserer Position war das hauchfeine Material etwas unheimlich, aber sie war ja noch um ein Vielfaches größer als wir, wodurch die Metallstreben noch dünner wirkten.

Auch als Leo dann noch rief, „Na los, große Dame, es ist alles sicher. Wenn irgendwas schief geht, bekommst du wie Glaedr passende Prothesen dafür. Weil du es bist sogar im passenden Blauton", war ich auch nicht so ganz sicher, ob es das unbedingt besser machte. Ich spürte aber, dass sie wirklich versuchte, sich selbst zu überzeugen, dass es nicht gefährlicher war, als alles, was wir sonst machten. Ich konnte ihr dabei jedoch nicht helfen. Sie musste in ihrer Welt ihre Motivation finden, nicht meine, solange sie nicht danach fragte.

Sie setzte trotzdem testweise eine Pranke dazwischen, wobei sie ihren Hals mühsam verrenkte, um nicht gleichzeitig ihren Kopf in die Gefahrenzone zu bringen. Als nichts passierte, blies sie einmal stark Luft aus den Nüstern, bevor sie sich vorsichtig durch den neu entstandenen Durchgang schob. Während uns der Geruch von Rauch und Feuer einhüllte, schritt sie an uns vorbei, bis auch das letzte Ende ihrer Schwanzspitze einen vollen Meter an den tödlichen Klingen vorbei gekommen war. Leo sprang begeistert hinterher und so waren es nur noch wenige Schritte bis zum Ende.

Vor uns lag eine riesige Pforte aus dunklem, vollkommen glatten Holz. Anders als die meisten, die wir an wichtigen Orten im Imperium gesehen hatten, war diese kaum metallbeschlagen. Nur der Rand und eine Hand voll dünner Beschläge, die mehr so wirkten, als müssten sie da sein, damit die Tür in sich stabil war, nicht um Einbrechern den Eintritt zu erschweren.

Das dunkle Holz wurde an den meisten Stellen von Farbe überdeckt. Es war alles übersäht mit kleinen Symbolen und Gestalten, die sich bei genauerem Betrachten alle den verschiedenen Völkern und Lebensformen Alagaësias zuordnen ließen. Sie alle zusammen formten eine Struktur, die das ganze fast wie einen Baum wirken ließ. Einen Baum, der die ganze Vielfalt unserer Welt widerspiegelte. Es gab kein Zentrum, sondern nur vier besonders große Äste. Auf der linken Seite unten die Zwerge, oben die Elfen. Auf der rechten unten die Urgals und oben die Menschen. Ganz unten in der Mitte, am Fuß des dieses Lebensbaumes hatte sich ein wundervoller Drache zusammengerollt und als ich näher trat, um die Details zu begutachten, überwältigten mich die Anzahl und Präzision von Feinheiten. Von kunstvoll gezogenen Gesichtszügen bis zu einer Vielfalt an Ähnlichen, aber nicht vollends identischen Schuppen, es war atemberaubend.

Ein paar einzelne Vergleiche, etwa zu einem gigantischen, sich um den Rand wickelnden Nïdhwal oder einer irgendwo im Geäst liegenden großen Katze, verrieten mir, dass jeder Teil dieses Tores mit akribischer Sorgfalt überarbeitet worden war. Ich hätte vermutlich Stunden hier verbringen können, mich an dieser kunstvollen Arbeit erfreuend und über die vielen Wesen lernend, aber leider hatten wir jetzt nicht diese Zeit. Wenn es jedoch irgendwie möglich sein sollte, so würde ich sie mir nach dem Krieg nochmal für einen vollen Tag vornehmen.

Bereit?", fragte ich Saphira und Arya im Geiste. Den Rest brauchte ich nicht fragen, ihre gezogenen Waffen und ihre Haltung sprachen für sich. Zugegebenermaßen, die von meinen beiden längsten Reisegefährten taten das auch, aber es schien mir nur gerecht zu sein, noch ein letztes Mal diese Frage zu stellen. Percy und Annabeth schienen unseren Austausch mehr oder weniger direkt nachzuverfolgen, denn als die Bestätigung auf meine Frage kam, wanden sie sich je einen Torflügel zu und begannen, diesen aufzuschieben.

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3384 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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