Kap. 102 Hauptmann Hammerfaust

Roran pov

„Ich hoffe, du konntest dich wenigstens diesen einen Abend ausgiebig erholen", begann Jörmundur das Gespräch. „Das auf jeden Fall und damit einhergehend auch ein wenig überschüssige Motivation gewinnen. Meine Entscheidung bleibt die selbe. Ich werde meinen Teil leisten, dieses Reich zu stürzen. Ganz gleich wie groß er ist." Er antwortete darauf mit einem grimmigen Lächeln und erklärte: „Mit diesen Voraussetzungen wird es uns gelingen. Wie ich schon sagte, du hast in deinen wenigen Monaten hier die Fähigkeit optimiert, Menschen zu Höchstleistungen anzuspornen und damit erfolgreich Pläne durchzuführen, die andere als Wahnsinn betitelt hätten."

Mit einem freundlichen Nicken nahm ich das Kompliment entgegen und als ich mich gerade fragte, warum er es heute nochmal wiederholte, erübrigte sich diese Frage. „Genau deshalb habe ich mir gedacht, es wäre vielleicht gut, dich als neuen Hauptmann anzukündigen. Zu diesem Anlass wirst du auch ein paar Worte an unsere Leute richten müssen. Dieses Mal wirklich an alle. Ich sage dir das jetzt, damit du dir bei Bedarf noch Gedanken darüber machen kannst, was du sagen möchtest."

Seinem Blick zufolge erwartete er eine Antwort auf diese nicht gestellte Frage und so gab ich ihm diese. „Ich habe keine besonders guten Erfahrungen mit Vorausplanung solcher Dinge gemacht, aber ich schätze diese Möglichkeit trotzdem." Er nickte und antwortete: „Das scheint von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu sein. Nasuada meinte einmal, dass es auf den Anlass ankommt. Während für hohe Beamte oder Adlige häufig besser ist, sich vorher über den Inhalt im Klaren zu sein, bekommt es der Position als Kriegsherrin besser, wenn man aus Emotionen und Überzeugung spricht. Ich bin einfach mal so frei, dich zu letzterem zuzuordnen." Diese Einschätzung konnte treffender nicht sein.

Auf dem Schlachtfeld wird nicht mit Logik gekämpft, also muss man die Menschen auch nicht mit solcher dort hin bekommen. Man muss ihnen ein Gefühl geben, für das es sich lohnt. Es war logisch und einleuchtend, dass Nasuada eine bessere Herrscherin als Galbatorix war, die dem Land mehr Wohlstand bringen würde. Wenn man auf dem Schlachtfeld jedoch Angst hatte, und das hatte jeder klar denkende Mann, dann schaltete das logische Denken ab. Logik würde im Kampf zur Flucht führen. Hatte man jedoch wirklich das Gefühl, mit seinem Kampfgeist Teil einer großen Bewegung zu sein, die zusammen aller Leben besser machen würde, das Eigene eingeschlossen, dann würde dieses Gefühl von Zugehörigkeit und Hoffnung einem die Kraft und den Rausch geben, um sich der Angst zu stellen.

Genau das war damals geschehen, als ich alleine den Nahkampf gegen über hundert Soldaten aufgenommen hatte. Mein Sinn für Logik hätte mir vermutlich entweder mitgeteilt, dass ich versuchen sollte zu fliehen, oder schlichtweg dass ich sterben würde. Meine Überzeugung, dass ich mit meinem Einsatz Katrinas Leben nachhaltig verbessern würde und somit für jeden Ausgang des Kampfes zufrieden sein könnte, solange ich alles an den Sieg setzen würde, hatte mich zu fast unmenschlichen Leistungen beflügelt, die jeder Sinn für Rationalität von Grund auf als lächerlich angesehen hätte. Sicherlich war damals vieles zusammen gekommen, aber am Ende war ich nicht geflohen und trotzdem am Leben. Das war der springende Punkt. Für mich war dieser Tag der Inbegriff von menschlicher Motivation und so wusste ich schon jetzt, dass ich in meiner Rede nicht darum herum kommen würde, diesen Punkt anzusprechen.

„Ich werde dich vorher wieder rufen lassen, bevor es so weit ist. Noch wäre das keine gute Idee, da die eben abgelöste Nachtwache sich jetzt noch im Tiefschlaf befindet. Außerdem können wir damit unsere Ankunft in Urû'baen um einen Tag verzögern, denn diese sollte nicht all zu lange vor der Rückkehr deines Bruders erfolgen", sprach er eine in sich schlüssige Idee aus. Das klang für mich sinnvoll, auch dem Umstand verschuldet, dass ich mir nicht vorstellen wollte, wie es aussehen würde, wenn wir vor Eragons Rückkehr angreifen müssten oder angegriffen werden würden.

Er nahm sich noch die Zeit, mir ein paar Dinge bezüglich der Möglichkeiten zu erklären, die man als Hauptmann bei Übungen und auf dem Schlachtfeld hatte, und obwohl ich viel davon bereits intuitiv angewendet hatte, da es mir schlichtweg logisch erschien, schwirrten beim Verlassen des Zeltes Konzepte, Ideen und Pläne durch meine Gedanken, von denen ich einige später einmal anwenden wollen würde, andere unter allen Umständen ablehnte, weil ich aus anderen Dingen weitaus besser den selben Nutzen ziehen konnte.

Um den Kopf frei zu bekommen, lief ich zügigen Schrittes zum großen Trainingsplatz. Es war eigentlich nur eine freie Fläche am Rand des Lagers, aber nach jedem Tag des Reisens, wenn alles abgebaut, einige Meilen weiter transportiert und wieder aufgebaut wurde, formte sich dieser Platz fast wie von selbst. Die einzigen Trainingsgeräte bestanden zwar aus einigen kurzen Baumstämmen, deren Holz glatt genug war, um nicht zu splittern, und ein paar gusseiserne Kugeln. Was man dann damit tat, war einem weitestgehend selbst überlassen. Solange man die Kugeln keinem Kameraden auf den Kopf warf, interessierte das eigentlich niemanden.

Die meisten hier entschieden sich lieber für Kämpfe gegeneinander, um ihre Technik und Instinkte zu verbessern, aber es gab eben auch einige, die sehr viel Wert auf ihre rohe Stärke legten. Vor allem handelte es sich dabei um diejenigen, die mit auf Durchschlagskraft basierenden Waffen kämpften. Seien es Keulen, Hämmer oder Äxte. Sie alle wurden weniger mit Präzision geführt und stattdessen gewann man einen Kampf dadurch, dass der Feind die Wucht eines Schlags nicht abfangen oder ablenken konnte.

Besonders die Kull schienen nichts anderes tun zu wollen, als hier ihre Kräfte zu messen und zu erweitern. Ihre Baumstämme waren etwa dreimal so lang wie unsere, sodass kein Mensch auch nur eine Chance stehen würde, sie alleine anzuheben. Schon das durch die Gegend Rollen war ein wahrer Kraftakt. Ein Kraftakt, den ich nun gewillt war auf mich zu nehmen. Ich wusste inzwischen, dass das Überdenken von den Dingen, die ich sagen wollte, fast sofort in einem schlechteren Ergebnis endete. Wohingegen mir Ablenkung in Form von physischer Leistung den Kopf frei machte. Davon abgesehen hatte über den Zeitraum der letzten drei Wochen vielleicht zwei Tage wirklich gekämpft oder mich körperlich darauf vorbereitet. Es war also eine gute Gelegenheit.

Während ich meine Muskeln brennen und Schweiß meinen Körper hinab laufen spürte, kamen mir dennoch ein paar Themen in den Sinn, über die ich auf jeden Fall sprechen würde. Dazu gehörten in erster Linie der Aufbau einer Verbindung zwischen dem Sieg, Nasuadas Befreiung, den Leistungen und der Zufriedenheit von jedem Einzelnen zu bauen. Auch unerlässlich schien es mir, die bisherigen Siege in ein Licht zu rücken, das jedem das Gefühl gab, ebenfalls ein solcher Held sein zu können. Das konnte ich tatsächlich guten Gewissens tun, denn jeder konnte es. Er musste nur den Mut, Willen und das Glück dazu haben. Ich hatte das Gefühl, alleine mit diesen Ideen könnte sich der Kampfgeist noch einmal für die letzten Wochen auf absolute Höchstform heben lassen.

Ich schleuderte eine der Kugeln in der selben Bewegung quer über den Platz, mit der ich meinen Hammer schwang. Ich spürte dabei, dass sie schwer war. Zwanzig Pfund, vielleicht noch mehr. Mehr als fünf Meter von mir entfernt grub sie sich in den fruchtbaren Boden. Boden, wie ihn sich jeder Bauer wünschen konnte. Das wüstengleiche Land im Süden lag hinter uns. Hier war der Boden nahrhaft und feucht genug, um eine Familie zu ernähren und sich zusätzlich noch bequeme Anschaffungen wie mehr Holz für den Winter oder Ersatzkleidung leisten zu können. Ein Luxus, den wir uns zu meinen Lebzeiten nur ein einziges Mal hatten leisten können.

Ich nahm mir eine zweite Kugel und wiederholte den Ablauf. Diese flog weiter und schlug ebenfalls hörbar in den Sand ein. Ich spürte, wie eine Welle aus Wut auf mich zurollte, aber ich versuchte garnicht erst sie aufzuhalten. Krafttraining ließ sich sowieso viel besser umsetzen, wenn man sich bei jedem Wurf, Schlag oder Schub vorstellte, eines seiner Probleme zu treffen. Je intensiver, desto besser.

Die dritte Kugel flog nicht mehr als halb so weit wie die anderen beiden, denn ich hatte sie in einem schlechten Winkel geworfen. Das war nämlich das Risiko von Gefühlen am Kampfplatz. Sie konnten auch den Verstand benebeln und damit dafür sorgen, dass man unnötige Fehler machte. Es war so verdammt unfair. Warum musste ich mir das unbeschwerte Leben eines Bauern, der nur Jahr für Jahr seine Felder bestellt und in Frieden alt wird, mit einem Hammer durch Tod und Leid erkämpfen? Ich hatte nie jemand anders als den Pflanzenschädlingen das Leben nehmen wollen, aber ich war inzwischen um die eintausendmal in eine Entscheidung gedrängt worden. Eine Entscheidung, bei der entweder ich oder mein gegenüber sterben musste.

Die vierte und letzte Kugel fand ich in meiner rechten Hand wieder. Ich lenkte all meinen Hass gegen diese Umstände, die mich zu Taten zwang, die ich niemals begehen wollte, in meinen Arm, holte aus und schleuderte die gusseiserne Kugel in den Sand. Weit mehr als fünfundzwanzig Fuß vor mir. So weit hatte ich noch nie geworfen und in mir vermischten sich stolz und das Wissen, dass sich die rohe Kraft fast ausschließlich aus meiner Wut speiste. Aus diesem Grund kümmerte es mich auch reichlich wenig, dass zur Zeit niemand sonst auf dem Trainingsplatz war.

Solange ich die Richtung dieser Wut kanalisieren konnte, war das etwas Gutes, aber nicht selten fürchtete ich, dass ich es eines Tages vermasseln und die Wut ohne es zu wollen in die falsche Richtung lenken würde. Hätte ich bei diesem Gedanken noch eine Kugel zur Hand gehabt, wäre sie mit Sicherheit weiter als dreißig Fuß geflogen.

Kugeln fliegen schnell, aber die Zeit fliegt schneller. Roran hat noch etwa drei weitere Wutkraftausbrüche und bekommt von einem Urgal einen bewundernden Blick für einen seiner Würfe. Liebe auf den ersten Blick, würde ich sagen.

„Hauptmann Hammerfaust?", erklang die Stimme eines Jungen hinter mir. Definitiv noch zu jung um unter den Soldaten zu helfen. Ich drehte mich um und sah mich in dieser Annahme bestätigt. Es war einer der Jugendlichen, deren Familie vom Imperium zerstört oder zerrissen wurde und die deshalb unbedingt ein Teil dieses Widerstands sein wollten. Sie waren zu jung, um eine Entscheidung auf Leben und Tod zu treffen, von der Kraft her mithalten oder die nötige Disziplin zum Befehle befolgen aufbringen zu können. Über den letzten Teil sollte ich wohl nach meiner Geschichte lieber schweigen, aber ich war alt genug um mir über die möglichen Konsequenzen eines Gefechts im Klaren zu sein.

Der allgemeine Kompromiss war damit der, dass sie als Boten helfen konnten. Sie waren so nicht in Lebensgefahr, aber konnten trotzdem einen Anteil leisten. „Der bin ich. Schickt dich Jörmundur?", fragte ich gelassen zurück. Einen Moment starrte er mich mit großen Augen an. Anscheinend war er entweder nicht auf eine entspannte Antwort vorbereitet, oder er hatte noch garnicht so weit gedacht, was wäre, wenn er mich gefunden hätte.

Nach ein paar Sekunden schien er sich jedoch wieder gefangen zu haben und antwortete: „Ja, Herr. Er sagte, ihr sollt ihn wieder dort treffen, wo ihr ihn verlassen habt, Herr." Er sprach so schnell, als würde er verfolgt werden und seine vielfachen Anreden verrieten mir, dass er Angst hatte, etwas Falsches zu sagen. Viel Angst. Als ob ich ihm das übel nehmen würde. Ich hatte das größtmögliche Verständnis dafür, auch wenn ich nahezu nie bereit gewesen war, diese höfliche und förmliche Sprache zu sprechen.

„Sollst du mir noch etwas mitteilen?", wollte ich wissen. Er schüttelte hektisch den Kopf und in der gleichen Sprechgeschwindigkeit ergänzte er: „Es sei denn, ihr wünscht noch etwas, Herr, dann stehe ich für weitere Botengänge immer zur Verfügung." Dieses Mal war nicht nur Angst vor einem Fehler das treibende Motiv seiner Worte, sondern auch astreiner Eifer herauszuhören. Ein klares Beispiel für die Kinder, die mithelfen wollten, es aber nicht an der Front schafften.

Ich entließ ihn mit den Worten, „Nein, vorerst weiß ich alles. Deine Aufgabe ist fürs erste erfüllt. Danke." Der Botenjunge verbeugte sich und lief dann schnellen Schrittes in eine andere Richtung davon. Ich gab nun auch meinen Versuch, ein Loch in den Boden zu werfen, auf und lief zurück zum Zentrum des Lagers. Dieses Mal wurde ich bereits vor dem Zelt erwartet.

Er bedeutete mir sofort ihm zu folgen und unterwegs gab er eine ausführliche Erklärung über die Planung des weiteren Tathergangs und in Ansätzen auch den Grund dafür an. Es war tatsächlich eine gewagte Idee. Das Problem bestand jedoch darin, dass sie nur dann geeignet wäre, wenn ich meine Worte richtig wählte.

Und da waren wir. Der mit Pech geschwärzte Holzpfahl, an dem ich vor einer gefühlten Ewigkeit meine Strafe für das Benutzen menschlicher Vernunft empfangen hatte. Die Narben waren noch immer auf meinem Rücken und immernoch konnte ich mich an den kalten Schmerz erinnern. Genau dieses Erlebnis brachte mich auf eine Idee, wie ich alle anwesenden überzeugen konnte. Tatsächlich war ich mir sogar ziemlich sicher, dass es genau das war, was Jörmundur damit beabsichtigt hatte, auch wenn er es nur teilweise angedeutet hatte.

Wir standen noch hinter dem hölzernen Gestell, auf dem der Pfahl in den Himmel ragte, und konnten deshalb noch nicht gehört oder gesehen werden. Von der Geräuschkulisse aus leisem Flüstern und Rascheln folgerte ich jedoch, dass bereits das gesamte Heer anwesend war. Was vielleicht auch erklärte, warum niemand meinen letzten Wurf aus glühender Wut gesehen hatte. Sie waren bereits alle hier her gerufen worden. Vielleicht hatten meine Gefühle mich tatsächlich so weit von der realen Welt abgeschirmt, dass ich nicht gemerkt hatte, wie sie sich alle in die gleiche Richtung vom Übungsgelände entfernten.

„Bereit?", wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf und gab zurück, dass ich niemals für soetwas bereit wäre, aber ich auch nicht näher an diesen Zustand heran kommen könnte und er dementsprechend einfach seinen Plan starten sollte. Er antwortete mit einem verstehenden Schmunzeln und bedeutete mir dann, hinter ihm auf die Bühne zu treten. Ich tat wie mir geheißen und während den wenigen Stufen, die es auf das Podest waren, gab ich mir alle Mühe, mich auf meine Füße, nicht auf die Menge zu konzentrieren. Auf der Bühne selbst wäre dann das genaue Gegenteil angesagt.

Statt laut den Befehl zum Schweigen zu geben, was man vermutlich von einem Anführer erwartete, blieb Jörmundur einfach aufrecht stehen und ließ seinen Blick über die Menge schweifen, bis es still wurde. Auch wenn ich es nicht genau wusste, erschien mir die Überlegung naheliegend, dass er genau jetzt nicht Disziplin in den Vordergrund stellen wollte, sondern alle hier mit neuer Energie und Motivation aufzuladen als Ziel hatte. Ob ich richtig lag oder nicht, ich war mir sicher, dass er es sich vorher überlegt hatte und so tat ich es ihm gleich.

Es wurde erstaunlich schnell ruhig. Wenige Sekunden nachdem wir das Podium betreten hatten, hätte man ein Schwert in den Sand fallen hören, egal wo in der Menge man stand. Das kam uns zusätzlich zu Gute, da wir nicht schreien müssten, um überall gehört zu werden.

Und genau mit dieser Ansage eröffnete Nasuadas ehemalige rechte Hand ihre Ansprache. „Ich danke euch. Ihr seid alle hergekommen, um zwei zusammenhängenden öffentlichen Anlässen beizuwohnen. Zuerst möchte ich für all die, die es noch nicht erfahren haben, verkünden, dass Aroughs gesichert ist. Damit sind alle relevanten Städte des Imperiums in unserer Hand oder außer Kraft. Unser letztes Ziel ist nun die Hauptstadt. Die endgültige Konfrontation des Tyrannen. In einem Monat ist dieser Krieg zu Ende, egal wie es ausgeht. Einen Monat harte Arbeit und Entbehrung, dann können die Menschen wieder frei leben."

Bei den letzten Worten brandete ihm Jubel entgegen. Entbehrungen waren alle schon gewohnt, somit war das nicht die Ankündigung von Leid, sondern die vom Ende des Leidens. Als die Krieger wieder ruhiger wurden, fuhr er fort.

„Gleich mit der Eroberung von Aroughs geht unsere zweite Ankündigung einher. Der Anführer der Belagerung wird nun zum Hauptmann. Er hat jedoch nicht nur diese Situation für uns gedreht. Er ist auch der Grund, dass Teirm nicht von Belangen ist, da er das größte Kriegs- und Handelsschiff gestohlen und jeden verfügbaren Mann in den Wiederaufbau verpflichtet hat. Lang lebe Hauptmann Hammerfaust!" Mit diesen Worten zog er sein Schwert und reckte es gen Himmel. Sein letzter Ausruf wurde von der Menge übernommen. „Lang lebe Hauptmann Hammerfaust!"

Er trat einen Schritt zurück und ließ mich so symbolisch in den Fokus der Aufmerksamkeit rutschen. Ich räusperte mich einmal, um absolut sicher zu sein, dass meine Stimme nicht in den ersten Worten versagen würde. Anders als Jörmundur hatte ich auch keine besondere Einleitung, sondern begann einfach genau das zu sagen, was mich jeden Morgen dazu zwang, meine absolute Höchstleistung zu erbringen. „Ich bin kein Krieger!", sagte ich ruhig, so dass es aber trotzdem jeder hören konnte. Erneut diese Stille, in der man die leisesten Geräusche hören konnte.

„Ich bin kein Krieger, sondern ein Bauer, den das Schicksal in den Krieg gezwungen hat. Mein Bruder ist zum Reiter gewählt worden, deshalb wollte der König mich als Geisel nehmen und, als ihm das nicht gelang mein gesamtes Dorf niederbrennen. Das letzte Mal, als ihr hier alle versammelt standet, habt ihr gesehen, wie ich ausgepeitscht wurde, weil ich ein Risiko eingegangen bin. Ein Risiko, bei dem ich glaubte und glaube, dass es seine Chancen wert war.

Viele meiner Kameraden haben deshalb überlebt und jeder einzelne wusste, dass ich gegen meine Befehle verstieß. Heute befinden wir uns alle in einer ähnlichen Situation. Nach einhundert Jahren sind wir die ersten, die den Mut und die Kraft haben, sich einem Imperium entgegenzustellen, dass einen einfachen Bauer als Geisel nehmen will, nur um seine Tyrannei auszudehnen. Wir gehen damit ein Risiko ein. Wir haben die Chance auf eine bessere Welt, aber wir riskieren dabei jede Freiheit und Unabhängigkeit, die wir uns über einhundert Jahre hinweg erarbeitet haben. Genau deshalb können wir jetzt nicht mehr umdrehen.

Wir haben alles riskiert um alles zu bekommen und wir werden alles bekommen, wenn wir alles geben. Wie schon gesagt, ich war ein Bauer, ohne militärische Ausbildung und ohne magische Begabung und jetzt bin ich ein Hauptmann. Ich hatte weder eine bessere Ausgangslage als ihr, noch habe ich sonst etwas, dass ihr nicht erreichen könnt. Ich habe nur etwas, für das ich kämpfe, etwas, für das sich dieses Kämpfen lohnt. Ich hasse das Kämpfen und ich hasse das Töten, aber ich werde jeden, ohne Einschränkungen jeden bekämpfen und besiegen, der sich einer Welt in den Weg stellt, in der meine Frau in Frieden leben kann, ohne eine nächtliche Entführung durch Monster des Königs wie die Ra'zac fürchten zu müssen.

Ich würde diesen Weg selbst alleine fortsetzen, aber ich glaube, dass jeder von euch ebenfalls etwas hat, wegen dem er einen gerechten Frieden will. Als Hauptmann werde ich alles geben, um mit allen, die mir folgen, dieses Land wieder zu einem schönen und friedlichen Ort zu machen, in dem ich wieder in Frieden einer redlichen Tätigkeit nachgehen kann. Einem Land, in dem das jeder kann. Wenn es nötig ist, werde ich auch alleine nach Urû'baen marschieren, unseren Feind von seinem schwarzen Thron stoßen und die gerechteste Herrscherin, die wir je hatten, von dort befreien. Seid ehrlich zu euch selbst und sagt mir, seid ihr bereit, für diese Welt ebenfalls alles zu geben? Für Nasuada, unsere Freiheit, das Wohl aller und eure eigene Vision eurer eigenen Zukunft!"

Mit diesen Worten beendete ich meine Rede, riss meinen Hammer vom Gürtel los und streckte ihn gen Himmel. Die Dankbarkeit, dass er nicht irgendwo hängen geblieben war, ließ sich kaum mit Worten beschreiben. Für fast eine Minute war es nochmal absolut still. Entweder war ich hoffnungslos gescheitert, oder sie nahmen sich wirklich meine Worte zu Herzen und überlegten, für wen und was sie kämpften.

Schließlich hob einer der Männer irgendwo in der Mitte ein Schwert und rief: „Ich werde Euch folgen, Hammerfaust! Bis ans Ende!" Offenbar war das der Startschuss gewesen, auf den viele gewartet hatten. Immer mehr hoben ihre Waffen und wiederholten diesen Spruch, bis ich am Ende wahrhaftig niemanden mehr sah, der nichts gefunden hatte, wofür er kämpfen wollte.

Aus einer der hintersten Reihen brüllte ein Kull mit seiner grollenden Stimme: „Es lebe Hauptmann Hammerfaust!", und dieser Ruf wurde von der Menge übernommen und wiederholt, bis es ein immer gleicher Rhythmus bildete, der Kriegstrommeln durchaus ähnlich war. „Es lebe Hauptmann Hammerfaust!"

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3324 Wörter

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.

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