★Jax★
In mitten der ganzen Gäste starre ich nur geradeaus auf den Platz vor mir, auf den gleich alle sehen und heulen werden.
Wie so oft, wenn ich zu viel Zeit mit meinen Gedanken habe und mir alles zu viel wird, flüchte ich einfach in meine Erinnerungen an Reece, sein Lächeln, sein Duft, seine Stimme.
Ich vermisse ihn so unglaublich, dass es verdammt wehtut.
Ich weiß, er hat losgelassen, um Levi und mich zu retten und es bricht mir das Herz, dass es seine letzte Tat war, ein richtiger edler Ritter zu sein.
Eine Hand legt sich auf mein Knie.
Ich sehe dorthin und lege meine darauf.
Seine Berührungen sind immer tröstend.
Ich folge dem Muskulösen Arm noch oben, über seinen Anzug, zu seinen Schultern, seinem Hals und seinen rotgefärbten Haaren.
Levi sieht mich aufmunternd an. „Heute ist ein Tag der Freude, Kleiner"
Ich nicke nur niedergeschlagen und sehe wieder gerade aus.
Er hat Recht.
Nach zwei Jahren heiraten Ben und Marco endlich und ich sollte mich für sie freuen, aber ich kann nicht.
Ich finde es schrecklich, dass Reece diesen Tag nicht mit uns erleben kann, dass er nicht ihr Trauzeuge sein kann, weil er viel zu tot dafür ist.
All diese Sätze von wegen, er ist im Herzen immer bei dir, sind einfach nutzlos, denn die bringen ihn nicht zurück.
Levi hatte damals Recht.
Ich hatte Depressionen, aber durch Reece' Tod und alles, was danach mit mir passiert ist, ist mir das bewusst geworden.
Ich habe mich von Simon getrennt, mich von allen abgeschottet und mein Leid in der Trauer um Reece schon fast genossen.
Das Loch, das sein Tod in mein Herz gerissen hat, war das einzige, das noch von ihm übrig war und ich wollte diesen Schmerz sogar spüren, nur um mich besser an ihn zu erinnern.
Ich stand so oft kurz davor, mich zu ihm zu bringen, aber jedes Mal musste ich daran denken, dass sein Tod umsonst gewesen wäre, wenn ich mich umbringe und habe es sein lassen.
Dann habe ich festgestellt, dass dieser Satz: Die Zeit heilt alle Wunden gar nicht mal so unterbelichtet ist.
Die Wunde ist wirklich verheilt.
Zwar wird immer eine sehr tiefe Narbe in meinem Herzen bleiben, aber die Sache an Narben ist die, dass die da sind, um uns an die Verletzung zu erinnern.
Mich erinnert die Narbe in meinem Herzen, das Loch in meiner Seele an meine Liebe zu Reece und das ist es, was mir Halt gibt.
Und dann ist da noch Levi, der seinen Arm hinter mir auf der Stuhllehne ablegt und über meine Schulter streichelt.
Ich weiß, dass es ihm genauso ging wie mir, aber es hat ihm total geholfen, sich um mich kümmern zu können und mir hat es ehrlich gesagt auch geholfen.
Er hat mir so oft in den Arsch getreten und mich aus einem tiefen Loch nach dem anderen gezogen.
Ich bewundere ihn so sehr dafür, dass er für mich da war, obwohl wir uns eigentlich gehasst haben und er dasselbe gefühlt hat wie ich.
Doch ich denke, genau das ist es, was uns zusammenschweißt. Unsere Liebe zu Reece.
Als ich Musik höre, drehe ich mich mich, sowie alle anderen, nach hinten um.
Marco und Ben laufen von verschiedenen Richtungen lächelnd aufeinander zu.
Im Hintergrund läuft doch tatsächlich Jason Derulo mit The other side als ihr Hochzeitslied.
Aber sie scheinen es schön zu finden, denn beide haben total glasige Augen.
Als sie auf Höhe des Durchgangs ankommen, lächelen sie sich an, sehen sich tief in die Augen und gehen dann händchenhaltend zusammen nach vorne.
Sie haben sich für eine freie Trauung in dem Waldstück entschieden, das nach Reece' Tod ans Ben gefallen ist.
Die Trauung hat ihre Höhen und Tiefen, beiden der Männer entflieht hier und da eine Träne.
Levi verschränkt im Laufe der Zeit seine Hand mit meiner.
Als um uns herum Applaus ertönt, während Marco und Ben sich küssen, sehe ich zu Levi.
Mit den roten Haaren sieht er ziemlich lustig aus, aber irgendwie steht es ihm ja auch.
Ich kann nicht glauben, dass er hier mit mir sitzt und mich anlächelt.
Vor zwei Jahren hat er mir noch absichtlich in die Hand geschnitten, weil er mich so gehasst hat und jetzt tut er alles dafür, dass es mir gut geht.
Die Hochzeitsgesellschaft wechselt den Ort, Levi und ich bleiben zurück.
Als alle weg sind, umarme ich ihn erstmal.
Das brauche ich jetzt.
Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und zieht mich auf seinen Schoß, damit wir uns näher sind.
„Ich weiß, es nervt, wenn jemand mit diesen Reece-würde-wollen-Sätzen kommt, aber ich denke, Reece würde wirklich wollen, dass wir glücklich sind.", meint Levi zusammenhangslos.
Ich löse mich leicht von ihm, bleibe aber sitzen, um ihn anzusehen. „Wieso sagst du das jetzt so?"
Er beißt sich kurz auf die Lippen, sieht mich aus seinen braunen Augen an. „Er hätte nichts dagegen"
Ich sehe ihn nur fragend an und er atmet nochmal tief durch.
„Gegen die Sache mit uns"
Ich schlucke.
Dann habe ich mir das also nicht nur eingebildet.
Klar ist mir aufgefallen, dass wir uns viel zu nahe sind dafür, dass wir uns nur gegenseitig trösten wollen, aber er hat recht.
Ich will nicht, dass Reece etwas dagegen hat, wenn Levi und ich...
„Und was willst du mir jetzt damit sagen?", frage dümmlich.
Wir verhalten uns, wenn wir alleine sind, doch schon fast so, als seien wir zusammen.
Das ich gerade auf sinem Schoß sitze, beweist das nur.
„Ich will damit sagen, dass ich denke, wir sollten uns endlich eingestehen, dass wir aufeinander stehen und es dann miteinander versuchen"
Ich muss grinsen, als er das so direkt sagt und nicke zustimmend. „Okay, wer macht den Anfang?"
Er zieht die Augenbrauen hoch. „Habe ich das nicht gerade?"
Kichernd schüttele ich den Kopf.
War ja klar, Ein Satz von Levi und aus meiner ich-will-sterben-Stimmung wird die das-Leben-ist-so-toll-Stimmung.
Früher hat Reece meine Stimmung immer komplett ändern können, ins Positive.
Dann habe ich mich an Simon geklammert, einfach um jemanden zu haben, der mir eine Konstante gibt, aber nüchtern betrachtet weiß ich, dass ich ihn nie wirklich mehr als nur freundschaftlich geliebt habe.
Ich freue mich für ihn, dass er jetzt mit Tysan zusammen ist.
Ja und jetzt ist da Levi, der seit langem alles ist, was ich brauche, und ich freue mich quasi darauf, endlich mit ihm zusammen zu kommen.
Und ich weiß, dass Reece auf irgendeiner Wolke chillt und glücklich herum hüpft, als ich meinen Kopf langsam zu Levis bewege, um seine Lippen sanft mit meinen zu berühren.
Reece hat uns beide geliebt, wir haben ihn geliebt, aber mehr als unsere Erinnerungen ist nicht mehr von ihm da.
Levi und ich sind das, was von Reece übrig ist.
Nicht sein Besitz, seine Stadt, sein Geld.
Nein, die Menschen, denen sein Herz gehört hat.
Seine Freunde, die schon immer mehr eine Familie für ihn waren, als seine Blutsverwandten, mit Ausnahme von Ben.
Wir, Marco, Ben, Simon, Levi und ich, sind das, was Reece zurückgelassen hat.
Es ist unsere Aufgabe, das beste daraus zu machen, was wir hier noch haben und wenn Levi das beste für mich ist, dann ist das eben so.
Reece würde einfach nur wollen, dass wir glücklich sind und das sind wir solange wir einander haben.
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