Kapitel 4

Die nächsten vier Tage verbringe ich in dem Tanzstudio, das ich mir für zwei Stunden dreimal die Woche miete, bei Den, weil Lisa jetzt weg ist und Dens Eltern ihm nicht erlauben, rauszugehen, und zu Hause beim Schauen von neuen Serien. Dennis' Eltern glauben, ich wäre mit ihm zusammen, und zeigen es auch sehr offen, weshalb ich es nicht ganz so vorziehe, ihn zu besuchen. Doch irgendwie wäre ich nicht gern mit ihm zusammen. Er kommt mir viel zu... Ach, ich weiß es nicht - leichtsinnig wäre nicht das passende Wort. Er ist windig. Ja, das passt mehr. Er kommt immer wieder unter den blödesten Ausreden zu spät, vergisst dies und jenes, scheint nicht gut organisiert zu sein... Aber er hat natürlich auch gute Eigenschaften: ist nett und hilfsbereit. Üff, in letzter Zeit denke ich zu viel über ihn nach. Und alles deshalb, weil mich Lisa, Nelly und Changie mit ihm zu verkuppeln versuchen. Obwohl das eindeutig mein Job ist! Ich habe schon so viele Leute zusammengebracht - ja, ich bin schon in der ganzen Schule dafür bekannt!
Der Skype auf meinem Handy gibt das allbekannte Anruf-Geräusch von sich und ich strecke mich im Bett nach dem IPhone.
“Endlich!“, rufe ich grinsend aus, als Lisas Gesicht nach kurzem Laden erscheint. “Warum wart ihr alle nicht erreichbar?“
“Das Internet hier war die größte Kacke!“, antwortet sie unzufrieden. “Mein Vater musste den Master anrufen und der ist erst heute gekommen.“
“Aber IHR braucht ja kein Internet...“, werfe ich lauernd ein.
Empört öffnet meine Freundin den Mund.
“Emily, halt den Mund!“, ruft Drew aus dem Hintergrund.
Ich fange an zu lachen, Lisa wechselt die Kamera und drückt die Lippen aufeinander, um ihr Lachen zu unterdrücken. Andrew schaut hoch, sieht ihr beinahe schon rotes Gesicht und zeigt seinen Mittelfinger hoch, weshalb meine Freundin und ich noch heftiger loslachen. Ich glaub es selbst nicht, aber ich hab die beiden echt vermisst.
Drew zieht eine Grimasse. “Und wie sieht es mit dir und Den aus...“
Lisa schaltet wieder auf die Frontalkamera um. “Ja, das will ich auch wissen.“
Ich verdrehe die Augen. “Ach, ihr glaubt doch selbst nicht, dass wir jemals zusammenkommen. Außerdem steh ich nicht so auf Brünette. Blondis sprechen mich da eher an.“
“So blond wie Elias?“, erwidert Lisa.
“Elias? Wo ist der bitteschön blond?!“
Drews tiefes Lachen macht mich bemerkbar. Erst da fällt mir die Zweideutigkeit auf.
“Oh nee...“, stöhnt Lisa auf und wirft offenbar ein Kissen nach ihm. “Du Perversling!“
Ich lache ebenfalls los. Analisa wird ganz rot, kann sich das Lachen aber nicht verkneifen.
“Was ist mit Elias?“, ertönt plötzlich ich eine verständnislose, weibliche Stimme.
Drew keucht schon fast, ich werde jedoch leiser, weil mich die Trägerin der Stimme interessiert. Drews Schwester kann es auf jeden Fall nicht sein, ihre Stimme ist viel höher.
Lisa winkt ab. “Nichts, nichts.“
“Sagt ihr ständig.“, erwidert die Unbekannte.
Na gut, nicht wirklich. Irgendwie Bekanntes gibt es da schon.
Stumm zeichne ich ein Fragezeichen in die Luft. Die Kamera wird erneut gewechselt und bewegt sich dann durch das Zimmer an Drew vorbei zur Tür. Am Eingang steht Nora, Elias Freundin. Soweit ich verstanden habe, ist sie so etwas wie ein Grufti, aber ich habe sie auch nur zweimal gesehen - wobei ich mich an das erste Mal gar nicht erinnere, da ich betrunken war. Nora hat sichtbar türkische Wurzeln, dunkelbraune, glatte Haare und trägt im Moment ein schwarzes Kleid, das bis an den Boden reicht.
“Sag 'Hallo Emily'.“, meint Lisa freudig.
Nora winkt zögerlich. “Hallo Emily.“
Sie hat ebenfalls genug über mich gehört, das erkennt man gleich. Elias kann manchmal echt nicht seine Klappe halten. Dabei hätte er genug gute Sachen über mich erzählen können. Gut, meiner Meinung nach sind Verkuppelungsversuche nichts schlechtes, aber so etwas schreckt Leute irgendwie immer ab.
“Hallo Nora“, rufe ich zurück und lächele breit, auch wenn sie es nicht sehen kann. "Wie sieht's bei dir und Elias so aus - alles gut?“
“Ehm... ja... alles super... Lisa, Drew, unten gibt's in fünf Minuten Essen. Ihr solltet den Tisch decken.“
“Wir?“, stößt Lisa aus.
“Warum wir?“, fügt Andrew verständnislos hinzu.
Ich sehe Nora mit den Schultern zucken. “Theresa meinte, ihr habt nicht gekocht, also deckt ihr den Tisch.“
“Hallo, und was ist mit den Winzlingen?!“, beschert sich Lisa.
Ich muss grinsen. Als Winzling bezeichnet sie immer ihren mittlerweile vierzehnjährigen Bruder Theo. Und da Drews Schwester Leo ebenfalls so alt ist, zieht sie sie mit hinzu. Dabei ist Theo schon größer als ich - und ich bin keinesfalls kleiner als Lisa - und Leo sieht nicht viel jünger aus als wir beiden. Deshalb ist es schon irgendwie lustig.
“Ach, Manuel hat gesagt, die dürfen dann das Geschirr abwaschen.“, lacht Nora.
Das ist das erste Mal, dass ich sie lachen höre. Als sie und Elias bei mir auf der Party waren, hatte sie ein ziemlich mürrisches Gesicht. Nur wenige Male hatte sie gelächelt, aber mit Elias scheint sie wirklich gut auszukommen.
“Okay, einverstanden!“, meldet sich Drew.
Lisa wechselt lachend die Kamera. “Er ist aufgesprungen, Em.“
“Geh schon mit, sonst müsst ihr dann auch noch das Geschirr abwaschen.“, lächle ich.
“Mist, stimmt. Ich schreib dir nachher.“
Und dann bleibe ich allein mit meinem Handy zurück. Die plötzliche Stille durchbricht ein Tappen aus dem Flur, woraufhin Shiney in der Tür auftaucht und sich danach neben mich aufs Bett legt.
Meine Eltern sind vorgestern abgeflogen, also werde ich mich selbst um das Abendessen kümmern müssen - aber das ist nichts ungewöhnliches. Was jedoch nicht heißt, dass es nicht nervig ist.
“Na, wollen wir essen gehen?“, frage ich meine Hündin und muss lächeln, als ihre Pfote auf meiner Brust landet. “Nein? Na gut.“
Ich kreuze die Füße und streichele mit einer Hand durch ihr Fell, mit der anderen checke ich mein Handy. Auf Instagram habe ich mal wieder fünf neue Schreibanfragen - alle in diesem dreckigen Stil, weshalb sie blocke. Dann gibt es noch Freundschaftsanfragen von Typen mit nacktem Oberkörper als Profilbild, Veggi-Accounts, obwohl ich mich weder Vegetarisch noch Vegan ernähre, und Abnehm-Accounts, wobei ich eigentlich gar keine Probleme mit meinem Körper habe. Und als letztes kommen diese hässlichen Kommentare von den Hatern: hässlich, Schulschlampe, alles nur fake und so weiter in dieser Art. Alles das lösche ich selbstverständlich. Lisa, Drew und Den müssen nicht davon erfahren. Genauso wenig wie Changie und Nelly oder andere gute Freunde von mir. Ich verstehe gar nicht, was die Leute haben! Okay, bestimmt sind sie neidisch und so, aber können sie bitte nicht ihren Gift so versprühen, dass ich nichts abbekomme?! Solche Schlangen stressen nämlich höllisch! Ich meine - ja, einige Jungs aus meiner Schule laufen mir halt hinterher, aber was habe ich bitte dafür? Ich springe ganz gewiss nicht mit jedem von ihnen ins Bett! Es hat bis jetzt auch kaum einer einen Kuss von mir gekriegt. Zweitens mache ich regelmäßig Sport und gehe zum Tanzen, daher der angeblich fake Körper - alle Kurven sind erarbeitet. Hätten all die Leute, die solche ekligen Kommentare hinterlassen haben, gewusst, wie viel Arbeit mich das Ganze gekostet hat, so hätten sie bestimmt ihre Klappen gehalten. Obwohl... Nicht mal dann hätten sie das getan, ich will mir nichts vormachen. Wozu gibt es solche Leute überhaupt auf unserer Welt?
Shiney stößt mich leicht mit dem Kopf an und schaut dann in Richtung der Tür. Also doch bereit zum Essen.

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Seit einer Woche habe ich schon Ferien und doch bin ich kein bisschen produktiver geworden... Und in dieser kommenden Woche wird es nicht besser, das weiß ich. Solange ich aber ein neues Kapitel am Ende der Woche habe, ist alles irgendwie gut. Wir schaffen das, Leute. Ich brauch diese Story wirklich. Außerdem schreibt es sich ziemlich gut, sobald ich drinn bin. Ich habe so viel Zeit und doch brauche ich mehr - anstrengend.

02:30, nachtaktiv, mal wieder eher negativ denkend
Eure Once

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