Kap. 109 Oberbefehl
Roran pov
Ich wurde entgeistert angesehen, wobei es schwer war, zu erkennen, ob der König selbst oder seine Adligen empörter wirkten. Wenn das Aufregen über Kleinigkeiten uns den Krieg gewinnen würde, dann wäre jeder von ihnen alleine in der Lage, den König persönlich vom Thron zu stoßen. Es war zwar eine Respektlosigkeit, aber zum einen hatte ich ihm alleine schon viel größere an den Kopf geworfen und zum anderen sollte das eigentlich grundsätzlich nichts sein, woran man mehr als einen Gedanken verschwendete. Ungefähr an diesem Punkt stand für mich fest, dass ich alles geben würde, meinen Kameraden einen solchen Oberbefehlshaber zu ersparen.
Wie bei nahezu allem im militärischen Bereich hatte ich eigentlich grundsätzlich kein Interesse an der Position. Ich würde sie nur dann freiwillig machen, wenn sich die Alternativen in meinen Augen als unwürdig oder unangebracht darstellten. Sie hatten das soeben alle getan, nur weil ich ihren eingebildeten König zu allererst korrigiert hatte, und deshalb würde ich eine Vielzahl von anderen Kandidaten unterstützen, das Amt jedoch selbst auch nicht verweigern, sollte ich dafür vorgeschlagen werden, was ebenfalls schon oft aus genau solchen Situationen heraus geschehen war.
„Ihr sagt, ihr hättet auf mich gewartet. Nun denn, meine Anwesenheit ist jetzt wohl nicht mehr zu übersehen, also worauf noch warten?", wechselte ich vorerst das Thema. Den meisten schien das nicht zu gefallen, aber sie schwiegen. Nur König Orrin persönlich murmelte in seinen nicht wirklich vorhandenen Bart hinein, „Das ist in der Tat nicht zu übersehen." Bei ihm hatte dies jedoch mit ziemlicher Sicherheit einen anderen Hintergrund und eine andere Bedeutung. Eine, die mich vielleicht stören würde, wenn sie mich interessieren würde.
„Ihr habt recht, Hauptmann!", sagte Jörmundur nun in einem viel zu formellen Tonfall. „Unser Problem ist uns jedenfalls denke ich allen bekannt. Unsere Anführerin wurde entführt und neben allen anderen Problemen, die sich jetzt weitestgehend auf ihre nächsten Berater oder ranghöchsten Vertreter verteilt haben, gibt es eine Frage, die sich nicht so leicht weitergeben lässt, da es dazu keine wirklich einzelne rechte Hand gibt. Die Frage um den Oberbefehl muss also erneut getroffen werden, dieses Mal mit weit aus mehr Zustimmungen, denn unsere Streitmacht ist größer geworden. Es ist nicht mehr nur eine Abmachung zwischen den Anführern von unseren beiden Seiten. Dafür sind wir jetzt zu viele und wir müssen schnell entscheiden, wer die Armee so klug, überlegt, mutig und erfolgreich wie sie führen kann. Wir erinnern uns, unter ihrer Führung haben wir auf den brennenden Steppen die erste entscheidende Schlacht gewonnen, wo mehrere Dutzend Soldaten auf einen von uns kamen. Nehmt euch also einen Moment Zeit und fragt euch, wen ihr für die beste Person für diese Verantwortung haltet."
Ob gleich ich glaubte, dass Jörmundur selbst ein ausgezeichneter Heerführer wäre, war ich mir darüber bewusst, dass er lieber von zweiter Stelle aus agierte. Er war schon unter Adjihad lange Zeit ein persönlicher Berater und Hauptmann gewesen, aber er hatte nie mehr gewollt. Eigentlich ein merkwürdiger Charakterzug, wenn man so darüber nachdachte. Für die meisten, die Macht haben wollten, war das Höchste immer das Beste. Er jedoch hatte mehrfach klar gemacht, dass die zweite Stelle sein Wunsch wäre. Vielleicht tatsächlich eine äußerst wertvolle Eigenschaft im allgemeinen, denn es war ein großes Hindernis für Intrigen und Machtspiele um die Führung. Derjenige, der am besten schlechten Einfluss ausüben könnte, war garnicht an einem Führungswechsel aus egoistischen Zielen heraus interessiert und damit nicht an einem Fehler oder einer Schwäche selbiger Führung.
Und trotzdem hätte Nasuada damals durch einen oder mehrere gravierende Fehler das Wohlwollen aller verlieren können. Das konnte zwar passieren, unabhängig davon, ob Jörmundur selbst Herrscher werden wollen würde, aber da er das nicht wollte, konnte man sich sicher sein, dass er alles geben würde, um der Führung zu helfen, ihre Aufgabe so gut wie nur irgend möglich auszuführen. In einem anderen Szenario, in dem er selbst nach der Herrschaft streben würde, könnte er versuchen, die Machtposition der Führung zu untergraben und das hätte weitreichende schlechte Folgen, da es Fehler im Allgemeinen fördern würde.
Wie schon gesagt, viel sprach für diese Einstellung und ich hatte beschlossen, sie zu ehren. Leider kannte ich ansonsten niemanden, dem ich diesen Titel zusprechen wollen würde. Martland Rotbart, einer von den Hauptmännern, der auch zu den persönlichen Beratern von Nasuada gezählt hatte, war mir auch noch in dem Sinn gekommen, aber ich wusste nicht genug über ihn und seine Fähigkeit im Anführen, um ihn so hoch befördern zu können. Er war zwar gerecht, nach allem, was ich damals von ihm mitbekommen hatte, aber Gerechtigkeit war keine Qualifikation, sondern eine essenzielle Grundlage. Sein kreatives Denken für den Kampf ließ sich nicht in vollen Zügen einschätzen, da er damals nur sehr grundlegende Befehle gegeben hatte.
Ähnlich wie bei Brigman waren seine Methoden zuverlässig und erfolgreich, aber wenn die Situation in großem Maße nicht wie geplant verlief, hatte er Schwierigkeiten gehabt, eine neue Lösung zu finden. Alle klassischen Methoden beherrschte er, solche, die normalerweise bei Ausbildungen sehr genau geübt und geprobt worden waren. Neue Dinge entwickeln und dem ganzen Heer jemanden zu geben, dem es mit Leidenschaft folgen würde, konnte er meiner Meinung nach eher weniger. Er war keine schlechte Wahl, aber für die beste hielt ich ihn definitiv nicht. Den Rest kannte ich entweder nicht, oder ich kannte ihn und würde ihn genau aus diesem Grund nicht in dieser Machtposition haben wollen.
Noch während ich darüber nachdachte, ob mir noch irgendjemand einfallen würde, betrat hinter mir noch jemand das Zelt. Bevor ich mich umdrehte, fing ich noch aus dem Augenwinkel einige Gesichtsausdrücke der Anwesenden auf. Überraschung und Missbilligung spiegelten sich darauf wieder, in noch größerem Ausmaß, als nach der Korrektur von Orrins Ausdruck durch mich. Als ich mich dann dem Geschehen hinter mir zuwandte, zog ich dann doch auch überrascht eine Augenbraue hoch.
Dort standen zwei von Franks Freunden. Soviel konnte ich anhand von Haltung, Ausstrahlung und ein bisschen dem Aussehen mit Sicherheit sagen. Wer genau sie waren, konnte ich nur zweifelhaft zuverlässig bestimmen, da ich sie zu lange nicht gesehen und zu selten gesprochen hatte. Ich war mir tatsächlich nicht ganz sicher, ob die anwesenden, aufgeplusterten Adligen ihre Empörung auf die bloße Anwesenheit der Neuankömmlinge bezogen, denn ich bezweifelte, dass sie sie extra eingeladen hätten, oder auf die Tatsache, dass sie beide weiblich waren. Frauen hatten in der Politik sonst eigentlich bisher nichts verloren gehabt. Im Falle von letzterem konnten sie sich glücklich schätzen, dass Thalia nicht unter den Neuankömmlingen war.
Für mich spielte das nicht wirklich eine Rolle. Ich respektierte, wer mich respektierte und seine Aufgaben gut erfüllt. Für andere schien das aber nicht so leicht hinzunehmen zu sein. An Orrins Hof gab es nur adlige Männer und deren Frauen, bei den Varden war Nasuada alles an Repräsentation gewesen, was wir gehabt hatten. Soweit ich mich erinnerte, gab es auch im Ältestenrat einige, aber dieser agierte immer mehr im Hintergrund.
Vor uns standen also zwei Frauen, beide sahen nicht älter als Katrina aus. Der Vergleich ist auch weiter noch recht passend, denn die eine von ihnen hatte ebenso braune Augen und das braun ihrer Haare unterschied sich nur minimal von denen meiner Frau. Dafür waren ganz klare Unterschiede in ihren schneeweißen Leinenkleidern und den mandelförmigen Augen zu erkennen. Auch waren die dünnen, geflochtenen Lederriemen, die von Gürtel bis Haarband an verschiedenen Stellen Einsatz fanden, eine recht seltene, aber nichts desto trotz gut zu ihr passende Eigenheit.
Direkt neben ihr stand die zweite Frau und hatte ihre Arme bereits verschränkt, vielleicht als Reaktion auf diese Begrüßung. Ihre Augen schienen ständig die Farbe zu wechseln, ihre Haare waren ebenfalls braun, aber von Natur aus eigentlich glatt. In ihnen steckten nur von verschiedensten Federn bis hin zu kleinen Perlen alle möglichen Gegenstände und die Enden sahen so aus, als sei sie damit an einer rostigen Säge hängengeblieben und jedes Haarbüschel sei an einer anderen Stelle gekürzt worden. Ich war jedoch überzeugt, dass das beabsichtigt war. Außerdem bemerkte ich noch eine Kleinigkeit, die mich von da an immer wieder irritierte. Wenn ich mich nicht genau konzentrierte, verschwammen ihre Gesichtszüge und wurden denen von Katrina ähnlicher. Was ich davon halten sollte, wusste ich nicht so ganz.
Auch wenn zweitere das mit ihren verschränkten Armen deutlicher zeigte, machte auch die andere nicht den Eindruck, als sei sie begeistert von diesem Empfang. Überrascht waren sie dennoch beide nicht. Ich hörte, wie sich hinter mir jemand räusperte und zu sprechen begann: „Wer seid ihr und was wollt..." Weiter kam er nicht, denn die Irritierende ergriff flink das Wort und mit honigsüßer Stimme und einem verführerischen Lächeln sagte sie: „Mein Name ist Piper und das hier ist Kalypso. Wir sind auch nur Vertreter von einem eurer vielen Verbündeten und denken, dass wir ebenfalls an dieser Besprechung teilhaben sollten. Ihr wollt doch sicher auch nicht, dass wir nicht dabei sind, oder?" Auch die eben als Kalypso vorgestellte hatte ein ähnliches Lächeln aufgesetzt, aber sie war damit nicht ansatzweise so überzeugend, wie Piper, auch wenn ich mir selbst bei ihr sicher war, dass es nur ausgezeichnet geschauspielert war.
Ein Blick über die Schulter verriet mir jedoch, dass ich der einzige war, dem das aufgefallen war. Quasi alle anderen sahen sie verzückt an. Jörmundur schien weniger betroffen zu sein, aber unberührt von den Worten wirkte er trotzdem nicht. Für einen Moment fragte ich mich, warum ich nichts spürte. Funktionierte es bei mir nicht oder sollte es bei mir nichts bewirken? „Letzteres, je vernünftiger sich jemand verhält, desto schwächer ist der Effekt, so habe ich ihn für diese Situation gewählt", sprach in meinem Kopf die selbe Stimme, die soeben Surdas gesamten Adelsstand verzaubert hatte.
Über das in diesem Satz versteckte Kompliment freute ich mich zwar auch, aber ich wusste nicht, wie fest die Anwesenden jetzt in ihrer Trance verloren waren, deshalb ließ ich mir das nicht besonders anmerken.
Piper und Kalypso traten nun zu uns an den Tisch und sofort standen die zwei Männer rechts von König Orrin auf und boten ihre Plätze an. Niemals hätten sie das ohne irgendeine Art von magischen Einfluss getan. Sie tauschten einen Blick aus, den vermutlich wieder nur ich bemerkt hatte, und setzten sich statt auf die Stühle, einfach in die leere Luft. Sie schwebten rund zwei Fuß über dem Boden und überragten damit alle um ein paar Zentimeter. Wenn das ein Versehen gewesen war, dann bin ich ein Ra'zac.
„Also, wo waren wir?", fragte Kalypso, als sei nichts geschehen. Niemand schien mehr daran interessiert, sie loszuwerden, geschweige denn die Wachen zu rufen, was ebenfalls nicht besonders unwahrscheinlich gewesen wäre, hätten sie keine Magie benutzt und wären auch nicht von selbst gegangen. Jörmundur antwortete ihr, klang dabei aber irgendwie so, als sei er zumindest ein wenig benebelt. Sein gesamtes Verhalten war ein wenig so, als hätte er einen oder vielleicht zwei Becher Wein getrunken. Bei den anderen war dieser Effekt offenkundig doppelt so stark, aber auch bei ihm war es genug um mir aufzufallen. „Es soll sich gerade jeder überlegen, wen er als geeignet empfinden würde, um den Oberbefehl über die Armee zu übernehmen. Eragon ist zwar als direkt durch Nasuada Willen ernannter Anführer am ehesten dafür qualifiziert, aber er hält sich zu wenig direkt auf dem Boden des Schlachtfelds auf und ist damit zu oft nicht erreichbar. Außerdem liegen seine Fähigkeiten und seine Bedeutung in Magie und Einzelkampf, nicht in der Koordination eines gesamten Heeres. Deshalb brauchen wir dafür jemand anderen."
Anhand der Tatsache, dass Kalypso und Piper beide sofort nickten, statt zu fragen, wo dann bitte Eragon als zumindest wichtiger Teil der Hierarchie war, schloss ich, dass sie ebenfalls wussten, wohin oder zumindest dass Eragon davongeflogen war. Gab es eigentlich irgendwas, was sie nicht immer, sofort und vor allen anderen wussten?
Ich hatte nicht erwartet, diese Frage beantwortet zu bekommen, aber ich irrte mich. „Natürlich nicht, genau dazu sind wir da!", tönte eine Stimme in meinem Kopf, die ich zuvor nur für einen einzelnen Satz gehört hatte. Kalypso. Sie lächelte mich von der Seite amüsiert an, während sie meinen vermutlich leicht entgeisterten Gesichtsausdruck genoss. Es wirkte nicht so, als machte sie sich über mich lustige sondern einfach das spielerische Auskosten von Überlegenheit, die ich niemals wagen würde anzuzweifeln.
Als sei dies nicht geschehen, lächelte sie nun auch in die Runde und fragte: „Und gab es schon irgendwelche Vorschläge?" Die ehrliche Antwort bestand aus einheitlichem Kopfschütteln, dann erhob jedoch einer von den Adligen, den ich als recht wichtig in Erinnerung behalten hatte und für dessen Name ich mich an Irwin zu erinnern glaubte, seine Stimme. Götter, warum mache ich das überhaupt noch und denke mir nicht einfach einen vollständig neuen Namen aus oder übernehme ihn einfach von jemandem aus einem anderen Kontext? Es würde niemand merken und ich hätte nicht drei Viertel des deutschsprachigen Eragon-Wikis durchlesen müssen. Warum???
„Nachdem wir beim letzten Mal wegen ihrer Anwesenheit beim Sieg von Tronjheim zu Gunsten von Nasuada entschieden haben, ist es nun nur gerecht, wenn der Oberbefehl dieses Mal nach Surda geht. Ich möchte unseren König Orrin vorschlagen." Genau das, was ich erwartet und befürchtet hätte. Ich wollte mich eigentlich nicht so direkt mit dem König selbst anlegen, aber die Entscheidung, ob ich es im Notfall tun würde, hatte ich schon getroffen. Trotzdem ließ ich einige Sekunden Pause, in der Hoffnung, jemand anderes würde sich kritisch äußern und ich bräuchte diese Person nur unterstützen.
Ich hatte ausnahmsweise Glück - es ist eine pure Frechheit, dass ich mich traue, soetwas zu sagen. Ich lebe nur wegen meinem Glück noch - und so kam mir Piper zuvor. Sie schaffte es irgendwie, die selbe Botschaft wie ich rüberzubringen und dabei so verführerisch zu gucken, dass niemandem richtig auffiel, wie direkt sie soeben den König beleidigt hatte. „Ich halte Euer Argument für zweifelhaft, Irwin, es geht in diesem Krieg nicht darum, Autorität gerecht zu verteilen. Das können wir im Anschluss machen. Wir brauchen die besten Fähigkeiten, um zu gewinnen. Und ich fürchte, bis auf seine Kavallerie hat König Orrin militärisch weniger Erfahrung als jeder Fußsoldat."
Auf den Gesichtern von Kalypso und Jörmundur sah ich die selbe Belustigung, die auch in mir aufstieg. Die anderen waren zu sehr von Pipers Blicken eingewoben, um den Inhalt erfassen zu können, und das war wohl auch besser so.
Ein Teil der Botschaft schien allerdings doch angekommen zu sein, denn nun fragte eben professionell Beleidigter zurück: „Nun gut, aber wen würdet Ihr denn vorschlagen?" Irgendwie kam mir die Idee, wie komisch es doch wäre, wenn sie nun einfach sich selbst vorschlagen würde. Dann hätte sie binnen zwei Minuten von zwar meines Wissens wichtigen, aber offiziell nur geduldeten Verbündeten den Aufstieg zur Heeresführung gemacht. Eine Veränderung, mit der ich ohne Probleme leben könnte, denn ich hatte sie oder hauptsächlich ihre Freunde schon oft im Kampf gesehen und etwas sagte mir, dass sie nicht nur als einzelne Kämpfer außergewöhnlich waren, sondern auch mit Kriegstaktiken mehr Erfahrung hatten, als wir hier denken würden.
Wenn sie gewollt hätten, hätten sie diese Veränderung jedoch mit ziemlicher Sicherheit auch schon früher durchsetzen können, deshalb bezweifelte ich das sehr stark. Und in diesen Zweifeln wurde ich dann auch bestätigt. „Vielleicht jemanden, der schon Erfahrung darin hat, aussichtslose Situationen umzudrehen und dem Imperator auf der Nase herumzutanzen." - „Ein Bild, was ich übrigens überaus gerne sehen würde", murmelte Piper in Kalypsos Satz hinein, ehe diese nunmehr mit einem Schmunzeln auf den Lippen fortfuhr: „Wir wissen denke ich alle, dass wir zahlenmäßig noch immer weit unterlegen sind und sich das weder durch den Zustrom der Elfen vor Urû'baen, noch auf sonst eine andere Art und Weise ändern wird. Wir müssen aus der Unterzahl und dem Feldnachteil heraus gewinnen und es gibt nur einen, der das bisher in solch einem Verhältnis erreicht hat. Deshalb schlage ich Hauptmann Hammerfaust für das Vorrecht des Oberbefehls vor."
Und dieser Satz schien dann selbst Orrin, der die beiden Frauen vorher nur mit funkelnden Augen beglotzt hatte, zurück in die Wirklichkeit zu holen. Irgendetwas hatte er definitiv gegen mich persönlich. Versteht mich nicht falsch, das beruht auf Gegenseitigkeiten, aber ich hätte trotzdem darauf verzichten können. „Niemals, ein Bauer, der die Armee des Königshauses Langfeld führt? Dieser Emporkömmling..." - „Mäßigt Eure Worte", unterbrach Piper ihn mit seidenweicher Stimme, aus der jedoch ganz klar hervor ging, dass ihre Stimme gleich nicht mehr so seidenweich wäre, wenn er sich ihrer Anweisung widersetzen würde.
Er tat zum Glück für ihn, wie ihm geheißen, aber er sah dabei nicht so aus, als würde er das freiwillig tun, mehr als würde ihn irgendeinen Kraft davon abhalten, während er versuchte, mich mit Blicken zu durchbohren. Ich hielt dem mit einem freundlichen und entspannten Lächeln stand. Mir war bewusst, dass es nichts gab, was ihn mehr ärgern würde. „Erfolg in Aroughs oder nicht, er ist noch nicht lange genug in einem solchen Amt, um es zuverlässig ausüben zu können", knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Er hat bewiesen, dass er sich binnen kürzester Zeit in solche Situation hineinarbeiten kann und dass er eine natürliche Begabung für verschiedenste damit einhergehende Dinge hat sowieso. Niemand außer Nasuada ist auch nur in die Nähe seiner Beliebtheit in den Reihen unserer Armee gekommen. Genau wie sie hat er die Fähigkeiten, Pläne zu schmieden, Menschen für diese Pläne zu begeistern und diese Pläne erfolgreich durchzuziehen. Sagt mir, König, von wie vielen Menschen hier im Lager könnt Ihr das noch behaupten?" Während ihrer Argumentation blieb Kalypso völlig sachlich und wenn man nicht durch ihre Argumente an sich eine klare Antwort bekommen würde, dann würde man alleine am Tonfall nicht erraten können, welche Position sie vertrat.
Nachdem sie allen Anwesenden einen Moment Zeit gegeben hatte, in dem sie das gesprochene verarbeiten konnten und bei Bedarf Einspruch hätten erheben können, wandte sie sich nun direkt zu mir. „Tut mir leid, immer wieder in dritter Person von Euch gesprochen zu haben, Hammerfaust, es sollte Euch nicht kränken. Auch möchte ich natürlich nicht diese Entscheidung für Euch treffen, deshalb möchte ich gerne direkt von Euch wissen, würdet Ihr dieses Amt übernehmen wollen, denn falls nicht, könne wir die Diskussion gleich hier abbrechen." Jedes Mal, wenn sie mich mit einer der förmlichen Anreden angesprochen hatte, hatte sie das ein wenig speziell betont. Ich war mir nicht sicher, ob nur ich das gehört hatte, aber es hatte den Anschein, als ob sie diesen Umgangston ebenso wenig mochte wie ich.
Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn ich damit helfen kann, diesen Krieg schnellstmöglich zum richtigen Ergebnis zu wenden, dann bin ich gerne bereit, diese Verantwortung zu übernehmen. Und König Orrin..." Diesmal fokussierte ich ihn mit meine Augen und fuhr dann nach einem Moment der Stille mit todernster Stimme fort: „Ihr könnt Euch sicher sein, dass Ihr Euch nach dem Krieg nicht länger von mir solche Positionen stehlen lassen müsst. Ich bin nicht an dauerhafter Macht interessiert, sie ist für mich ein Mittel zum Zweck und dieser Zweck ist, in Frieden ein ruhiges Leben leben zu können."
Als ich geendet hatte, wurde es still im Zelt. Jeder wartete, dass jemand anderes etwas sagen würde. Kurz bevor es unangenehm wurde, rettete Jörmundur die Situation, indem er erklärte: „Mich haben diese Ausführungen überzeugt und ich kann sagen, dass Nasuada das ebenfalls getan hätte. Im Namen der Vertretung der Varden befürworte ich Roran als neuen Oberbefehlshaber. Gibt es jemanden, der begründet gegen diesen Vorschlag in die Bresche treten möchte?" Jeder sah daraufhin einen anderen an, denn es war offensichtlich, dass die meisten von ihnen ebenfalls eher König Orrins Argumentation gefolgt wären, aber keiner sprach ein Wort. Sie alle hofften, ein anderer hätte den Mut, Widerspruch zu äußern, aber keiner tat es. Die Frage in diese Richtung, also nach Widerspruch zu lenken, war wohl ein guter Schachzug gewesen.
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3231 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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