Kap. 113 Das Verlies der Seelen II

Eragon pov

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verging. Meine Gedanken waren so zerstückelt, dass es mir schwer fiel, überhaupt einen Gedanken zu bilden. Anders als der Eingriff der Zwillinge bei meinem Eintreffen in Tronjheim war es nicht wirklich schmerzhaft, die einzelnen Teile wurden anscheinend halbwegs behutsam behandelt, aber es brachte das Gefühl, ausgeliefert zu sein, auf eine ganz neue Ebene. Selbst als ich geglaubt hatte, Percy's Geist sei ungeschützt, und dabei völlig in die Falle getappt war, hatte ich zumindest noch denken können. Ich war genauso gefangen gewesen, aber es war nicht ganz so sehr zu spüren gewesen. In diesem Moment jedoch... selbst mein Bewusstsein war nicht mehr richtig das meine. Jeder einzelne Einwohner meines Geistes, wenn man wieder dieses Bild verwendet, wurde bis aufs Detail untersucht, jede noch so kleine Schrift in der Bibliothek meines Wissens und meiner Erinnerungen Buchstabe für Buchstabe analysiert und die Erde wurde umgewühlt auf der Suche nach verschwundenen Geheimnissen.

Irgendwann zogen sich die fremden Kräfte dann zurück und fügten meinen Geist dabei langsam wieder zusammen. Trotzdem brauchte ich einige Zeit, um wieder zu lernen, wie denken funktionierte. Das ist eine komische Vorstellung, aber es war so, als müsste ich die Verbindungen zwischen Wahrnehmung, meinen einzelnen Gedanken und meinen Handlungen wieder vollständig neu entdecken. Sobald zweiteres funktionierte, streckte ich sofort meinen Geist aus. Erst zu Saphira, denn diese Verbindung war intuitiv, aber nur einen Sekundenbruchteil später auch zu Arya. Von dem, was ich spürte, war es um sie ähnlich bestellt wie um mich.

Erst als ich überzeugt war, dass es ihnen beiden gut ging, begann ich mich überhaupt erst zu fragen, was mir gerade widerfahren war. Das Problem war, ich hatte keinen blassen Schimmer, was mir widerfahren war. Ich hatte nie auch nur etwas vergleichbares gespürt und so wusste ich schlichtweg nicht, was geschehen war, außer dass meine Gedanke auseinandergenommen worden und meine Fähigkeiten anscheinend für einen Moment auf null zurückgesetzt worden waren.

Ich öffnete die Augen, die ich in dem Moment, in dem alles angefangen hatte, instinktiv zugekniffen hatte. Vor mir erstreckte sich ein komischer Raum. Die Decke war nicht besonders hoch, aber von ihr hingen Tropfsteine herab. Direkt uns voraus schien es erneut abwärts zu gehen. Wie steil konnte ich nicht sehen, aber von dort aus kam das Licht, das diese Höhle zu größten Teilen beleuchtete. Dies war jedoch nicht der eigentlich entscheidende Teil, der mich faszinierte. Faszinierend waren die Kristalle, die den eigentlichen Raum zierten. In der Wand befanden sich hunderte Einkerbungen und sie waren gefüllt mit edelsteinähnlichen Gebilden in allen Regenbogenfarben, immer eines pro Nische.

Und dann setzten sich in meinen Kopf die Teile zusammen. Ich hätte nicht so lange gebraucht, wenn ich nicht einen Moment zuvor noch vollständig denkunfähig gewesen wäre, aber nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Es waren Eldunarí. Oromis hatte unrecht gehabt, es gab offenbar doch noch welche, die nicht in Galbatorix Gewalt waren. Selten war ich so glücklich gewesen, dass meine Lehrmeister falsch gelegen hatten.

Ich streckte meinen Geist erneut aus. Dieses Mal auf der Suche nach Neuem, nicht um der Absicherung des Wohlbefindens bereits Bekannter wegen. Ich fand auf den ersten Blick zwei neue Geister, die bei unserem Abstieg noch nicht präsent gewesen waren. Auf der einen Seite einen bereits Bekannten. Glaedr. Jemand hatte seinen in der Zeit eingefrorenen Eldunarí aktiviert. Wir konnten auf diese Weise zwar nicht über weite Strecken mit zum Beispiel Oromis kommunizieren, aber wir hatten einen Drachen der alten Zeiten, den wir kannten, auf unserer Seite.

Auf der anderen Seite war da eine gleissende Kugel aus Energie. Erst beim zweiten Hinschauen erkannte ich, dass es sich dabei ebenfalls um den Geist von jemandem oder etwas handelte. Die Kraft dort war so gebündelt, wie ich es noch nie gesehen hatte. Als ich das gerade fragen wollte, wem er gehörte, denn es einfach so herauszufinden war aufgrund der immensen Stärke unmöglich, hörte ich ein Gespräch mit, was anscheinend schon zuvor begonnen hatte.

Eine alte und mächtige Stimme sprach scheinbar direkt an unseren goldenen Lehrmeister gerichtet: „Glaedr. Du warst der einzige, der unseren Untergang überlebt hat ohne uns zu verraten. Mit dem heutigen Tag ist deine Aufgabe als einziger Träger des Wissens unseres Volkes abgeschlossen und du kannst nun ruhen. Möchtest du uns jedoch noch weiter zur Seite stehen, so ist es uns eine Ehre, dich unter uns zu haben. Die Seelen der Vergangenen danken dir in beiden Fällen."

Aus diesen Informationen lernte ich nichts direktes. Die eigentliche Bedeutung seiner Worte war noch immer zu kompliziert für mich. Eine Stunde Ruhe und ich hätte es geschafft. Zum Glück redete Glaedr bei seiner Antwort den anderen mit vermutlich dessen Namen an und dieser war mir durchaus bekannt. „Umaroth. Nach all den Jahren hatte ich schon lange alle Hoffnung aufgegeben. Ich hatte wirklich geglaubt, diese drei Eier wären die letzten. Wie ist es möglich, dass sich Drachen so lange verstecken? Seit wann laufen wir weg, anstatt zu kämpfen?" Es überraschte mich ehrlich gesagt zu hören, wie viel Wut in seiner Stimme und in seinen Emotionen lag. Ich hätte von ihm bloße Freude erwartet, aber diese spielte hier eine nebenrangige Rolle.

Ich verstehe deinen Zorn", antwortete Umaroth, der Drache von Vrael. „Du musst jedoch zwei Dinge verstehen, bevor du uns verurteilst. Zum einen hat jeder von uns gekämpft. Wir haben lediglich dafür gesorgt, dass wir selbst nach einer Niederlage noch nützlich wären. Außerdem, wir mögen Räuber durch und durch sein, aber nirgends steht geschrieben, dass ein Räuber seine Beute sofort angreifen muss. Seit kaum einem Jahr nach unserem Niedergang warten wir auf die ideale Gelegenheit, um den Dachs aus seiner Höhle zu jagen. Wir sind nicht feige, wir versuchen es nur mit einer für Drachen etwas ungewöhnlichen Taktik."

Die Beschwichtigung des damals wichtigsten aller Drachen schien tatsächlich ihr Ziel zu erreichen. „Vielleicht habt Ihr nicht ganz unrecht. Sobald ich wieder Kontakt zu meinem Körper habe, werde ich dieses Angebot mit meinem Reiter bedenken. Was dann geschieht, werden wir dann besprechen können."

Der Goldene war nun beruhigt, aber dafür keimte in den Worten des damals Weißen die Angst auf. „Verbindung zu deinem Körper? Sagtest du nicht, du wärst noch am Leben?", fragte er fast hektisch. Percy schaltete sich ein und erklärte Umaroth von den Magie blockierenden Orten und davon, wie sie den Kontakt von Glaedrs Eldunarí zu seinem Körper blockierten. Ich war nicht besonders überrascht als Vraels Drache fast Wort für Wort das selbe fragte wie Saphira damals. Ob und auf welche Weise ein Austausch zwischen Körper und Seelenhort stattfinden würde. Und auch für ihn schien die Antwort, dass er in einem Traum stattfinden würde, sobald wir diesen Ort verlassen hätten, weitestgehend zufriedenzustellen.

Während sich Umaroth nun endlich an uns wandte, deren ganzes Leben er eben noch auf Herz und Niere überprüft hatte, konnte man an Glaedrs Geist selbst von außen sehen, wie er langsam realisierte, was hier vor sich ging und er innerlich vor Erleichterung brüllte. Er trug das nicht absichtlich nach außen, aber ich und somit wohl hier auch jeder andere der wollte konnte es trotzdem sehen und spüren. „Eragon und Arya Schattentöter, Saphira Schimmerschuppe. Ihr seid also das Dreigespann, dass sich selbst das Ziel gesetzt hat, der entscheidende Funke im Kampf gegen Galbatorix zu sein?"

Es war eine rhetorische Frage gewesen, ohne Zweifel, aber Arya hielt das nicht davon ab, ganz deutlich zuzustimmen um dabei auch deutlich zu vermitteln, dass dieser Umstand für sie eine feste und unverhandelbare Tatsache war. Ich wusste inzwischen, dass sie seit dem Tag, an dem sie Ellesméra für das Yawë verlassen hatte, bereit gewesen wäre, bis zur finsteren Zitadelle in Urû'baen zu marschieren und alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Galbatorix zu töten. Sie hatte das nur nicht getan, weil andere Wege ihr zielführender schienen. Bei weitem nicht nur, aber auch diese Entschlossenheit war es, die ich an ihr bewunderte.

Das Küken hat Mumm, sie gefällt mir!", stellte Umaroth belustigt fest. Es stimmte, Drachen schätzten im allgemeinen Stärke und Mut. „Ich glaube, viel besser hätte die Konstellation, auf die wir hoffen müssen, nicht ausfallen können. Es ist uns, den Teilnehmern der letzten Falle für den Tyrannen, eine Ehre euch als Unterstützung unter die Arme zu greifen, oder wie man das in euren Völkern sagt. Wir sind weit weniger als die, die in die düsteren Armee der Sklaverei gefallen sind, aber wir haben unseren Verstand behalten. Der Mörder hat Kraft, aber wir haben Vielfalt und Vernunft und gemeinsam werden wir Rache üben. Rache für all die gefallenen." So beeindruckend Umaroths Ansprache auch gewesen war, ich hatte nicht jedoch das Gefühl, durch diese zu verstehen, was hier genau vor sich ging.

Wie konnten hunderte Seelen von Drachen unbemerkt verschwinden? Warum waren sie alle in einer Höhle bei einem Loch voll Feuer, oder was auch immer das flackernde orangene Licht verursachte, versteckt? Wieso stand vor mir ein stählerner Soldat mit Drachenkopf? Letzteren hatte ich eben erst bemerkt. Nicht weil er nicht auffällig war, aber weil alles andere hier an meiner ohnehin schon geschundenen Aufmerksamkeit zog. Mein Fokus war wohl bemerkt worden und so bekam ich, ohne überhaupt zu fragen, die Erklärung für diesen eisernen Krieger. „Das ist Cuaroc. Unsere Stärke besteht in der Kraft, die in unseren Seelenhorten schlummert, aber sollten wir es doch einmal mit einem Eindringling zu tun haben und sollten wir uns in diesem Fall verteidigen müssen, dann kommt er ins Spiel. In seinem Herz liegt ebenfalls einer von uns, der jede seiner Bewegungen steuert. Von ihm hat er auch seinen Namen."

Wie zum Beweis seiner Fähigkeiten erhob sich Cuaroc und lief zu einer der Nischen an den Wänden des Raumes. Als er dann aber einen weißen, enorm großen und geschliffenen Edelstein hervor holte, hatte ich das Gefühl, dass er nicht nur zeigen wollte, was er konnte. „Wie schon angedeutet, haben wir alle, mit mir als Vertreter, da sich sonst ein zu großes Durcheinander an Stimmen für euch bilden würde, entschieden, dass wir alle mit ein paar wenigen Ausnahmen euch begleiten werden. Keine Sorge, Küken, du musst uns nicht alle tragen. Einer von euch kann einen Zauber durch unsere Kraft wirken, mit dem wir dir in einer Falte des Raumes folgen können, ohne gesehen zu werden und ohne ein spürbares Gewicht zu haben. Da die Vorbereitungen dafür aber noch etwas Zeit in Anspruch nehmen werden, könnt ihr uns bis dahin noch Fragen stellen. Wir wissen, dass ihr so vertrauenswürdig seid, wie sich aus euren Erinnerungen nur schließen lassen würde. Zum größten Teil müsst ihr aber nunmal uns vertrauen und vielleicht helfen euch einige Antworten noch, das etwas besser zu machen."

Das Alte und mächtige Wesen die Situation so klar und deutlich darstellten und noch dazu bereit waren, offene Fragen zu beantworten, war ich in solchem Maße nicht gewohnt, dass ich einen Moment sprachlos war, bevor ich mich wieder fing und schnell fragte: „Wie kann ein solcher Ort entstanden sein und wie ist es möglich, dass Galbatorix nichts davon weiß? Dass niemand etwas davon weiß?" Drei Fragen auf einmal, aber wenn ich auf diese Weise eine klare und gute Antwort bekommen würde, würde das alle weiteren erübrigen.

Und tatsächlich, Umaroth begann zu erzählen, was damals geschehen war. „Als wir bemerkten, was Galbatorix plante, befürchteten einige von uns, dass er in seiner Zerstörungswut tatsächlich Erfolg haben könnte. Die meisten hielten das für ausgeschlossen, aber die wenigen, deren Zweifel sich ja schlussendlich bewahrheiteten, haben sie vorher überzeugt, dass es uns keine Nachteile, aber möglicherweise Vorteile bieten würde, wenn wir eine Art Notfallplan hätten, falls es zum Schlimmsten kommen sollte. Es war bereits viel durcheinander zu der Zeit, da immer wieder Berichte von toten wilden Drachen kamen, die sich nicht gegen die Magie des Mörders verteidigen konnten. Aus diesem Grund kamen auch die meisten wilden Drachen zu uns.

Einige von ihnen entschieden, ihre Eldunarí zu uns zu geben, denn sie hielten es für sicherer, als wenn Galbatorix sie bekäme. Aus diesem Grund lagerten dann hier in Dorú Areaba wohl über eintausend Seelen von uns Drachen. Der Rat der Ältesten, zu dem übrigens sowohl Glaedr, als auch ich selbst gehörten, hatte entschieden, dass bei dieser großen Zahl eine Abweichung weitestgehend verschleiert werden könnte. Zu junge und zu alte Eldunarí wurden ausgewählt, diese Höhle wurde gefunden und mit allen möglichen Methoden vor Eindringen und Aufspüren geschützt. So tief, wie wir unter der Oberfläche liegen, ist schon die Distanz und der massive Stein ein ausgezeichneter Schutz. Und so wurde dieses Versteck angelegt. Hauptsächlich für den Kampf und die Verteidigung unserer Heimat.

Die Eldunarí sind jedoch nicht der einzige, eigentlich nichteinmal der wichtigste Teil dieses Verlieses. Viel bedeutender ist das, was sich hier noch verbirgt. Bitte tretet dafür einmal durch den Raum, bis zu dem Rand der Lichtquelle und ihr werdet verstehen." Wir alle taten wie uns geheißen, aber noch im Gehen arbeiteten meine Gedanken auf Hochtouren daran, den Inhalt und die Bedeutung von all dem, was hier gerade passierte, zu verstehen.

Und dann standen wir dort. Unter uns lag flüssiges Feuer doch in den Wänden waren wieder Nischen. Darin lagen wieder Kristallgebilde in allen Regenbogenfarben und ich wusste sofort, was ich da vor mir hatte. Eier. Dracheneier. Ich konnte nicht so recht glauben, was das bedeutete. Saphira und Arya verstanden dieses Bild zur gleichen Zeit wie ich. Ihre Reaktionen hätten jedoch unterschiedlicher sein können. Von Arya empfing ich ungläubige Freude. Die Freude über die Hoffnung für das Volk der Herren des Himmels.

Saphiras Reaktion war um ein Vielfaches komplexer und verworrener. Ich konnte sie gut verstehen. Ihr Leben lang hatte sie in dem Glauben oder zumindest der Befürchtung gelebt, dass sie die letzte ihrer Art wäre. Entweder das oder nachdem sie Glaedr kennengelernt hatte trotzdem noch, dass die Drachen zum Aussterben verdammt waren. Es machte sie glücklich, dass das nicht der Fall war, aber gleichzeitig war sie traurig um die Sorgen, die sie sich deshalb gemacht hatte. Ihre Freude überstrahlte die von Arya zwar um Weiten, aber ihre gemischten und melancholischen Emotionen ließen das von außen nur schwer durchblicken. Ich glaubte jedoch trotzdem, dass sie sich über kurz oder lang mit der Vergangenheit abfinden würde und damit in der Lage wäre, sich schlichtweg zu freuen, dass das Schicksal ihrer Art doch noch nicht das Ende war. Für den Augenblick verlieh sie jedoch all diesen Emotionen mit einem ohrenbetäubenden Brüllen Ausdruck, sodass der Boden bebte und in der Ecke ein dünner Stalaktit in der Ecke herab stürzte.

Nahezu jeder Drache, der zu dieser Zeit im Begriff war, ein Ei zu legen, hat es möglichst schnell getan und uns übergeben, damit wir ihren und damit unseren Nachwuchs schützen würden. Achtundvierzig Eier liegen hier, vier davon wären bereit zu schlüpfen. Ihre Rettung ist unser größter Triumph über Galbatorix." Nun mischte sich auch Glaedr in das Gespräch ein. Ich wusste nicht wie oder wann, aber anscheinend waren seine Erinnerungen zurückgekehrt, nachdem er eine Weile hier unten war. „Der Plan bestand darin, im Falle einer neuen Möglichkeit fast alle Verbliebenen von uns als Unterstützung mitzunehmen und sie beim Verlassen diesen Ort vergessen zu lassen. Erst nach dem Sieg sollte es möglich sein, sich wieder daran zu erinnern und erst danach sollten die Eier wieder in eine sichere Welt gelassen werden und dort schlüpfen, um im Notfall unsere gesamte Art wieder ins Leben zu rufen.

Galbatorix hat, als er durch Murtagh zu meinem Reiter und mir gesprochen hat, den gesamten Orden als eingebildet bezeichnet. Er sagte, wir würden uns auf unserer Macht und unseren Einfluss so sehr ausruhen, dass sie uns naiv und unvorsichtig gemacht hätten. Nun kann man den ersten Teil beurteilen wie man will, - vielleicht waren wir sogar einige dieser Dinge - aber naiv und unvorsichtig waren wir wohl kaum, wie sich hier zeigt. Überheblichkeit und sein Selbstbewusstsein waren schon immer einige seiner größten Schwächen, deshalb war die bloße Idee, er habe uns unterschätzt, für ihn keine denkbare Option." - „Ebrithil, woher wisst Ihr so viel von diesem Plan? Ihr wart doch garnicht Teil davon", mischte sich Saphira nun in den ehrgeizigen Vortrag Glaedrs ein.

Das wurde mit einem schallenden Lachen quittiert, das, ob gleich nur im Geist hörbar, von den Höhlenwänden widerhallte. „Du hast recht, Saphira. Ich war keine der Seelen, die hier unten die Jahrzehnte überdauerte, aber das ganze Konstrukt, der ursprüngliche Plan, kommt von Oromis und deshalb haben wir den größten Teil der Zeit unseren Beitrag geleistet und waren in fast jede Kleinigkeit eingeweiht, bis auch uns zur Sicherheit das Gedächtnis genommen wurde." Langsam wurde es fast unangenehm, wie sinnvoll all das hier war. Jedes Detail war von vorne bis hinten durchgeplant gewesen, nur um im Falle einer möglichen Katastrophe auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.

Eine Lektion, die sowohl Oromis, als auch Annabeth, die die ganze Zeit hinter uns stand, uns sehr lange und deutlich eingebläut hatten. Fast konnte ich ihre beiden Stimmen wieder in meinem Kopf hören. „Erwarte Erfolg, aber sei immer auf den Fehlschlag vorbereitet." Diesen Satz konnte ich vermutlich selbst mitten in der Nacht nach einer Woche ohne Ruhe und Erholung wiedergeben, ohne auch nur nachdenken oder zögern zu müssen.

Mit der Ungeduld eines kleinen Kindes, dass immer mal wieder in deinem Geist zum Vorschein trat, fragte Percy nach ein paar Sekunden der Stille in die Runde: „Ausgezeichnet. Die Geschichtsstunde ist abgeschlossen, was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt darum kümmern, dass die Eier in naher Zukunft hier raus können? Von hier unten wird kein Krieg gewonnen werden. Cuaroc hat die Eldunarí fertig gestapelt, worauf warten wir dann noch?" Ich musste ein wenig schmunzeln bei der Vorstellung, wie sich die alten Drachen fühlen mussten, wenn ihnen nun etwas von einem völlig Fremden vorgegeben wurde. Wenn ich das richtig verstanden hatte, wussten die meisten ja nichts von alledem, was hinter Percy und Annabeth steckte. Ich wäre nicht verwundert, wenn daraus früher oder später noch ein Konflikt entstehen würde.

Ich meinte mich zu erinnern, dass Glaedr nur davon wusste, weil er einmal versehentlich etwas im Vorbeigehen an Umaroth und Vraels Unterkunft hier auf der Insel etwas aufgeschnappt hatte, was er nicht aufschnappen hatte sollen, und Percys Lehrer dann entschieden hatte, dass es besser wäre, wenn er vollständig aufgeklärt wäre, als wenn er etwas wisse und sich davon ausgehend möglicherweise falsche Dinge zusammenreimte. Es passte zu seiner Antwort, denn Umaroth sprach vollkommen unberührt, als sei diese Idee von jemandem auf seiner Autoritätsebene gekommen: „Eine gute Idee. Also, junger Reiter, junge Elfe, diese Raumfalte schafft einen vollständig neuen Raum an einem

festgelegten Punkt, den ich ein gutes Stück hinter Saphiras Schwanz legen würde. Dort entsteht ein winziges Loch in der Luft, die ihr seht, hinter dem sich ein weiterer Raum, weit größer als das Loch, verbirgt. Es ist nicht genau das selbe, aber irgendwie merke ich jetzt beim Schreiben, dass dieser Raum, den niemand sieht, irgendwie Ähnlichkeiten mit der Duat aus den Kane Chroniken hat. Der Eingang ist klein genug, um unentdeckt zu bleiben, solange man sich nicht speziell darauf konzentriert und genau weiß, wo er sich befindet. An diesem Ort können wir immer in unmittelbarer Nähe sein, um euch mit Kraft zu versorgen, ohne dieses Geheimnis der Drachen zu verraten. Und nun zu dem für euch nötigen Wortlaut." Ich konnte nicht überhören, wie er den letzten Teil formulierte. Es war unmissverständlich, dass Vraels Drache die Magie ohne Worte um Längen bevorzugte. Etwas, was man einem Drachen zugegebenermaßen nicht verübeln konnte.

Er ließ mich den Wortlaut immer wieder wiederholen, bis ich ihn mehrere Male in Folge, ohne mich zu versprechen, in der doppelten Geschwindigkeit sprechen konnte, um vollkommen sicher zu sein. Erst dann berührte Umaroth meinen Geist und ließ die Kraft in mich strömen. Obwohl es nur für einen dauerhaften Zauber war, der ja nicht all zu viel Energie in kurzer Zeit verschlingen durfte, war der Kraftstrom immens. Stärker selbst als der von Aren, in dem Brom ein halbes Jahrhundert lang seine Kraft gespeichert hatte. Die Welle der Stärke überrollte mich nicht so sehr, wie sie das vielleicht früher getan hätte, denn ich war schon ein paar Male mit Percy oder einem seiner Freunde verbunden gewesen, aber irgendwie fühlte sich deren Macht nochmal anders an. Es war auf jeden Fall so viel, dass ich das Gefühl hatte, wenn ich von außen glühen würde, wäre ich nicht besonders überrascht. Ich hatte keine Zweifel, dass es genug für jede Magie wäre, die ich jemals wirken wollen würde. Und so begann ich sicher und zuversichtlich den Zauber für die Raumfalte zu rezitieren.

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3364 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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